Ein Plädoyer für die Inklusion: Gleiche Rechte für alle, auch für behinderte Kinder, sind keine „Gleichmacherei“!

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BERLIN. Die aktuell verhandelte Klage einer Bremer Schulleiterin gegen die Inklusion (News4teachers berichtete) macht einmal mehr deutlich: Es gibt massive Probleme bei der Umsetzung in der pädagogischen Praxis. In jüngster Zeit werden Stimmen lauter, den Prozess – ähnlich wie die Einführung von G8 – rückabzuwickeln. Warum das nicht geht, macht der renommierte Erziehungswissenschaftler und Inklusionsexperte Prof. Hans Wocken in einem dreiteiligen Gastbeitrag auf News4teachers deutlich. Im folgenden ersten Teil widmet er sich dem Vorwurf, der gemeinsame Unterricht von behinderten und nicht-behinderten Schülern sei einer linken Gleichheits-Ideologie entsprungen, bedeute also „Kommunismus für Schulen“. Falsch – sagt Wocken.

Die Sonderschulpflicht für behinderte Kinder ist nicht mit der UN-Behindertenrechtskonvention – der gesetzlichen Grundlage der Inklusion – vereinbar. Foto: Shutterstock

„Inklusion ist Kommunismus für Schulen!“

Das Bonmot „Inklusion ist Kommunismus für Schulen!“ stammt von dem ehemaligen Kultusminister von Mecklenburg-Vorpommern Matthias Brodkorb (2012, 21). Nicht allein ein sozialdemokratischer Kultusminister, sondern zahlreiche Inklusionskritiker und -gegner der Inklusion verdächtigen die inklusive Pädagogik  der sozialistischen Gleichmacherei. Wie schon zuvor in den bildungspolitischen Auseinandersetzungen zwischen der Gesamtschule und dem gegliederten Schulwesen, so werden nun ein inklusives Bildungssystem, die inklusive Schule und der inklusive Unterricht von der konservativen Inklusionskritik als „Einheitsschule“ und „Einheitsunterricht“ kritisiert, an den Pranger gestellt und bekämpft. Der Popanz der „Einheitsschule“ und des „Einheitsunterrichts“ wird mit antisozialistischen Ressentiments ausstaffiert und dann als dämonisches Schreckgespenst an die bildungspolitische Front geschickt, um allen braven Bürgern die Lust auf Inklusion gründlich zu vermiesen. Ist Inklusion etwa pädagogischer Kommunismus?

1.. „Inklusion ist eine Gleichheitsreligion!“

Der Wert „Gleichheit“ stößt vielfach auf spontane Ablehnung. In konservativen Kreisen löst das Wort Gleichheit nicht selten reflexartig unerfreuliche, aversiv geladene Assoziationen aus: Gleichschaltung, Homogenisierung, Vereinheitlichung, Uniformierung nach DIN-Normen, Anpassung, Gängelung, Totalitarismus und andere Scheußlichkeiten. Einige Beispiele:

  • Das neue Parteiprogramm der CSU „Gute Ordnung“ bedient sich zwecks politischer Abgrenzung eines traditionsreichen Kampfbegriffs und wettert gleich auf der ersten Seite gegen „sozialistische Gleichmacherei“ (CSU 2016, 1). Wenige Seiten später wird indessen dann eine verbindliche „Leitkultur“, eine Art bayerischer Sozialismus, angepriesen.
  • In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) attestiert der Redakteur Christian Geyer der Inklusion „eine unglaubliche Gleichmacherei“ (2014, 1). In ihrer Bereitschaft, alle empirischen Unterschiede zu ignorieren, zeige sich „der utopische, weltfremde Charakter einer Heilsidee, die über keinen positiven Begriff von Ungleichheit verfügt.“ „Die Pointe der Inklusionssemantik liegt darin, jeden Unterschied als Ungleichheit zu deuten und jede Ungleichheit als Ungerechtigkeit“ (Geyer 2014, 1).
  • Schließlich reitet Josef Kraus, der längjährige Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, eine scharfe Attacke gegen die Gleichheitsideologie, die an Derbheit und holzschnittartiger Polarisierung ihresgleichen sucht. Nach 30 Jahren Präsidentschaft hält Josef Kraus am 17. Mai 2017 eine Abschiedsrede, die als eine Art Testament seiner bildungspolitischen Weltanschauung gelten kann. Kraus bezichtigt die Bildungspolitik zehn theoretischer Dogmen, von denen hier nur das erste „Dogma“ ausführlich zitiert sei: „Ein erstes Dogma ist der Egalitarismus. Das ist die Ideologie, dass alle Menschen, Strukturen, Werte, Inhalte, ja sogar alle Geschlechter […] gleich bzw. gleich gültig seien. Das ist auch die Ideologie, dass es keine verschiedenen Schulformen, keine verschiedenen Begabungen, keine verschiedenen Fächer sowie keine bestimmten Werte, keine Leitkultur geben dürfe. Es scheint zu gelten: Was nicht alle können, darf keiner können. Was nicht alle haben, darf keiner haben. Was nicht alle sind, darf keiner sein. Schulpolitisch setzt sich diese ‘heilige Gleichheit’ in Heiligsprechungen bestimmter egalisierender Institutionen und Regelungen um: Gesamtschule, Inklusion, keine Noten, kein Sitzenbleiben, Abitur für alle, Gymnasium für alle“ (Kraus 2017b, 14). Kraus beschließt sein bildungspolitisches Vermächtnis mit einem Motto, das weder dem Philologenverband noch seinem Präsidenten zur Ehre gereichen dürfte: „Freiheit statt Gleichheit!“
  • Schließlich bekräftigt auch der Gymnasiallehrer Felten, dass Inklusion „eine neue Religion der Gleichstellung“ sei (Felten 2017, 104).

Mir ist unklar, ob die Inklusionsopponenten den menschen- und verfassungsrechtlichen Begriff der Gleichheit wirklich nicht verstehen oder ob sie wider besseres Wissen und in übelwollender, diskreditierender Absicht sich des Kampfbegriffs „Gleichmacherei“ bedienen. Dabei ist die Sache eigentlich sehr, sehr einfach: Gleichheit bedeutet nichts Anderes als gleiche Rechte für alle! Alle Freiheiten, die die Menschenrechtskonventionen, das Grundgesetz und die Verfassungen den Bürgern zusprechen und garantieren, gelten ausnahmslos für alle Menschen – unabhängig von Geschlecht, Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat, Herkunft, Glauben, religiösen oder politischen Anschauungen. Das ist das Erbe der europäischen Aufklärung, und so steht es auch im Artikel 3 des Grundgesetzes. Dieser höchst einfache und unmissverständliche Gehalt des rechtsstaatlichen Begriffs „Gleichheit“ kann durchaus schon Kindern in der Grundschule vermittelt werden, und sollte eigentlich allen mündigen Staatsbürgern, allen Parteizentralen, allen Redaktionsstuben und selbstverständlich auch allen Lehrerverbänden vollauf präsent sein.

