MÜNCHEN. Für die Viertklässler in Bayern ist der morgige Montag ein besonderer Tag: Sie bekommen ihre Übertrittszeugnisse. Für die meisten steht damit fest, in welcher Schulart es weitergeht. Das werde derart jungen Kindern aber nicht gerecht, bemängelt der größte Lehrerverband BLLV. Er will Eltern die Entscheidung über die weiterführende Schule überlassen. Der Realschullehrerverband VDR widerspricht. Eine Grundsatzdebatte, die über die Grenzen des Freistaats hinausreicht.
Die Viertklässler im Freistaat erhalten am Montag ihre Übertrittszeugnisse mit der verbindlichen Schullaufbahnempfehlung – und wie in jedem Jahr ist zuverlässig eine Debatte über die Sinnhaftigkeit dieser Vorgabe entbrannt. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) etwa, der vor allem Lehrkräfte der Grund- und Mittelschule vertritt, sieht die individuelle Förderung sowie die Chancen- und Bildungsgleichheit im aktuellen System nicht gegeben – unabhängig von den hinzugekommenen und sehr unterschiedlich ausfallenden Folgen der Corona-Pandemie.
In Bayern basiert die Übertrittsempfehlung für die Realschule oder das Gymnasium auf dem Durchschnitt der Noten in den drei Fächern Deutsch, Mathematik sowie Heimat- und Sachunterricht. «Die Stellen nach dem Komma entscheiden heute in Bayern erstmal über den weiteren schulischen Weg eines neun- oder zehnjährigen Kindes. Dieses Prinzip widerspricht einem modernen Menschenbild, der kindgerechten Ermöglichung von Bildungs- und Lebenschancen ebenso wie den Prinzipien einer individuellen Sicht auf die Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern», kritisiert BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann.
“Die negativen Auswirkungen auf das Lernverhalten erleben die Lehrerinnen und Lehrer jeden Tag”
«So sorgt dieses System für eine weiter wachsende Ungerechtigkeit im bayerischen Bildungssystem», betont sie. «Die negativen Auswirkungen auf das Lernverhalten und die psychische Gesundheit bei vielen Kindern und deren Familien erleben die Lehrerinnen und Lehrer an den Schulen jeden Tag. Und Corona hat diese Effekte weiter verstärkt. Dass die Politik nicht einmal in dieser Ausnahmesituation in der Lage ist, die starren Muster zu verlassen und vom klassischen und eh schon nicht validen Übertrittszeugnis abzurücken, ist mir persönlich ein Rätsel und für alle Schülerinnen und Schüler an den Grundschulen hier in Bayern und ihre Familien ein schlechtes Zeichen für die Zukunft.»
Fleischmann plädiert deshalb dafür, den Eltern stärker die Entscheidung zu überlassen, schließlich bildeten drei Noten nicht das Können oder das Potenzial der Kinder als Ganzes mit all ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten ab. Sie fragt: «Für was macht dann die Note 2,33 oder die 2,66 Sinn? Für eben die Verteilung im System. Sie erhält das dreigliedrige – ja eigentlich viergliedrige – bayerische Schulsystem um jeden Preis. Das aber ist nicht Ziel von Schule – das aber kann doch nicht das Ziel der Grundschule sein – das kann und darf doch nicht der Sinn des Lernens und Leistens der Schülerinnen und Schüler sein – nicht in der 4. Klasse und eigentlich nie. ‚Learning for the test‘ – bis zum Tag der ‚Verkündung‘: das darf nicht sein!“ Viele Schülerinnen und Schüler sind mit dem Leistungsdruck, dem Lernpensum, der Art des Feedbacks – oftmals eben reduziert auf Noten – und dem Lernrhythmus überfordert. Gleichzeitig werden viele Kinder von ihrem familiären Umfeld bestärkt und gefördert, während anderen diese Unterstützung fehlt.»
“Die Schule darf kein Pseudo-Schonraum unter Laborbedingungen sein, in dem Leistung nur mit Druck und Stress gleichgesetzt wird”
Der Vorsitzende des Deutschen Realschullehrerverbands VDR hingegen, Jürgen Böhm, fordert: «Mit dieser ideologisch aufgeladenen Diskussion zur Sinnhaftigkeit des Übertritts an weiterführende Schulen muss endlich Schluss sein!» Die Kritik am bayerischen Übertrittsverfahren gehe völlig an der Realität vorbei. «Die Schule darf kein “Pseudo-Schonraum” unter Laborbedingungen sein, in dem Leistung und Notengebung immer nur mit Druck und Stress gleichgesetzt werden», argumentierte Böhm. Wichtig sei es, dass die Kinder nicht durch eine falsche Schulwahl überfordert, sondern entsprechend ihrer individuellen Begabungen gefördert würden.
Fleischmann wendet ein: «Nicht in einem unterversorgten System – nicht mit diesem eklatanten Lehrermangel, bei dem Förderlehrer die Klassenleiter ersetzen, Fachlehrer ganze Klassen oder am besten gleich zwei Klassen gleichzeitig unterrichten, Schulpsychologen Mangelware sind, erfahrene Kollegen und Kolleginnen alle Seiten- und Quereinsteiger und die Willkommenskräfte und Brückenbauer einarbeiten, Schulleiter zum Gesundheitsmanager, Integrationspolitiker zum Menschenfänger werden, um den Lehrermangel vor Ort aufzufangen.» News4teachers / mit Material der dpa
Vielleicht sollten auch nicht gerade diese drei Noten für eine Entscheidung herangezogen werden.
Individuell … kindbezogen …. hat doch mit diesen drei Noten rein gar nichts zu tun.
Zumal der aktuelle Entwicklungsstand wie auch eine Entwicklungschance mit (Lern-)Erfolgen in den Fächern, die für das Kind individuell, persönlich und auf intrinsischer (Lern-)Motivation basierend offenbar keine Rolle spielen.
Wenn schon, denn schon! Das Schulsystem muss hier deutlich flexibler werden dürfen und müssen.
Aber ach, da werden KuMis drüber nachdenken….. oder auch nicht.
So werden jedes Jahr wieder Kinder verhunzt – ob durch falsche Entscheidungen der (zu ehrgeizigen?) Eltern oder durch Sicherheitsempfehlungen der LuLs.
Die ganze Welt verändert sich. Und ein marodes Schulsystem hält und hält und hält (nicht das, was es großspurig verspricht), doch es braucht wohl noch lange, bis es endlich zerbricht!
Bitte, bitte, bitte die Eltern entscheiden lassen. Die Zeiten, in denen Lehrer gehört würden, sind längst vorbei! Es wird nichts weiter als ein unglaublicher Stress für die Lehrer und eine enorme Klagewelle produziert! Und letztendlich bekommen die Eltern eh, was sie wollen. Macht ja sonst keinen guten Eindruck….
Wie immer heutzutage im System Schule….
Bitte, bitte nicht die Eltern entscheiden lassen. Jedes Jahr macht es mich aufs Neue traurig, wie viele Kinder entgegen der Schulempfehlung auf eine höhere als die empfohlene Schulform geschickt werden. Wieviel Frust müssen diese Kinder aushalten, wenn sie die geforderte Leistung nicht erbringen können… und ist es wünschenswert, dass am Gymnasium nach Klasse 10 mehr als ein Viertel der Schüler bereits abgegangen ist?
Wie oft habe ich im besonderen Beratungsverfahren in Klasse 4 schon das Elternargument gehört: “Wir probieren es jetzt mal…” oder “Mein Kind möchte aber an die Realschule/Gymnasium gehen und was soll ich dazu sagen?”.
Ich glaube unsere Grundschullehrer machen einen spitzen Job und können sehr gut einschätzen an welcher Schulform ein Kind zurecht kommt – ganz im Gegensatz zu vielen Eltern, die ihre Kinder leider nicht mehr realistisch sehen- zumindest was die schulischen Leistungen betrifft.
Vielleicht würde es dem allgemeinen Leistungsniveau auch guttun, wenn man sich als Lehrer nicht an den vielen schwachen Schülern orientieren müsste…
Da also weder die Eltern noch die Lehrkräfte entscheiden sollen (s.u. big), dann doch ganz einfach Einstufungsprüfungen.
