HANNOVER. Erreichen 30 Prozent der Schüler einer Klasse bei der Klassenarbeit nur ein ungenügend oder mangelhaft, wird die Arbeit nicht gewertet. Das ist bislang die Regel in Niedersachsen. Die AfD-Landtagsfraktion will das Leistungsniveau in den Schulen heben, indem künftig erst eine „Durchfallquote“ von 50 Prozent eine Überprüfung durch den Schulleiter auslösen soll.
Die niedersächsische AfD will Klassenarbeiten künftig auch dann werten lassen, wenn die Hälfte der Schüler eine Fünf oder eine Sechs geschrieben hat. Einen entsprechenden Antrag wird die AfD-Landtagsfraktion in der kommenden Woche in den Landtag einbringen. Bei Bildungsexperten der anderen Parteien und Vertretern von Verbänden stößt der Vorschlag auf ein gemischtes Echo.
Derzeit wird in Niedersachsen eine Klassenarbeit nicht berücksichtigt, wenn mehr als 30 Prozent der Arbeiten «ungenügend» oder «mangelhaft» ausfallen. Ausnahmen von dieser Regel muss der Schulleiter genehmigen – und die Elternvertreter über die Gründe informieren. Die Quote sei eine der Ursachen dafür, dass das Leistungsniveau an den Schulen sinke, sagte der AfD-Bildungsexperte Harm Rykena. «Viele Lehrer machen in vorauseilendem Gehorsam die Arbeiten leichter, damit sie nicht in diesen Grenzbereich rutschen.» Denn eine Klassenarbeit genehmigen zu lassen, bedeute für den Lehrer Verwaltungsaufwand und Ärger mit dem Direktor und den Eltern.
Die AfD plädiert deshalb dafür, den Grenzwert auf 50 Prozent hochzusetzen. Dies würde bedeuten, dass theoretisch in einer Klasse von 30 Kindern bis zu 15 Jungen und Mädchen eine Fünf oder Sechs in der Klassenarbeit kassieren könnten – die Arbeit müsste trotzdem nicht wiederholt werden und würde für die Endnote zählen.
Die AfD argumentiert, durch die Veränderungen in der Zusammensetzung der Klassen seien Lehrer mit immer größeren Leistungsunterschieden konfrontiert. «Die Umsetzung der Inklusion an Regelschulen, die Freigabe des Elternwillens bei der Schulformwahl, die Förderung der Gesamtschulen und das Anwachsen der Zahl von Schülern mit Migrationshintergrund» würden diesen Trend verschärfen, heißt es in dem Antrag.
«Diese Argumentation zieht nicht. Inklusiv unterrichtete Schüler und solche mit Förderbedarf bekommen ohnehin leichtere Klausuren, sie werden auch bei der Ermittlung des Prozentwertes ausdrücklich nicht eingerechnet», sagt Julia Willie Hamburg, Bildungsexpertin der Grünen-Landtagsfraktion. Man könne aber grundsätzlich darüber streiten, welche Prozentzahl angemessen sei.
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Björn Försterling, schulpolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, macht ähnlich wie die AfD die 30-Prozent-Regelung dafür verantwortlich, dass Leistung immer weiter nivelliert wird. Doch will Försterling den Grenzwert nicht erhöhen, sondern lieber gleich abschaffen. «Wenn das wegfällt, gehe ich davon aus, dass Lehrer auch solche Klassenarbeiten schreiben, die zum Erreichen des Lernziels führen.»
Der Philologenverband fordere seit längerem, den Grenzwert anzuheben, sagt Landeschef Horst Audritz. «Alles, was der Schulleiter genehmigen muss, schafft Bürokratie. Da orientieren sich viele Kollegen lieber an den 30 Prozent.»
Die bildungspolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Mareike Wulf, will dagegen an der bisherigen Regelung festhalten. «Die Forderung der AfD ist interessant. Sie greift nur, wenn man Bildung so definiert, dass mehr Schüler durch die Prüfung fallen.» Der pädagogische Anspruch müsse schon sein, dass ein überwiegender Teil der Klasse die Anforderungen schaffe. Als Kontrollmechanismus habe sich die jetzige Quote bewährt. Ähnlich äußerte sich der SPD-Bildungsexperte Stefan Politze. (dpa)
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Mist, ich finde das gut und richtig, was da die AfD fordert. Was mache ich nun? Ändere ich meine Position oder ändere ich meine Wahlpräferenzen?