Für Inklusion ist „Gleichheit“ ein hoher Wert. Inklusion fordert die Gleichheit aller Menschen und damit auch von Menschen mit und ohne Behinderungen ein. Und Inklusion fordert, die Verschiedenheit von Menschen nicht zum Anlass von Spaltung, Separation, Ausgrenzung, Herabsetzung und Hierarchisierung zu nehmen, sondern der inklusiven Leitidee „Gemeinsamkeit in Vielfalt“ zu folgen. Wegen der herausragenden Bedeutung der menschenrechtlich zu verstehenden Gleichheit will ich mit einigen Sentenzen für ein angemessenes Verständnis von Gleichheit werben und deutlich gegen die populistische und polemische Verunglimpfung als „Gleichmacherei“ Stellung beziehen:

  • „Der Mensch fängt nicht beim Abitur an!“ – so lautet eine unerwartete Tröstung des Gymnasiallobbyisten Kraus. Wohl wahr! Das gleiche Menschsein aller Menschen beginnt bereits bei der Geburt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren“, heißt es in Artikel 1 der Erklärung der allgemeinen Menschenrechte.
  • Der Artikel 3, Abs. 1 des GG bestimmt: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“
  • Der Artikel 3, Abs. 3 des GG fährt fort: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“
  • Das Wahlrecht ist ein exzellenter Ausdruck demokratischer Gleichheit. Die Stimmen aller Wahlbürger zählen ohne jegliche Ausnahme gleich viel.
  • Nach neuerem Recht sind eheliche und uneheliche Kinder gleichgestellt.
  • Der menschenrechtliche Gleichheitsbegriff meint nicht allein gleiche Rechte, sondern auch gleiche Menschenwürde. Aus menschenrechtlicher Sicht ist der Erzbischof von Köln nicht würdiger als der Penner unter der Hamburger Lombardsbrücke, der Mitarbeiter in einer Beschützenden Werkstätte und der bayerische Ministerpräsident teilen sich die gleiche Menschenwürde, und ein Sonderschüler steht an Menschenwürde dem Vorsitzenden des Philologenverbands in nichts nach.
  • Aus theologischer Perspektive weist das biblische Konstrukt der Gottebenbildlichkeit darauf hin, dass alle Menschen in gleicher Weise Ebenbilder Gottes sind.

Mit diesen beispielhaften Hinweisen auf das absolute Erfordernis demokratischer und menschenrechtlicher Gleichheit mag es sein Bewenden haben. Gleiche Menschenrechte für alle ist nicht „Gleichmacherei“. Menschenrechtliche Gleichheit meint Gleichheit der Freiheiten und Gleichheit der Menschenwürde. Gleichheit bezieht sich gemäß Artikel 1 des Grundgesetzes auf gleiche Würde und Rechte, nicht auf einen Uniformismus von Besitz, Kleidung, Meinungen, Kulturen, Begabungen und anderem mehr. Gleichheit ist nicht der Feind der Freiheit, sondern der Garant der Freiheit aller! Gleichheit ist genau besehen ein Freiheitsrecht! Wer für Freiheit votiert, ohne die gleiche Freiheit für alle einzufordern, negiert die gleiche Menschenwürde aller Menschen, trägt die rechtsstaatliche Ordnung zu Grabe und ruft einen sozialdarwinistischen Staat ins Leben, in dem das Recht der Stärkeren und Reichen gilt und Gewalt, Rassismus, Sexismus, Unterdrückung und Ausbeutung regieren.

Die Geschichte der Menschheit lehrt, dass Benachteiligung, Unterdrückung und Misshandlung von Menschen – von Frauen, von Juden, Flüchtlingen, Indianern u.a. – immer mit der Verneinung und Aberkennung ihrer Gleichheit beginnen. Ungleichheit ist ein Urgrund von Ungerechtigkeit und Unrecht. Wenn Flüchtlinge etwa im öffentlichen Raum in pauschalierender Weise als Terroristen, Gewalttäter, Sozialräuber, Vergewaltiger oder „Asyltouristen“ (Markus Söder) hingestellt werden, dann werden sie für massive Vorurteile, generalisierende Verdächtigungen und rigorose Abschiebungen freigegeben. Pogrome gegen „Andersartige“ fangen immer mit ihrer Dehumanisierung, ihrer Entmenschlichung, ihrer Kategorisierung als Ungleiche an. Inklusion dagegen fängt mit dem Respekt vor der gleichen Menschenwürde aller an. Ohne menschenrechtliche Gleichheit ist weder eine demokratische noch eine menschliche noch eine inklusive Gesellschaft denkbar. Wer der menschenrechtlichen Ungleichheit das Wort redet, propagiert Sozialdarwinismus und legitimiert das Vorrecht der Reichen und Starken über die Armen und Schwachen.

Wenn die Diskreditierung der Inklusion als „Gleichheitsreligion“ wirklich rechtens wäre, könnte mit gleichem Recht der Ideologie des gegliederten Schulwesens eine „Apartheidsreligion“ unterstellt werden. Es erscheint mir intellektuell einigermaßen verwegen, das menschen- und verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot als „Gleichmacherei“ misszuverstehen. Was von manchen Inklusionsopponenten gegen eine vermeintlich „gleichmacherische“ Inklusion vorgebracht wird, kommt bedauerlicherweise über das Niveau eines platten, vulgären Antisozialismus nicht wesentlich hinaus.

Teil zwei des Beitrags erscheint auf News4teachers in den nächsten Tagen. 

Der Autor
Hans Wocken. Foto: privat

Hans Wocken ist gelernter Sonderschullehrer und hatte von 1980 bis 2008 an der Universität Hamburg eine Professur für Lernbehinderten- und Integrationspädagogik inne. Er war ein Pionier der integrativen Pädagogik und hat die schulische Integration bzw. Inklusion von Anfang an mitgestaltet und mitgeprägt. In den 80er Jahren initiierte er in Hamburg zwei Schulversuche zur Integration und hat sie wissenschaftlich begleitet. In der Inklusionspädagogik vertritt er eine „dialektische“ Position. Inklusionspolitik und -pädagogik fordern u.a.

  • eine Balance von Philosophie und Pragmatismus;
  • eine Balance von Freiheit und Gleichheit;
  • eine Balance von Vielfalt und Gemeinsamkeit;
  • eine Balance von Anpassung der Schule und Anpassung der Kinder;
  • eine Balance von gemeinsamen und individuellen Lernsituationen;
  • eine Balance von angeleitetem und selbstgesteuerten Lernen.

Die drei Beiträge sind Textauszüge aus: Wocken, Hans: CONTRA Inklusionskritik. Eine Apologie der Inklusion. Hamburg (Feldhaus) 2018.

Homepage: www.hans-wocken.de

Inklusion: Haben geistig Behinderte einen Anspruch auf einen Platz am Gymnasium? Experte sagt: Nein!

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Küstenfuchs
5 Jahre zuvor

Mal ein paar Anmerkungen:
1. Wann stand der Autor das letzte Mal vor einer Klasse? Die letzten 30 Jahre offenbar nicht. Sonst würde so ein fragwürdiger Text zum Thema kaum herauskommen.
2. Josef Kraus war im Mai 2017, wo er zitiert wird, nicht Vorsitzender des Philologenverbands. Aber man kann auf diesen ja gerne einprügeln, mit der Wahrheit muss man es dabei nicht so genau nehmen.
3. Ob die oben von dem Autor Zitierten alle Inklusionsgegner sind, darüber steht in den Zitaten nicht immer etwas. Sie sind aber alle Gegner die Inklusion unter den momentanen Bedingungen. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Wo wir wieder bei Punkt 1 sind!
4. Niemand behauptet, dass behinderte Kinder weniger Wert seien als Nichtbehinderte. Diese Unterstellung ist eine Unverschämtheit.