Das Kind schafft es oder eben nicht.
Und – ehrgeizige Eltern HABEN das Recht, ihre Kids zu verhunzen, zu überfordern und zu frustrieren.
Wir müssen 30 Kids differenzieren und zu Hause muss jedes Kind gleich Abi machen? Wieso nicht mal mit dem Kind zufrieden und glücklich sein, dass man hat?! Auch in einem nicht so leistungsbegeisterten Kind steckt ordentlich was drin – mega gut in Sport, Musik, Kunst. Als ob das nicht was wert wäre! Weltkunde und Geschichtsfreaks – die verstehen Zusammenhänge, lernen aber vielleicht nicht so gut auswendig. Na und?!
Deswegen finde ich auch, dass Mathe, Deutsch und Englisch nicht unbedingt die Fächer sein sollten, um die sich alles dreht.
Meine Meinung dazu als betroffene Grundschullehrkaft in Bayern:
Die Argumentation von Frau Fleischmann müsste eigentlich noch mehr Dinge mit einbeziehen. Bevor man sich für die freie Schulwahl durch Eltern entscheidet, muss man in Bayern das Bildungssystem ändern.
Außerdem ist der Übertritt auf die Realschule und das Gymnasium in Bayern nicht die einzige Chance einen guten Bildungsabschluss zu erreichen. In Bayern kann man gute Bildungsabschlüsse auf vielen verschiedenen Wegen erreichen. Man wechselt dann, wenn man dazu die nötigen Voraussetzungen hat.
So, wie der Übertritt im Augenblick gemacht wird, passt das einigermaßen auf die Anforderungen der weiterführenden Schulen. Es ist ja nicht so, dass wir Klassenlehrkräfte der 4. Klassen in Bayern die Eltern nicht vollumfänglich beraten. Wir beziehen die Arbeitshaltung und das Interesse am Lernen mit ein. Außerdem muss man darauf achten, wie das Kind zu den entsprechenden Schnitten kommt. Wie stark wurde gelernt? Was ist noch im Unterricht zu beachten? Die Noten als Endergebnis bestehen nicht nur aus “Proben” (Arbeiten), sondern auch aus anderen Leistungsnachweisen (mündlich, praktisch).
Wenn ich meine jetzige 4. Klasse anschaue: Da passen die Notenschnitte meistens. Es ist eher mal zu hoch gegriffen wie zu niedrig. Aber da haben ja die Eltern die Wahl, denn im ÜZ steht bei 2,33 und besser die Eignung für: Mittelschule, Realschule Gymnasium und bei 2,66 steht die Eignung für Mittelschule und Realschule geschrieben. Gerade bei den Schnitten an der Grenze finde ich es für nicht wenige Kinder schon eine Herausforderung, dem Anspruch der weiterführenden Schule gerecht zu werden.
Es begegnen mir immer Fälle, wo es sehr schwer ist, Eltern zu vermitteln, dass die gewünschte Schule zu schwierig ist (geben auch die Notenschnitte nicht her), obwohl es die Leistungsnachweise und auch andere Probleme bei dem Kind in der Grundschule bestätigen. Hätten wir freie Schulwahl, dann wären diese Kinder in der gewünschten Schule total überfordert – ich weiß nicht, ob sie den dann baldigen Schulwechsel psychisch so leicht verkraften würden.
Fazit: Ich glaube nicht, dass man mit freiem Elternwillen beim jetzigen bayerischen Schulsystem etwas Positives für die Kinder verbessern kann. Hier müsste man das Schulsystem anders gestalten.
Von Lehrerseite her wäre der freie Elternwille natürlich eine Erleichterung, weil wir nicht den Stress mit manchen Eltern beim “Kampf” um halbe Punkte hätten. Von Elternseite her wäre das Stressmoment beim freien Elternwillen in der 4. Klasse nicht zu sehr ausgeprägt. Da steigern sich manche Eltern gegenseitig hinein, wie ich schon beobachten konnte. Es ist die Frage, ob das Ganze im Fall der Freigabe des Elternwillens nur um ein Schuljahr verschoben wird.
“Hätten wir freie Schulwahl, dann wären diese Kinder in der gewünschten Schule total überfordert – ich weiß nicht, ob sie den dann baldigen Schulwechsel psychisch so leicht verkraften würden.”
Exakt diese Situation haben wir in BaWü seit einigen Jahren, seitdem die Eltern entscheiden dürfen.
Eine fatale politische Fehlentscheidung, unter denen die betroffenen Kinder, sowie als auch deren Mitschüler, enorm leiden.
Als Beleg dafür, dass hier etwas in die total falsche Richtung läuft, muss man lediglich die Statistik herziehen. Seit dem Wegfall der verbindlichen Bildungsempfehlung gibt es in BaWü mehr Kinder denn je, die das Klassenziel nicht erreichen, und ebenso Schulwechsler.
Wer soll über die weiterführende Schule entscheiden – Eltern oder Lehrer?
Och naja, ich sag mal, wenn sich Lehrer und Eltern nicht einig sind, dann sollte man noch ein Jahr warten. Bis dahin dürfte man sich einig werden und deutlichere Signale erkennen bzw. bis dahin hat das Kind ggf. dank Altersvorsprung das Format erreicht, welches fürs Familienselfie genehm ist.
#Die Entmystifizierung von Didaktikschnulz und Pädagogikschwulst,
#Nicht jedes Kind will lernen, auch wenn manche mit dem Slogan Kohle verdienen
… so, nach der kollektiven Breitseite jetzt erstmal Kaffee. – Ach, und bei Kaffee fällt mir noch ein: Wenn sich Eltern und Lehrer bei einem entspannten Kaffee einig werden, dann ist die Entscheidungsmagie besonders haltbar. Geht das alles jedoch nur zu einem gegenseitig rein- und runtergewürgten bitteren Schierlingsgebräu, dann weh-oh-weh, wenn ich auf das Ende seh’.
Als Lehrer würde ich ja gerne sagen: Lehrer können den Bildungstand und den damit verbundenen Schulübertritt besser einschätzen.
Aber die Grundschulzeit meines Sohnes hat mich davon geheilt.
Zum Glück können in unserem Bundesland die Eltern bestimmen.
An unserer kleine Dorf-Grundschule hatte mein Sohn eine Lehrerin die äußerst selbstherrlich war.
Zwischen mir, meiner Frau und dieser Lehrerin bestand vom ersten Tag an eine Abneigung.
Umgekehrt gab es eine Gruppe von Müttern die diese Klassenlehrerin massiv mit Schmeicheleien und verbotener Weise auch mit Geschenken umwarben.
Endergebnis, die Kinder dieser Mütter erhielten alle die Empfehlung zum Gymnasium.
Mein Sohn erhielt, trotz teilweise besserer Noten, keine Empfehlung. Begründung: Ich habe einfach den Eindruck, dass ihr Sohn nicht für das Gymnasium geeignet ist, trotz der guten Noten.
Wir haben uns dann über die, nicht vorhandene, Empfehlung hinweg gesetzt.
Stand heute zum Ende der Klasse 11 am Gymnasium.
Von der 5. bis zur 11. Klasse hatte mein ungeeigneter Sohn keine einzige “rote” Note und geht mit einem Durchschnitt von etwa 12 von 15 Punkten Richtung Abi.
Die empfohlen Kinder der Geschenkemütter mussten inzwischen zu 75% an andere Schulformen wechseln.
Nicht alle Lehrer sind objektiv. Die Empfehlung ist eine gute Orientierungshilfe. Die letzte Entscheidung sollte jedoch bei den Eltern und den weiterführenden Schulen liegen.
Genau so!! Ähnliche Erfahrungen machten wir leider auch! Nie hätte ich damit gerechnet, ich habe davor ein paar mal selbst ein 4. Schuljahr gehabt und dachte wie Sie!
Bei uns ist es schon länger her. Zum Teil war es sehr schwierig, dass unsere Kinder in die Schulen übertreten konnten, die zu ihnen passten. Sie haben es dann aber auf den höheren Schulen immer besser geschafft, je älter sie wurden. Sie haben dann zum Teil ihre Abschlüsse um 2 Stufen besser gemacht, als ihnen prophezeit wurde.
