BERLIN. Die KMK hat – wie von News4teachers bereits am vergangenen Sonntag berichtet – einen Vier-Stufen-Plan für die Schulen in der Corona-Krise verabschiedet. Darauf hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gedrängt. Allerdings haben die Kultusminister darauf verzichtet, Schwellenwerte festzulegen, wann welche Stufe greift. Auch sind darin nur unverbindliche „Möglichkeiten“ aufgelistet. In der Konsequenz bedeutet das, dass jedes Bundesland weiterhin nach Gusto entscheiden kann, ob und wann es in Schulen Maßnahmen zum Corona-Schutz ergreift. Dem Bundeselternrat, der GEW und dem VBE ist das entschieden zu wenig.
„Wir wollen in diesem besonderen Schuljahr so viel Schule in Schule wie möglich machen. Denn: Unsere Schülerinnen und Schüler haben ein Recht auf Bildung in ihrer Schule. Darüber gibt es in der Ländergemeinschaft einen breiten Konsens“, so erklärt die rheinland-pfälzische Bildungsministerin und KMK-Präsidentin Stefanie Hubig (SPD) zum heute von der Kultusministerkonferenz vorgelegten neuen Infektionsschutz- und Hygieneplan. Der sieht – je nach Infektionsgeschehen – vier Stufen für den Schulbetrieb vor.
Nach Informationen von News4teachers hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf dem informellen Schulgipfel vor zwei Wochen mit einigen Kultusministern, darunter Hubig, und der SPD-Vorsitzenden Saskia Esken für ein entsprechendes Konzept getrommelt. Vorbild war Bayern, das vor den Sommerferien einen Vier-Stufen-Plan mit Schwellenwerten vorgelegt hatte. Schulschließungen beispielsweise sollten ab 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern und Woche innerhalb eines Landkreises oder einer Stadt erfolgen. Ironischerweise hat die Staatsregierung in München am Dienstag diese Grenzwerte plötzlich nach oben verschoben – und aus vier Stufen nur noch drei gemacht. Die hohen Infektionszahlen in Bayern hätten ansonsten den Schulstart im Regelbetrieb kommende Woche gefährdet (News4teaches berichtet ausführlich über das Manöver – hier geht es zu dem Beitrag).
KMK erfasst das bundesweite Infektionsgeschehen in Schulen erst gar nicht
Gefordert, so Hubig heute, sei ein „einheitlicher Rahmen, der Szenarien vorgibt, wie Schule je nach Infektionsgeschehen aussehen soll – vom Regelbetrieb ohne Abstandsregeln über die Frage nach Masken im Unterricht bis hin zum erneuten Wechsel von Fern- und Präsenzunterricht oder Distanzunterricht“. Mit dem angepassten Hygieneplan schaffe die KMK einen solchen Rahmen, der es weiterhin erlaube, lokal und regional entsprechend zu handeln. „Das Infektionsgeschehen behalten wir dabei gemeinsam mit den Gesundheitsbehörden immer eng im Blick“, betont die KMK-Präsidentin. Die KMK erfasst die in Schulen auftretenden Infektionen allerdings nicht, wie eine Nachfrage durch News4teachers ergab. Es gibt also keine offizielle Statistik über das bundesweite Infektionsgeschehen in Schulen.
Was sieht der angepasste Infektionsschutz aus? „Die nach wie vor sehr dynamische Entwicklung der Corona-Pandemie erfordert es, das Infektionsgeschehen weiterhin lokal, regional und landesweit sensibel zu beobachten. Jedem neuen Ausbruch des Corona-Virus muss zusammen mit den kommunalen Entscheidungsträgern und insbesondere den lokalzuständigen Gesundheitsämtern konsequent begegnet und die erforderlichen Maßnahmen nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorgaben müssen ergriffen werden“, so heißt es in dem Papier. Primäres Ziel ist allerdings nicht der Gesundheitsschutz von Schülern und Lehrern. Sondern: „Ziel ist es, den Schulbesuch so durchgängig wie möglich zu gewährleisten, da der persönliche Kontakt der Kinder und Jugendlichen untereinander und mit den pädagogischen Fachkräften vor allem in den ersten Jahren der Schulzeit besonders wichtig ist.“
Abweichungen vom Infektionsschutz-Katalog der KMK sind immer möglich
Deshalb gelte es, „(Teil)Schließungen soweit verantwortbar zu verhindern und erforderliche einschränkende Maßnahmen auf möglichst abgrenzbare Kontaktgruppen zu begrenzen.“ Vor dem Hintergrund des dynamischen Infektionsgeschehens seien die Länder auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet, die in Abhängigkeit zu den lokalen Infektionszahlen stehen. „Ob und wann die einzelnen Szenarien aufgrund eines veränderten Infektionsgeschehens erreicht werden, ist im Bedarfsfall in Abstimmung mit den Gesundheitsbehörden zu entscheiden, um flexibel einen zügigen Wechsel zwischen den folgenden Szenarien auf der Ebene einer Schule, einer Region oder des Landes zu voll-ziehen.“ Heißt: Abweichungen vom Plan sind immer möglich.
