Häufung von Krankheitsfällen beim Kita-Personal: Gewerkschaft fordert verpflichtende Tests für Kinder

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WIESBADEN. Die Omikron-Variante des Coronavirus greift in Kitas um sich. Neben vielen Kindern stecken sich zunehmend auch Beschäftigte an, so dass Einrichtungen teilweise oder ganz schließen müssen. Auch im Hessischen Landtag wird jetzt der Ruf nach einer Testpflicht laut.

Corona-Schutz? Gibt es in Kitas praktisch nicht. (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Die Omikron-Welle macht den Kindertagesstätten schwer zu schaffen – auch in Hessen. Zahlreiche Infektionsfälle bei den Kindern und zunehmend auch beim Personal, Diskussionen mit den Eltern im Fall von Schließungen und uneinheitliche Quarantäneregeln bedeuteten eine Belastungsprobe für die Erzieherinnen und Erzieher, sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen, Thilo Hartmann, auf Anfrage.

Um für einen besseren Infektionsschutz in den Kitas zu sorgen, forderte Hartmann eine einheitliche Teststrategie und eine Priorisierung der Einrichtungen bei PCR-Testungen. Auch im hessischen Landtag plädierten mehrere Oppositionsfraktionen am Donnerstag für striktere Test-Vorgaben bei Kita-Kindern.

Nach den Worten Hartmanns liegen zwar keine genauen Zahlen zu Krankheitsfällen beim Kita-Personal vor, doch träten diese seit Jahresbeginn deutlich gehäuft «und in seither ungebrochen steigender Tendenz auf». Auch der Hessische Städte- und Gemeindebund sprach von einer Häufung der Krankheitsfälle beim Kita-Personal.

Die Inzidenz bei Kita-Kindern unterscheide sich in den meisten Landkreisen nur leicht von der allgemeinen Infektionslage, erklärte Hartmann. «Dass sie im Vergleich zu Schulkindern geringer ist, ist möglicherweise auch darauf zurückzuführen, dass in den Kitas nicht so gleichmäßig und regelhaft wie in Schulen getestet wird.» Insgesamt sei das Corona-Virus in der vergangenen Woche bei 3500 hessischen Kindern im Alter von bis zu 4 Jahren nachgewiesen worden. Wie im Schulbereich liege der Fokus des Infektionsgeschehens auf dem Rhein-Main-Gebiet.

Müssen Einrichtungen coronabedingt schließen, so fallen die Reaktionen der Eltern nach den Worten Hartmanns sehr unterschiedlich aus. «Sie reichen vom Unverständnis und Ablehnung bis hin zum Vorwurf, warum die Einrichtung so lange geöffnet gewesen sei.» Insgesamt sei der Diskussionsbedarf sehr groß, in manchen Einrichtungen stehe das Telefon tagelang nicht still.

„Das Ministerium entzieht sich der Verantwortung, unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen zu treffen“

Als «hochproblematisch» kritisierte der GEW-Vorsitzende, dass das hessische Sozialministerium den Kommunen bezüglich der Quarantäne-Anordnungen im Infektionsfall keine Vorgaben mache. «Zum einen entzieht sich das Ministerium der Verantwortung, unpopuläre, aber notwendige Maßnahmen zu treffen. Zum anderen verschärft die Heterogenität der Maßnahmen den Druck auf das pädagogische Personal vor Ort, welches die Entscheidungen den Eltern kommunizieren und rechtfertigen muss.»

Auch der hessische Elternbund pochte auf landesweit einheitliche Quarantäne-Regeln für die Kitas. Für Eltern, die etwa in Orten an Landkreisgrenzen lebten, sei es schwer nachvollziehbar, wenn für die Kita im Nachbarort andere Regeln gälten als in der Einrichtung im eigenen Wohnort, erklärte Birgid Oertel, Vorstandsmitglied des Elternbundes Hessen. Das führe zu vielen Diskussionen für die Erzieherinnen und Erzieher, die ohnehin belastet genug seien.

Im Landtag sprachen sich Vertreter von FDP und SPD für eine flächendeckende Testpflicht aus. Die Linksfraktion plädierte dafür, dass jede Kita verbindlich zwei Mal wöchentlich Tests ermöglichen muss. Alle drei Fraktionen machten sich zudem dafür stark, dass das Land die Tests bezahlt. Derzeit werden die Kosten für drei Corona-Tests pro Woche für Kita-Kinder zur Hälfte vom Land getragen. Die Tests sind freiwillig.

«Es ist offenkundig, dass eine 50-prozentige Kostenübernahme nicht ausreicht. Die Kommunen oder privaten Träger, die die andere Hälfte tragen müssen, haben bislang nur einen Bruchteil der zur Verfügung stehenden Landesmittel verwendet», sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende René Rock.