Leider sind Grundschulen untereinander nicht vergleichbar. An manchen wird der Stoff schneller durchgezogen als an anderen, weil die Schüler recht leistungsstark sind. Das ist dann aber nicht mehr objektiv!
Wünschenswert ist, dass Lehrer und Eltern sehr gut zusammenarbeiten. Klappt leider nicht immer, aber doch immer wieder. Eltern sollten natürlich auch sehr realistisch sein.
“Leider sind Grundschulen untereinander nicht vergleichbar. An manchen wird der Stoff schneller durchgezogen als an anderen, weil die Schüler recht leistungsstark sind. Das ist dann aber nicht mehr objektiv!”
Na, und dann gibt es die vielen verhaltenskreatiefen Kids – und die, denen Lernen Freude macht.
Alles nichts vergleichbar. Differenzierung ist objektiv, aber nicht zum Sitznachbarn. Nur innerhalb des eigenen individuellen Bezugsrahmens – heute besser als gestern.
Mit einer Parallelklasse kaum vergleichbar, mit anderen Schulen schon gar nicht.
Aus diesem Grund sollten wir uns schnellstens von unserem Schulsystem verabschieden.
Von radikalen Änderungen halte ich nichts. Sie schaden meistens den Betroffenen. Aber wenn Schulen/ Klassen usw. nicht vergleichbar sind, kann man halt auch nicht ganz stur sagen, so sind die Noten, und anders geht nicht.
– Grundschulempfehlungen: weniger als 20% Gymnasium,40%Realschule,40%
Hauptschule
-kleine Schule, kleine Klassen
– kaum Migranten, und wenn, dann sind sie meistens auf einmal verschwunden.
Wohin? Sonderschule
-auch anderen Schülern wird rasch die Sonderschule nahegelegt oder
Wiederholung eines Schuljahres dringend angeraten, meistens des zweiten
-Unterrichtstempo richtet sich nach den”Besten”
-……
Beispiel aus BW, ländliche Region, Mitte 90er Jahre.
Bis heute hat sich nicht viel geändert, außer, dass Eltern frei die Schulform wählen dürfen. Ich kenne so manches Grundschulkind, das wiederholen muss! Das macht was mit den Kindern, den Familien!!
Wundert es da, dass Eltern mehr mitbestimmen wollen? Kann ein Kind, das auf die Sonderschule geschickt wird, obwohl es nicht wirklich eine Lernbehinderung hat, sondern nur das Klassentempo ausbremst oder unruhig ist, weil es die Sprache nicht perfekt versteht, später so einfach einen Hauptschulabschluss nachholen? So heißt es ja immer, aber im Grunde fehlt ihm dann viel Stoff.
Geschweige denn kann es dann einen Realschulbschluss machen, auch wenn es von seiner Intelligenz her dazu fähig wäre.
Genauso geht es manchen, die knapp einer Realschulempfehlung entgehen, weil die Hauptschule ja so gut ist und gestärkt werden soll, und weil sie z.B. in Rechtschreibung nicht so sattelfest sind. Erst den Realschulschulabschluss nachholen und dann aufs Gymnasium? Schwierig! Auch wenn man das Zeug dazu hat. Es wird zuviel Stoff fehlen.
So sieht es doch in Wirklichkeit aus!
Andererseits verstehe ich auch nicht, dass manche Eltern ihre Kinder aufs Gymnasium schicken, obwohl sie eine Hauptschulempfehlung haben. Ist auch nicht nachvollziehbar.
“Zwischen mir, meiner Frau und dieser Lehrerin bestand vom ersten Tag an eine Abneigung.” Das kann ja auch an Ihnen und Ihrer Frau gelegen haben…
“geht mit einem Durchschnitt von etwa 12 von 15 Punkten Richtung Abi.”
Das ist heutzutage eher schlecht..
Damit laufen die Gymnasien voll…
Was hat denn die Sympathie bzw. Antipathie zwischen der Klassenlehrerin, meiner Frau und mir mit der Leistung meines Sohnes zu tun?
Wenn Sympathie zu den Eltern für sie ein Argument für die Empfehlung der späteren Schulformen von Kindern ist, dann wäre das echt ein Argument für die Schulwahl als Entscheidung der Eltern und nicht der Lehrer.
Wenn eine glatte 2 mit 12 /15 heute so schlecht ist, dass man am Gymnasium als Ballast gilt, dass wäre das ein Argument den Beruf zu wechseln, falls Sie Lehrer sind.
Bei Gymnasialübertrittsquoten von teils 70% in Bayern trotz des Elternwillens liegt ein Schüler mit einer 2 maximal im Mittelfeld.
Vor 30 Jahren wäre Ihr Sohn so garnicht aufs Gymnasium gekommen.
Ja! Insofern mag Ihr Sohn nun Ballast sein. Vor 30 Jahren wäre er es klar gewesen
Vielleicht hatte die Lehrerin einfach recht.
@Tolstoi
Da haben Sie wohl etwas nicht verstanden.
Der erwähnte Sohn liegt inzwischen in der Sekundarstufe II bei mindestens einer 2+ (12 Punkte).
Solche SuS wünscht man sich am Gymnasium!
Lesen Sie genau!!!
Die Aussage, dass 12 Punkte einer glatten Zwei entsprechen kommt von Schattenläufer und zeigt wohl eher die Inkonsistenzen seiner Aussagen.
@ Schattenläufer: Das Versagen einzelner Lehrer ist noch kein Systemversagen, das wird immer vergessen. In einem Volk mit 80 Mill. Einwohnern wird es immer irgendwelche negativen individuellen Anekdoten geben, es hat immer auch schreckliche Pauker gegeben und auch problematische und nervende Schüler.
Aber glauben Sie wirklich, der reine Elternwille beschert uns so etwas wie eine Bildungsgerechtigkeit? Glauben Sie wirklich, ALLE Eltern blicken da richtig durch? Es gab auch Eltern, die ihr Kind trotz Gymnasialempfehlung auf die Hauptschule schickten. Was würden Sie denn diesem Kind sagen?
Das Versagen einzelner Lehrer hat aber Folgen für die betroffenen Schüler.
Wollen Sie mir hier sagen, dass auf Einzelschicksale eben keine Rücksicht genommen werden kann, wenn es alles in allem insgesamt ganz gut läuft?
Welches Schulsystem in der realen Welt nimmt denn auf alle Einzelschicksale Rücksicht? Wenn Sie so argumentieren, was ist denn mit den Kindern, die trotz Gymnasialempfehlung auf die Hauptschule geschickt werden? Die sind dann ein Opfer ihrer Eltern statt ihrer Lehrer, aber ist dieses “Einzelschicksal” irgendwie besser?
Als Lehrerin sage ich ganz klar, die Eltern haben die Entscheidung.
Natürlich ist es an den Kindern, an der Schule zu bestehen und an den Lehrern zu beraten, aber nach 3.5 Schuljahren darf es nicht nach Außenbeurteilung und -selektion gehen!
Ich bin entweder für die Grundschule von Klasse 1-6 oder für eine generelle Orientierungsstufe in den Klassen 5/6. in diesen 2 Jahren entscheiden sich viele Dinge noch einmal und die Schüler machen weitere Entwicklungen durch.
So läuft das in Mecklenburg-Vorpommern ab.
Aus den bisherigen Kommentaren sehe ich, dass die Überschrift des Artikels etwas irreführend ist. Über die weiterführenden Schulen entscheiden nicht die Lehrer, sondern die erbrachten Leistungen, die dann die Note ergeben. Die Lehrkraft ist an die Noten gebunden und kann nicht abweichend empfehlen. Die Eltern entscheiden dann, wohin ihr Kind geht. Die Möglichkeiten werden dann je nach erreichtem Notenschnitt aufgezeigt.
Notenschnitt D, M, HSU 2,33 und besser: Mittelschule, Realschule, Gymnasium
Notenschnitt D, M, HSU 2,66: Mittelschule, Realschule
Notenschnitt D, M, HSU 3,0 und schlechter: Mittelschule
Wer auf eine weiterführende Schule gehen möchte und den Mindestschnitt nicht erreicht hat, der kann eine Aufnahmeprüfung machen. Auf der Mittelschule kann man bei entsprechender Leistung nach dem 6. Schuljahr auf den M- Zweig gehen, über den man einen mittleren Abschluss erreichen kann, mit dem man danach weitermachen kann. (Fachhochschulreife, Abitur)
Tja, dumm nur, dass das (leider) nicht in allen BL so ist!
