Berufsschule 4.0 – Wie Auszubildende lernen, sich in einer digitalen Arbeitswelt zurechtzufinden

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DILLENBURG. Eine mit hochmoderner Technik ausgestattete Schulungsanlage soll Azubis den Einstieg in die Industrie 4.0 ermöglichen. Sie surrt in einem lichtdurchfluteten Raum der Gewerblichen Schulen im hessischen Dillenburg vor sich hin, könnte aber auch in der Produktionshalle eines Hightech-Unternehmens stehen. «Üblicherweise hinken die Schulen bei der Technik immer hinterher – hier haben wir aber einen kleinen Vorsprung vor vielen Firmen», sagt Schulleiter Jonas Dormagen.

Auszubildende sind zwar „digital natives“, kompetent im Umfang mit digitalen Medien macht sie das aber nicht. Foto: Shutterstock

Seit Anfang des Jahres ist die Anlage in Betrieb, an der Auszubildende die digitalisierte Produktion kennenlernen können. Zu Übungszwecken werden Handyschalen gefertigt, der Produktionsauftrag kommt von den kaufmännischen Berufsschülern der Nachbarschule. In dem neu gebauten Trakt werden nicht nur Azubis geschult, sondern auch angehende Techniker und Facharbeiter fortgebildet. Die Anlage ist eine Spende eines Unternehmens aus der Region. Schnelles Internet und WLAN gibt es hier ebenfalls – in einem Klassenraum sitzen Schüler über ihre mitgebrachten Laptops gebeugt.

So modern geht es nicht an allen Schulen in Hessen zu. Viele hoffen auf Geld aus dem Bund-Länder-Digitalpakt, mit dem sie IT-Technik anschaffen sollen. Und es gibt Forderungen, dass insbesondere Berufsschulen bedacht werden sollten: Dort werde das Geld dringend gebraucht, da die Auszubildenden auf die digitale Arbeitswelt vorbereitet werden müssten, sagt Brigitte Scheuerle, Bildungsexpertin beim Industrie- und Handelskammertag (IHK). Der Investitionsbedarf im Digitalbereich sei groß.

Berufsschulen ohne Internetanbindung – ein Unding

Eine Umfrage unter hessischen Berufsschulen hat laut IHK ergeben, dass lediglich 17 Prozent der Schulen mit ihrer technischen Infrastruktur insgesamt zufrieden sind. Ein Drittel der Einrichtungen hat nach eigenen Angaben eine schlechte oder gar keine Internetanbindung, mehr als die Hälfte eine schlechte oder gar keine WLAN-Infrastruktur.

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Für die Bildungsgewerkschaft GEW in Hessen ist klar: «Der Digitalpakt ist für keine Schule ausreichend und auskömmlich», sagt die Landesvorsitzende Birgit Koch. Die Berufsschulen hätten einen erhöhten Bedarf, da dort adäquate Technik vorhanden sein müsse, um die Azubis auf ihre Tätigkeit in den Betrieben vorzubereiten. Unklar ist, wie viele Geld die berufsbildenden Schulen benötigen: Laut einer GEW-Studie wurde der Finanzbedarf für eine «angemessene digitale Ausstattung» bislang nicht genau bestimmt. Die Gewerkschaft schätzt diesen deutschlandweit auf gut eine Milliarde Euro pro Jahr.

Hessens Schulen können in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt 500 Millionen Euro von Bund, Land und Kommunen rechnen. Dem Kultusministerium zufolge sollen alle Schulformen gleichmäßig von den Digitalpakt-Geldern profitieren. Allerdings können die Schulträger zeitliche Prioritäten setzen, wie ein Ministeriumssprecher sagt. So sei es beispielsweise möglich, zunächst bestimmte Schulformen wie eben Berufsschulen stärker in den Blick zu nehmen.

„Sonst haben wir im globalen Wettbewerb keine Chance“

Schnelle Leitungen, WLAN – das sei wirklich mittlerweile ein Muss, sagt Schulleiter Dormagen in Dillenburg. Ohne eine solche Infrastruktur wäre auch die Ausbildung an der Schulungsanlage nicht möglich. Es sei unabdingbar, Azubis auf die Industrie 4.0 vorzubereiten, sagt Dormagen. Mit dem Schlagwort «Industrie 4.0» ist gemeint, dass Maschinen mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik verzahnt werden. Dahinter verberge sich die «Digitalisierung der Automatisierung», erklärt er. «Produktionsprozesse müssen digitalisiert werden, wir haben sonst im globalen Wettbewerb keine Chance. Entsprechend müssen wir ausbilden.» Von Carolin Eckenfels und Andrea Löbbecke, dpa

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