DÜSSELDORF. Mobbing ist ein Problem auch unter Lehrern, wie die renommierten Psychologen Helmut Heyse und Bernhard Sieland in ihrem neuen Buch „Kollegien stark machen – Schulen erfolgreich entwickeln“ betonen. Im Umgang mit dem Phänomen kommt Schulleitungen eine Schlüsselrolle zu. Dies machen die beiden Experten in Sachen Lehrergesundheit im vorliegenden zweiten Teil ihres Gastbeitrags zum Thema deutlich. Beide Texte auf News4teachers sind dem Buch entnommen.
Hier lässt sich das Buch bestellen (kostenpflichtig).

Mobbing und Schulleitung
Welches Klima herrscht in Ihrem Kollegium? Gibt es Animositäten und Spannungen zwischen Personen, sodass Beziehungskonflikte sachliche Abstimmungen erschweren? Gibt es bei Ihnen ein konstruktives Drehbuch für den Umgang mit Meinungsverschiedenheiten, ein Früherkennungssystem, ein Beschwerdemanagement? Wird es genutzt, sollte es entwickelt und gestärkt werden? Was passiert in Ihrer Schule häufiger: Schweigen über Meinungsverschiedenheiten, Intrigen oder unkontrolliert eskalierender Streit? In Klassen gibt es meist Regeln zur Streitschlichtung bzw. zur Vorbeugung gegen eskalierende Auseinandersetzungen. Welche Regel sollte in Ihrem Lehrerzimmer propagiert werden?
Der tägliche Unterricht und die Bemühungen von Kollegien, sich mit ihren Schulen dem gesellschaftlichen Wandel zu stellen, kosten Kraft; Einzelkämpfer haben da wenig Chancen.
Es gibt jedoch Ressourcen, die Kollegien stark machen können, z. B. konstruktives Konfliktmanagement, effektive Partizipation, aufbauende Würdigungs-, Feedback- und Fehlerkultur, effiziente Kooperation, ein verbindliches Schulethos. Das Buch gibt vielfältige Anregungen, sie im Alltag zu nutzen, zu pflegen und zu fördern.
Das Buch hat 280 Seiten und kostet 25 Euro. Hier lässt es sich bestellen (kostenpflichtig).
Wegen der Gefährdung der Handlungsfähigkeit eines Kollegiums durch Mobbing sind die Führungspersonen einer Schule gefragt (Heyse, 2017a). Schulleitungen sind auch für das dienstliche Wohlergehen des Personals der Schule verantwortlich, d. h. für den Schutz diskriminierter Personen und das Unterbinden von physischen und psychischen Grenzverletzungen (Arbeitsschutzgesetz, 1996; KMK, 2012). Andernfalls schwächen sie die psychosozialen Leistungsvoraussetzungen ihres Kollegiums selbst und berauben sich der Unterstützung für ihre Verpflichtung zur Weiterentwicklung ihrer Schule. Sie haben in ihrer Funktion und Dienststellung wirksame Möglichkeiten, Mobbing vorzubeugen bzw. dagegen vorzugehen, z. B.:
- Eindeutig Position gegen Mobbing und seine Vorformen beziehen und Ansätze unterbinden.
- Verdachtsmomenten nachgehen und Eskalationen verhindern.
- In Mitarbeitergesprächen Betroffene (Opfer und Täter) darauf ansprechen.
- An der Kommunikation im Lehrerzimmer partizipieren und sensibel sein für Spannungen und Störungen.
- Beziehungspflege stärken, aber Klatsch nicht fördern.
- Konflikte sensibel ansprechen und konstruktiv klären.
- Offen sein für kritische Rückmeldungen (Vorschläge, Beschwerdeund Feedback-Management).
- Mittel- und langfristig qualitative und quantitative Überforderungen Einzelner und des Kollegiums vermeiden.
- Gesundheitszirkel einrichten und arbeitsfähig halten.
- Zuschauer bzw. Zeugen von psychosozialen Übergriffen ermutigen und schützen, sich gegen Täter zu wenden und deren Tun öffentlich zu machen.
Im Grunde sollten Schulleitungen und Lehrpersonen Grundprinzipien der Mediation beherrschen und diese auf Konflikte, in die sie selbst involviert sind, ebenso anwenden können wie auf Konflikte zwischen Dritten.
Begriffsklärung: Mobbing kann umschrieben werden als eine besondere Art von psychischer Gewalt gegen eine Person mit dem Ziel, deren Berufs- und/oder Lebenssituation sowie ihre Integrität zu beschädigen oder gar zu zerstören. Mobbing ist allerdings kein rechtlich definierter Sachverhalt. Zwar werden für den Mobbing-Tatbestand bestimmte Merkmale gefordert, wie z. B. eine gewisse Häufigkeit und Regelmäßigkeit der Anfeindungen. Dennoch ist es schwer zu unterscheiden, wo «normale» zwischenmenschliche Störungen enden und Mobbing anfängt. Ein Kennzeichen kann sein, dass die übliche Konfliktbearbeitung nicht greift, weil seitens der «Täter» oder der Beobachter keinerlei Interesse an einer Beilegung besteht.
Leitfragen für den Umgang mit dem Thema:
- Wissen wir Bescheid darüber, was im Kollegium «läuft»?
- Wie werden bei uns Mobber behandelt?
- Sind wir hinreichend kompetent, mit Mobbing und Mobbern umzugehen?
- Gibt es Kolleginnen und Kollegen, die gefährdet sind, gemobbt zu werden oder selbst zu mobben?
- Was haben wir bei Mobbing-Verdacht unternommen?
- Welchen Schutz können wir vor Ausgrenzung, Diskriminierung usw. geben?
- Wo sind wir als Schulleitung selbst gefährdet, «schwierige» oder unliebsame Kolleginnen und Kollegen zum Mobben «freizugeben »?
Hier lässt sich das Buch bestellen (kostenpflichtig).
Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung/Universum Verlag (o. J.). Konflikte lösen.
Jäger, R. (Hrsg.) (2014). Mobbing am Arbeitsplatz Schule. Neuwied: Carl Link.
Smoliner, H. (o. J.). Differenzen und soziale Konflikte in der Schule. Einführung in die Methode der kooperativen Konfliktlösung. Unterlagen für den Lehrgang für Schüler/innen- und Bildungsberatung an höheren Schulen an der Pädagogischen Hochschule Oberösterreich. Modul 5, Konfliktpsychologie.
Die Schulleitung ist gefordert – klingt gut. Aber nützt nichts, wenn das Mobbing von der Schulleitung ausgeht.
Stimmt! Man kann gar nicht oft genug betonen, dass Mobbing im Kollegium mit der Schulleitung steht und fällt. Ich glaube in anderen Betrieben ist das genauso, der Chef ist ganz entscheidend.
Ich hatte das Glück, die meiste Zeit zwei selbstbewusste und integere Rektoren zu haben, unter denen Mobbing nicht gedeihen konnte. Der dritte allerdings war eine schwächliche Natur, der sich gut stellen und wollte mit den Wortführern und heimlichen Machthabern im Kollegium. Er unterstützte durch Wegsehen und Nichtstun deren Treiben gegen Kollegen, die in aller Stille mehr an gutem Unterricht als an Profilierung im Kollegium interessiert waren. Sie genossen viel Anerkennung bei Schülern und Eltern und waren den “Großmäulern” deswegen ein Dorn im Auge.