Ministerin Hesse geht auf «Bündnis für gute Schule» zu

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ROSTOCK. Die Debatte um Lehrergewinnung und Bildungsqualität in Mecklenburg-Vorpommern kocht hoch. Auf rund eine Milliarde Euro taxiert VBE-Landeschef Michael Blanck den Investitionsstau an den Schulen des Landes. Auf seiner Jahrestagung hat der Verband seine Forderungen erneuert. Erst im Januar hatte sich dazu auch das verbandsübergreifende „Bündnis für gute Schule“ gebildet. Bildungsministerin Hesse gab sich gesprächsbereit.

Bildungsministerin Birgit Hesse (SPD) hat dem neu gegründeten «Bündnis für gute Schule» eine engere Einbindung bei den für Mecklenburg-Vorpommern geplanten Schulreformen zugesichert. «Viele von dessen Forderungen decken sich ja mit unseren Zielen. Jetzt geht es darum, die geforderten Vorgaben für die konkrete Umsetzung vor Ort auszuarbeiten. Wir werden dabei die Kommunikation verbessern», sagte Hesse nach einem Treffen mit dem Landesverband Bildung und Erziehung (VBE), der dem Bündnis angehört und am Samstag in Rostock seine Jahrestagung abgehalten hatte.

 Unter Druck: Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Birgit Hesse. Foto: Regierung Mecklenburg-Vorpommern
Unter Druck: Mecklenburg-Vorpommerns Bildungsministerin Birgit Hesse. Foto: Regierung Mecklenburg-Vorpommern

Hesse kündigte für die neue Woche ein weiteres Treffen der fraktionsübergreifenden Arbeitsgruppe Inklusion im Landtag an. Am Grundsatz, den gemeinsamen Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung auszubauen, werde nicht gerüttelt. «Wir sind aber bereit, an einigen Stellen weiter zu entschleunigen», sagte sie. Außerdem verwies sie darauf, dass die Landesregierung in den kommenden beiden Jahren bis zum Ende der Legislaturperiode die Bildung zu einem Schwerpunkt machen, die Mittel für den Schulbau aufstocken und auch die Bedingungen für die Lehrer verbessern wolle. Allerdings habe die SPD/CDU-Regierung mit dem Schulpaket über 50 Millionen Euro und dem Schulbauprogramm im Umfang von 325 Millionen Euro auch schon viel getan.

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«Wir erwarten, dass es nicht bei Lippenbekenntnissen bleibt und den Worten nun rasch Taten folgen», sagte VBE-Landeschef Michael Blanck, der einstimmig als Vorsitzender des knapp 1000 Mitglieder zählenden Verbandes wiedergewählt wurde. Er erneuerte die Forderungen des erst im März von mehreren Lehrerverbänden sowie Landeseltern- und -schülerrat gegründeten «Bündnisses für gute Schule». «Wir haben schon jetzt an den Schulen des Landes einen Investitionsstau von 400 Millionen Euro. Rechnet man den Bedarf infolge von Inklusion und Digitalisierung hinzu, ist man schnell bei einer Milliarde Euro. Das muss sich im nächsten Landesetat niederschlagen», betonte Blanck. Derzeit laufen in Schwerin die Vorbereitungen für den Doppelhaushalt 2020/21.

Blanck sprach sich dafür aus, in einer Schulbaurichtlinie Standards für eine von Schülerzahl und Schulkonzept abhängigen Größe der Klassenzimmer festzulegen. Dies gebe es in anderen Ländern schon. Zudem solle jedem Lehrer mit Blick auf Digitalisierung und Datenschutz ein Diensttablet zur Verfügung gestellt werden. Insgesamt müsse der Lehrerberuf attraktiver gemacht werden, um auch künftig ausreichend Pädagogen gewinnen zu können. Dazu gehöre die Anhebung der Lehrergehälter an Grundschulen auf Stufe A/E 13. «Länder wie Sachsen, Brandenburg und Berlin haben die Notwendigkeit erkannt und gehandelt», sagte Blanck.

Kritik kam auch vom Landesvorsitzenden des Beamtenbundes, Dietmar Knecht. Im Vergleich zu anderen Bundesländern hätten Lehrer im Nordosten besonders hohe Stundenverpflichtungen. Das stelle vor allem für ältere Pädagogen eine hohe Belastung dar und führe zu sprunghaft steigenden Rentenanträgen lange vor dem 65. Lebensjahr. «Wenn das Land hier seine starre Haltung nicht aufgibt und endlich aufwacht, werden wir mit der Bildung Schiffbruch erleiden», warnte Knecht, der als Gast auf dem VBE-Verbandstag sprach. Zudem forderte er eine Verbeamtung der Lehrer ohne Altersgrenze. Das bislang im Nordosten geltende Höchstalter von 40 Jahren ist umstritten.

Nach den Worten Hesses ist die Anhebung der Vergütung für Grundschullehrer auf das Niveau ihrer Kollegen an Regionalschulen «eine von vielen Maßnahmen, über die jetzt zu entscheiden ist». Sollte es zu einer höheren Eingruppierung kommen, dann müsse dies aber auch für Grundschullehrer gelten, die noch in der DDR ihr damals kürzeres Studium absolvierten, machte Hesse deutlich. Die Regierung müsse nun abwägen, in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang Veränderungen im Schulbereich vorgenommen werden sollen. «Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir schnell bei 500 Millionen Euro extra im Jahr sind, wenn alle Wünsche berücksichtigt würden. Das wird so wohl nicht funktionieren», sagte Hesse, die mit dem von ihr Anfang des Jahres vorgelegten Entwurf zum neuen Schulgesetz viel Ärger eingehandelt und den Anlass für die Bildung des «Bündnisses für gute Schule» gegeben hatte. (dpa)

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