Studie: Niedriger Bildungsgrad der Eltern beeinflusst die Noten auch begabter Schüler

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BERLIN. Das soziale Milieu entscheidet oft darüber, auf welche Schule Kinder gehen. Das Bildungsniveau der Eltern bestimmt aber noch mehr: Kinder aus Familien mit niedrigem Bildungsniveau verschlechtern sich in ihren Noten – selbst wenn sie es aufs Gymnasium geschafft haben.

Kinder sind eine kaufkräftige Zielgruppe. Foto: Marnie Joyce / flickr (CC BY 2.0)
Begabung ist nicht alles. Foto: Marnie Joyce / flickr (CC BY 2.0)

Kommen Gymnasiasten aus einem Elternhaus mit niedrigem Bildungsniveau, fallen sie im Laufe ihrer Schulzeit leistungsmäßig immer weiter zurück. Das gilt insbesondere dann, wenn sie in der fünften Klasse in Mathe und Deutsch noch Einserschüler waren. Das zeigt eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin, die auf Daten des Nationalen Bildungspanels (NEPS) basiert. Offenbar bestimme der Bildungshintergrund der Eltern nicht nur die Frage, ob ein Kind überhaupt aufs Gymnasium geht – sondern auch, wie sich seine Noten dort im Laufe der Zeit entwickeln, so die Forscher.

Zwar erzielen über die Zeit viele Kinder im Gymnasium schlechtere Noten in Deutsch und Mathe. Die Schüler aus Haushalten mit niedrigem Bildungsniveau fallen aber deutlich stärker zurück. Jene, die zu Beginn noch überdurchschnittliche Leistungen erbracht haben, erreichen nach fünf Jahren am Gymnasium nur noch leicht unterdurchschnittliche Noten. Die Differenz zwischen Schülern aus Familien mit hohem und solchen aus Familien mit niedrigem Bildungsgrad entspricht dabei einer vollen Schulnote in Deutsch oder Mathe.

Gymnasien müssten es schaffen, von Anfang ein besonderes Augenmerk auf sehr gute Schüler zu richten, die aus einem Elternhaus mit niedrigem Bildungsniveau kommen: «Das sind Schüler, bei denen man vielleicht denkt, sie hätten es geschafft und man müsste sich keine Sorgen um sie machen», sagt Studienautor und Bildungsökonom Felix Weinhardt. Die Entwicklung im Verlauf der Schulzeit zeige aber ein anderes Bild.

Weitere Forschung müsste jetzt zeigen, ob die Unterschiede im späteren Berufsleben bestehen bleiben – und ob Ungleichheiten bei Löhnen beispielsweise auf frühere Bildungsungleichheiten während der Schulzeit zurückgehen. dpa

“Das Übel bei der Wurzel packen!” Ein Who’s who der deutschen Pädagogik fordert endlich mehr Gerechtigkeit in der Bildung

 

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7 Kommentare
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Cavalieri
5 Jahre zuvor

Hier steht erheblich mehr dazu:
http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/schulstudie-bildungsferne-einser-gymnasiasten-droht-absturz-a-1211278.html
Aber WARUM das geschieht, was da beschrieben wird, dazu will keiner was sagen. Dabei ist das eigentlich das Interssante dabei. Verlieren vielleicht die Schüler die Lust am Lernen, wenn sie in ihrem Milieu gänzlich andere Ansichten wahrnehmen? Bremsen die Eltern die Schüler aus? Oder entwickeln die Lehrer Vorurteile, die in Klasse 5 noch nicht bestehen? Welchen Anteil hat die Pubertät daran?

sofawolf
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Gute Fragen.

Ich denke, es liegt auch an der „Anregung“, die man von zu Hause bekommt oder nicht. Ansonsten dürfte es nicht diese Unterschiede zu Gleichaltrigen mit Eltern mit hohem Bildungsgrad geben, oder?

xxx
5 Jahre zuvor

Meiner Erfahrung nach werden die Leistungen ab spätestens Klasse 8 bei gleichem Arbeitseinsatz bei so ziemlich allen Schülern schlechter, weil dann das Niveau auf jeder Schulform anzieht. Viele Eltern können unabhängig von ihrem Bildungsgrad den Kindern dann nicht mehr helfen, weil der Stoff für sie mindestens 30 Jahre her ist. Die Pubertät tut ihr Übriges. Wirklich sehr gute (und nicht nur sehr fleißige) Schüler auf den Gymnasien von Eltern mit geringem Bildungsgrad dürften allerdings eine sehr erfreuliche, aber seltene Ausnahme sein.

Die Studie hat mal wieder eine Korrelation aufgezeigt, ohne auf die Kausalität einzugehen.

jagothello
5 Jahre zuvor

Interessanterweise ist der Zusammenhang in Deutschland sehr viel höher als anderswo. Der „sehr gute“ Schüler, was immer das auch ist, ist nach dem Verständnis vieler Lehrkräfte viel zu häufig der Autodidakt, mit Kompetenzen ausgestattet, die nicht pädagogisch erzeugt sind. Auf Phänomene wie Pubertät, Ungleichheit, Peer-Orientierung reagiert man in Finnland oder Holland pädagogisch erfolgreicher.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  jagothello

Wie ist denn das gesellschaftliche Ansehen der Lehrer dort? Wie sind ihre rechtlichen Möglichkeiten bei Sanktionen? Von Fußabtretern lassen sich Pubertierende oder entsprechend auf Krawall oder Gleichgültigkeit gebürstete Eltern nichts sagen.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  jagothello

Woran wird das konkret sichtbar? Gibt’s da Studien? Bei PISA 2015 jedenfalls und bei der Mathematik sieht das hinsichtlich D und NL ziemlich gleich aus, in Finnland hat man weniger schwache und auch weniger starke (es ist mehr zur Mitte hin nivelliert), siehe die Perzentile in Abb. 6.2 bei der Langversion des PISA-Berichts (Seite 231). Die Durchschnittswerte unterscheiden sich jeweils nur um 5-6 Pünktchen, also nicht signifikant.
https://www.pisa.tum.de/fileadmin/w00bgi/www/Berichtsbaende_und_Zusammenfassungungen/PISA_2015_eBook.pdf

AvL
5 Jahre zuvor

Schon die Leo-Studie ergab die selben Ergebnisse.