„Lautstark durchgefallen“: Scharfe Kritik an Hesses Schulgesetz-Entwurf

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SCHWERIN. Vor einem Monat wurde das neue Schulgesetz zur Beratung in den Landtag eingebracht. Noch vor der Sommerpause soll es beschlossen werden, damit es zum neuen Schuljahr wirksam werden kann. Die Anhörung im Bildungsausschuss lässt noch auf viel Arbeit schließen.

Kämpft gegen den Lehrermangel auf dem Land: Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD). Foto: Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern
Ihr neues Schulgesetz soll ab Herbst gelten: Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Birgit Hesse. Foto: Bildungsministerium Mecklenburg-Vorpommern

Die versammelte Opposition sieht sich nach der Expertenanhörung im Bildungsausschuss des Landtags in ihrer Kritik am neuen Schulgesetz für Mecklenburg-Vorpommern bestätigt. Der Gesetzentwurf des Bildungsministeriums sei «lautstark durchgefallen», konstatierte die Vorsitzende der Linksfraktion, Simone Oldenburg, am Mittwoch nach Abschluss der dreistündigen Anhörung in Schwerin. Die vernichtende Kritik müsse dem Bildungsministerium zu denken geben, mahnte der AfD-Abgeordnete Jens-Holger Schneider. Nach Ansicht der nicht im Landtag vertretenen Grünen setzt die Landesregierung mit dem Gesetzentwurf «ihren inkonsequenten Weg zu einem inklusiven Schulsystem fort». Die Anhörung sei «eine große Klatsche für die Landesregierung» gewesen, sagte Parteichefin Ulrike Berger.

In der Anhörung hatten Vertreter der Interessenverbände von Lehrern, freien Schulen, Eltern, Schülern und Kommunen ihre Vorbehalte gegenüber den geplanten Gesetzesänderungen vorgetragen. Nach Ansicht der Bildungsgewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) etwa trägt das Gesetz weder dem Inklusionsgedanken noch dem Lehrermangel genügend Rechnung. Bis 2030 müsse das Land 8700 Lehrer einstellen und damit etwa 80 Prozent der heute tätigen Pädagogen ersetzen. Der Privatschulverband Nord machte auf die gegenüber staatlichen Schulen niedrigeren Zuschüsse für Personal- und Sachkosten aufmerksam. Den Unterschied bezifferte ein Sprecher auf 30 Millionen Euro im Jahr. Die Regierung müsse sich damit auseinandersetzen und Änderungen beschließen, forderte er.

Oldenburg fasste die in der Anhörung angeführten Defizite zusammen: «Medienbildung zu spät angeboten, Stundenzuweisungen wie auf dem Basar, Kommunen werden zusätzliche Aufgaben aufgebrummt, bekommen aber kein zusätzliches Geld vom Land, ein geschenkter Schulabschluss, zu geringe Finanzausstattungen für freie Berufsschulen, weiterhin keine kostenfreie Schülerbeförderung.» Ihre Fraktion werde dem Gesetzentwurf in der vorliegenden Form auf keinen Fall zustimmen.

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Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD), die im Januar den Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht hatte, in der Anhörung aber nicht zu Wort kam, verteidigte in einer Mitteilung die Pläne, zeigte sich aber gesprächsbereit. «Schwerpunkt ist die gezielte individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern.» Das schließe sowohl verschiedene Förderangebote für Kinder mit besonderem Förderbedarf an Regelschulen als auch Zusatzangebote für leistungsstarke Schüler ein. In der Anhörung seien verschiedene Standpunkte deutlich geworden. «Ich kann versichern, dass wir die Kritik ernst nehmen und prüfen werden, inwieweit wir die gemachten Vorschläge berücksichtigen können», sagte Hesse.

Die Anhörung habe gezeigt, dass es in einigen Bereichen Diskussions- und Änderungsbedarf gebe, sagte der CDU-Abgeordnete Marc Reinhardt. Dazu gehörten die Kostenbelastung für die Kommunen und die Mitwirkungsrechte von Landeseltern- und Schülerrat. Für seine Fraktion sei wichtig, dass die Inklusion gemeinsam und mit Augenmaß umgesetzt werde.

Das neue Gesetz soll zum Schuljahr 2019/2020 in Kraft treten. Zu den Änderungen gehören Maßnahmen zur Inklusion von Schülern mit Förderbedarf. Im neuen Gesetz werden auch Standards für die Schullaufbahnempfehlung festgeschrieben. Praxisorientierte Schulangebote wie Produktives Lernen sollen stärker genutzt werden, damit Schüler einen Abschluss schaffen. Umstritten sind Pläne, nach denen Gymnasiasten künftig automatisch die Mittlere Reife bekommen, wenn sie von der zehnten in die elfte Klasse versetzt werden. dpa

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