DÜSSELDORF. Als zu Beginn des neuen Schulhalbjahres innerhalb kurzer Zeit gleich mehrere Lehrer seines Kollegiums dauerhaft erkrankten, entschloss sich der Leiter eines Düsseldorfer Gymnasiums zu einem ungewöhnlichen Schritt: Er machte die Personalnot öffentlich – und schilderte in einem Brief an die Elternschaft, wie er versuchen wolle, mit Überstunden, Projektwochen und Kooperationen die Situation zu entschärfen. Gleichzeitig appellierte er an die Väter und Mütter: Wenn sie Unterrichtskompetenzen hätten (beispielsweise als Lehrer oder durch einen DLRG-Schein für den Schwimmunterricht) und bereit wären, ihre Fähigkeiten ehrenamtlich einzubringen, dann sollten sie sich melden. Dies berichtet die „Rheinische Post“.
Eine Schule, die aus schierer (Personal-)Not Eltern bittet, den Unterricht zu übernehmen? Das ist wohl ein krasser Einzelfall. Noch. Denn in ganz Deutschland werden die Lehrer knapp. Die Bundesländer haben für die vielen Flüchtlingskinder, die in den vergangenen Wochen und Monaten in die Schulen gekommen sind, zusätzliche Lehrerstellen geschaffen. Das Land Nordrhein-Westfalen beispielsweise knapp 6.000. Doch es wird zunehmend schwieriger, diese Stellen auch zu besetzen. „Der Markt an Lehrern ist leer gefegt“, sagte etwa ein Oberhausener Berufsschulrektor gegenüber dem Nachrichtenportal „Der Westen“. Und beim zuständigen Regierungspräsidium Arnsberg rechnet man laut Bericht nicht damit, dass in diesem Jahr – anders als noch 2015 – alle Lehrerstellen besetzt werden können. Die Behörde will deshalb pensionierte Lehrkräfte über Zuverdienst oder ehrenamtlich gewinnen. Bisher sei das aber nur in Einzelfällen für wenige Stunden gelungen, heißt es. Landesweit sind es derzeit etwa 590 ausgeschriebene Stellen, die bislang noch vakant sind, berichtet das Schulministerium.
In Berlin ist die Situation dramatisch, hier werden die Engpässe aktuell vor allem in Bereich der Grundschulen deutlich. Die Bundeshauptstadt versucht bereits seit Jahren, in anderen Bundesländern Lehrernachwuchs anzuwerben. Mittlerweile, so kündigte Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) an, werde die Bildungsverwaltung auch in Österreich auf die Suche nach Grundschul-Pädagogen gehen. So groß ist die Not. Rund 1000 Lehrer für die Primarstufe braucht Berlin in diesem Jahr. Nur 175 von ihnen beenden aber dort in diesem Jahr ihre Ausbildung. Bislang wurden Lücken offenbar durch Lehrkräfte anderer Schulformen, etwa Gymnasiallehrer, gestopft – der absehbare Fehlbedarf an den Grundschulen ist nun aber derart eklatant, dass das absehbar nicht reichen wird.
Mehr freie Stellen als Bewerber – so sieht auch der Grundschullehrermarkt im Saarland aktuell aus. Auch hier heißt es laut „Saarländischem Rundfunk“: Da viele Stellen unbesetzt bleiben, werden vermehrt Lehrer aus anderen Schulformen eingestellt. Um die Löcher zu stopfen, unterrichten immer häufiger Gymnasial- und Gemeinschaftsschullehrer an saarländischen Grundschulen. Und nicht nur fertig ausgebildete, sondern auch vermehrt solche, die noch kein Referendariat haben – also die anderthalbjährige praktische Ausbildung zum Lehrer noch nicht abgeschlossen haben. Nach Angaben des Bildungsministeriums unterrichten zurzeit 26 solcher Lehrer an Grundschulen.
Nach Einschätzung von Experten sind es allerdings nicht die Flüchtlingskinder allein, die aktuell den Markt so ins Ungleichgewicht gebracht haben – häufig fehlt eine vorausschauende Personalplanung. Ein krasses Beispiel ist das Land Baden-Württemberg: Noch vor zwei Jahren hielt Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) am damals von seiner grün-roten Landesregierung geplanten Abbau von 11.600 Lehrerstellen fest – und das trotz der auch damals schon bekannten Mehrbelastung der Schulen durch die Inklusion. Welcher junge Mensch beginnt angesichts solcher Jobperspektiven ein Lehramtsstudium? Kein Wunder also, dass die Landesregierung zuletzt Schwierigkeiten hatte, alle der 6.000 zum laufenden Schuljahr ausgeschriebenen Stellen zu besetzen. Das Programm mit der höchsten Einstellungszahl seit den 70er Jahren wurde dann übrigens nur zum Teil mit den Flüchtlingskindern begründet, zum anderen Teil: mit der Inklusion. Doch die wäre ja planbar gewesen.
In Hessen freut sich das derweil das Kultusministerium derweil über eine gelungene Anwerbeaktion. Rund 10.000 Briefe waren verschickt worden, darunter an etliche Pensionäre, so berichtet die „Frankfurter Rundschau“. Und tatsächlich wollen sich 700 Ruheständler reaktivieren lassen. Weil darüber hinaus auch noch Lehrer gewonnen werden konnten, die in anderen Berufen untergekommen waren, ist der Bedarf gedeckt. Für dieses Schuljahr jedenfalls. News4teachers
Das liegt sicher daran, dass es sich um einen der leichtesten Jobs der Welt handelt, den jeder kann.
Genau. Und weil man ja schon um 13 Uhr Feierabend hat
nicht zu vergessen um einen der angesehendsten …
Durch nicht verbeamtete Lehrer ist das Defizit auch nicht aufzufüllen angesichts der Tatsache, dass eine angestellte Lehrkraft im Vergleich zur verbeamteten netto rund 700.-€/ Monat weniger verdient – für die gleiche Arbeit.
Wo bleibt da die Gerechtigkeit?