Lys S
5 Jahre zuvor

Inklusion muss alle Seiten gleich gut stellen.
Mit Gewalt alle an Regelschulen zu bringen ohne die eigentlichen Bedürfnisse zu beachten, ohne räumliche, personelle und strukturelle Voraussetzungen zu schaffen, kann nur daneben gehen.
Was ist mit den nicht beeinträchtigen Schülern?
Was ist mit den vielfältigen Bedürfnissen der Beeinträchtigten Schülern?
So viel wird ignoriert und macht das gesamte „Konzept“ – Wenn es überhaupt etwas in dem Sinne gibt- zur Farce
Ich fürchte, es gibt mit der generellen Abschaffung der Förderschulen einen ganz wichtigen Ort für Schüler nicht mehr, die eigentlich genau diese Betreuung und diesen Schutz benötigen. Das wird Ihnen vorenthalten.
Und alle Betroffenen : Schüler, Betreuer, Begleiter und Lehrer werden in ein Konstrukt gezwungen, das nicht funktioniert, da es nicht durchdacht, sondern einfach irgendwie installiert wurde.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Zum Thema „Verhältnis von EU-Menschenrecht und deutschem Beamtenrecht“:

„Bleibt die Frage: Wie kann sich das oberste deutsche Gericht in Widerspruch zum Europa-Gericht aus Straßburg setzen? Die Antwort lautet: Die Menschenrechtskonvention rangiert in Deutschland unterhalb des Grundgesetzes und ist daher – so entschieden in Karlsruhe im Jahr 2004 – nur als ‚Auslegungshilfe‘ zu berücksichtigen.

Diesen Grundsatz hat der Zweite Senat nun wortreich ausdifferenziert, um am Ende zu sagen: Ja, die Menschenrechtskonvention hat einen hohen Rang im deutschen Rechtssystem, sie erfüllt eine Orientierungs- und Leitfunktion, und der ‚Kernbestand an Menschenrechten‘ ist sogar besonders geschützt. Aber nein – vom Streikverbot für Beamte können wir keinen Millimeter abrücken.“
http://www.sueddeutsche.de/karriere/streikverbot-fuer-lehrer-beamtenrecht-geht-vor-menschenrecht-1.4012934

ProblemkindSchulsystem
5 Jahre zuvor

Wenn Sie Lehrer-Beamte meinen, haben Sie sehr wohl ein Recht auf Streik, wenn Sie den Beamtenstatus verlassen. Sie werden Ihre Gründe (Privilegien) haben, dies nicht zu tun. Der rechtliche Tenor war, man kann nicht alles haben, Streikrecht und Beamtenprivilegien. Genauso könnte man auch die Frage stellen, wie gleich sind alle Menschen, wenn die einen unkündbar sind, egal wie gut sie ihren Job machen, andere verlieren diesen, wenn Sie z.B. von Beamten-Lehrern jeden Tag angerufen werden, weil sie ihr Kind in der Pflichtunterrichtszeit abholen müssen.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Die „Zeit“ beschreibt es so:

„Menschenrechtskonvention ohne Auswirkung […]

Die Verfassungsrichter sahen auch im Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention keinen Grund, das Beamtenrecht aufzuweichen.“
https://www.zeit.de/arbeit/2018-06/bundesverfassungsgericht-streikverbot-fuer-beamte-bleibt-bestehen

Insofern: Vorsicht beim Berufen auf internationales Recht, das auch in Deutschland immer einer juristischen Auslegung bedarf.

ProblemkindSchulsystem
5 Jahre zuvor

Sie vergleichen also das Menschenrecht auf „hochwertige …Schulbildung“ mit dem Ihrer Meinung nach gültigen Menschenrecht auf Beamtenstatus + Streikrecht? Sehr interessant, welcher Philosophie die heutigen Schüler in Schulen ausgesetzt sind.

Corinna
5 Jahre zuvor

Ist es neuerdings Mode, alles mit „Menschenrecht“ zu fordern und zu begründen? Dann brauchen wir ja gar nicht mehr in der Sache zu diskutieren, sondern nur noch „Menschenrecht!“ zu schreien.

omg
5 Jahre zuvor

Sorry, aber bei den aktuellen dramatischen Situationen, die sich in den klassenräumen für die Kinder absielen, will ich keine Rhetorikübung mehr hören. Wo verdammt bleiben die Hilfen, die zwingend notwendig wären? Wann wacht die Wissenschaft auf und kommt mal in die Hufe, weniger Glaubensbekenntnisse zu liefern und empirisch den Prozess mitzugestalten.
Einem Kind zuzumuten, jeden Tag in einer Gruppe gleichaltriger die Notdruft in die Hose zu machen, weil keine Hilfen da sind, keine Schulbegleiter usw., der sollte sich in Grund und Boden schämen und Eltern, den Kindern und den Schulen keine Vorträge halten.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  omg

Pädagogik-Professoren reden ohnehin gerne sehr allgemein und kümmern sich wenig um die Niederungen der Realität. Oben wird schon die „theologische Perspektive“ zur Begründung der Inklusion gepredigt. Dieselbe „theologische Perspektive“ stand im Mittelalter dem Hexenwahn nicht entgegen mit Folterung und Scheiterhaufen. Man hätte ja auch die vermeintlichen Hexen inkludieren können. Dem braven Untertanengeist der wilhelmischen Ära stand das auch nicht entgegen. Wo war denn da die „Gleichheit der Menschen als Ebenbild Gottes“ ? Haben denn die Theologen jemals vor der UN-Konvention die Inklusion angeregt oder gefordert?
Hier ist übrigens der geschmähte FAZ-Artikel:
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/debatten/inklusion-alle-einschliessen-wollen-wir-das-12980560.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0
Dort wird besonders die Fokussierung auf eine postulierte „Haltung“ aufs Korn genommen.

ProblemkindSchulsystem
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Es geht in dem o.g. Diskurs nicht um die zu kritisierende Umsetzung von Menschenrechten in Schulen, sondern um die polemische, falsche und diskriminierende Darstellung gleicher Menschenrechte für Alle als „Gleichmacherei“.

sofawolf
5 Jahre zuvor

Nur weil jemand sagt, gleiche Rechte seien keine Gleichmacherei, ist das ja nun nicht unbedingt so. Das ist ja viel zu plakativ. Wenn alle das gleiche Recht auf Wohnraum haben, heißt das auch nicht, dass alle in einer 2-Raum-Wohnung wohnen müssen und alle in einer Kleinstadt mit maximal 50.000 Einwohnern. Das wäre dann nämlich Gleichmacherei.

So bedeutet gleiches Recht auf Bildung auch nicht zwangsläufig gleiche Art von Schule für jedes Kind. Wir sehen das doch an den weiterführenden Schulen, dass nicht alle die gleiche Schulart besuchen und den gleichen Abschluss erlangen, sondern dass da durchaus differenziert wird nach den jeweiligen Möglichkeiten und Fähigkeiten eines Kindes. Das kann man auch verstehen als „jedem Kind in seiner Einzigartigkeit gleich gerecht werden“. Die Gleiche-Rechte-Diskussion ist also wieder nur eine Schimäre und dient nur der moralischen Legitimierung (Stichwort Gerechtigkeit) der eigenen Forderungen und dem eigenen Interesse.

Herr Wocken hat also Unrecht.

Anna
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Für behinderte Kinder reicht ja der Keller. Da stören Sie auch nicht so.

Anna
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

„sie“ natürlich kleingeschrieben

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Ein sehr qualifizierter Beitrag, der den Betroffenen sicher unheimlich helfen und die Diskussion inhaltlich enorm voranbringen wird.

AvL
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Lernbehinderte Kinder gehören in kleine Lerngruppen, in denen mit ihnen intensiv gearbeitet wird, damit sie eine Chance im späteren Arbeitsleben haben und nicht nur Kernkompetenzen, wie das Einkaufen lernen, sondern aktiv im Erlernen des Lesen,Schreibens und Rechnens erlernen.
Das fand bisher häufig in den Förderschulen statt, wo kaum mit diesen Kindern intensiv gearbeitet wurde, weil man annahm, dass sowieso nichts aus diesen Kindern wird und sie anschließend in den Freckenhorster Werkstätten landen oder in sonst einer Einrichtung.

