Lehrerverband zieht bittere Bilanz: „Stehen nicht viel besser da als 2020“

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ERFURT. Auf den heute von der Thüringer Landesregierung gefassten Beschluss, Coronatests an den Schulen nach den Herbstferien zumindest vorübergehend wieder einzuführen, reagiert der Thüringer Lehrerverband (tlv) erleichtert. „Endlich scheint sich die Stimme der Vernunft durchgesetzt zu haben“, so der Landesvorsitzende Rolf Busch. Bereits die Diskussionen im Vorfeld, bei denen sich einige Protagonisten trotz teilweise dramatisch steigender Inzidenzen gerade unter den Kindern und Jugendlichen gegen die Wiedereinführung einer allgemeinen Testpflicht ausgesprochen hatten, habe gezeigt, dass „es selbst nach dieser langen Zeit immer noch Menschen in Thüringen gibt, die leichtfertig und damit grob fahrlässig mit den Gefahren dieser Pandemie umgehen.“

Delta grassiert (nicht nur) in Thüringen. Illustration: Shutterstock

Der Fall einer Gesamtschule in Gotha, bei der sich nach der Ablehnung eines Antrags auf Schulschließung die Fallzahlen binnen eines Wochenendes auf 85 verdoppelt hätten (News4teachers berichtete), zeige schmerzlich, dass entgegen manchen Annahmen und Behauptungen Schulen sehr wohl maßgeblich zum Infektionsgeschehen beitragen könnten, konstatiert der tlv-Landesvorsitzende. „Zumindest ein Teil dieser Infektionen hätte vermutlich verhindert werden können, wenn die Verantwortlichen die Sorgen des Landkreises ernst genommen hätten.“

„Uns beschleicht der Verdacht, dass die Landesregierung bewusst auf eine schnelle Durchseuchung der Schulen setzt“

Ähnlich gelte für den Landkreis Weimar, in dem sich die Lage ebenfalls besorgniserregend schnell verschärfe. Insgesamt sei die Vorbereitung der Schulen auf die nun beginnende kalte Jahreszeit äußerst mangelhaft, „Wir stehen nicht viel besser da als 2020 um diese Zeit. Ein Großteil der Schülerinnen und Schüler ist ungeimpft. Zu viele Erwachsene sind nach wie vor ungeimpft. Und die Schulen werden wieder mit allem alleingelassen.“

An der schlechten Vorbereitung und mindestens fragwürdigen Pandemiepolitik der Landesregierung könne auch ein Gutachten nichts ändern, dass „der Ministerpräsident plötzlich aus dem Hut gezaubert hat wie ein weißen Kaninchen.“ Tatsächlich stehe auch der tlv diesem Gutachten eher skeptisch gegenüber. „Wir teilen die Bedenken, die etwa bei News4teachers geäußert werden“, konstatiert der Landesvorsitzende – hier geht es zu dem Bericht, auf den er sich bezieht.

Busch: „Schlimmer noch: Uns beschleicht der Verdacht, dass die Landesregierung bewusst auf eine schnelle Durchseuchung der Schulen setzt, in der Hoffnung, dass dann Ruhe herrscht. Aber das ist fatal. Abgesehen davon, dass dabei die Gesundheit vieler Menschen vorsätzlich aufs Spiel gesetzt wird, entsteht ja auch durch die immer wieder notwendigen Quarantänemaßnahmen eine enorme Belastung für alle Beteiligten.“

„Wann sollen denn die Schüler das Versäumte nachholen? Wenn sie bereits in der übernächsten Klassenstufe angekommen sind?“

Hinzu, so Busch, kämen die teilweise erheblichen Lernrückstände bei vielen Kindern und Jugendlichen. „Zu einem seit Juni angekündigten Programm zur Erfassung dieser Rückstände als Grundlage für gezielte Maßnahmen kamen jetzt – vier Monate später! – erste nähere Infos. Abgesehen davon, dass die Schulleitungen nun irgendwie dafür sorgen sollen, dass die ohnehin überlasteten Kolleginnen und Kollegen noch freiwillige Mehrarbeit leisten, enthält auch das vor wenigen Tagen versandte Schreiben aus dem Ministerium wieder nur Ankündigungen. Wann sollen denn die Schülerinnen und Schüler das Versäumte nachholen? Wenn sie bereits in der übernächsten Klassenstufe angekommen sind? Hier sind doch Überforderung, Frust und Tränen vorprogrammiert.“

Es sei bitter, aber wahr, so Busch: „Die Verantwortlichen in der Bildungspolitik haben auch nach gut anderthalb Jahren Pandemie ihre Lethargie noch nicht überwunden. Wenn hier nicht bald etwas Tempo gemacht wird, bewältigen wir diese Krise nie!“ News4teachers

Ramelow will Schüler jetzt doch vor Corona schützen – ein bisschen

 

 

 

 

 

 

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Defence
2 Jahre zuvor

Stadt sieht „gigantische Infektionswellen“ an Schulen
In Jena sind nach Angaben der Stadt fast alle Schulen seit den Sommerferien von Corona-Infektionen betroffen gewesen. Derzeit müsse davon ausgegangen werden, dass 500 Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte in Quarantäne sind, hieß es bei einer Pressekonferenz der Stadt am Dienstag. Die Rede war dabei von „gigantischen Infektionswellen an den Schulen“. Zum Vergleich: Zuletzt gab es in Jena knapp 15.000 Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen.

Die Landesregierung habe bislang die Auffassung vertreten, dass Schulen keine signifikanten Infektionstreiber seien, sagte Oberbürgermeister Thomas Nitzsche (FDP). „Das ist natürlich hochgefährlich. Wir sehen das anders.“ Derzeit komme man mit der Eindämmung nicht mehr hinterher. Das habe zu einer Situation geführt, die nicht mehr zurückgedreht werden könne.

https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/corona-news-infektion-schule-weimarer-land100~amp.html

Aber ansonsten fallen ja zwei Stunden Unterricht pro Woche aus, ne?!