VBE beklagt fehlende Fürsorge für Lehrer in der Corona-Krise – „unsinnige Präsenzpflicht vor leeren Klassenzimmern“

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MAINZ. Der rheinland-pfälzische Verband Bildung und Erziehung (VBE) kritisiert Regelungen für Lehrer in Zeiten der Corona-Krise. Die Aufmerksamkeit gelte derzeit vor allem Schülern und Lehrern, teilte der in Mainz ansässige Verband am Dienstag mit. Dabei komme die Fürsorge des Arbeitgebers gegenüber den Lehrern an vielen Stellen zu kurz. Der VBE bemängelt unter anderem die Anwesenheitspflicht von Lehrkräften in den Schulen. «Eine generelle Präsenzpflicht vor leeren Klassenzimmern ist unsinnig.»

Der Unterricht findet – wenn überhaupt – derzeit zu Hause statt. Foto: Shutterstock

„Mit großer Aufmerksamkeit“, so heißt es in der Pressemitteilung des VBE in Rheinland-Pfalz, verfolge der Verband „die Bemühungen der Landesregierung, des Bildungsministeriums als auch der nachgeordneten Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) mit unterschiedlichsten Handlungsanweisungen der aktuellen Corona-Pandemie gerecht zu werden. Dabei fällt auf, dass die primäre Aufmerksamkeit der Beachtung von Eltern- und Schülerinteressen gilt.“ Doch was ist mit den Lehrern? Der VBE vermisst „an vielen Stellen die gesetzlich geforderte Fürsorge als Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Beamtinnen und Beamten“.

Aufgaben an Lehrer und Schulleitungen übertragen

Mit Appellen wende sich die Landesregierung zwar an die Unternehmen  und bitte diese als Arbeitgeber, mit Verständnis und entgegenkommenden Regelungen vor allem der Betreuungsnotlage von Eltern gerecht zu werden. „Weder in der Pressekonferenz vom 13. März 2020 noch in den bisher veröffentlichten Handreichungen und Informationsschriften gibt das Land jedoch zu erkennen, dass es sich seiner eigenen Rolle als Arbeitgeber von Lehrkräften, Erzieherinnen und Erziehern usw. bewusst ist. Von beispielhaften respektive richtungsweisenden Regelungen ist nichts zu merken. Aber auch die ergangenen Handreichungen selbst lassen an vielen Stellen erkennen, dass Aufgaben und Rollen an die Schulleitungen/Lehrkräfte übertragen werden, ohne zu prüfen, ob diese so auch umgesetzt werden können“, heißt es.

Konkretes Beispiel: die vorgegebene Desinfektion von Türgriffen, Handläufen, Arbeitsflächen. Womit solle die erfolgen, wenn sogar schon Kliniken und Ärzte über einen eklatanten Mangel klagen, so fragt der Verband. „Wie wir stichprobenartig festgestellt haben, verfügen – wie nicht anders zu erwarten – unzählige Schulen nicht über die erforderlichen Reinigungs- und Desinfektionsmittel, da dies ursächlich Aufgabe der Schulträger ist.“

„Betonung der Dienstpflicht der Lehrkräfte“

Der VBE Rheinland-Pfalz hätte es der Mitteilung zufolge begrüßt, wenn die Vorgabe der Notbetreuung zunächst für zumindest zwei Tage ausgesetzt worden wäre, um den Schulen hinreichend Organisations- und Gestaltungsmöglichkeiten an die Hand zu geben. „Hinsichtlich der Notbetreuung hätten wir uns gewünscht, dass auch zum Schutz des Lehrpersonals diese auf ein absolutes Mindestmaß beschränkt worden wäre, wie es zum Beispiel die Stadt Köln geregelt hat! Die Betonung der Dienstpflicht der Lehrkräfte erscheint dem Land wichtiger als die eigentlich angestrebte Abflachung der Infektionskurve?“, so heißt es.

Hintergrund: In Rheinland-Pfalz wird die Notbetreuung großzügiger ausgelegt als in anderen Bundesländern. Eltern werden zwar gebeten, ihre Kinder nicht in die Kitas und in die Schulen zu schicken, es sei denn, sie könnten aus beruflichen Gründen keine anderweitige Betreuung organisieren. „Wir bitten Eltern, die nicht in wichtigen Berufsgruppen arbeiten, ihre Kinder zu Hause zu lassen“, sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD). Eine Liste der wichtigen Berufe gibt es im Land aber nicht. „Wir haben bei der Regelung auch an die Alleinerziehende gedacht, die Geld verdienen muss und keine Möglichkeit für eine Betreuung hat“, erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Für den VBE bedeutet das hingegen „Lehrkräfte und Kinder einer unseres Erachtens unnötigen Infektionsgefahr auszusetzen“.

Forderung: Lehrer sollen auch zu Hause arbeiten dürfen

Der VBE fordert, dass Lehrkräfte, die keine eigene Betreuung ihrer Kinder organisieren können, ihrer Dienstpflicht auch von zu Hause aus nachkommen können, ohne dienstrechtlichen Konsequenzen befürchten zu müssen. „Auch würden wir es begrüßen, wenn zu diesem Zweck den Schulleitungen größere Entscheidungskompetenzen zugestanden würden. Eine generelle Präsenzpflicht vor leeren Klassenzimmern ist unsinnig.“ Vorbereitungen, digitale Lernangebote unterbreiten zu können, seien von zuhause aus wesentlich effektiver umzusetzen. Schließlich seien zu viele Schulen digital so schlecht ausgestattet, dass Lehrerinnen und Lehrer ohnehin im Unterrichtsalltag ihre privaten Endgeräte nutzen müssten. Warum also dann nicht auch jetzt? News4teachers

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