AvL
5 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

Zeile 5 statt erlernen sollte da stehen:gefördert werden

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

Dann geht es doch aber darum, eine intensive Förderung für diese Kinder zu fordern,
im Gegensatz dazu, sie einfach in Regelklassen zu setzen, in denen keine Förderung stattfindet,
aber auch im Gegensatz dazu, sie an Förderschulen aufzubewahren und anschließend in Werkstätten zu vermitteln.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Beim derzeitigen Inklusionsverfahren weiß noch niemand, wohin die Absolventen vermittelt werden sollen. Die rudimentären Kenntnisse zur Bewältigung des Alltags werden im Rahmen des Regelunterrichts nicht vermittelt werden können, ebenso werden die Werkstätten kaum jede einzelne Regelschule nach potenziellen Mitarbeitern absuchen können. So oder so verlieren alle dabei.

AvL
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Danke Palim . Zuerst kann man die lernbeeinträchtigten Kinder in kleinen Gruppen fördern um sie an die anderen Schüler heranzuführen zwecks Überführung in die nächst höhere Ebene.
Der Grund ,weshalb viele Eltern ihre lernbeeinträchtigten Kinder inklusiv beschulen wollen, liegt auch an der unzureichenden Vermittlung der Grundlagen in Teilen der bestehenden Förderschulen.
Pälzer beschreibt das Problem sehr gut.

U. B.
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

@Palim
Darf ich Sie vebessern?
An Regelschulen wird „aufbewahrt“, weil sich die Lehrer um ALLE Kinder kümmern müssen. An Förderschulen wird dagegen in Kleingruppen tatsächlich gefördert statt aufbewahrt, auch wenn in schweren Fällen anschließende Werkstätten nicht ganz auszuschließen sind. Durch den Regelschulbesuch wird die Werkstätten-Zukunft jedoch keineswegs kleiner, sondern größer.

Auch für Inklusionsanhänger sollte die bestmögliche Förderung behinderter Kinder fürs spätere Leben das Wichtigste sein und nicht die Inklusion um des schönen Gedankens Willen oder weil die Befürworter (auch die GEW!!) Fehler schlecht zugeben können und wollen.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Wäre dann die beste Inklusion nicht Förderschulen mit Kleingruppen von 7-8 Kindern für alle, je nach Fach leistungshomogen oder auch leistungsheterogen?

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Es entspricht nicht meiner Erfahrung, dass an Regelschulen „aufbewahrt“ würde.
Es entspricht auch nicht meiner Erwartung, dass an Förderschulen „aufbewahrt“ würde.
Der Wunsch ist, dass Kinder überhaupt Förderung erfahren, weil die Kinder zusätzliche Hilfe beim Lernen benötigen.

In welchem System dies erfolgt, ist ein Streitpunkt.
Über die Bedingungen wird aber zumeist gar nicht gesprochen, wodurch viele aneinander vorbei reden.

In der Regelschule ohne zusätzliche Ressourcen gelingt die Beschulung von Kinder mit Unterstützungsbedarf nicht, weil die Förderung zu gering ist.
An Förderschulen ist es zum einen eine Separation, zum anderen kann man auch ein Förderschulsystem kaputt sparen und wird zu dem Ergebnis kommen, dass dann die Förderung zu gering ist.

Gewünscht oder gedacht wird die Betreuung von Förderschülern von einigen in einer Kleingruppe mit mindestens einer ausgebildeten Förderschullehrkraft. In welchem Bundesland gab oder gibt es denn wirklich solche Bedingungen für welche Förderschwerpunkte?

In einigen Förderschulen gibt es zusätzlich pädagogische Mitarbeiterinnen und auch Therapeuten, die mit den Kindern arbeiten.
Diese alle gibt es in den Regelschulen, von denen Inklusion erwartet wird, nicht. Warum nicht? Wo sind die zusätlichen Kräfte, die multiprofessionellen Teams, von denen immer gesprochen wird?

Ich finde es irreführend, über die Systeme zu streiten, wenn die Bedingungen nicht klar auf dem Tisch liegen:
Eine Beschulung aller Kinder mit Förderbedarf (Lernen, Geistige Entwicklung, Hören, Sehen, Sprache, Körperlich-Motorisch, Emotional-Sozial) an einer Förderschule als gemischte Klasse mit 20 Kindern mit genau einer Lehrkraft wird sich niemand als „gute Förderung“ vorstellen.
Von Regelschulen wird aber genau das zurzeit erwartet, gleichzeitig zur Beschulung aller anderen Kinder, und dem dann der Stempel „Inklusion“ aufgedrückt.

M.E. muss das Recht auf Inklusion zusammengebracht werden mit einer Pflicht, die notwendige Ausstattung dafür einzurichten:
es gibt ein flächendeckendes Förderschulsystem mit erreichbarem Angebot für alle Unterstützungsbedarfe und die Beschulung erfolgt in Kleingruppen durch Förderschulkräfte mit zusätzlichen pädagogischen Mitarbeitern. Das wäre ein exklusives System mit intensiver Förderung.

Oder es gibt ein inklusives System in der Regelschule mit Einbeziehung aller Unterstützungsbedarfe, die Beschulung erfolgt in angemessener Klassenstärke (30 sind immer zu viel) durch eine Regelschul-Lehrkraft in Unterstützung von ausgebildeten Förderschulkräften und zusätzlichen pädagogischen Mitarbeitern, wie sie bei einem exklusiven System auch zu finanzieren wären, damit in der Regelschule Möglichkeiten zur regelmäßigen intensiven Förderung bestehen und zwar für ALLE Kinder.

Oder es gibt Mischformen, aber auch dann müssen Regelschulen und Förderschulen derart ausgestattet sein, dass Förderung tatsächlich und tatkräftig unter Einbeziehung von Fachkräften erfolgen kann.

Das Sparkonzept, dass durch die Politik umgesetzt wird, fährt das ganze Schulsystem gegen die Wand,
das Floriansprinzip, das zurzeit aus der Not heraus von vielen laut skandiert wird, hilft aber auch nicht.

Heike
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

@Palim
Was nützt es, den Inklusionsgedanken über eine wünschenswerte Ausstattungsform mit viel Hilfspersonal zu verteidigen, die aber nicht der Realität entspricht, sondern Utopie ist und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Utopie bleiben wird?
Außer einer raffinierten Begründung der Abschaffung von Förderschulen kann ich in der Argumentation nichts sehen.
Die Schüler und Lehrer voller Eile ins Unglück zu stürzen und das Verhalten anschließend mit unerfüllbaren Forderungen an Dritte und schönen Visionen über die inklusiven Arbeitsbedingungen von morgen zu rechtfertigen, ist für mich an folgenschwerer Augenwischerei kaum zu überbieten.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

„Was nützt es, den Inklusionsgedanken über eine wünschenswerte Ausstattungsform mit viel Hilfspersonal zu verteidigen, die aber nicht der Realität entspricht, sondern Utopie ist und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Utopie bleiben wird?“

Was nützt es, wenn man Inklusion im Klassenzimmer umsetzen muss, dabei aber nicht einmal die im Erlass festgesetzte Unterstützung erfährt?
Man muss sich um diese Schüler dennoch kümmern.

