Einstellungen in Zeiten des Lehrermangels – undurchsichtig, bürokratisch, langsam?

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ERFURT. Nach Ansicht des Thüringer Lehrerverbands (tlv) haben es angehende Lehrer schwer, im Internet geeignete Stellen zu finden – trotz Lehrermangels. Deshalb fordert der Verband, das Einstellungsverfahren zu reformieren.

Wo geht’s hier, bitteschön, in den Schuldienst? Illustration: Shutterstock

Verschlungene Pfade im Internet, verwirrende Begriffe, zu viel Bürokratie: Der Thüringer Lehrerverband hat die Einstellungspraxis von Lehrern im Freistaat kritisiert. Ausgebildete Lehrer sollten sich direkt bei einer Schule bewerben können und nicht den Umweg über das Schulamt gehen müssen, fordert der Landesvorsitzende des Lehrerverbands, Rolf Busch. «Das würde auch den Landschulen helfen», sagte Busch.

Bisher müssen sich angehende Lehrer nach dem Praxisteil ihrer Ausbildung bei einem der fünf Thüringer Schulämter bewerben. Dort werden sie in eine sogenannte Rangliste sortiert – entsprechend ihres Notendurchschnittes. Anschließend werden die Bewerber der Reihe nach zu Vorstellungsgesprächen eingeladen. Busch sagte, er bekomme immer wieder Rückmeldungen von angehenden Lehrern, die gern an einer Schule im ländlichen Raum arbeiten würden, auf der Rangliste aber auf einem der hinteren Plätze stünden.

Bis Bewerber auf freie Lehrerstellen eingeladen werden, sind sie oft schon weg

Nach Ansicht des Lehrerverband-Chefs dauert es oft zu lange, bis solche Bewerber eingeladen werden – mitunter seien sie in der Zwischenzeit in einem anderen Bundesland untergekommen. In Thüringen fehlen seit Jahren massiv Lehrer. Der Mangel gilt an Schulen in ländlichen Gegenden als besonders groß. An Regelschulen und Grundschulen fehlen laut Bildungsministerium mehr Lehrer als an Gymnasien.

Mit dieser Grafik möche das Bildungsministerium erklären, wie ein angehender Lehrer eine freie Stelle finden kann. Zum Vergrößern draufklicken. Screenshot

Rolf Busch vom Lehrerverband sieht bei der Einstellungspraxis nicht nur strukturelle Probleme. Seiner Meinung nach ist die Suche nach Stellen für angehende Lehrer im Internet zu kompliziert und undurchsichtig. So sei nicht jedem sofort klar, was das Ranglistenverfahren überhaupt ist. Der Begriff tauche aber im Internet bei der Suche nach freien Lehrerstellen in Thüringen immer wieder auf. Teils fehlten auch die Links zum Online-Bewerbungsportal.

Nach Angaben des Bildungsministeriums wird derzeit zusammen mit der Thüringer Agentur für Fachkräfteentwicklung ein neues Karriereportal entwickelt, in dem offene Stellen für Lehrer «ansprechend dargestellt» werden sollen, wie es aus dem Ministerium am Dienstag hieß. Außerdem soll die gesamte technische Stellen- und Personalverwaltung der Thüringer Schulämter modernisiert werden.

Busch kritisiert, dass der Freistaat eine aufwendige Kampagne zur Lehrergewinnung startete, anstatt zunächst Hürden in der Einstellungspraxis zu beseitigen. «Erst das Verfahren ändern, zweitens ein Portal erstellen, wo ich die Stellen übersichtlich finde und dann die Kampagne», sagte Busch. Er betonte zugleich, dass sein Verband durchaus die Kampagne unterstütze. «Wir machen eine Kampagne, hinter der jetzt eigentlich gar kein Produkt steht», sagte Busch. dpa

Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.

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