Bundesländer starten eine Initiative für Schulen in sozialen Brennpunkten

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BERLIN. Trotz aller Anstrengungen: Schulen in ärmeren Stadtteilen tun sich oft schwer, Rückstand bei Schülern auszugleichen. Oft müssen sie Schüler auch erst einmal erziehen. Deshalb soll es mehr Hilfe geben.

"Ich will auch mal in die Zeitung": Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe; Foto: SPD Hamburg, flickr (CC BY-SA 2.0)
Für Rabe kann das Programm gar nicht schnell genug losgehen.                     Foto: SPD Hamburg, flickr (CC BY-SA 2.0)

Die von SPD, Grünen und Linken geführten Länder wollen eine Initiative für Schulen in sozialschwächeren Stadtteilen starten. Der Vorstoß werde in der Kultusministerkonferenz eingebracht, sagte Hamburgs Bildungssenator Ties Rabe (SPD) im Gespräch. Die Bundesregierung forderte er auf, dies zu einem gemeinsamen Bund-Länder-Förderprogramm zu machen.

«In allen Bundesländern gibt es Schulen mit einem besonders hohen Anteil von Kindern aus bildungsfernen Familien, die bereits bei der Einschulung ungewöhnlich hohe Lernrückstände haben», sagte Rabe. Er verwies auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD im Bund, nach dem Schulen in benachteiligten sozialen Lagen und mit besonderen Aufgaben der Integration unterstützt werden sollen. Der Bund will demnach für eine Förderung begleitender Forschung sorgen.

Rabe sagte, das Programm solle so schnell wie möglich stehen und umgesetzt werden. Die Bildungschancen der Schüler an Schulen in belasteten Sozialräumen sollten verbessert werden.

Auch Berlins Schulsenatorin Sandra Scheeres (SPD) setzte sich ausdrücklich für so ein gemeinsames Programm ein. Es solle praktische Verbesserungen und wissenschaftliche Analysen umfassen. Die betroffenen Schulen müssten oft Erziehungsaufgaben übernehmen und das Miteinander von Kulturen und Religionen gestalten. Dabei bräuchten sie Unterstützung.

Wie Untersuchungen des Lernstands zeigen, kann sich dieser bei den Kindern in einer Klassenstufe um bis zu drei Lernjahre unterscheiden. Insbesondere in den größeren Städten – so die Initiatoren des Vorstoßes – konzentrieren sich Kinder und Jugendliche mit großen Rückständen häufig auf wenige Schulen. Diese liegen dann in sogenannten benachteiligten sozialen Lagen. Zwar hätten die Länder bereits reagiert – unter anderem mit vorschulischer und schulischer Sprachförderung. Die Schulen schafften es aber bisher nur begrenzt, den Lernrückstand benachteiligter Schüler aufzuholen. dpa

FDP forciert „Talent-Schulen“ in sozialen Brennpunkten – eine Chance für benachteiligte Kinder? Oder doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein?

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Cavalieri
5 Jahre zuvor

Rabe und Scheeres wissen von „ihren“ Problemschulen doch seit langem. An beiden Orten gab es schon Brandbriefe, in Berlin häuften sie sich geradezu. Aber genau jetzt — bei hinzukommendem Lehrermangel — eine „Initiative“ zu starten erinnert mich doch an Schaufensterpolitik. Es wird nichts dazu gesagt, was konkret geplant ist. Wie sagte doch jemand so treffend? „Wir haben kein Erkenntnisdefizit, sondern ein Handlungsdefizit.“
Noch nie hatten wir so viele Didaktik-Lehrstühle, so viele didaktische Promotionen, so viel Bildungswissenschaft, so viel Monitoring und Evaluation, so viele Beschäftigte in den Landesinstituten, so hohe Geldmittel vom BMBF zur Erforschung von Bildungsvorgängen wie heute. Und was ist das Resultat? Die „Risikoschüler“ werden einfach nicht weniger, und die Problemschulen auch nicht.

g. h.
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Noch so viele Lehrstühle und Aktionen bringen für Schulen, Schüler und Lehrer eben nichts, wenn sie auf modischen Treibsand gebaut werden und man ausbleibenden Erfolg am laufenden Band ignoriert, verharmlost und entschuldigt.
Die schönsten Ideen bleiben Utopie, wenn solides Erfahrungswissen verachtet und leichtfertig als überholt oder veraltet beiseite geschoben wird.
Es zählt zu Recht nur, was am Ende als Resultat rauskommt und nicht das, was am Anfang an tollen Ideen ausgebrütet und auf dem Papier in Aussicht gestellt wurde.

Palim
5 Jahre zuvor

Niedersachsen kennt die Schulen in „belasteten Sozialräumen“ auch, dafür gab es bisher Stunden.
Diese wurden aber aktuell gestrichen, damit die Unterrichtsversorgung auf dem Papier verbessert wird.
Gleiches gilt für die Sprachförderung.

