Antisemitismus in Schulbüchern? Realschullehrer wollen aufpassen

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MÜNCHEN. Werden in deutschen Schulbüchern judenfeindliche Vorurteile verbreitet? Bayerns Kultusminister sieht hier besondere Vorsicht geboten. Auch der Realschulleiterverband will die Kolleginnen und Kollegen für das Thema sensibilisieren.

Jürgen Böhm ist Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Realschullehrer. Foto: eads/Digitales Bildungsnetz Bayern
Jürgen Böhm ist Bundesvorsitzender des Verbandes Deutscher Realschullehrer. Foto: eads/Digitales Bildungsnetz Bayern

Nach Kritik des Zentralrats der Juden an deutschen Schulbüchern hat Bayerns Kultusminister Bernd Sibler (CSU) besondere Achtsamkeit beim Thema Antisemitismus in Lernmitteln angemahnt. Sollten Nachfragen oder Informationen zu Unterrichtsmaterial mit dem Vorwurf des Antisemitismus im Ministerium eingehen, werde diesen nachgegangen und der entsprechende Verlag zur Korrektur verpflichtet. «Das Judentum gehört ebenso wie das Christentum zu den religiösen Wurzeln der europäischen Kultur», sagte Sibler in München.

Zentralratspräsident Josef Schuster hatte kürzlich kritisiert, dass Schulbücher mit antisemitischen Vorurteilen lange im Umlauf blieben. «Selbst wenn inzwischen neue und verbesserte Auflagen produziert wurden, finden sich die alten Schulbücher oft noch viele Jahre in den Schulen und werden weiter benutzt.» Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatte daraufhin angekündigt, die Schulbücher in seinem Land auf Antisemitismus überprüfen lassen (News4teachers berichtete).

In Bayern würden Schulbücher erst nach intensiver Prüfung zweier voneinander unabhängiger Fachexperten zugelassen, teilte ein Sprecher des Kultusministeriums mit. Die Experten würden durch das Ministerium beauftragt und seien angewiesen, einen vorgegebenen Kriterienkatalog streng anzuwenden. Darin heißt es: «Personen und Personengruppen dürfen nicht diskriminierend dargestellt werden. Bei der Darstellung z.B. der deutsch-jüdischen Geschichte ist auf eine umfassende Sichtweise zu achten.»

Schuster zufolge gibt es in deutschen Schulbüchern «Bilder, die von antisemitischen Stereotypen geprägt sind und damit eher an den «Stürmer» erinnern, als dass sie eine sachliche Darstellung bieten würden». Der «Stürmer» war ein judenfeindliches Nazi-Propagandablatt.

Der Vorsitzende des Bayerischen Realschullehrerverbands (und Bundesvorsitzende des Deutschen Realschullehrerverbands), Jürgen Böhm, erklärte am Montag: «Antisemitischen Tendenzen in unserer Gesellschaft müssen wir mit Blick auf unsere Geschichte unmissverständlich und ohne Toleranz sofort entgegentreten. Besonders wichtig sind deshalb Demokratieerziehung und Wertebildung in unseren Schulen.»

Die doppelte, unabhängige Prüfung der Schulbücher in Bayern vor deren Gebrauch sei ein wichtiger Schutzmechanismus. Grundsätzlich gelte: „Abbildungen aus dem Nazi-Propagandablatt ‚Stürmer‘ oder Ausschnitte aus nationalsozialistischen Werken wie ‚Mein Kampf‘ müssen immer für die Schüler fachlich kommentiert, didaktisch aufbereitet und in den historischen Zusammenhang gestellt werden. Sollte dies in Schulbüchern nicht der Fall sein, dürfen diese Bücher in den Schulen keinen Platz haben und müssen unverzüglich aussortiert werden.“ Böhm forderte Lehrkräfte auf, solche Stellen dem Verband zu melden, der dann das Ministerium informieren werde. dpa

Zentralratspräsident Schuster: Antisemitismus noch immer in Schulbüchern präsent

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