Das ist übrigens ein weiteres, neues Beispiel für das, was ich unter “Kuschelpädagogik” verstehe. Dass zu schlechte Klassenarbeiten nicht gewertet werden dürfen bzw. der Lehrer vorher oder gar hinterher noch darauf “getrimmt” wird, die Klassenarbeit so zu gestalten, dass kein zu schlechter Durchschnitt dabei herauskommt.
Ein guter Lehrer fragt sich meiner Meinung nach immer, was er falsch gemacht haben könnte, wenn eine Arbeit zu schlecht ausfällt. Manchmal kann das Ergebnis des Nachdenkens aber auch sein, dass ein Großteil der Schüler faul war und nicht gelernt hat. Das gibt es nunmal auch.
Schulleiter/innen sollten davon entlastet werden, JEDE Klassenarbeit überprüfen zu müssen. Da eine gewisse Kontrolle sicherlich nötig ist (weil auch Lehrer nur Menschen sind und es sich gelegentlich gerne zu leicht machen), könnte die Alternative sein, dass der Schulleiter Klassenarbeiten stichprobenartig kontrolliert bzw. man ihm den Durchschnitt mitteilen muss und er schaut bei “Bedarf” genauer hin.
Weiß jemand, in welchem demokratischen Willensbildungsprozess diese 30 % – Regelung damals beschlossen wurde? Ich wette, das war ein einfacher Erlass aus dem Ministerium. Wenn sich jetzt Parteien dazu äußern, ist das ja schon fast ein Novum. Es zeigt aber auch, dass selbst die AfD nicht nur Unsinn redet. Peinlich finde ich hier die Äußerung der CDU:
“Die Forderung der AfD ist interessant. Sie greift nur, wenn man Bildung so definiert, dass mehr Schüler durch die Prüfung fallen.”
Man könnte ja umgekehrt formulieren: Wir definieren Bildung inzwischen so, dass weniger Schüler durch die Prüfung fallen. Und prompt verbessert sich die Bildung in Gestalt einer höheren Abiturientenquote. Hurra!
ZITAT: “Auch die FDP-Landtagsfraktion sieht in der 30-Prozent-Regelung einen Grund dafür, dass Leistung immer weiter nivelliert wird. FDP-Bildungsexperte Björn Försterling will den Grenzwert daher nicht erhöhen, sondern lieber gleich abschaffen.”
https://www.rtl.de/cms/afd-klassenarbeiten-auch-bei-schlechtem-durchschnitt-werten-4161440.html
Das liest man anderswo. Noch besser: Ich stimme der FDP zu: Ganz abschaffen!
Aber so eine X-Prozent-Regelung liegt im Trend der Zeit. Jemand erzählte, an (zumindest manchen) englischen Universitäten gebe es eine 25 % -Regelung. Wenn mehr als 25 % bei einer Klausur oder Prüfung durchfallen, wird der Dozent zum Chef des Fachbereichs (oder so) zitiert und muss sich rechtfertigen. Das Resultat: die Quoten liegen fast immer unter 25 %, und die Oberen sind zufrieden, weil sie das als “Qualität der Lehre” interpretieren. Im Artikel wird auch vom “vorauseilenden Gehorsam” gesprochen, damit nicht etwa mal ein Drittel durchfällt (also z.B. 9 von 27, während 8 von 27 knapp unter 30 % liegen). Dann lieber eine leichtere Klausur schreiben lassen. Jede Vorschrift zieht eine Strategie nach sich, diese Vorschrift irgendwie nicht wirksam werden zu lassen. Auch Schüler sind sehr erfinderisch in dieser Richtung.
Der Verwaltungsaufwand mit der Information der Eltern, das gibt es in Schleswig-Holstein nicht. Bei uns würde ich bezweifeln, dass der Erlass signifikant die Noten verbessert, denn mal ehrlich: Wie viele Arbeiten haben einen Ausfall mit einer so hohen Anzahl an mangelhaften Leistungen?
Nicht mit den Eltern, aber mit den Schülervertretern. Und natürlich muss man das vor dem Schulleiter rechtfertigen, damit der es genehmigt. Ich habe Kollegen in Mathe und Physik, die das regelmäßig machen müssen. Und natürlich gibt es die Möglichkeit, nachträglich am EH zu schrauben, um das zu umgehen.
