Land und Kommunen streiten darum, wer die Digitalisierung der Schulen bezahlt

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STUTTGART. Zwischen Land und kommunalen Schulträgern wird nicht selten über die mit Schulen verbundenen Kosten gestritten – so auch in Baden-Württemberg. Die Debatte um die digitale Ausstattung von Gebäuden, Lehrern und Schülern ist ein Dauerbrenner. Die Städte pochen auf Klarheit bei der Finanzierung.

Streit ums Geld kommt in den besten Familien vor. Foto: Shutterstock

Der Städtetag sieht das Land in der Pflicht, ab 2023 die Kosten für die Ausstattung neuer Lehrkräfte mit Laptops zu übernehmen. «Die Kommunen können sich zwar weiter um Beschaffung und Administration der Geräte kümmern, aber ab 2023 muss das Land als Arbeitgeber für neue Computer seiner Bediensteten aufkommen», sagte Bildungsdezernent Norbert Brugger.

Derzeit sei der Kommunalverband in Verhandlungen mit dem Land, wie es mit der Digitalisierung der Schulen im nächsten Jahr weitergehe. Das 650 Millionen Euro starke Bundesprogramm und das 65 Millionen Euro Zusatzprogramm für Leihgeräte für Lehrkräfte seien in Baden-Württemberg fast ausgeschöpft. Der Kommunalverband verlangt vom Land eine dauerhafte und vollständige Finanzierung von Lehrergeräten ab 2023. «Milliarden für digitale Schulen auszugeben und nichts für digitale Lehrergeräte macht absolut keinen Sinn», betonte Brugger.

Auch für den bis Jahresende geregelten Support und die Wartung sowohl der Lehrer- als auch der Schülergeräte müsse eine dauerhafte und faire Lösung gefunden und gesetzlich verankert werden. Aus Sicht des Städtetags ist das Fernziel eine Ausstattung der landesweit 133.000 Lehrkräfte und 1,5 Millionen Schüler mit einem persönlichen Gerät. 280.000 Schüler aus bedürftigen Familien hätten diese für 130 Millionen Euro aus dem Sofortprogramm von Land und Bund für Onlineunterricht während der Pandemie bekommen.

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«Beim Ministerium vermisse ich die Ermutigung für Lehren und Lernen per Computer – einen Ruck für die Digitalisierung sehe ich nicht.»

Die weiteren Verhandlungen zur Digitalisierung werden zwischen dem Land und der kommunalen Seite in der Gemeinsamen Finanzkommission geführt. Das Ressort von Theresa Schopper (Grüne) zeigte sich zuversichtlich, dass dort auch eine gute Lösung bezüglich der Endgeräte für Lehrkräfte gefunden werde.

Experte Brugger monierte die aus seiner Sicht miserable Datenlage. Seit 2006 sei der Stand der Digitalisierung an den Schulen im Land nicht mehr erhoben worden. Damals kamen auf ein Gerät zehn Schüler. Das heutige Verhältnis sei unbekannt. Ebenso unklar sei, wie viele Lehrkräfte und Schüler bereits eigene Geräte nutzten und welche digitale Infrastruktur an den Schulen vorhanden sei.

«Wir wissen da nicht, wo wir landesweit stehen», bemängelte Brugger. «Wer die Gegenwart nicht kennt, kann die Zukunft nicht seriös planen.» Benötigt werde ein Ausbauplan für die nächsten Jahre. Der Kommunalvertreter schlug vor, das Statistische Landesamt mit regelmäßigen Erhebungen zur digitalen Ausstattung der Schulen im Land zu beauftragen.

Brugger warnte davor, dass mit dem Abflauen der Pandemie die Digitalisierung wieder an Bedeutung verliere. Manche Lehrer seien einfach froh, wieder im Klassenzimmer zu unterrichten, und legten digitale Lernformen ad acta. «Auch beim Ministerium vermisse ich die Ermutigung für Lehren und Lernen per Computer – einen Ruck für die Digitalisierung sehe ich nicht.» News4teachers / mit Material der dpa

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1 Kommentar
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Realist
1 Jahr zuvor

„Manche Lehrer seien einfach froh, wieder im Klassenzimmer zu unterrichten, und legten digitale Lernformen ad acta.“

Nö, die haben einfach keine Lust, den doppelten Aufwand zu betreiben, indem sie paralell in der Klasse und digital unterrichten. Und nebenbei noch die fehleranfällige IT-Infrastruktur in den Schulen in Schuss zu halten. Fachkräfte sind ja nicht gewünscht und zu teuer. DIe Frechheit der Politik, den Lehrkräften immer mehr Aufgaben aufbürden zu wollen, kennt halt keine Grenzen.