Das kann man als Lehrkraft ablehnen und darauf hoffen, dass die Eltern samt Kind das Weite suchen oder andere zuständig werden (Floriansprinzip).
Das ist aber nicht möglich, wenn im Bundesland alle Förderschulen Lernen geschlossen und Kinder aus diesem Einzugsgebiet in genau diese Schule gehen.
Das ist auch nicht möglich, wenn Kinder erst 2-4 Jahre zur Schule gehen, bevor ihr Unterstützungsbedarf überprüft und festgelegt werden darf, da diese Kinder dann ebenso in den Grundschulen sind und dort keinerlei Unterstützung erfahren und trotz Beeinträchtigung an gleichen Zielen gemessen und bewertet werden (das alte System war ja SO GUT!)
Das ist auch nicht möglich, wenn spezielle Förderschulen für Grundschulkinder nicht in erreichbarer Nähe liegen und Internatsunterbringung bedeuten. Da wäre eine personelle Unterstützung in einer Grundschulklasse finanziell günstiger, aber die Kostenträger sind verschiedene und einigen sich nicht.
Und es ist auch nicht möglich, wenn Eltern genau diese Schule wählen, weil sie von ihrem Recht auf inklusive Beschulung Gebrauch machen möchte, ohne jedoch im Ansatz zu ahnen, dass Schulen dies zwar umsetzen müssen, damit aber allein gelassen sind.
Auch der Aufwand innerhalb des Schulsystems sowie bei Ämtern, um Unterstützung zu beantragen, ist immens und steht m.E. im Gegensatz zur Inklusion und allein im Auftrag eines Sparzwangs. Vorschulische Überprüfungen werden verzögert, Förderbedarfe umgewidmet, damit Lehrkräfte nicht abgeordnet werden müssen, Integrationshilfen werden nach großem Aufwand für möglichst wenige Stunden genehmigt, Antragsverfahren laufen generell parallel, Eltern müssen Klagen einreichen. Der gesamte Aufwand ist so teuer, dass die I-Hilfe davon vermutlich locker zu bezahlen wäre!

Wenn der Inklusionsgedanke nur Utopie sein soll, kann man das alles streichen. Wir sparen uns das! Dann können Förderschüler gleich welcher Art in gleich welche Schulen gesteckt werden, möglichst viele mit möglichst wenigen Lehrkräften zu möglichst wenig Geld. Dann kann auch im Förderschulsystem der Rotstift angesetzt werden und man wird feststellen, dass auch dort die Förderung ohne den notwendigen finanziellen Aufwand nicht erbracht wird.
Dass zuvor alles gut war, ist eine Behauptung, die sicherlich für etliche Förderschulstandorte zutreffend war, dennoch gab es auch Kinder, die „abgeschoben“ und „aufbewahrt“ wurden.
Dass das alte System das bessere war, behaupten hier einige, beachten aber auch dann nicht die Bedingungen, die Zahl der Lehrkräfte, der weiteren Mitarbeiter, die Klassengrößen.
Zu behaupten, dass das Förderschulsystem der beste Weg und die beste Förderung sei, ist dann ebenso Utopie.

Wenn der Inklusionsgedanke jedoch in der Realität umgesetzt werden soll, muss sich Politik und Gesellschaft der Aufgabe stellen und alle müssen sich darum bemühen, dass dies gelingt – nicht nur auf dem Papier.
Während etliche dahinter nur das Sparkonzept sehen wollen, weiß ich, dass es vor der Umsetzung sehr wohl auch um Ressourcen ging, dass Systeme verglichen wurden, die zuvor in anderen Ländern oder im Gemeinsamen Unterricht in Deutschland bereits etabliert waren. Um aber keine Ansprüche festzulegen, haben sich Parteien auf eine Umsetzung und Erlasse geeinigt, in denen die Bedingungen gar nicht genannt sind, in der Umsetzung selbst den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden und – wie in anderen Bereichen auch – alles andere den Schulen und damit den Lehrkräften zugeschoben. Warum gibt es keine bundesweiten Standards über die KMK in dieser Hinsicht?
Das Recht auf Inklusion wird dadurch zu einer Verpflichtung der Lehrkräfte zur Inklusion, ist aber nicht mit einem Recht auf Ausstattung oder einer Pflicht zur angemessenen Unterstützung verbunden.

Die Bedingungen selber wurden vorab in den Kollegien diskutiert und mit Spannung erwartet, dabei galten die Stunden des Vorläufersystems (RiK in Nds) als besonders schlecht. Eine Gegenüberstellung unterschiedlicher Unterstützungsbedingungen gibt es bisher nicht, würde aber deutlich zeigen, in welchen Ländern und Bundesländern Aufwand für die Inklusion betrieben würde und die Notwendigkeit von Standards unterstreichen.
Die Umsetzung selbst erfolgt in den niedersächsischen Schulen ohne die per Erlass geregelte Stundenzuweisung zu gewährleisten oder in irgendeiner Form zu ersetzen.

Sie fragen, was es nützt?
Es nützt den Kindern mit Beeinträchtigungen wie KM, Sehen, Hören, die als Teil einer normalen Klasse lernen dürfen, wenn sie technische Hilfsmittel bekommen oder ggf. eine Einzelfallhilfe, die unterstützt, und darüber dem Unterricht folgen können. Meine Erfahrung ist, dass Kinder recht gut verstehen können, warum Kinder mit Beeinträchtigung bestimmte Aufgaben anders bewältigen und dass man sich auf einen Umgang mit diesen Kinder einlassen kann.
Es nützt den Kindern, die zwar eine Beeinträchtigung haben, aber dennoch lernwillig sind, die in einer Regelschulumgebung recht gut zurechtkommen und mit geringem Aufwand größere Fortschritte erzielen. Kinder, die am Ende der Grundschulzeit annähernd so gut sind wie Regelschulkinder, bei denen niemand hilft, niemand interessiert ist, niemand unterstützt.
Schlimm ist, dass das Schulsystem auf alle diese Kinder keine Antworten hat, weder auf die, die wegen der Beeinträchtigung Hilfe benötigen, noch auf die Kinder, die durch mangelnde häusliche Unterstützung Hilfe benötigen. Diese Kinder sind und bleiben die Verlierer und sollen separiert werden.

Es mag Ihnen als Utopie erscheinen. Der derzeitige Sparzwang lässt diese Kinder aber insgesamt ohne Unterstützung, sodass ihnen später die Teilhabe an der Gesellschaft kaum möglich sein wird.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

Soweit Palims Sicht der Dinge. Alternativ kann man auch einfach mal die betroffenen Schüler fragen.
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hallo_niedersachsen/Hameln-diskutiert-ueber-Zukunft-der-Foerderschule,hallonds43518.html

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

In dem Beitrag kommen genau 2 Schüler zu Wort, beide an einer FöS, offenbar mit sehr kleinen Lerngruppen. An welcher Stelle wird denn eine entsprechende Ausgestaltung der Förderschulen zugesichert?
Welchen Beitrag empfehlen Sie denn um SuS in Regelschulen zu befragen, die sich dort gut aufgehoben fühlen und die gerne weiter inklusive beschult werden möchten? Das wird ja im Beitrag auch aufgegriffen.
Im übrigen schließt das angesprochene Problem des Mobbings eine Menge anderer Schüler ein, die im Anschluss auch nicht die Schule wechseln. (Warum muss das Opfer gehen?)
Die Frage, was mit einzelnen SuS geschieht, die in der Inklusion TROTZ angemessener Bedingungen nicht zurecht kommen, stellt sich. Aber zurzeit heißt die Frage, warum die Schüler bei bestehenden Bedingungen vernachlässigt und zu wenig gefördert werden, und die Antwort liegt auf der Hand.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  Palim

@ Palim: Hätte mich auch gewundert, wenn Sie nicht auch bei diesen Schüler-O-Tönen ’ne Möglichkeit gefunden hätten, sie zu relativieren.

