Immer mehr Durchfaller beim Abitur – Tonne: „Hier gibt es nichts geschenkt“

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HANNOVER. In Niedersachsen haben die Abiturprüfungen begonnen. Die Schüler zwischen Nordsee, Harz und Heide haben im Bundesvergleich die schlechtesten Abi-Durchschnittsnoten. Zudem wurde vor zwei Tagen bekannt, dass die Quote der Durchfaller bundesweit gestiegen ist. Was kann aus Sicht des Kultusminister dagegen getan werden? Wir sprachen mit Niedersachsens Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD).

„Es besteht kein Anlass, um hektisch tätig zu werden“: Kultusminister Grant Hendrik Tonne. Foto: Foto-AG Melle, derivative work Lämpel – Own work / WIkimedia Commons / CC BY 3.0

Niedersachsen hat im Bundesvergleich die schlechtesten Abiturnoten. Woran liegt das?

Tonne: Wir haben ein anspruchsvolles Abitur, das haben wir immer betont – auch, als es hieß, das Abitur wäre viel zu einfach und das ist erst wenige Monate her. Es hilft uns nichts, wenn wir mit Blick auf eine einzelne Zahl sagen: Jetzt müssen wir das Ruder herumreißen. Wir haben mit G9 eine große Veränderung auf dem Weg zum Abitur an den Gymnasien vor uns. Und: Die Zahlen sind nicht so signifikant, dass wir ein strukturelles Problem beim Abitur haben.

Was wollen Sie denn gegen die schlechten Durchschnittsnoten tun?

Tonne: Jeder muss sich richtig auf den Hosenboden setzen, wenn er das Abitur bestehen möchte – das ist aber auch richtig so. Hier gibt es nichts geschenkt, aber es gibt auch nichts erschwert. Es besteht kein Anlass, um hektisch tätig zu werden. Wir haben ja sehr deutlich gesagt, dass wir auch schauen, wo man bei Kernkompetenzen besser werden kann. Also im Primarbereich bei Lesen, Schreiben und Rechnen. Wir haben aber wegen des neuen G9 auch auf Weg zum Abitur Verbesserungen gemacht, zum Beispiel durch neue Stundentafeln.

In Niedersachsen steht ja jetzt auch die Umstellung von G8 auf G9 an – was genau wird da getan?

Tonne: Zu dem Zeitpunkt, wo der erste Jahrgang nach 13 Jahren das Abitur ablegt, findet eine Evaluation der Arbeit in der Oberstufe statt. Das ist der richtige Zeitpunkt. Wir können nicht jetzt wieder alles auf den Kopf stellen. Der Umstellungsprozess war anspruchsvoll und das Ergebnis ist gut. Wir sollten den Schulen zudem nicht ständig etwas Neues vorgeben.

Die Zahl der Durchfaller beim Abitur ist gestiegen. Woran liegt das und was wollen Sie dagegen tun?

Tonne: Die Zahl ist nicht so gestiegen, dass wir daraus ableiten können, dass es ein signifikantes Problem gibt. Durchfallen ist für jeden einzelnen absolut bedauerlich, keine Frage. Aber Durchfaller wird es immer geben. Wir werden uns diese Zahlen und die nächsten sehr genau anschauen und dann überlegen: Wo müssen wir noch mal auf Inhalte achten? Insbesondere der Bereich Mathematik ist einer, wo wir einen Blick drauf haben, wo man noch mal nachbessern kann. Aber Grund für Aktionismus oder hektisches Umschmeißen gibt es nicht – wir können nicht im Drei-Monats-Rhythmus die Bildungspolitik auf den Kopf stellen, damit ist auch keinem geholfen. Interview: Doris Heimann, dpa

Zur Person

Grant Hendrik Tonne (42) ist niedersächsischer Kultusminister. Der Jurist aus Nienburg (Weser) war zuvor Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion. Er ist Vater vier Kindern – davon sind drei im schulpflichtigen Alter.

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