Im kommenden Jahr gibt es dann sicher auch ein zusätzliches „Programm“ OHNE personelle Ausstattung, wie diese Schulen mit diesen Schülern geniale Leistungen erzielen können.

Aufmerksamer Beobachter
5 Jahre zuvor

Cavalieri schrieb: „Noch nie hatten wir so viele Didaktik-Lehrstühle, so viele didaktische Promotionen, so viel Bildungswissenschaft, so viel Monitoring und Evaluation, so viele Beschäftigte in den Landesinstituten, so hohe Geldmittel vom BMBF zur Erforschung von Bildungsvorgängen wie heute. Und was ist das Resultat? Die ‚Risikoschüler‘ werden einfach nicht weniger, und die Problemschulen auch nicht.“

g.h. schrieb: „Noch so viele Lehrstühle und Aktionen bringen für Schulen, Schüler und Lehrer eben nichts, wenn sie auf modischen Treibsand gebaut werden und man ausbleibenden Erfolg am laufenden Band ignoriert, verharmlost und entschuldigt.“

Konrad Paul Liessmann (https://www.news4teachers.de/2017/12/philosoph-liessmann-es-geht-der-schulpolitik-nicht-um-bildung-sondern-nur-noch-um-effizienz/) schrieb:
„Der von allen akzeptierte Imperativ des bedingungslosen Immerweiter erlaubt kein Innehalten, schon gar keine Umkehr, um andere Pfade als die beschrittenen zu versuchen. Die Fortsetzung noch der unsinnigsten Reform wird ja – gerade auch im Bildungsbereich – gerne mit dem Hinweis begründet, dass man doch nicht zu alten Zuständen zurückkehren könne.
Das ist ungefähr so plausibel wie die Empfehlung an einen Autofahrer, der sich in eine Sackgasse manövriert hat, doch unbedingt weiterzufahren, notfalls auch gegen eine Wand, denn er werde doch nicht umdrehen wollen und dorthin zurückkehren, wo er schon einmal gewesen ist.”

Wann endlich werden solche Stimmen der Vernunft wieder mehr Gehör finden?

geli
5 Jahre zuvor

Das frage ich mich auch, Aufmerksamer Beobachter, und zwar schon seit einer gefühlten Ewigkeit.

@Palim
Ja, ja, die mangelhafte personelle Ausstattung ist bereits seit Jahrzehnten am Scheitern wunderbarer, über jeden Zweifel erhabener Ideen, Methoden und Reformen schuld.
Aber so schlimm können die Bedingungen eigentlich nicht sein, wenn Sie an anderer Stelle behaupten, dass die Schüler heute viel mehr und Besseres lernen als früher und auch zu höheren Leistungen befähigt werden.
Früher wurde nach Ihren Worten nur stur auswendig gelernt und das Gelernte dann in „Klassenarbeiten“ abgefragt.
Wenn heutzutage bessere Bildungserfolge erzielt werden, wie Sie behaupten, dann spricht das nicht gerade für schlechte Arbeits- und Lernbedingungen. Eins passt schlecht zum anderen.

sofawolf
5 Jahre zuvor

Wichtig wäre auch hier eine Trendwende: Nicht immer größere Schulen mit 1500 Kindern und 200 Lehrern, sondern kleine Einheiten, sprich kleine Schulen, kleine Kollegien; maximal zweizügig, maximal 18 Kinder pro Klasse, maximal 22 Wochenstunden für den Lehrer usw., wo Schüler und Lehrer sich geborgen(er) fühlen und geborgen(er) sind!

Ok, dann ohne Spanischunterricht und ohne Cafeteria … na und?!

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

So ähnlich soll es ja in Finnland sein, dem PISA-Wunderland. Im dünn besiedelten Norden soll es Schulen mit 40-50 Schülern geben, bei uns gibt’s welche mit über 100 Lehrern.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Finnland ist mit Einführung des schülerorientierten Unterrichts aber in der PISA-Liste gnadenlos abgeschmiert. Mit den Schulgrößen hat das aber weniger zu tun.

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  xxx

Das meine ich auch, kleine Einheiten haben nichts direkt mit Frontalunterricht oder offenem Unterricht zu tun. In „kleinen Einheiten“ ist sowohl das eine wie auch das andere möglich. Kleine Einheiten halte ich vor allem für besser in Bezug auf das Thema „soziale Brennpunkte“.

Die Lernerfolge hängen natürlich von weiteren Faktoren ab, aber auch darauf ,meine ich, haben „kleine Einheiten“ einen günstigeren Einfluss als große Einheiten (Massenschulen mit 1500 Schülern und 200 Lehrern). Das ist vermutlich vergleichbar mit der Anonymisierung in Hochhausgettos und Plattenbausiedlungen (wenn Hochhäuser).

Dass eine Trendwende diesbezüglich kostet, weiß ich, aber hier halte ich mal den Einsatz der sprudelnden Steuereinnahmen für sinnvoll und gut, weil er nicht dem Eigennutz dienen würden, sondern dem Gemeinwohl.