BERLIN. Ministerpräsidenten sind offenbar nicht bereit, beim bevorstehenden Gipfel mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) größere Einschränkungen beim Schulbetrieb hinzunehmen. Der „Beschluss-Entwurf des MPK-Vorsitzlandes (Stand: 22. November 2020)”, der News4teachers vorliegt und offenbar unter den Ministerpräsidenten der SPD abgestimmt ist, sieht jedenfalls nur kleinere Konzessionen vor – etwa eine Maskenpflicht für Schüler ab Klasse 7, die aber auch ausgesetzt werden kann. Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) ist Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD).
In dem Papier wird die geplante Verlängerung der geltenden Kontaktbeschränkungen damit begründet, dass damit die erheblich angestiegenen Corona-Infektionszahlen in Deutschland eingedämmt und damit auch schwere Krankheitsverläufe und Todesfälle verhindert werden sollen.
Wörtlich heißt es: „Ein Wert von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnern, der zudem auch eine Kontaktverfolgung gewährleistet, ist noch nicht erreicht und gilt weiterhin neben anderen Kennzahlen als Orientierungsmarke (Richtwert) bei Entscheidungen für Lockerungen. Es ist daher weiterhin dringend erforderlich, alle nicht notwendigen Kontakte unbedingt zu vermeiden und dort, wo Begegnungen stattfinden, die AHA+AL Regeln (Abstand, Hygienemaßnahmen, Alltagsmasken, CoronaWarnApp, Lüften) stets einzuhalten.“
“Schule ist ein Ort des Lernens, aber auch ein Ort des sozialen Miteinanders”
Direkt daran anschließend (und ohne auf den inhaltlichen Widerspruch einzugehen) heißt es dann: „Bund und Länder sind sich darüber einig, dass der Präsenzunterricht an Schulen bei diesen Entscheidungen weiterhin höchste Priorität hat. Das Recht auf Bildung kann am besten durch Lernen und Lehren in Präsenz gewährleistet werden. Das gilt für die Jüngeren, die noch wenig Schul- und Lernerfahrung haben, genauso wie für ältere Schülerinnen und Schüler, die in Kürze ihre Abschlüsse absolvieren. Schule ist ein Ort des Lernens, aber auch ein Ort des sozialen Miteinanders. Bund und Länder wollen deshalb so lange wie möglich am Unterricht vor Ort festhalten und haben gleichzeitig den Infektions- und Gesundheitsschutz im Blick. Andere Unterrichtsmodelle insbesondere für ältere Schülerinnen und Schüler sind anzuwenden, wenn das regionale Infektionsgeschehen beziehungsweise das Infektionsgeschehen vor Ort das gebietet.“
Hochschulen und Universitäten sollen dem Entwurf zufolge grundsätzlich (mit Ausnahme von Labortätigkeiten, Praktika und Prüfungen) auf digitale Lehre umstellen. In Arbeits- und Betriebsstätten ist ein Mund-Nasen-Schutz zu tragen („dies gilt nicht am Platz, sofern ein Abstand von 1,5 Meter zu weiteren Personen sicher eingehalten werden kann“).
Im Schulbereich gelten andere Regeln – genau genommen: eigentlich keine
Im Schulbereich gelten allerdings andere Corona-Regeln: „In Regionen mit einer Inzidenz von deutlich mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner ist im Sek-1 ab Klasse 7 und Sek-2-Bereich und den berufsbildenden Schulen künftig das Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung im Unterricht verpflichtend. Schulen ohne Infektionsgeschehen können davon ausgenommen werden. Konkrete Ausgestaltungen sowie weiterführende Maßnahmen wie beispielsweise Hybridunterricht werden länderspezifisch geregelt.“
Im Klartext: Geht es nach dem Willen der Länder, gibt es weiterhin keinen einheitlichen Maßstab dafür, ob und wann Schutzmaßnahmen im Unterricht erlassen werden. Das Robert-Koch-Institut sieht bereits ab einem Inzidenzwert von 50 für alle Schulen des betroffenen Gebiets eine generelle Maskenpflicht im Unterricht (also auch in Grundschulen) sowie eine Verkleinerung der Lerngruppen vor, damit die Abstandsregel in den Klassenräumen eingehalten werden kann (News4teachers berichtet ausführlich über die Empfehlungen des RKI für den Schulbetrieb – hier geht es hin). Kein Bundesland beachtet bislang diese Empfehlungen. Im Unterricht gilt eine Maskenpflicht nicht durchgängig, die Abstandsregel nirgends.
“Bei negativem Ergebnis kann der Präsenzunterricht für diese Klasse wiederaufgenommen werden”
Weiter heißt es in der Beschlussvorlage: „Schülerfahrten und internationaler Austausch bleiben grundsätzlich untersagt. Um die Schülerverkehre zu entzerren, soll der Unterrichtsbeginn ggf. auch gestaffelt erfolgen. Damit der Präsenzunterricht in der Schule sicher betrieben werden kann und Quarantäne-Maßnahmen zeitlich begrenzt erfolgen können, soll eine Teststrategie zur Anwendung kommen, die eine hohe Wirksamkeit aufweist. Im Fall eines Infektionsfalls in einer Klasse wird die definierte Gruppe zusammen mit den betroffenen Lehrkräften für 5 Tage in Quarantäne geschickt. Am fünften Tag erfolgt ein Antigen-Test. Bei negativem Ergebnis kann der Präsenzunterricht für diese Klasse wiederaufgenommen werden. Um diese wirksame Teststrategie flächendeckend zur Anwendung bringen zu können, wird der Bund (über die Länder) zusätzliche Kapazitäten von Antigen-Tests zur Verfügung stellen.“
Für NRW bleibt Präsenzunterricht trotz der hohen Infektionszahlen die „erste Wahl“. Das betonte Schulministerin Yvonne Gebauer am Montag in Düsseldorf. Das sei die «höchste Form von Bildungsgerechtigkeit». Die FDP-Politikerin bekräftigte, dass die Landesregierung flächendeckenden Wechselunterricht ablehne. Auch ihre Amtskollegen in den anderen Bundesländern teilten allesamt ihre Auffassung, dass es möglichst beim Präsenzunterricht bleiben solle, sagte Gebauer. Bundeskanzlerin Merkel hatte beim Gipfel in der vergangenen Woche die Länder gedrängt, die RKI-Empfehlungen für Schulen zu beachten. (News4teachers hat Merkels Vorstoß hin zu mehr Schutz in den Schulen kommentiert.) News4teachers / mit Material der dpa
Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung der Leserinnen und Leser von News4teachers realisiert.
Mehr Informationen dazu – gibt es hier.
Söder räumt als erster Ministerpräsident ein: Schulen sind Infektionsherde