Vom Sozialministerium hieß es zu den Quarantäne-Regeln, diese gingen auf einen gemeinsamen Beschluss des Bundes und der Länder zurück. Die Entscheidung, ob und inwieweit eine Kita oder Kita-Gruppe unter Quarantäne gestellt werde, treffe jeweils das zuständige Gesundheitsamt nach Beurteilung des Einzelfalls. Der Anteil der betreuten Kinder habe in der vergangenen Woche laut Corona-Kita-Studie des Berliner Robert Koch-Instituts und des Deutschen Jugendinstituts in Hessen bei 87 Prozent gelegen – «das entspricht dem Bundesdurchschnitt», so das Ministerium.

Daraus gehe auch hervor, dass die Impfquote des pädagogischen Kita-Personals in hessischen Kitas über 90 Prozent liege und damit deutlich über dem Wert der Gesamtbevölkerung. «Das ist aus hessischer Sicht erfreulich.»

Die Folgen der Infektionswelle zeigen sich etwa in der Landeshauptstadt Wiesbaden, die bereits vor Tagen bei der Sieben-Tage-Inzidenz die Schwelle von 2000 überschritten hatte. Nach Regelungen des Gesundheitsamtes gelten hier bei einer infizierten Person in der Kita alle Kinder und Mitarbeiter aus der gleichen Kindergartengruppe als enge Kontaktpersonen und müssen in Quarantäne, wie Sozialdezernent Christoph Manjura mitteilte.

Dies führe regelmäßig dazu, dass Gruppen innerhalb der Einrichtungen geschlossen oder das Betreuungsangebot reduziert werden müsse. Das war am Dienstag dieser Woche in 51 von 190 Wiesbadener Einrichtungen der Fall. Sieben Kitas waren zu diesem Zeitpunkt ganz geschlossen.

In Fulda hingegen muss seit Mittwoch nicht mehr die ganze Kita-Gruppe in Quarantäne, sondern nur das infizierte Kind oder der infizierte Betreuer, wie ein Pressesprecher der Stadt erklärte. So wolle man Schließungen ganzer Gruppen verhindern. Zu viele Infektionen unter den Mitarbeitern könnten jedoch zu eingeschränkten Betreuungszeiten führen. Trotz einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1613,7 am Mittwoch habe es bislang ausreichend Personal gegeben, «um das Betreuungsangebot nahezu uneingeschränkt aufrecht zu erhalten», betonte der Sprecher. «Wir halten die Kitas so lange wie möglich und so umfänglich wie möglich offen.» News4teachers / mit Material der dpa

„Einschneidender Eingriff“: Familienminister Stamp lehnt verpflichtende Tests für Kita-Kinder ab

 

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FrustrierteErzieherin
2 Jahre zuvor

Die Tests sind das mindeste an Schutz! Mehr Kinderkranheitstage für die Eltern- damit kranke Kinder Zuhause bleiben können, zum Wohle des Kindes nicht zum Wohle der Wirtschaft!

FrustrierteErzieherin
2 Jahre zuvor

Tests sind ja wohl das mindeste. Mehr Kinderkranheitstage für Eltern, damit kranke Kinder Zuhause bleiben können. Zum Wohle des Kindes und nicht zum Wohle der Wirtschaft!

Susanne
2 Jahre zuvor

Ich verstehe das sowieso nicht, warum hier nicht von Anfang an 3 Mal die Woche getestet wird wie in den Schulen.

Eltern und Arbeitgeber wollen, das die Kitas offen bleiben und es so wenig Einschränkungen wie möglich gibt. Und dafür müssen nun eben genau wie das Personal auch die Kinder getestet werden…zum Schutze aller. Und ja, ich habe selber kleine Kinder und arbeite auch noch in dem Bereich. Genau deswegen ist es mir auch wichtig.

Kleinen Kindern kann man das kindgerecht mit popeln erklären, da finden die das toll.

TaMu
2 Jahre zuvor

Nutzen bei den derzeitigen Quarantäneregeln die Tests noch etwas oder kosten sie nur Zeit, Nerven und Geld? Es geht doch so gut wie niemand mehr rechtzeitig in Quarantäne und man weiß nur, dass jemand Infiziertes anwesend war. Schutz ist das nicht mehr, nur noch ein Durchzählen der positiven Fälle, die in den Folgetagen zu noch mehr positiven Fällen führen. Es ist nur noch ein Feststellen, wer gerade durchseucht ist, wer es hinter sich hat und wen es noch erwischen wird. Völlig erbärmlich. Von der Grundschule hier kam eine Elternmail, dass sich bereits genesene Kinder zum zweiten Mal angesteckt haben und dass einige Kinder „keine ganz leichten“ Verläufe haben. Schön, dass die Betroffenen getestet wurden! Das hilft ungemein, wenn alle anderen in Präsenz gezwungen sind.