Scheeres: „Die AfD hat offenbar das Neutralitätsgebot nicht verstanden“

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BERLIN. Trotz Panne in Brandenburg überzieht die AfD unverdrossen weitere Bundesländer mit „Meldeportalen“ für missliebige Lehrer. Am Montag soll ein Berliner Ableger online gehen. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen haben Eltern und Schüler aufgerufen, sich gegen ein von der AfD geplantes Meldeportal zu stellen. Scheeres verspricht betroffene Lehrer bestmöglich zu unterstützen.

Die AfD wolle Schulen für ihre Zwecke instrumentalisieren, sagte Scheeres am Freitag. «Sie verfolgt offensichtlich das Ziel, mit dieser Plattform ihr politisch missliebige Lehrkräfte an den Pranger zu stellen. Das sät Misstrauen, fördert Denunziantentum und vergiftet das Schulklima.»

Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Foto: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft
Berlins Regierungskoalition setzt auf zivilgesellschaftliches Engagement gegen das geplante AfD-Meldeportal. Bildungssenatorin Scheeres verspricht Unterstützung. Foto: Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft

Sie hoffe sehr, dass sich die Berliner Eltern- und Schülerschaft nicht an einem solchen Projekt beteilige, so Scheeres. «Als Dienstherr wird meine Verwaltung betroffene Lehrkräfte bestmöglich unterstützen.» Zudem werde der Senat die Datenschutzbeauftragte um eine Überprüfung bitten, ob die AfD-Aktion überhaupt zulässig ist.

Die Grünen-Abgeordnete Marianne Burkert-Eulitz fühlt sich angesichts des AfD-Vorhabens an Diktaturen erinnert. «Jetzt ist die Zivilgesellschaft gefragt, sich dem entgegenzustellen und mit uns gemeinsam die Demokratie zu schützen», erklärte er. Die Linke-Abgeordnete Regina Kittler rief alle Pädagogen auf, «sich nicht beirren und einschüchtern zu lassen».

«Wir wollen, dass das Neutralitätsgebot an den Berliner Schulen durchgesetzt wird», sagte ein Sprecher der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus zu dem umstrittenen Vorhaben. Lehrer müssten sich bei der Wissensvermittlung politisch neutral verhalten.

«Die AfD hat offenbar das Neutralitätsgebot nicht verstanden», hielt Scheeres dem entgegen. «Es bedeutet nicht, dass keine Haltung vermittelt wird. Es ist Aufgabe der Schule, die im Grundgesetz und Schulgesetz formulierten Werte wie Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit zu vermitteln.»

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Auch die SPD-Abgeordnete Maja Lasić verurteilte die Aktion. «Die AfD verzichtet bewusst auf sämtliche parlamentarische Möglichkeiten, um für besseren Diskriminierungsschutz zu kämpfen», erklärte sie. «Sie entscheidet sich stattdessen für diesen zwar öffentlichkeitswirksamen, aber moralisch fragwürdigen, rechtlich unsicheren und für Missbrauch äußerst anfälligen Weg.»

Ein solches Meldeportal planen AfD-Fraktionen mehrerer Länder, in Hamburg, Baden-Württemberg und Sachsen ist es bereits online. In Brandenburg sollte das am Freitag passieren. Wegen „technischer Probleme juristischer Art“ war der Start jedoch geplatzt und soll nun nächste Woche erfolgen. Die Kultusministerkonferenz hatte die Aktion scharf kritisiert. (dpa)

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Joachim Datko
5 Jahre zuvor

Ich traue den Lehrern nicht!

Zitat: „«Die AfD hat offenbar das Neutralitätsgebot nicht verstanden», hielt Scheeres dem entgegen. «Es bedeutet nicht, dass keine Haltung vermittelt wird. Es ist Aufgabe der Schule, die im Grundgesetz und Schulgesetz formulierten Werte wie Demokratie, Toleranz und Rechtsstaatlichkeit zu vermitteln.»“

Es ist nicht die Aufgabe der Lehrer ihre politischen Überzeugungen den Schülern aufzudrängen. Die Lehrer sollten es vermeiden, sich im Klassenraum gezielt gegen oder für eine Partei auszusprechen. Es ist auch problematisch bestimmte politische Positionen immer wieder zum Besten zu geben. Die Lehrer sollten es ebenso vermeiden politische Aussagen zu tätigen, wenn sie mit dem Unterrichtsinhalt nichts zu tun haben.

Joachim Datko – Ingenieur, Physiker

Küstenfuchs
5 Jahre zuvor
Antwortet  Joachim Datko

Sie haben keine Ahnung von Aufgaben der Lehrer! Lesen Sie die Schulgesetze und kommen Sie dann wieder. So lange aber vermeiden Sie doch einfach, Unfug zu schreiben.

Pälzer
5 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Den Aufruf zum Lesen der Schulgesetze unterstütze ich, z.B. Landesverfassung Rheinland-Pfalz Artikel 33. Aber Sie sollten andere nicht beleidigen.
Dass Lehrer nicht Werbung für /gegen eine Partei machen dürfen, ist eine elementare selbstverständliche Anwendung des „Überwältigungsverbots“. Lehrer dürfen ihre Macht nicht missbrauchen.

Küstenfuchs
5 Jahre zuvor
Antwortet  Pälzer

Natürlich darf ich keine Werbung machen. Aber ich darf meine Meinung durchaus äußern, als solche gekennzeichnet und mit der Möglichkeit für die Schüler zu widersprechen. Da hängt von dem Alter der Schüler, der Situation usw. ab.
Lehrer dürfen ihre Macht nicht missbrauchen, das ist doch selbstverständlich, aber warum sollte ich nicht, insbesondere wenn ich von (erwachsenen) Schülern gefragt werde, meine Meinung auch äußern?
In aller Regel geht es dann doch um ein einzelnes Thema, nicht um eine Partei insgesamt.

Wieso ist es dann eine Beleidigung, wenn ich die Aussagen von dem Physiker, der sich sonst auch immer als Philosoph bezeichnet, als Unfug bezeichne, wenn sie es doch nachweislich sind?

Was die AfD mit den Meldeplattformen macht, ist eine Beleidigung des gesamten Berufsstands, denn sie suggeriert, die Lehrer würden gegen das Überwältigungsverbot in großer Anzahl verstoßen.
Offenbar gibt es aber keine oder kaum Dienstaufsichtsbeschwerden, bei denen Lehrer aus dem o.g. Grund gemaßregelt wurden, ansonsten würde die AfD die Zahlen ganz sicher veröffentlichen. Mit Hilfe von kleinen Anfragen kann ein Abgeordneter des Landtags diese Zahl für sein Bundesland herausbekommen.

Fazit: Die AfD unterstellt den Lehrkräften politische Einflussnahme auf Schüler, obwohl die Fakten das Gegenteil sagten. Ich sehe das als Angriff und Einschüchterungsversuch des gesamten Berufsstand.

Papa51
5 Jahre zuvor

Oh, diese Meldeplattformen!
Zitat: „Frankreichs Lehrer haben kürzlich einen Brief von Jean-Michel Blanquer erhalten. Darin forderte der Bildungsminister sie auf, alle Vorfälle mit religiösem Hintergrund in den Klassenzimmern auf einer eigens eingerichteten Internetplattform seines Ministeriums zu melden. Der 53 Jahre alte Minister verspricht sich von der Aktion ‚ein Ende der Naivität‘, wie er in Paris sagte.“
http://edition.faz.net/faz-edition/politik/2018-10-18/02501067091fb0cfb732553a7f8f2160/