Nach Elternwunsch und Beratung der Schule laufen in Hessen die Gym voll: Mit ungeeigneten, überforderten Haupt – und Real -SuS …. ☹️
Diejenigen Bundesländer, die ganz auf den Elternwillen setzen, schneiden bei Vergleichstests schlechter ab als Bayern. Und auch in Bayern bekommt etwa die Hälfte aller die “Gymnasialeignung” bescheinigt. Wenn man etwas pragmatischer wäre, dann könnte doch folgendes realisiert werden:
Das könnte auch in dem Sinne gelten: wenn die Schule eine Gymnasialeignung feststellt und die Eltern das Gymnasium nicht wollen, dann sollten sie auch das begründen müssen. Es kann nicht sein, dass so vielen Kindern aus unteren Schichten MIT einer Gymnasialempfehlung das dann dennoch verweigert wird. Auch das ist Teil der beanstandeten “Ungerechtigkeit des Systems”: Die Eltern tragen nicht immer zur Bildungsgerechtigkeit bei, sondern folgen ihrem jeweiligen Egoismus.
Wenn es denn so einfach wäre…
… könnte man die Systeme ja vergleichbarer werden lassen, indem man das, was in BY umgesetzt ist, in anderen Bundesländern ermöglicht, hinslichtlich zusätzlichem Personal in den Schulen, Schulpsycholg:innen, Unterrichtszeit (höhere Stundentafel in den 4 Grundschuljahren), Vertretungsreserve, Beratungslehrkräfte und vielem mehr.
Wenn das geschafft ist, können wir gerne vergleichen, ob es am freien Elternwillen liegt.
Aber was Sie nennen, ist doch gerade in den gesamtschulfreudigen Bundesländern wie Bremen, Berlin, NRW gewiss schon in vorbildlicher Weise realisiert. Es ist doch Bayern, das ein antiquiertes Schulsystem der Standesgesellschaft hat, in dem die armen Grundschüler ein “Grundschulabitur” ablegen müssen, wird das nicht von der GEW immer so gesagt?
@ysnp
“Über die weiterführenden Schulen entscheiden nicht die Lehrer, sondern die erbrachten Leistungen, die dann die Note ergeben. Die Lehrkraft ist an die Noten gebunden und kann nicht abweichend empfehlen.”
Die Lehrkraft mag systembedingt an die Noten gebunden sein und kann sich mit der Empfehlung für die weiterführende Schullaufbahn nicht über den sich daraus ergebenden Notenschnitt hinwegsetzen, soweit gehe ich konform.
Nun aber der Knackpunkt: Wo kommen diese so entscheidenden Noten denn her? Die sind ja nicht einfach gott- oder, wie auch immer, unabänderlich vor-gegeben, sondern Lehrer xy hat diese Noten erteilt.
Im Idealfall korrelieren erteilte Noten sehr eng mit der Leistung des Kindes, im Normalfall sieht das jedoch leider manchmal ganz anders aus. Wenn man sich die Zeugnisse meiner Jungs, die inzwischen beide Abi haben, im Zeitverlauf von Klasse zu Klasse ansieht, kann man noch all die Jahre rückwirkend an den Zeugnisnoten Lehrerwechsel erkennen. Das war bei meinen eigenen Zeugnissen nicht anders.
Es gibt Untersuchungen dazu, dass dieselbe Arbeit unterschiedlich bewertet wird, je nachdem, welcher Schülername druntersteht. Zwischen Max und Kevin können Welten liegen. Gibt man dieselbe Klassenarbeit verschiedenen Lehrern, wird man eine Bandbreite von Noten erhalten.
Lehrer sind Menschen, Schüler sind es auch. Und sogar die Eltern.
Zwischen Menschen gibt es immer Beziehungen, die durch Sympathie oder Anthipathie, was auch nur unterschwellig vorhanden sein kann, stark geprägt werden.
Noten können also, ohne dass eine bewusst böse Absicht dahinter stecken muss, nie objektiv sein, mal wird ein Kind zu schlecht bewertet, mal zu gut. Üblicherweise gleicht sich das über bis zu 13 Schuljahre und die große Zahl an Lehrern, die man hat, irgendwie summa summarum halbwegs aus.
Dass aber, wie zuvor erläutert, notwendigerweise subjektiv erteilte Noten Ende der Grundschule zu dem Kriterium schlechthin erhoben werden, anhand dessen man angeblich objektiv die passende künftige Schullaufbahn ablesen können soll, halte ich für eine extreme Überbewertung der Aussagekraft dieser Noten.
Und dann noch das “Argument”, ein Lehrer könne nichts dafür, sei mit seiner Empfehlung an die Noten gebunden, welche ja von der erbrachten Leistung abhingen – wobei weggelassen wurde, dass man diese Noten zuvor selbst erteilt hat, es sich also um keinen mathematisch bezifferbaren Automatismus handelt, das verlässt ja nun wohl jegliche objektive Basis in der Diskussion.
Zum Glück hatten wir hier in RLP keine verbindlichen Empfehlungen der Grundschule für den Übertritt und konnten als Eltern zusammen mit unseren Kindern entscheiden. Diese Freiheit wünsche ich allen Eltern schulpflichtiger Kinder in Bayern ebenso.
“Mal wird ein Kind zu schlecht beurteilt, mal zu gut.”
Ja, aber sind die Eltern gefeit gegen solche Art von Irrtümern? Ich glaube nicht. Diejenigen Eltern, die hier kommentieren, sind bestimmt auch nicht repräsentativ für das ganze Volk. Ich hätte mich schwergetan mit einer Entscheidung gegen das Votum der Grundschullehrer. Das war zum Glück nicht nötig.
Und wird nicht auch immer viel gejammert über die armen überforderten Kinder, die dann am Gymnasium zu den schwächsten ihrer Klasse gehören und sich alles andere als wohl fühlen? Ich möchte nicht in der Haut derer stecken, die sätndig vom Sitzenbleiben bedroht sind wie ein Sportverein vom Abstieg. Und das Sitzenbleiben abzuschaffen verbessert auch nichts außer der Statistik.
Würde irgendjemand hier in einer Fußballmannschaft spielen wollen, wo er der schwächste Spieler ist? Ich nicht, da würde ich lieber in einer schwächeren Mannschaft spielen. Da gibt es auch den sog. “Fischteicheffekt” (“big-fish-little-pond”), und der besagt sinngemäß, dass mittelmäßige Schüler sich sehr unterschiedlich fühlen und entwickeln, je nachdem ob in ihrer Schulklasse die anderen besser oder eher schwächer sind. Das muss alles bedacht werden.
Ihr Kommentar ist Gold wert, liebe(r) ysnp. Die Noten sind entscheidend und nicht eine willkürliche Lehrerentscheidung, wie viele glauben (möchten). Vor allem ehrgeizige Eltern tun dies, weil es schwer fällt, zu akzeptieren, dass ein Kind nicht so lern- und leistungsfähig ist wie erwartet und erhofft.
Diesen kann ich nur sagen: Unser Bildungssystem lässt auch später noch Karrieren zu, falls Ihr Kind zu den sogenannten Spätentwicklern oder Spätzündern gehört. Und dieser Weg ist für das Kind weitaus weniger belastend und am Selbstbewusstsein nagend.
Es gibt auch so manchen Jugendlichen, dem später erst klar geworden ist, dass Lernen und Anstrengung sich wirklich lohnen. Wenn er sich dann aus eigenem Antrieb mehr bemüht, nicht selten sogar Lust am Lernen entwickelt, ist die Aussicht auf Erfolg erheblich größer, als wenn er nach der Grundschulzeit mit Unlustgefühlen und Überforderung zu kämpfen hat.
Antrieb von außen ist oft für die Katz und vergiftet nur die Atmosphäre. Der Impuls zu mehr Einsatz muss von jedem jungen Menschen selbst kommen, dann erst klappt es mit guten Noten und höheren Schulabschlüssen.