Anna
5 Jahre zuvor
Antwortet  AvL

Was ist denn ‚lernbehindert“? Und wer entscheidet das?

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Ich gebe mal ein Beispiel aus meinem Unterricht: Ein Junge aus meiner 7. Kl. ist leicht autistisch.
– Er kann eingekleidete Mathe-Aufgaben nicht abstrahieren und findet das dahinter stehende allgemeine Prinzip nicht.
– Wenn er auf eine Schwierigkeit stößt, kommt er schnell in eine Totalblockade, sagt „das verstehe ich nicht“ und ist nicht in der Lage, durch Ausprobieren oder Nachfragen oder sich-einen-Tipp-geben-lassen einen Schritt weiter zu gehen.
Das sind leichtere Formen von „lernbehindert“, mit denen wir in Regelschulen, wenn wir Glück und einen Inklusionshelfer haben, meistens die Kinder mitbeschulen können. Es gibt aber auch Situationen, wo ich als einzige Lehrkraft im Raum entscheiden muss, ob ich nun die gesamte Klasse 10 min warten lasse oder den einzelnen mit seinem Problem links liegen lasse.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Sie verweigern sich ja, den Kindern eine Behinderung zuzusprechen. Folglich sollten für alle Kinder dieselben Maßstäbe gelten und noch folglicher brauchen die Gymnasien niemanden zieldifferent zu unterrichten. Schüler, die nicht mitkommen, verlassen also diese Schulform. Dasselbe gilt auch für die Realschulen, vorausgesetzt es gibt noch die Hauptschule.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Haben Sie den Eindruck, dass die Arbeit an Förderschulen mit solchen Worten zutreffend beschrieben ist?

Anna
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Fragen Sie doch mal die Betroffenenverbände.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Liebe Anna, aus meiner Sicht sind Sie in der Beweislast, dass die Inklusion unter den gegenwärtigen Bedingungen das beste für alle Schüler ist. Beachten Sie aber, dass das vorrangige Ziel der Schule der Schulabschluss ist, nicht mehr und nicht weniger.

Hans Wocken
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Liebe Anna,
ich kenne Sie nicht persönlich und habe auch keine Adresse von Ihnen. Ich möchte Ihnen gerne eine Rückmeldung zukommen lassen. Wenn Sie das zulassen können, bitte ich um Ihre Email-Adresse an: hans-wocken@t-online.de.
Viele Grüsse
Hans Wocken

OlleSchachtel
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

Ich sehe die zur Zeit praktizierte Inklusion lediglich als riesige Sparnummer des Staates die heftig nach hinten losging.
Es ist eine Missachtung der Bedürfnisse aller Kinder wie zur Zeit die Inklusion umgesetzt wird. Und die Eltern dieser Kinder werden alleine gelassen.

m. n.
5 Jahre zuvor

Wenn „gleiche Rechte“ bedeutet, dass Inklusionskinder keine besondere Hilfe und Förderung mehr erfahren, ist es eine Ungeheuerlichkeit, diese beschämende Tatsache mit einer verlogenen Gerechtigkeitsideologie zu begründen und mit der Beschwörung einer Fata Morgana von mehr materieller und personeller Ausstattung der Regelschulen weiterhin den Blick für die Realität trüben zu können.
Die Inklusionsanhänger sollten endlich zugeben, für welch verhängisvolle Pfade sie gesorgt haben mit ihrer Verteufelung der Förderschulen.
Jeder Wert einer Handlung liegt bekanntlich nicht in ihren Motiven, sondern in ihren Konsequenzen.
Welche das sind, ist nicht mehr zu übersehen. Da hilft auch nicht, die wohlklingenden Motive immer intensiver zu beschwören und die Augen vor der langfristigen Realität immer fester zu verschließen.

Anna
5 Jahre zuvor
Antwortet  m. n.

Nein, gleiche Rechte bedeutet nicht, dass ‚Inklusionskinder‘ keine besondere Förderung mehr erfahren – es bedeutet aber, dass auch Nicht-Inklusionskinder einen Anspruch auf besondere Förderung haben, wenn sie derer bedürfen.

OMG
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Sorry, aber es ist doch wohl angekommen: Es gibt derzeit keine Förderung von Betroffenen in den Regelklassen. Ich habe langsam den Eindruck, dass Prinzipienreizerei alles ist und was den Kindern widerfährt absolut nicht von Interesse. Das finde ich einfach nur skandalös

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  OMG

Richtig. Bei der Gerichtsverhandlung in Bremen geht es ja auch nur um das (formaljuristische) Prinzip. Der Senat möchte die Radikalinklusion im Namen der Menschlichkeit, in Wahrheit aber aus Kostengründen, durchdrücken. Die pädagogischen Einwände des Gymnasiums müssen den Richtern egal sein, weil sie an geltendes Recht gebunden sind. Es ist zu hoffen, dass die Richter in der Urteilsbegründung dem Senat aber einen entsprechenden Auftrag mitgeben. Wie verbindlich der ist, weiß ich nicht, ebenso wie die Lehrer an den Gymnasien mit den W+E-Kindern umgehen (sollen).

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

xxx schrieb: „Die pädagogischen Einwände des Gymnasiums müssen den Richtern egal sein, weil sie an geltendes Recht gebunden sind. Es ist zu hoffen, dass die Richter in der Urteilsbegründung dem Senat aber einen entsprechenden Auftrag mitgeben.“

Das wäre in der Tat ein Hoffnungsschimmer und äußerst hilfreich.

Anna
5 Jahre zuvor
Antwortet  OMG

Gibt es die Menschenrechte nicht, weil sie in etlichen Ländern missachtet werden?

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Es geht hier nicht um etliche Länder, sondern um das Chaos, das die deutschen Bildungspolitiker mit ihrer Rotstiftinklusion auf Kosten aller Kinder, Lehrer und Eltern anrichten.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

„Rotstiftinklusion“ ist ein sehr treffender Ausdruck!

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

@Anna
Sind Sie Lehrerin ?
Wo bleibt bei dieser Art von Inklusion überhaupt noch gezielte Förderung für im Lernen beeinträchtigte Kinder übrig, denn die Förderlehrer sind nur noch marginal im Unterricht vertreten.
Und Sie rufen immer noch nach Menschenrecht, welches allen durch diese Inklusion vorenthalten wird.Das werden sich die Eltern bei der nächsten Wahl merken.
Schließlich sind wir gemeinsam unterwegs auf einer Reise durch die (Schul-) Zeit.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

Die permanente, inflationäre Erklärung „von allem und jedem“ zum Menschenrecht entwertet die (wirklichen) Menschenrechte nur!

