Urteil: Ein Lehrer, der im Internet den Rechtsstaat verunglimpft, ist für den Schuldienst ungeeignet

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BERLIN. Ein Berliner Grundschullehrer betreibt einen umstrittenen Youtube-Kanal. Darf er deshalb entlassen werden? Nun gibt es ein Urteil mit klaren Worten.

Als „Volkslehrer“ ist der Berliner Pädagoge im Netz unterwegs – und verbreitet dort im „Willi-will’s-wissen“-Duktus wenig staatstragende Parolen. Screenshot

Das Land Berlin muss nach einem Urteil des Arbeitsgerichts keinen Lehrer beschäftigen, der im Internet den Rechtsstaat verunglimpft und dort Straftäter zu Wort kommen lässt. Die fristlose Kündigung des 38-jährigen Grundschullehrers im Mai 2018 sei rechtens, entschied das Gericht am Mittwoch. Dieser sei dauerhaft nicht für den Schuldienst geeignet (AZ: 60 Ca 7170/18).

Damit wurde die Klage des Pädagogen, der sich auf seinem Youtube-Kanal «Volkslehrer» nennt, abgewiesen. Er hatte die Bildungsverwaltung auf Weiterbeschäftigung verklagt und eine politisch motivierte Entlassung gesehen. Möglicherweise geht der Rechtsstreit weiter, der 38-Jährige denkt nach eigenen Worten über eine Berufung nach.

Propaganda gegen den Rechtsstaat

Richter Arne Boyer fand in seiner Urteilsbegründung sehr deutliche Worte. Der Lehrer habe seine Videos im Internet gezielt als Propagandamittel genutzt, um den Rechtsstaat anzugreifen, zu verunglimpfen und verächtlich zu machen. Es seien auch wegen Volksverhetzung verurteilte Straftäter zu Wort gekommen, zudem sei über die Zahl von Holocaust-Opfern spekuliert worden. Das sei für einen Beschäftigten des öffentlichen Dienstes unangemessen und nicht tolerabel – auch wenn es kein Fehlverhalten im Unterricht gab. Der Lehrer wolle zudem seinen Youtube-Kanal nicht einstellen.

Der Staat müsse sich gegen diejenigen wehren, die sich mit einem anderen Deutschland identifizierten, betonte Boyer. Die verfassungsmäßige Ordnung der Bundesrepublik stehe unter Druck, so der Richter. «Dem müssen wir entschlossen entgegentreten.»

Dem Lehrer war vorgeworfen worden, in Teilen seiner etwa 300 Videos volksverhetzende Aussagen zu verbreiten und den sogenannten Reichsbürgern nahezustehen. Die Gruppierung erkennt die Bundesrepublik sowie deren Behörden und Gesetze nicht an. Sie wird bundesweit vom Verfassungsschutz beobachtet.

Der Anwalt des Lehrers betonte, die Videos seien von der Meinungsfreiheit gedeckt. Sein Mandant halte sich an das Grundgesetz, sei als Lehrer bei Schülern und Eltern beliebt gewesen. «Mein Mandant ist kein Verschwörungstheoretiker.» Vielmehr habe Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) eine Medienkampagne gegen den Lehrer angeschoben. «Ich bin doch kein Reichsbürger, wenn ich die Wahrheit sage», sagte der Anwalt für den Lehrer, der seit 2009 beim Land angestellt war und an einer Grundschule in Wedding Musik und Sport unterrichtete.

Laut Bildungsverwaltung hatten Schüler die Videos in der Freizeit angesehen und kommentiert – was eben doch in den Unterricht hineinwirke. Auch angestellte Lehrer – nicht nur Beamte – seien zur Loyalität verpflichtet. Einen vom Gericht zunächst vorgeschlagenen Vergleich mit einer Abfindung hatte die Bildungsverwaltung abgelehnt.

Der Andrang von Unterstützern des Lehrers war am Mittwoch nicht mehr so groß wie bei der ersten Verhandlung im Juni des Vorjahres. Dennoch gab es Einlass- und Taschenkontrollen, Polizisten waren vor dem Gerichtssaal. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

Scheeres: Reichsbürger haben an Schulen nichts verloren

 

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