Schwierige Frage. Hier entscheiden die Eltern und das teils gegen jegliche Empfehlung und auch bei schlechten Zeugnissen. Hier lautet die Devise: Hauptsache Gymnasium. Das führt dazu, dass meist schon ab klasse 5 die ersten SuS total überfordert sind und ständig die “Notenklatsche” bekommen. Das ist für die Kinder absolut nicht toll und man kann Eltern kaum überzeugen, dass ein zügiger Schuldformwechsel vielleicht für die Motivation des Kindes besser ist. Zumal man ja nach der 10 bei guten Leistungen wieder in die Sek II wechseln kann. Manche SuS brauchen eben noch etwas mehr Zeit und etwas weniger Druck oder müssen erstmal durch die Pubertät. Am besten wäre schon, wenn es feste Schnitte gäbe, plus ein paar zusätzliche Kriterien. Völlig freie Wahl ist nach meiner Erfahrung nicht wirklich immer der Knaller.
An alle Befürworter, dass die Eltern alleine entscheiden, wohin die Bildungsreise des Kindes geht:
Auf einer Weiterbildung (Baden-Wü) hat eine Kollegin eines Gymnasiums aus Mannheim erzählt, dass sie eine 5. Klasse hätten, wo ca. 70% der Kinder eine Hauptschulempfehlung hätten. Wohin das ganze führt, kann sich jeder wohl selbst ausmalen… purer Wahnsinn so etwas, damit ist wirklich niemanden geholfen.
In Baden-Wü entschieden „früher“ auch die nur Noten, wie es nach der vierten Klasse weitergeht. Wer mit dieser Entscheidung nicht einverstanden war, hatte ebenfalls noch die Möglichkeit, einen Aufnahmetest zu machen, um eine höhere Schulart nach Klasse 4 zu besuchen. Ebenso war es möglich, in der fünften Klasse (oder 6. Klasse) mit entsprechenden Noten in die „höhere“ Schulart zu wechseln. Und auch nach Klasse 9 gibt es noch diverse Möglichkeiten, zu der Hochschulreife zu gelangen. Dahinter stand das Leistungsprinzip. Wo also ist das Problem?
“70 % mit Hauptschulempfehlung”
Aber selbst nach Einführung eines einheitlichen Schulsystems würde sich das nicht zum besseren ändern. Das wird immer nicht bedacht: Auch ein einheitliches Schulsystem kann Nachteile haben, und die können z.B. von den ungleichen Wohngebieten herrühren, aus denen die Kinder kommen. Es könnte passieren, dass eine Gesamtschule in einem “guten” Wohngebiet mehr einem Gymnasium ähnelt und die in einem “Problembezirk” mehr einer Hauptschule. Dieser Effekt wurde sogar schon aus Schweden berichtet, dem pädagogischen Paradies Skandinavien. Der angestrebten Bildungsgerechtigkeit jagt man dann hinterher wie einer Fata Morgana, und nichts ist gewonnen.
4. Klasse sollen die Eltern entscheiden und wenn in der 5. Klasse mehrere Fächer mit mangelhaft bewertet werden, dann sollten die Lehrer entscheiden.
Meine Lehrer wollten dass ich die Hauptschule besuche.
Nun lernen die Enkelkinder in der Oberstufe Mathematik von mir.
Nur dürfte Ihr Hauptschulunterricht damals näher am heutigen Gymnasialniveau als am heutigen Hauptschulniveau gelegen haben. Zudem haben Sie Analysis für den Beruf gelernt.
Früher bekamen Kinder als Klassenbeste eine Realschulempfehlung, weil die Eltern Arbeiter waren.
Den Eltern kam das sehr gelegen, weil ein Studium imense Kosten verursacht hätte.
Vielleicht sollte man lieber die Kinder entscheiden lassen.
Kinder entscheiden oft nach dem, was die Freunde machen. Und das ist eben auch nicht immer das Passende.
Meine Erfahrung (BY) ist, dass zu viele SchülerInnen am Gymnasium sind, die an einer anderen Schulart besser aufgehoben wären. Viele von denen haben die 2,33 gerade so geschafft und haben nicht nur Probleme in Mathe, sondern auch manchmal in Deutsch und dann kommen noch einige neue Fächer hinzu. Viele Eltern im Hintergrund wollten das Gymnasium unbedingt und würden alles dafür tun, dass das Kind dort bleibt, um jeden Preis; dabei werden aber auch die wirklich guten SchülerInnen in der Klasse gebremst, was auch unfair ist. Ich habe schon von Grundschullehrerinnen gehört, die dermaßen von den Eltern traktiert wurden, dass sie die Noten irgendwann so hingebogen haben, dass eine 2,33 rauskommt. Wenn jetzt die Eltern allein entscheiden würden, würden womöglich noch mehr Kinder ans Gymnasium gehen, die dort von ihren Leistungen her nicht hingehören. Man mag das “Selektion” nennen, aber unser Schulsystem ist nunmal mehrgliedrig (dann müsste man zuerst da ansetzen, wenn man diesen Übertritts-Wahnsinn mit allen seinen Folgen abschaffen will), gleichzeitig aber durchlässiger geworden, denn es führen verschiedene Wege zum Abitur (hier bereits genannt); die wollen die Eltern aber oft nicht sehen.
Ein paar Gedanken zu der Thematik.
Die Dominanz des Agens der Personensorgeberechtigten bei der Wahl der weiterführenden Schule mit der Möglichkeit, die Übertrittsempfehlungen der Grundschulen komplett zu ignorieren, indem man seine Kinder an einer Schulform anmeldet, für die diese gem. Expertise der Grundschullehrer nicht geeignet sind, ist eine weitere Erklärung für die Erosion des Wertes der genuinen Schulabschlüsse an Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien.
Schulabsolventen von Hauptschulen und Realschulen werden insb. seitens der Wirtschaft zunehmend mit – Pardon – Nichtskönnern äquivaliert, kommen nicht für eine Ausbildung, geschweige denn eine Anstellung in Frage, wo in (ferner) Vergangenheit der ordentliche Schulabschluss an diesen Schulformen den Schülern Garant für eben dies war, weil diese Abschlüsse auch der Wirtschaft ein Garant für eine angemessene Leistungsfähigkeit der Absolventen waren. Ursache ist der schulformübergreifende (insb. politisch verantwortete) Niveauverlust insg.: Die Wirtschaft muss die Erfahrung machen, dass Schulabsolventen nicht mehr die schulformspezifische Leistungsfähigkeit bieten, wie in der Vergangenheit (mögliche Ursachen werden im Folgenden am Beispiel der Situation an Gymnasien erläutert, ähnliche Phänomene wie die geschilderten dürften auch bei Haupt- und Realschulen verfangen), ziehen angesichts selbst leistungsunfähiger Abiturienten die Leistungsfähigkeit anderen Schulabsolventen in Zweifel. Auch deshalb fordert die Wirtschaft für Berufe, für die früher ein spezifischer Schulabschluss i.d.R. notwendig war, heutzutage regelmäßig mind. den nächsthöheren Schulabschluss (ungeachtet des Umstands, dass auch der soz. Wandel in der Wirtschaft viele Anforderungsprofile gehoben hat). Letztlich ist damit der der Personensorgeberechtigten erklärt, ihre Kinder auf ein Gymnasium schicken zu wollen.
Nun sind Gymnasien meist gezwungen – rechtlich u./o. ‘damit die Zahlen stimmen’ (s.u.) -, Schüler aufzunehmen, denen die entsprechende Eignung für diese Schulform fehlt. Das Gymnasium wird damit allmählich zur wahren Hauptschule der Nation, diejenigen Schüler ohne eine tatsächliche Eignung für das Gymnasium werden die Mehrheit: Damit einher geht eine zu große Leistungsheterogenität und statt vermeintl. Trickle-Down-Effekte für leistungsschwächere Schüler wahrscheinlicher das Gegenteil für die leistungsstärkeren Schüler. Und das Fatale: Die Politik reagiert mit einer Anpassung an die neue (geminderte) Leistungsfähigkeit nach unten, mit Entgegenkommen statt der Erleichterung von Selektion und Allokation (eine systemrelevante Kernaufgabe von Schule in einer Leistungsgesellschaft), die ohnehin bereits (systemisch) beeiträchtigt sind (s.u.). Damit wird aber die Abwärtsspirale beim Leistungsgedanken zuungunsten aller Schulformen bzw. -abschlüsse perpetuiert.
