MÜNCHEN. Der Streit um das verschärfte bayerische Polizeirecht wird nun auch in die Schulen getragen: Die Opposition protestierte einmütig gegen den Plan von Ministerpräsident Markus Söder (CSU), Polizisten an die Schulen zu schicken, damit diese dort das umstrittene Polizeiaufgabengesetz (PAG) erklären. SPD, Freie Wähler und Grüne halten das für CSU-Propaganda. Auch die GEW ist empört. Die Staatsregierung will aber an dem Vorhaben festhalten.
«Zu Wahlkampfzwecken dürfen Polizisten keinesfalls instrumentalisiert werden», sagte FW-Generalsekretär Michael Piazolo. «Wir brauchen mehr politische Bildung an Bayerns Schulen», sagte SPD-Generalsekretär Uli Grötsch. «Aber dabei darf es nicht um Werbung für die Politik der Staatsregierung gehen über ein Gesetz, das verfassungsrechtlich fragwürdig ist und gegen das lautstark demonstriert wird.»
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Katharina Schulze, sagte: «Andersdenkende werden nicht respektiert und sollen zur Not in den Klassenzimmern umgestimmt werden.» Die bayerische Polizei mit ihren 2,2 Millionen Überstunden habe weitaus wichtigere Aufgaben, als ein vermurkstes CSU-Gesetz erklären zu müssen. Auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband hatte die Entsendung von Polizisten zu PAG-Referaten in den Schulen scharf kritisiert.
An den Protesten gegen das Gesetz hatten sich viele Schüler beteiligt – daher die Idee, Polizisten Vorträge halten zu lassen. Das Gesetz senkt die Hürden für das Einschreiten der Polizei. Bisher dürfen die Beamten Verdächtige nur ausforschen oder festsetzen, wenn es Hinweise auf eine konkret geplante Straftat gibt. Künftig genügt «Gefahr oder drohende Gefahr». Die Kritiker des Gesetzes fürchten, dass damit der Willkür Tür und Tor geöffnet werden könnte. Die CSU bestreitet das. Kultusminister Bernd Sibler (CSU) sagte im Bayerischen Rundfunk, es sei «gut und ausgewogen, wenn Polizistinnen und Polizisten auch in den Schulen sind, um hier dann zu informieren». dpa
Die GEW teilt in einer Pressemitteilung mit:
In der Didaktik von politischer Bildung und Sozialkunde gebe es bundesweit einen Konsens: In der Gesellschaft kontrovers diskutierte Themen müssten auch im Unterricht kontrovers dargestellt werden. Der „Beutelsbacher Konsens“ legt die Grundsätze für die politische Bildung fest. Diese sind auch Grundlage der Arbeit der Bundeszentrale für politische Bildung, die zum Bundesinnenministerium gehört. Ein Beamter der Polizei, der im Auftrag seiner Dienstherren, Innenminister Joachim Hermann und Ministerpräsident Markus Söder zum Thema in die Schulen geht, könne dies allein nicht leisten. Die GEW fordert die Schulleitungen deshalb auf, sicherzustellen, dass Polizeibeamte nur zusätzlich zur regulären Lehrkraft für Sozialkunde in den Unterricht kämenn. Zudem sollte auch eine ausgewiesener Kenner und Kritiker des neuen Polizeiaufgabengesetztes (zum Beispiel ein Rechtsanwalt) im Unterricht hinzugezogen werden.
Auch die Gewerkschaft der Polizei Bayern (GdP) hält ein Auftreten von Polizisten zum umstrittenen Polizeiaufgabengesetz in den Schulen nicht für sinnvoll. Information über ein neues Gesetz sei durchaus geboten. Das müsse aber rechtzeitig vor der Verabschiedung im Parlament geschehen – und nicht umgekehrt. Der Landesvorsitzende der GEW Bayern, Anton Salzbrunn, sagt dazu: „Der Auftritt von Beamtinnen und Beamten der Geheimdienste („Informationsstelle BIGE“ des Landesamts für „Verfassungsschutz“) und Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr an Schulen ist schon jetzt mehr als problematisch. Auch noch Polizisten in die Schulen zu schicken, damit sie die Versäumnisse der Staatsregierung ausbügeln, geht gar nicht!“