„Das Gymnasium in Zeiten der Digitalisierung“ – Eine Fachtagung des Deutschen Philologenverbandes

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BONN. Im voll besetzten Hörsaal des Wissenschaftszentrums Bonn fand  der Vortrags- und Diskussionsteil der bundesweiten Fachtagung des Deutschen Philologenverbands zu den die gymnasiale Bildung tangierenden Aspekten der Digitalisierung statt.

Prof. Dr. Jorge Groß beklagte den durch die zögerliche Politik entstandenen Innovationsstau an deutschen Schulen. Foto: Jochen Ring

Bundesvorsitzende Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing betonte in ihrer Einführungsrede, dass auch in Zeiten der Digitalisierung Selbstreflexivität und Selbstdistanzierung die wichtigsten Bildungsziele des Gymnasiums darstellten. Sie seien die Basis für eine gelingende personelle Interaktion, vertiefte Allgemeinbildung, Wissenschaftspropädeutik, Studierfähigkeit und die Kompetenz, die Güte von Informationen zu beurteilen. Vertreter der Wirtschaft, mit denen der Deutsche Philologenverband im Gespräch sei, betonten immer wieder, so Lin-Klitzing, dass darüber hinaus Neugier die zentrale Eigenschaft sei, die sie sich von den Absolventen der diversen Bildungsgänge wünschten.

In seinem Vortrag zur grundsätzlichen Aufgabenbestimmung des Gymnasiums erläuterte Prof. Dr. Jürgen Oelkers, dass die Basis des allgemeinen Vertrauens in die Schule die Fachlichkeit sei, dass daher der Weg der Digtalisierung, den die Schulen nun nähmen, zur Stärkung der Fachlichkeit führen müsse. Oft zitierte Phrasen wie „We teach children, not subjects“ leisteten einer Trivialisierung und unsinnigen Entgegensetzungen Vorschub. Er kritisierte, dass Unterricht schnell mit Belehrung gleichgesetzt und negativ konnotiert werde. Verstehen und Können der Lernenden entstünden jedoch nicht einfach durch die (selbstgesteuerte) Bewältigung von fortlaufend erneuerten und direkt geprüften Aufgaben, allzu oft blieben die auf diese Weise gemachten Lernerfahrungen rein äußerlich. Vielmehr, so Oelkers, verlangten Verstehen und Können praktische Anwendungen und ebenfalls Zeit sowie Fehlversuche, die nicht unter das Rubrum mangelnder Effizienz fallen dürften. Abschließend stellte er klar, dass die Schule nicht der Verhaltenssteuerung künftiger Konsumenten, sondern der Bildung künftiger Bürger zu dienen habe.

Jedes Gymnasium ein eigenes didaktisches Konzept – sinnlos

Dr. Frank Reinhold verwies auf die signifikanten positiven Effekte beim Einsatz digitaler Medien auf die Leistungen gerade schwächerer Schüler, relativierte jedoch zugleich, dass seine Untersuchungen nur auf den Mathematikunterricht in der 6. Klasse zum Thema Bruchrechnung an bayerischen Mittelschulen rekurrierten und kontextualisierte seine Forschungsergebnisse in der Hinsicht, dass der positive Einfluss digitaler Medien tendenziell höher ausfalle, wenn diese als Ergänzung zu traditionellen Medien eingesetzt würden und wenn der Lehrer sich nicht vollständig aus dem Unterrichtsgeschehen herausziehe.

Prof. Dr. Jorge Groß beklagte den durch die zögerliche Politik entstandenen Innovationsstau an deutschen Schulen. Als positives Beispiel berichtete er von einer papierlosen Privatschule, die drei feste Vollzeitstellen für IT-Kräfte eingerichtet habe. Ebenso kritisierte er, dass nach den Plänen der Bildungsadministration jedes Gymnasium sein eigenes didaktisches Konzept zur Digitalisierung erstellen solle, was kein anderes Resultat erzeuge, als dass die Lehrkräfte für ein halbes Jahr zusätzlich beschäftigt und ruhig gestellt würden.

Im Nachmittagsteil der Veranstaltung informierten Experten aus diversen Bereichen über anwendungsbezogene Aspekte der Digitalisierung, so zum Beispiel der Justitiar des nordrhein-westfälischen Philologenverbandes, Stefan Avenarius, über relevante Rechtsfragen für Lehrkräfte und Thomas Langer, Vorsitzender des sächsischen Philologenverbandes, über Social Media und Alternativen. Ein Tagungsbericht von Jochen Ring

 

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Carsten60
3 Jahre zuvor

Aber warum kritisiert gerade die Internet-Branche eine angeblich zu zögerliche Digitalisierung:
https://www.tagesschau.de/inland/digitalministerium-internetbranche-kritik-101.html
Sollte es am Ende doch im wesentlichen ums Geschäft gehen und nicht um das Wohl der Schulkinder?