Der Leistungsgedanke selbst wird ja auf diversen Ebenen (systemisch) immer mehr konterkariert:
Viele Kollegen vermeiden (versetzungsrelevante) Defizitbenotungen (zumindest, wenn nicht noch eine Mehrheit der Kollegen dies mit gleicher Notengebung stützen), weil man…
… (I) damit im Ernstfall ggf. ein exorbitantes, unverhältnismäßiges Mehr an Arbeit haben könnte: Es könnte z.B. ein Widerspruch drohen. Die Hürden für das Einlegen eines Widerspruchs sind ja ein Witz, denn dieser kann komplett formlos und ohne Begründung erfolgen. Die Kollegen sind aber ungeachtet dessen ggf. zu wochenlanger Arbeit genötigt, da man hier (ganz im Widerspruch zum in dubio pro reo-Prinzip) seine ‚Unschuld‘ beweisen muss. Ein entsprechender Widerspruchsfall in jüngerer Vergangenheit, ob erfolgreich oder nicht, kann ein Kollegium entsprechend längerfristig sensibilisieren und u.U. auch einen Dammbruch bei entsprechenden Sorgeberechtigten führen.
… (II) entsprechenden Konflikten (generell) aus dem Weg gehen will, Sorgeberechtigten, Schülern, der Schulleitung etc.
… (III) eine gewisse Bindung zu seinen Schülern aufgebaut hat und deren Leistungen (infolge eines entsprechenden Bias) u.U. zu gutmüt bewertet.
… (IV) oftmals in Konkurrenz zu anderen Schulen ist und sich auch mit den Kollegen im eigenen Haus vergleichen lassen muss und es dort eben eine Noteninflation und es dort auch aus den skizzierten Gründen eine Abwärtsspirale geben kann. Ein Bsp.: Wenn unsere Schüler systematisch bei uns rigider bewertet würden als an anderen Schulen im Kreis, wir also im Mehr angemessenere, aber schlechtere Noten verteilen würden, hätten wir zum einen das Problem, dass wir unseren Schülern schlechtere Startmöglichkeiten für das Berufs- bzw. Studentenleben mitgeben würden, zum anderen würden unsere Anmeldezahlen noch weiter sinken, weil Sorgeberechtigte das für ihre Kinder natürlich nicht wollen… ein Teufelskreis.
Zudem sind geringere Bestehenshürden etc. ja auch politisch so gewollt, von den Bezirksregierungen bis hin zum Ministerium. Praktisches Beispiel aus meinen Fächern:
Während man früher bei nur 50 % erzielter Punkte bestenfalls ein „mangelhaft“ hatte, hat man jetzt ein „ausreichend“ (ggf. mit einem Minus). Man kann also die Hälfte falsch haben und hat dennoch bestanden. Mit einem Blick auf manche Bewertungsraster (in den i.w.S. sozialwissenschaftlichen Fächern) ist es in manchen Klausuren z.T. fast unmöglich, ein „mangelhaft“ zu bekommen, wenn man nicht komplette Aufgaben gar nicht(!) bearbeitet.
Und Letzteres ist diesbzgl. nur die Spitze des Eisberges.
Weitere Probleme sind ja evident:
An vielen Schulen gibt es in der Mittelstufe und selbst in der gymnasialen Einführungsphase gar keine Tendenznoten, also bspw. keine Differenzierung zwischen 4+, 4 und 4-…
Manchem käme jetzt mglw. auch die Kompetenzorientierung als ein Problem in den Sinn, aber nicht die Kompetenzorientierung ist das Problem, vorausgesetzt man realisiert, dass pragmatisches Wissen, Methoden und Techniken (also das „know how“ resp. die Kompetenz) nicht isoliert von inhaltlichem Fachwissen (Daten, Fakten etc.) existiert. Das eigtl. Problem ist die Orientierung an Lern- statt an Lehrzielen.Man ist zu sehr darauf bedacht, dass am Ende bei allen auch alle Lernziele zwingend ankommen, da gibt es dann scaffolding, wird der Schüler quasi über die Schwelle zum Erfolg getragen, wird das Niveau gesenkt, als sei jeder zu allem in der Lage, würde er nur entsprechend unterstützt, geleitet etc. – eine an Naivität kaum zu überbietende Idee:
Jeder Lehrer dürfte (eine Variante) einer sehr bekannten Karikatur kennen, in der eine Reihe von Tieren (Vogel, Affe, Elephant etc.) vor einem Lehrer aufgereiht steht und letzterer instruiert: „Zum Ziele einer gerechten Auslese lautet die Prüfungsaufgabe für Sie alle gleich: Klettern Sie auf dem Baum!“ Hier wird genau das gerade Kritisierte insinuiert, alle müssten auf die Spitze des Baumes befördert werden, ansonsten wäre die Aufgabe ungerecht… dabei hat der karikaturist ja schon unbedacht selbst das problem dargestellt: Es sind nicht alle gleich, es haben nicht alle die selben Fähigkeiten und auch nicht dieselben Potenziale, dieselben Ziele zu erreichen.
Auch deshalb sind ja Selektion und Allokation Hauptaufgaben eines Lehrers.
Schule soll Menschen nach ihrer Befähigung(!) auf eine mögliche Rolle in dieser pluralistischen, freiheitlich-demokratischen Grundordnung als eigenverantwortliche und gemeinschaftsfähige demokratische Staatsbürger vorbereiten, der gesellschaftlichen Nichtpartizipationsfähigkeit von Bürgern (die diese Bezeichnung dann nicht mehr verdient hätten) einerseits und damit anomischen Gesellschaftstendenzen andererseits vorbeugen.
Und auch deshalb hat das Konzept der Einheitsschule, hat die Gesamtschule ein strukturelles Problem. Trickle-Down-Effekte zugunsten leistungsschwächerer Schüle, die von leistungsstärkeren Schülern profitieren können sollen, haben ja keinerlei strapazierfähigen empirischen Beleg… insb. (I) nicht in überfüllten deutschen Unterrichtsräumen, (II) nicht angesichts der exorbitanten Stundendeputate für die Lehrer an diesen Schulen, die zudem im immer zunehmenderem Maße mit zusätzlicher (zudem i.d.R. unbezahlter) Mehrarbeit (Konferenzen, Verwaltung etc.) belastet werden, so dass sie (selbst bei entsprechender Motivation) überhaupt keine Zeit mehr haben, adäquate Binnendifferenzierungen zu kreiren, durchzuführen und zu evaluieren, und (III) nicht angesichts entsprechender Probleme bei der Schülerschaft (Motivation, Disziplin, Leistungsfähigkeit). Regelmäßig mündet das in einer Anpassung nach unten hin………
Bei all dem Gerede übers Fordern (der Leistungsstärkeren) und Fördern (der Leistungsschwächeren) ist es am Ende nur Letzteres. Die Schwachen dominieren die Schulformen und überfüllten einzelnen Klassen/Kurse allerorts. Liegt an den oben skizzierten Mechanismen, die die eigentliche Aufgabe von Lehrern, die Selektion und Allokation, unterminieren, i.V.m. dem Problem, dass in den meisten Bundesländern die Grundschulen nicht mehr verbindlich die Kinder zu weiterführenden Schulen zuweisen, sondern nur noch eEpfehlungen geben, denen die Eltern im Gros nicht folgen… wer will sein Kind schon an der Hauptschule anmelden, wenn man es direkt am Gymnasium anmelden könnte, dort könnte es ja doch klappen. Ein Unding. Unsere Gymnasien werden immer mehr zu Gesamtschulen. Das sind längst keine Instituionen mehr mit einer tendenziell homogenen, besonders Leistungsfähigen Schülerschaft.