Der enthält dann auch nur „mögliche Instrumente“ in den verschiedenen Stufen – also keine verbindlichen Vorgaben. Wörtlich werden die Stufen folgendermaßen beschrieben:
„Regelbetrieb unter Pandemiebedingungen
- Es gibt möglichst feste Gruppenzusammensetzungen (Klassen, Lerngruppen, Kohorten)
- Eine Mund-Nasen-Bedeckung kann auf dem gesamten Schulgelände, insbesondere an weiterführenden Schulen, angeordnet werden, wenn sich Kohorten mischen können. Dies gilt nicht im Unterricht.
- Das Abstandsgebot kann auf dem gesamten Schulgelände immer dann angeordnet werden, wenn sich Kohorten mischen können. Im Klassenraum ist davon abzusehen.
- Bei auftretenden Fällen einer Infektion oder bei noch ungeklärten Verdachtsfällen wird die Kontaktverfolgung unterstützt, einzelne Personen, ggf. Gruppen, werden statt im Präsenzunterricht während der Dauer der Quarantäne im Distanzunterricht beschult.
Eingeschränkter Regelbetrieb
Zusätzlich zu den Regelungen in A gilt:
- Eine Mund-Nasen-Bedeckung kann auch im Unterricht getragen werden, insbesondere durch Schülerinnen und Schüler an weiterführenden Schulen.
- Um eine Durchmischung von Gruppen (Kohorten) zu vermeiden, wird in allen Schularten das schulische Angebot ggf. angepasst (z. B. Wegfall von Arbeitsgemeinschaften, Veränderung des Ganztagsangebots). Die Zahl der Lehrkräfte pro Kohorte soll soweit wie möglich beschränkt werden. An Grundschulen wird grundsätzlich ausschließlich im Klassenverband unterrichtet.
Wechselmodell
- Das Abstandsgebot von 1,5 Metern kann auch im Klassenraum gelten.
- Teilung der Lerngruppen und täglicher oder wöchentlicher Wechsel von Präsenz- und Distanzunterricht für bestimmte Jahrgänge oder alle Schülerinnen und Schüler.
Vollständige Umstellung auf Distanzunterricht
- Nur soweit und solange die genannten Infektionsschutzmaßnahmen nicht ausreichen, um die Ausbreitung der Pandemie zu bremsen, kommt es zur vollständigen Umstellung auf Distanzunterricht“.
“Wir brauchen konkrete Standards für die Schule”
„Die Spielräume, die das Konzept durch vage Aussagen lässt, sind nicht geeignet, das unterschiedliche Vorgehen der Bundesländer zu vereinheitlichen“, so heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Bundeselternrat, GEW und VBE. „Die Kultusministerkonferenz (KMK) hat nicht mehr getan, als die in den Ländern umgesetzten Maßnahmen nach dem Minimalkonsens zu durchforsten. Wir brauchen jedoch konkrete Standards, die sich zusammen mit der Entwicklung der Infektionslage zu einem Stufenkonzept kombinieren lassen. Nur so kann Transparenz geschaffen und Akzeptanz hergestellt werden. Statt den Status Quo zu verwalten, muss die KMK mehr Verbindlichkeit schaffen.“
BER, GEW und VBE hatten schon vor dem Gespräch der Kultusminister mit Merkel, in dem die Kanzlerin auf eine Vereinheitlichung der Maßnahmen gedrungen hatte, Hubig angeschrieben und ein gemeinsames Vorgehen angemahnt. In dem Brief hatten die Verbände zudem viele offene Fragen zur Bewertung von Lüftungsvorgehen, Luftfiltern, Maskentragen, Fortbildung und Risikogruppen aufgeführt, die einheitlich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen beantwortet werden sollten. Dazu findet sich im neuen KMK-Konzept allerdings: nichts. News4teachers
Hier lässt sich der vollständige neue KMK-Rahmen für die Schulen in der Corona-Krise herunterladen.
Der Beitrag wird auch auf der Facebook-Seite von News4teachers diskutiert.