Wir sind ja nun bald dabei, dass Menschenrechte auf (kostenloses) Fernsehen, Fahrradfahren überall und Schokokekse in der Schülerspeisung gefordert werden. 🙁

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

m.n. schrieb: „Die Inklusionsanhänger sollten endlich zugeben, für welch verhängisvolle Pfade sie gesorgt haben mit ihrer Verteufelung der Förderschulen.
Jeder Wert einer Handlung liegt bekanntlich nicht in ihren Motiven, sondern in ihren Konsequenzen.“

So sieht es auch die Autorin des folgenden Kommentars:

„Wie wichtig Förderschulen in der deutschen Bildungslandschaft sind, begreifen die meisten Menschen erst, wenn sie eine solche Schule besucht haben. Deswegen sollte jeder Politiker, der auch nur ansatzweise darüber nachdenkt, diese Schulen infrage zu stellen, dort einmal ein Tagespraktikum absolvieren. Was die Lehrer, Erzieher und Therapeuten an der Wiehengebirgsschule leisten, kann keine Regelschule der Welt auf die Beine stellen. Dazu fehlen den Regelschulen schlichtweg das Personal und das Know-how. Und selbst mit Abordnungen von Förderschullehrern an Regelschulen ist die Inklusion von Kindern mit geistigen Behinderungen oder Lernbehinderungen nicht zu schaffen. Denn die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsleben hängt von den Fähigkeiten ab, die die Schüler in ihrer Schulzeit lernen. Um diese Schüler bestmöglich auf ein selbstständiges Leben vorzubereiten, braucht es mehr als ein paar Stunden zusätzliche Förderung, wie sie die Inklusionskinder an den Regelschulen erhalten. Deshalb sind Förderschulen heute mehr denn je ein Muss als ein Kann in der Schullandschaft.“
https://www.noz.de/lokales/melle/artikel/991119/foerderschule-in-melle-ist-ein-muss

Anna
5 Jahre zuvor

Im Beitrag von Herrn Wocken steht in keiner Zeile, dass er die Abschaffung der Förderschule fordert.

OMG
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

Jetzt fängt das wieder an……….

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Anna

In einer früheren Diskussion wollte Herr Wocken partout nicht auf die Frage antworten, wie das eigentlich unsere Nachbarländer konkret realisieren. Er wich in nebulöse Sprüche aus. Stecken sie mehr Ressourcen in die Inklusion, da, wo sie vielleicht funktioniert? Oder haben sie heimlich eben doch Förderschulen oder Förderklassen beibehalten, wie die Schweden? Oder scheren sie sich am Ende gar nicht um die abstrakten Menschenrechte, sondern werkeln pragmatisch vor sich hin?

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Hier noch ein Interview mit Prof. Wocken aus dem April 2018. Titel: „Das eigentliche Ziel der Inklusion ist verfehlt“.

Ich zitiere mal einige der zentralen Aussagen Wockens:
1. Alle Bundesländer haben tatsächlich die sogenannte Inklusionsquote an den Regelschulen erhöht, während der Anteil der Schüler an den Förderschulen sich kaum verändert hat. Das bedeutet, dass Schüler, die früher allenfalls als Risikoschüler galten, nun mit dem Etikett des sonderpädagogischen Förderbedarfs versehen werden.

2. Ein einklagbares Recht auf einen Platz in der Regelschule gibt es für behinderte Kinder bisher nur in Hamburg.

3. Es ist eine schmerzliche Erkenntnis, dass offenbar gerade am Anfang der Reformprozess zu schnell vorangetrieben wurde.

4. Ich bin der Meinung, dass jetzt alle Probleme auf den Tisch gehören. Wir müssen evaluieren, was nicht stimmt, und eine Neukonzipierung vornehmen.

5. Mehr Geld muss auf jeden Fall in die Inklusion fließen. Schließlich muss ein behindertes Kind an einer Regelschule laut Verfassung eigentlich die gleichen Ressourcen erhalten wie an einer Förderschule. Das ist aber nicht der Fall. Stattdessen gibt es an den Förderschulen mehr Personal, kleine Gruppen, spezielle Therapieangebote. Solange es diese Unterschiede gibt, werden viele Eltern es vorziehen, ihre behinderten Kinder lieber in die Förderschule zu geben.

https://deutsches-schulportal.de/schulkultur/vielfalt/hans-wocken-das-eigentliche-ziel-der-inklusion-ist-verfehlt/

omg
5 Jahre zuvor

… und hier Wei predigen, wo bekannt ist, dass das vorhandene Wasser kontaminiert ist.
Das ist nicht in Ordnung. Basta

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Und hier bringt der Erziehungs- und Rehabilitationswissenschaftler und Psychologe Bernd Ahrbeck die Gegenposition zu Prof. Wocken und seinen Mitstreitern äußerst prägnant auf den Punkt:

„Die empirische Realität wird einfach negiert. ‚Für jedes Kind soll das Gleiche gleich gut sein, auch wenn das Gegenteil hinreichend belegt ist‘, so Ahrbeck. Er wirft den Gegnern der gezielten sonderpädagogischen Diagnostik einzelner Kinder eine ‚Trivialisierung von Behinderung‘ vor. Mit anderen Worten, sie tun so, als könne die pure Gleichbehandlung die Unterschiede der betroffenen Kinder zum Verschwinden bringen, indem sie schlicht wegdefiniert werden.“
http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/hoch-schule/inklusion-in-der-kritik-zurueck-zur-foerderschule-15638151.html?printPagedArticle=true#pageIndex_0

anonymus
5 Jahre zuvor

Ich fasse es schon seit Jahren nicht. Im Namen von einer aus der UN-Menschenrechtskonvention fragwürdigen Übersetzung in deutsche Rechtsnorm und Gerechtigkeit werden behinderte Kinder in Regelschulen gebracht und dort billigst aufbewahrt bis zum Ende der Schulzeit, um teure Förderschulen erst schlechtzureden und dann möglichst widerstandslos schließen zu können.
Das Ganze unter der Flagge von Nächstenliebe und Behindertenfreundlichkeit zu verkaufen, ist für mich an menschenverachtender Kaltschnäuzigkeit der Funktionäre kaum zu überbieten. Das gläubige Fußvolk bedenke ich mit dem milderen Urteil von „ideologisiert, dumm und naiv“.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  anonymus

Die UN-Konvention verlangt doch nur den Zugang von Kindern mit Behinderung zu allgemeiner Bildung. Ein Schulabschluss ist damit aber nicht inkludiert. An integrierten Gesamtschulen bedeutet der gemeinsame Unterricht von Schülern mit HS-, RS- und GY-Empfehlung ja auch nicht, dass alle den gleichen Schulabschluss nach zehn Vollzeitschulbesuchsjahren erhalten. Aus diesem Grund gibt es ja in den fachleistungsdifferenzierten Fächern unterschiedliche Anforderungsebenen. Zusätzlich gibt es noch die Neigungsdifferenzierung im vierten Fach der Fächergruppe I (Hauptfächer) – das Wahlpflichtfach.
Gegen den gemeinsamen Unterricht in den Fächern der Fächergruppe II (Nebenfächer) bis auf Chemie oder Physik, die leistungsdifferenziert ab dem neunten Jahrgang unterrichtet werden, spricht doch nichts. Nur warum wird hier in NRW nicht eine dritte Anforderungsebene für Schüler mit festgestelltem Förderschwerpunkt Lernen und Regelschülern mit erheblichen Leistungseinschränkungen in einzelnen Fächern eingerichtet? Ob die Lerner einer Klasse jetzt in einzelnen Stunden durch Sonderpädagogen unterrichtet werden oder ob im Jahrgang z.B. in Deutsch oder Mathematik alle Lerner eines Jahrgangs gemeinsam unterrichtet werden sollen, wäre grundsätzlich zu überlegen. Ein Verstoß gegen die UN-Konvention ist es de facto und de jure nicht, sonst müsste Australien nämlich am Pranger stehen. Die Australier verfahren nämlich so. Da werden an den Comprehnsive Schools alle Kurse in den Fächern der Fächergruppe I auf bis zu fünf unterschiedlichen Anforderungsebenen unterrichtet. Letzlich ist es nur eine Frage der Organisation, der personalsituation und dem Willen entsprechende finanzielle Voraussetzungen zu schaffen. Wer Inklusion – wie in Deutschland – unter dem Aspekt der Kostenoptimierung durch Schließung der Förderschulen betreibt, hat das Prinzip von gesellschaftlicher Teilhabe für die Behinderten nicht verstanden.