Wichtig wäre damit eine Rückbesinnung auf Lehrziele: Der Lehrer vermittelt Kompetenzen (im oben skizzierten Sinne)… und die die Schüler kommen damit zurecht oder nicht, denn nur darauf kann Selektion und Allokation überhaupt basieren. D.h. nicht, dass es nicht Hilfestellung etc. geben soll, wir dürfen ja auch nicht in das Extrem verfallen zu glauben, jeder könnte alles auf Anhieb richtig oder eben nicht. Wir sollten uns aber zum Wohle unserer Gesellschaft und(!) der Schüler vom naiven Irrglauben verabschieden, dass jeder Schüler alles kann, wenn man ihn nur entsprechend fördert, als wären alle Menschen kognitiv/intellektuell gleich leistungsfähig etc., als wären Probleme etwa nur das Problem vermeintl. Unterschiedlicher ‚Lerntypen‘. Und wir sollten i.d.S. auch bedenken, dass zur Feststellung von Leistungsfähigkeit auch gehören kann, bspw. Probleme mit konkret vorgegebenen Methoden und ggf. Hilfsmitteln in einer konkreten Form und innerhalb eines konkreten Zeitrahmens zu lösen: Wenn zur Lösung einer Aufgabe Person A zwei Zeitstunden innerhalb einer Klausur zur Lösung braucht, Person B aber erst nach zwei Wochen zu Hause und nach unzähligen Förderversuchen zum gleichen Ergebnis kommt, ist die Leistungs- bzw. Entsprechende Problemlösefähigkeit faktisch nicht die gleiche.
Aber nein, man muss ja eine Abiturientenquote erfüllen und sei es nur auf dem Papier und nicht bei der tatsächlichen Befähigung, dass wir dann XX % an Abiturienten haben, die nicht lediglich die Studierberechtigung, sondern die -befähigung haben.
Aber zurück zum Plädoyer zur Festlegung von Schulformobergrenzen durch Grundschullehrer: Einmal in der ungeeigneten (d.h. zu hohen) Schulform angelangt, ist eine Relokation eines Schülers nämlich oftmals erheblich erschwert, zu dessen Ungunsten und in der Masse zuungunsten des Schulsystems bzw. letztlich auch der Wirtschaft und Gesellschaftsstruktur etc. Man entwertet damit alle Schulabschlüsse, nimmt ihnen ihre Aussagekraft.
Die Frage, wer über die weiterführende Schule entscheiden soll, wäre auch gar keine, wenn Haupt- und Realschulabschlüsse noch ihren originären Wert hätten, Deutschland nicht unzählige (internationale) Entwicklungen im Rahmen des soz. Wandels (in der Wirtschaft) i.V.m. der zunehmenden Globalisierung verschlafen hätte und nichtakademische Berufe noch über ein angemessenes Prestige verfügen würden.
Eigentlich gilt es, das Schulsysem per se wieder auf eine richtige bahn zu bringen:
Viel wichtiger wären (I) kleinere Klassen, (II) mehr Lehrer, die (III) stärker entlastet werden, damit sie (IV) ihrem eigtl. Kerngeschäft nachgehen können, auch ohne dass das (V) von außen (pol. Prestigeprojekte, Wünsche von Personensorgeberechtigten, pädagogische/didaktische Trends ohne empirische Fundierung etc.) torpediert wird, (6) eine Rückbesinnung auf den Leistungsgedanken (statt Kuschelpädagogik, die ausschl. ‘vom Kind her‘ denkt) bei (7) gleichzeitiger Aufwertung (bzw. Wiederherstellung der Relevanz) von Hauptschulen und Realschulen etc.
Oh mein Gott, ich bitte um eine erträgliche Kurzfassung.
Sie dürfen mich auch PaPo nennen und auch wenn ich Ihr Stoßgebet wahrgenommen habe, so muss ich doch verkünden: Dies war bereits die ertägliche Kurzfassung; “Aus dem Schatz der Weisheit kommen treffende Worte, aber dem Gottlosen ist Gottes Wort ein Gräuel” (Sir 1, 31).
Aber ernsthaft, tl:dr…
Prämisse: Deutschland ist eine Leistungsgesellschaft der Leistungsgedanke ist mithin auch für die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die zum Funktionieren ein angemessenes ökonomisches und sozio-kulturelles/-politisches Klima braucht, konstitutiv. Diesbzgl. ist u.a. die Selektion und Allokation von Bürgern in korrespondierende, leistungsadäquate Bereiche notwendig (Stichwort: Leistungsgedanke).
(a) Selektion und Allokation sind Kernkompetenzen und -funktionen von Schulen.
(b) Schul- und soziopolitische Hürden unterminieren den Selektions- und Allokationsauftrag.
(c) Infolgedessen (und der im Detail erläuterten Faktoren im Ausgangstext) erodiert die Aussagekraft bzw. der Wert der nichtabituriellen Schulabschlüsse wie auch des Abiturs selbst.
(d) Dies hat negative (sozio-)kulturelle, (sozio-)politische und (sozio-)ökonomische Auswirkungen auf Deutschland insg.
(e) Das Problem erscheint in Form einer Abwärtsspirale.
(b) Folglich erscheinen verbindliche Selektion und Allokation bereits durch die Grundschullehrer notwendig als eine von mehreren Teilmaßnahmen, um den Kahn vor ‘m Kentern in naher Zukunft zu bewahren, hinzu kommen u.a. die im letzten Absatz oben skizzierten Maßnahmen.
Oder noch kürzer:
Die Politik muss endlich ordentlich Kohle in den Bildungssektor pumpen und diesen auch nicht dauernd als Spielfeld für jeden dahergelaufenen Trend missbrauchen.
Sie sollten Bücher schreiben!
Für mich als Lehrkraft in Norddeutschland ist es gar nicht vorstellbar, dass es einen Notenschnitt gibt, der den Übertritt nach Klasse 4 vorgibt. Das war schon vorab mit der Orientierungsstufe recht durchlässig, die 2004 abgeschafft wurde, wonach es den Übertritt nach Klasse 4 mit freiem Elternwillen gibt.
Die Eltern werden auch hier von den Lehrkräften beraten hinsichtlich der weiterführenden Schule. Dabei geht es um Leistungen, aber eben auch darum, wie das Kind dazu gekommen ist, welche Stärken und Schwächen es in unterschiedlichen Bereichen hat, wie selbstständig es ist und arbeiten kann, wie gut es zu motivieren ist, ob ihm offenere oder kooperative Unterrichtsformen liegen, ob es mehr Struktur und Anleitung benötigt etc.
Am Ende entscheiden sie für ihr eigenes Kind.
Dabei entscheidet man sich auch für eine Schulform, also das Abitur am Gymnasium oder der Integrierten Gesamtschule oder nach der Realschule/Kooperativen Gesamtschule/Oberschule an einer Berufsschule ablegen zu können oder einen ganz anderen Abschluss zu erreichen.
@zarentin
Bis Klasse 8 ist viel zu lang. Schon jetzt langweilen sich die guten Gymnasiasten in Klasse 4, wie soll das dann bis klasse 8 weitergehen? Selbst wenn der heutige Lehrplan beibehalten werden soll, hätte man dann bis Ende der 10 mindestens drei Schuljahre zu absolvieren. Das Problem mit der zweiten Fremdsprache ab Klasse 7 kommt noch dazu.
An bayr. Gymnasien kommt die 2. Fremdsprache schon in der 6. Klasse!
Auch wieder bei g9? In NRW wurde sie wieder in die 7 verlegt.
… und damit, meinen Sie, erreicht man mehr Bildungsgerechtigkeit im Sinne der benachteiligten Kinder aus bildungsfernem Milieu ? Da habe ich aber erhebliche Zweifel. Der freie Elternwille zementiert geradezu das, was so oft beanstandet wird: Ärztekinder kommen aufs Gymnasium, Arbeiterkinder aber nicht, und das unabhängig von den Noten der Kinder.
Wenn es unabhängig von den Noten ist, bräuchte man die Noten ja gar nicht.
Silke Vogt meint oben, Noten seien ohnehin nichts wert. Ich meinte, den Eltern werden die Noten relativ egal sein, sie ziehen ihre Sicht der Dinge durch und verfolgen ihre Interessen. Und dann landen untalentierte Ärztekinder eben auf dem Gymnasium und talentierte Arbeiterkinder aber nicht. Genau das ist doch der Vorwurf, der immer erhoben wird, von Ihnen nicht?
Die Idee, die Kinder in Klasse 5 und 6 gemeinsam an die nächste Schule wechseln zu lassen und dann dort “auszusieben”, ist in Mecklenburg-Vorpommern die Praxis. Ich finde das einen guten Kompromiss.