Ich habe eben diese Fächer und es gibt 1-2 Arbeiten im Schuljahr, wo dies der Fall ist. Außerdem hört der Schulleiter die Schülervertreter nur an und in aller Regel streben die auch gar keine Wiederholung an.
Warum sollte ich also am EH schrauben? Das mache ich höchstens, wenn ich vielleicht mal eine 5 zu ner 4- mache, um das Theater zu umgehen. Aber ändert das wirklich die Schülernote im Zeugnis. wo doch die “mündliche” Noite überwiegen soll? Und ändert das flächendeckend das Notenniveau?
Meine Punkteverteilung steht schon vorher fest, aber gerade bei Grenzfällen wie z. B. ein Punkt an der bessereen Note vorbei, findet sich häufig noch etwas pädagogisch vertretbares. Zudem dürfen mir die Schüler nach Rückgabe noch Vorschläge machen. Dass gelingt aber nur selten überzeugend.
Das ich nicht lache
Ausnahme
Bei uns wird jede Arbeit genehmigt.
Und sei es mehrere hintereinander.
Eltern und Schüler werden informiert, aber nicht angehört.
Die Arbeiten stehen und da wird nicht dran gerüttelt.
Sie werden auch teilweise am Anfang des Halbjahres genannt und entstehen nicht aus dem Unterricht heraus.
Rückgabe kann bis zu 8 Wochen dauern, da gewartet werden muss, bis die parallel Klasse geschrieben hat.
Also hat die 30% Regel ausgedient.
Eine 50% Regelung auch, da sie weiterhin genehmigt werden würde.
Hm, da merkt man doch gleich, dass das eine Schülerin geschrieben hat.
Für die Rückgabe von Klassenarbeiten gibt es klare Vorgaben. Die sind sicherlich in allen Bundesländern ähnlich. Ich halte sie übrigens für zu rigoros. Man sollte uns schon 3 Wochen zubilligen !!! Ausnahmen kann es natürlich geben, wenn andere Regelungen dazwischengrätschen, nämlich, dass sie von erkrankten Kindern nachgeschrieben werden MÜSSEN. Dann kann sie ja nicht zurückgegeben werden, bis das krank gewesen Kind die KA nachgeschrieben hat.
Was hinter den Kulissen passiert, Sabine Schuster, können Sie als Schülerin ja nicht wissen. DAMIT eine Klassenarbeit nicht nicht genehmigt wird und für den Lehrer der ganze Aufwand von vorne beginnt, weil er eine neue schreiben muss, wird schon darauf geachtet, dass es alles nicht zu schwer ist.
Dass sie oft am Halbjahresanfang genannt werden, ist oft der Transparenz und dem Informationsbedürfnis geschuldet, den Eltern einfordern (!). Ich konnte bis jetzt zum Glück Klassenarbeiten immer noch aus dem Unterricht heraus “entwickeln”, wie Sie so schön schreiben – aber natürlich immer die Vorgaben im Kopf.
Ich frage mich sowieso, wieso man glaubt, der Unterricht würde besser werden, je mehr Klassenarbeiten man schreibt. Es geht uns unsere ganze pädagogische Freiheit verloren, weil wir bald in jedem Fach nur noch den Klassenarbeiten hinterherhetzen, die wir schreiben müssen.
Ich denke, eine Klassenarbeit pro Halbjahr reicht (damit da nicht jemand nie was schriftlich getestet hat; es gibt ja auch bei uns schwarze Schafe). Wer mehr schreiben, kann das doch immer tun !
Was soll man machen, wenn die Bösen etwas gutes fordern?
Dann muss man eben gegen gute Forderungen sein, denn sonst stünde der Böse ja weniger schlecht da. Einzig mögliche Lösung: Gute Forderungen von unerwünschter Seite rigoros ablehnen!
Auch wenn die 30% Regelung mit einigem Aufwand verbunden ist, und man sicherlich über den Richtwert streiten kann, so gibt es doch gute Grunde dafür. Wenn in einer Klassenarbeit ein paar Schüler durchfallen, dann kann man sicher von mangelnder Vorbereitung ausgehen. Wenn es allerdings einen Großteil einer Klasse trifft, dann muss man sich doch auch als Lehrer fragen, wo man bei der Vermittlung des Stoffes versagt hat. Es ist doch sehr unwahrscheinlich, dass man eine Klasse von Idioten vor sich sitzen hat. Diese Regelung soll Schüler genau in solchen Situationen schützen, und das finde ich richtig.