Ist das noch Literatur oder kann das weg? Studenten untersuchen öffentliche Bücherschränke

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KÖLN. Aus dem Stadtbild sind sie heute kaum noch wegzudenken: Öffentliche Bücherschränke, aus denen man sich einfach ein Buch leihen kann, um im Austausch eigene „Schätze“ platzieren. Kölner Studenten haben nun die kostenlosen Bildungsangebote genauer unter die Lupe genommen.

Für Groß- und Kleinstädter gehören Bücherschränke mittlerweile schon zur selbstverständlichen Stadtmöblierung. Selbst in Supermärkten und auf Schulhöfen gibt es sie schon. Als Angebot zur Leseförderung, Teil der Sharing-Economy und als Ausdruck der Wertschätzung von Büchern passen sie nahezu ideal in die neue liberalbürgerliche Kultur. Seit einiger Zeit gibt es gar Apps, die dabei helfen, Öffentliche Bücherschränke zu finden.

Groß- und Kleinstädter kennen sie schon lange und auch in vielen Dörfern sind Öffentliche Bücherschränke mittlerweile verbreitet. Foto: S. John, Elsterwerda / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Ob die Bücherschränke tatsächlich funktionieren, wie hoch die Fluktuation ist und wer eigentlich die Nutzer sind, weiß so recht niemand. Wie kommen die Tauschbibliotheken bei den Bürgern an und wie entwickelt sich das Angebot, wenn keine gezielte Sammlung stattfindet? Der Kölner Medienwissenschaftler Stefan Udelhofen hat im Rahmen eines Seminars mit Studenten die Nutzung der öffentlichen Bücherschränke untersucht und festgestellt, dass 50 bis 70 Prozent der eingestellten Bücher wöchentlich neue Leser finden.

Studenten des Bachelor-Studiengangs Medienkulturwissenschaft hatten im Rahmen des Seminars „Ist das noch Literatur oder kann das weg? Öffentliche Bücherschränke in Köln als Fallstudie Materieller Kultur“ zwischen Oktober 2018 und März 2019 insgesamt 18 Bücherschränke beobachtet.

In verschiedenen Stadtteilen wurden hierzu in wöchentlichem Abstand insgesamt 12-15 Erhebungen je Bücherschrank durchgeführt, um den Bestand im Zeitverlauf zu dokumentieren. Neben der Erfassung bibliografischer Angaben, notierten die Studenten den Zustand der Bücher sowie Auffälligkeiten, etwa Widmungen oder Stempel. Zugleich erfolgte eine Kategorisierung der Bücher nach etablierten Gattungen und Genres sowie eine Bewertung der Attraktivität und Sichtbarkeit des Bücherschranks in den einzelnen Stadtteilen.

Auffallend sei die generell hohe Nutzung des Angebotes. Im Durchschnitt fasse ein Bücherschrank rund 250 Bücher, von denen je nach Standort mindestens ein Drittel bis zu 90 Prozent zwischen zwei Erhebungen entnommen und durch neue Bücher ersetzt wurde.

Die teilweise deutlichen Unterschieden im Grad der Nutzung ließen sich durch verschiedene Faktoren erklären. Die Übersichtlichkeit des Angebotes sowie die Sichtbarkeit des Bücherschranks waren zentrale Einflussgrößen für die Nutzungsintensität. So werden Bücherschränke, die gut einsehbar platziert sind weitaus umfänglicher genutzt als Bücherschränke, die eher versteckt im Foyer von Bürgerämtern, in Einkaufspassagen oder auf Schulhöfen zu finden sind. Eine Überfülle an Büchern und das Fehlen einer ehrenamtlichen Betreuung durch Vereine oder Privatpersonen wirkt eher abschreckend.

Das Angebot der Bücher zeigte sich breit gefächert und unterschied sich von Stadtteil zu Stadtteil. Wenig überraschend überwog Belletristik, insbesondere Krimis und Liebesromane. Daneben fanden sich allerdings auch allerlei Kuriositäten, seien es Ernährungsratgeber aus den 1960er-Jahren oder Originalausgaben, die bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts verlegt wurden.

Die meisten Bücher indes waren jüngeren Datums, wobei sich bemerkenswerte Häufigkeiten des Erscheinungsjahres in den 1970er-, 1990er- und 2000er-Jahren zeigen. Durchaus erfreulich, wurden die meisten Bücher in einem eher guten, zumindest lesbaren Zustand vorgefunden. (zab, pm)

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