Besser gefiele mir, alle lernen bis Klasse 8 zusammen und dann entscheiden meinetwegen Prüfungen, wer in die Abiturstufe wechselt und wer nach der 10. Klasse abgehen soll (ggf. auch früher).
wie wäre es, nach der 5. Klasse die Schullaufbahn verbindlich zu machen, ab der 6. Klasse aber Schülern und Eltern freizustellen? In diesem Jahr würde sich zeigen, ob das Kind mit der besuchten Schule zufrieden ist.
früher war in RP die Schulempfehlung bindend, wer dennoch zur höheren Schule wollte, hatte einen Test an der Wunschschule zu absolvieren (Aufsatz und Matheaufgaben, glaube ich). Das wäre zwar mühsam, aber eine saubere Lösung.
Einheitsschule für alle bis Klasse 10 und dann entscheidet das Zeugnis für den Übertritt in die gymnasiale Oberstufe. Die Messlatte sollte höher angesetzt werden. Der Gesamtnotenschnitt für den Eintritt in die 11. Klasse solle nicht schlechter als 1,5 sein.
Also quasi wie damals im Osten (DDR).
Auch in der damaligen DDR gab es wohl Akademiker, Ärzte und Wissenschaftler. Habe ich mal gehört.
… aber es durften in der DDR nicht über 50 % eines Jahrgangs ein Studium an einer Hochschule beginnen, sondern sehr viel weniger.
Es wurden in der DDR wohl auch nicht 50 % eines Jahrganges der Klasse 10 in die Abiturstufe übernommen und erst recht nicht bereits nach Klasse 4. Es gab dort wohl nur vergleichsweise wenige, die das Abitur gemacht hatten (Erweiterte Oberschule oder Berufsausbildung mit Abitur). Es waren wohl gerade mal 2 bis 3 Schüler pro Klasse betroffen. Und der Gesamtnotenschnitt dafür musste wohl weit besser gewesen sein als 2,33. Wie auch immer, die DDR gibt es nicht mehr.
Stimmt. Ca. 2-3 pro Klasse. Ich meine, man musste einen Notendurchschnitt besser als 1,5 haben.
Ausgenommen die künftigen Berufssoldaten.
Ja und? Das war gar keine Kritik.
Ich glaube zu einer sinnvollen Einschätzung gehören beide Seiten, Eltern UND Lehrer. Doch wer könnte ehrlich behaupten, die richtige Entscheidung für ein 10 jähriges Kind zu treffen, welche sein ganzes Leben beeinflussen wird.
Das eigentliche Problem ist die Selektion so junger Kinder, in Kluge, Arbeiter und Deppen (vorsicht: starke Überspitzung)
Das ganze System ist hoffnungslos veraltet und sollte meiner Meinung nach komplett eingerissen und neu gedacht werden. Corona wäre die perfekte Gelegenheit gewesen, aber alle wollten ja “zurück zur Normalität”, auch wenn diese sch**** war.
Aber gut, wie könnte ein faires System aussehen?
Meine Idee: Keine Grund, Mittel, Realschule und Gymnasium sondern EINE Schule von Klasse 1 bis 10.
Die erste Hälfte (bis Kl 5) Allgemeinbildung. Danach sollten die Sus SELBST entscheiden dürfen, zu welchen angebotenen Fächern sie gehen. Bevor ich jetzt das Argument höre : Alle sollten einen gewissen Bildungsstandard haben. Meinetwegen mit Mindeszstundenanzahl und ein paar Pflichtfächern, die aber auch vertieft und nichtvertieft angeboten werden.
Das mit der Allgemeinbildung klappt, im jetzigen System, auch so nicht.
Bsp Mathe. Nicht alle meine Schüler brauchen die binomischen Formeln für ihr späteres (Berufs) leben. Diese schalten im Unterricht ab. Vor der Schulaufgabe legen sie eine Runde Bulimie-Lernen ein um ihre Festplatte danach sofort zu löschen.
Also bringt es wirklich was, so wie wir es aktuell machen?
Die Kinder würden uns mit ihrem natürlichen Wissensdrang überraschen, wenn wir aufhören würden, jedes irrelevante Detail in sie reinzuprügeln.
Das Schulsystem welches real existierenden Landes würde denn Ihren Vorstellungen am nächsten kommen? Fast alle Länder der Welt haben einheitliche Schulsysteme bis Klasse 9 oder 10, aber fast alle haben bei den internationalen Test schlecht abgeschnitten. Bitte nicht schon wieder von Finnland schwärmen, das ist eine ganze andere Gesellschaft als die deutsche. Ob wohl die finnischen SuS bei der binomischen Formel auch abschalten?
Nebenbei: die Binomialverteilung bei der Wahrscheinlichkeitsrechnung halten Sie auch für irrelevant? Die ist inhaltlich eigentlich sehr nahe an der binomischen Formel für beliebige Exponenten, das wird nur immer nicht gesagt.
“Brauchen für ihr späteres Berufsleben”: Also soll die “Employability” nach den Vorstellungen der Arbeitgeberverbände die schulischen Inhalte bestimmen?
Schade, dass in die Beurteilung der Gymnasiums-Befähigung nicht mit einfließt, ob das Kind massiv dafür büffeln oder sogar Nachhilfeunterricht nehmen musste um mit Ach, Krach, Überforderung und vielleicht auch noch Tränen die geforderten Noten irgendwie so grade eben noch hinzubiegen.
Oder ob das Kind seine Noten in der Grundschule geschafft hat ohne überhaupt für die Arbeiten zu lernen.
Kind 1 hat mMn auf einem Gymmi nichts zu suchen. In seinem eigenen Interesse und auch im Interesse der restlichen Schüler, die durch die Ach-und-Krach-Kinder permanent ausgebremst werden.
Diese Diskussion hat genug Potenzial, die Schullandschaft dauerhaft zu verändern.
Der BLLV schafft mit diesen Forderungen de facto die Mittelschule ab. Schon etwas seltsam für einen Verband, der auch dieses Klientel vertreten sollte. Ich mach mir dabei weniger um die Lehrer Gedanken, weil diese in den Realschulen und Gymnasien ja dann gebraucht würden. Wer mir Sorgen bereiten, sind die Kinder, die nach der leider nur 4jährigen Grundschulzeit sich auf einer Realschule oder einem Gymnasium wiederfinden. Aber halt- das ist ja gar kein Problem, wir passen alles dem Leistungsvermögen und der Lernbereitschaft der Kindern an, und alle machen es gefälligst so, wie es dem über allem stehenden Elternwillen recht ist. Wo kämen wir denn da hin, wenn wir den 10Jährigen die goldene Zukunft, die anscheinend nur durch das Abitur gewährleistet ist, verbauen würden. (Ironie off)
Als langjähriger Rektor einer Grund- und Mittelschule weiß ich, wovon ich spreche, wir starten die 5. Klasse mit Schülerzahlen, die gerade noch zulassen, dass eine Klasse gebildet werden kann, um dann bis zur 9. Klasse festzustellen, dass sich durch die Rückkehrer aus RS und Gym die Klassen bis zum Rand auffüllen. Welche Dramen sich da in den Familien und in den Köpfen der Kinder abspielen, mag man sich gar nicht vorstellen.
Aus meiner Sicht der einzig richtige, aber vielleicht zu mutige Schritt wäre eine komplette Neuausrichtung des Schulsystems, das bis zur 9. Klasse alle Schüler gemeinsam in die Schule gehen lässt, natürlich mit differenzierten Angeboten, so dass der Weg nach dieser Zeit und nach weiteren 3 oder 4 Jahren zum Abitur führt. Wer in seiner Entwicklung feststellt, dass er eher der praktisch veranlagte Typ ist, mag nach der 9. oder der 10. Klasse ins Handwerk oder die Industrie gehen und eine duale Ausbildung starten, weil eine Gesellschaft wird nicht nur allein durch Akademiker am Leben erhalten.
Finnland, das Land mit den glücklichsten Menschen der Welt, macht uns dies übrigens vor…
Die Kinder bekämen vielleicht weniger Druck, hätte man mit mit einem Hauptschulabschluss (beruflich) mehr Auswahl