Des Weiteren ist ohne grundlegende Änderung der APO-SekI nicht zu erwarten, dass die Lerner an Regelschulen zu einem allgemeinbildenden Schulabschluss kommen. Sie können nämlich aufgrund der derzeitigen Rechtslage nur ein Abgangszeugnis frühestens nach Klasse 9 erhalten. Wem soll damit geholfen sein? Selbst wenn im zehnten Jahrgang der Förderbedarf aufgehoben werden würde, womit die Inklusionsschüler de jure Regelschüler werden, ist voraussichtlich nur ein Hauptschulabschluss nach Klasse 9 zu erreichen. Wird der Förderbedarf im neunten Jahrgang aufgehoben, wird im regelfall die Versetzung nach Klasse 10 nicht erreicht werden können. Die Klasse 9 müsste also weiderholt werden, um am Ende ein Abgangszeugnis zu erhalten. Wäre es da nicht besser dieses Klientel nach Klasse 9 bzw. nach neun Vollzeitschulbesuchsjahren ein Langzeitpraktikum zu ermöglichen, damit berufliche Grundfertigkeiten erlangt werden können?

PS Inklusion ist nicht Aufgabe von Schulen, sie ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die alle Lebensbereiche einschließlich des Berufslebens einschließt. Warum dürfen Betriebe sich „freikaufen“, wenn sie keine Behindertenquote erfüllen wollen oder können? – Ich würde einmal vermuten, dass die Eltern der Regelschüler das geld in kürzester Zeit aufzubringen bereit wären.

Palim
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Danke für den Beitrag.

AvL
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

@Dickebank
Auch von mir Danke für Ihren Beitrag.

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Die Gleichheit aller Menschen als „Erbe der europäischen Aufklärung“, so heißt es im obigen Artikel philosophisch und einigermaßen vollmundig. Das bezieht sich eigentlich auf die Gleichheit als Staatsbürger. Aber die Gleichheit in der Schule ist doch wohl eine Erfindung neuerer Zeit und eher einer (nie wirklich stattgefundenen) sozialistischen Revolution zuzuordnen. Soll jeder aufs Gymnasium? Selbst Prof. Wocken sagt „nein“.
In unserem Land hat jeder auch das Recht, eine Privatschule oder Privathochschule zu besuchen. Der Staat regelt nur die Abschlüsse, aber nicht die Aufnahme. Wenn nun jeder von diesem Recht Gebrauch machen würde, gäbe es ja keine öffentlichen Schulen und Hochschulen mehr. Wenn jeder aufs Gymnasium ginge, gäbe es keine anderen Schulformen mehr,aber das Gymnasium übernähme die Rolle der Hauptschule.
Diese Absurdität zeigt doch, dass eine allzu konsequente „Gleichheit“ in der Bildung letztlich nicht realisierbar ist. Das bleibt ein Wunsch oder eine Fata Morgana. Vielmehr bedarf es ergänzender Regularien, um das alles in praktikable Bahnen zu lenken. Und das betrifft eben das Gymnasium, die Privatschulen und eben auch die Förderschulen. Gleiche Rechte ohne gleiche Pflichten, das ist ohnehin problematisch. Wer mehr leistet, erwirbt dann eben auch im einzelnen mehr Rechte, nicht als Staatsbürger, wohl aber bei der Teilhabe an der Bildung. Gerade die Länder des „realen Sozialismus“ haben das so gehalten, weil Bildung nicht ein beliebig vermehrbares Gut ist: Es kann nicht jeder zeitlebens pädagogisch gefördert werden, sonst gäbe es ja keine Förderer mehr. Chancengleichheit kann nicht an Erfolgsgleichheit gemessen werden, sondern an der Fairness der Bedingungen, zu den Erfolgen zu gelangen. Da kann man natürlich anfangen zu diskutieren, und das wird ja auch reichlich gemacht.

dickebank
5 Jahre zuvor

Gleichheit ist aus meiner Sicht im Sinne von Zielgleichheit zu verstehen. Schüler mit dem Förderschwerpunkt Lernen werden aber nicht zielgleich sondern zieldifferent unterrichtet. Folglich sind sie den Regelschülern nicht gleichgestellt, gkleichwertig als Menschen sind sie als Teil der Klassengemeinschaft. Als gleichwertige Individuen müssen sie aber auch das Recht der anderen auf Wettbewerb und bestmögliche Förderung, die sich an den Kernrichtlinien orientiert bzw. orientieren muss, damit die regelschüler innerhalb des Systems den für sie bestmöglichen Schulabschluss erreichen können. Die Förderung der Inklusionsschüler darf somit nicht zulasten der regelschüler gehen. Rücksichtnahme auf die Lernbehinderung seitens der Mitschüler und Lehrkräfte ist ein substantielles Recht der Inklusionsschüler, das sich aus dem GG ableitet.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Selbst Gesellschaften, die in theoretischer Hinsicht egalitär waren (z.B. die DDR) haben großen Wert auf die Ausbildung von Leistungs-Eliten gelegt. Es gab sog. „Spezialschulen“ für bestimmte Disziplinen (z.B. Sport, Musik, Naturwiss.), wo die diesbezügliche Elite unter sich war. Also: eine leistungsmäßige Segregation steht der theoretischen Gleichheit aller Menschen nicht im Wege. Das Kommunismus-Zitat von Brodkorb geht wohl von einer extremen Interpretation des Kommunismus aus, die es eher als Vorstellung denn als Realität gibt.

dickebank
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Wenn denn der Begriff „Moral“ vom lateinischen Wort „mores“ abzuleiten ist, dann kann doch moralisches Handeln nur bedeuten, dass jemand sich den üblichen Sitten und Gebräuchen entsprechend verhält. Wenn sich Moralapostel also über allgemein anerkannte Gebräuche erheben wollen – hier die spezielle Förderung in kleinen auf die Bedürfnisse der besonderen Schülerschaft zugeschnittenen Sonderschulen oder ihrem Leistungsvermögen entsprechenden Kursen an Regelschulen -, verhalten sie sich aus meiner Sicht amoralisch. Politische Entscheider in den Kommunen, die Förderschulen, die ja mehr Geld je Schüler verschlingen als Regelschulen, schließen wollen, da die Zahl der Anmeldungen rückläufig sind, folgen fiskalischen Aspekten. Nur sind diese nicht grundsätzlich moralisch.

Ebenso wie viele Festsetzungen sonderpädagogischen Förderung (Verwaltungsakte) fragwürdig sind, sind es die abgelehnten Festsetzungen bei einem großen Teil der Regelschüler auch. Die Grenze zwischen anerkannten Lernern und dem leistungsschwächeren Teil der Regelschüler (10% – 15%) in integrierten Systemen des “ längeren gemeinsamen Lernens“ ist fließend. Werden die Lerner systematisch gefördert und sind mit Lerneifer bei der Sache, können sie tlw. bessere Leistungen als schwache Regelschüler erreichen, die im Regelfall unmotiviert sind und nicht systematisch Lernen können bzw. von Zuhause nicht dazu angehalten werden.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  dickebank

Letzteres ist ganz normal. Schülerleistungen bewegen sich immer irgendwo zwischen dem, was sie im Optimalfall zu leisten im Stande sind und dem, was sie zu leisten bereit sind. Allerdings nimmt der Wille häufig stärker ab als die Fähigkeit. Im obersten Bereich besteht das Risiko des Minimalismus, weil die Versetzung so oder so nicht gefährdet ist. Der unterste Bereich wäre allerdings dumm, sich zu sehr anzustrengen, weil er dann aus den Maßnahmen zur individuellen Förderung heraus fällt.