Tarifstreit: Arbeitgeber lehnen pauschale Höhergruppierung von Kita-Fachkräften ab

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Kurz vor dem Start der – heute beginnenden – entscheidenden Tarifgespräche für die Beschäftigten in sozialen Berufen erteilt die Präsidentin der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), die Oberbürgermeisterin von Gelsenkirchen Karin Welge (SPD), pauschalen Forderungen der Gewerkschaften eine Absage. Einige bislang formulierte Wünsche seien aus Kostengründen «nicht umsetzbar», sagte Welge. Der VBE warnt die Arbeitgeber hingegen vor einer «verantwortungslosen Verweigerungshaltung». 

„Können wir nicht leisten“: Karin Welge, Verhandlungsführerin der Arbeitgeber. Foto: Stadt Gelsenkirchen

Das gelte, wo Welge, etwa für die Forderung nach einer höheren Eingruppierung von Beschäftigten oder nach zusätzlichen Vor- und Nachbereitungsstunden für Erzieherinnen und Erzieher. Gerade mit Blick auf die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs und höhere Energiepreise müssten kommunale Arbeitgeber «verlässliche Strukturen» bieten können, erklärte Welge.

Nach zwei ergebnislosen Verhandlungsrunden im Februar und März wollen die Gewerkschaften Verdi und der Beamtenbund dbb von diesem Montag an erneut mit den kommunalen Arbeitgebern über bessere Lohn- und Arbeitsbedingungen für rund 330.000 Beschäftigte in Sozial- und Erziehungsberufen verhandeln. Es ist die voraussichtlich letzte Verhandlungsrunde, sie soll bis spätestens Mittwoch zu einem Ergebnis führen.

«Eine allgemeine Aufwertung in dem Sinne, dass jede Entgeltgruppe mehr bekommt, können wir nicht leisten», sagte die VKA-Präsidentin, die als Verhandlerin für die Arbeitgeberseite mit am Tisch sitzt. Das hieße ihr zufolge, dass in einzelnen Berufsgruppen bis zu 460 Euro im Monat mehr gezahlt werden müssten. «Das würde dazu führen, dass wir nachher eventuell weniger Leute haben.»

«Es ist schon viel gestreikt worden. Ich glaube, alle Beteiligten wünschen sich, dass diese Runde zum Abschluss führt»

Gesprächsbereit äußerte sich Welge aber mit Blick auf die Stellung von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern. «Das werden wir uns noch mal ganz differenziert anschauen.» Auch über eine Neudefinition von Tätigkeitsmerkmalen für bestimmte Aufgaben in Kitas denke die Arbeitgeberseite intensiv nach, sagte sie. Insgesamt habe sie die Hoffnung, dass eine Einigung gelingen könne. «Es ist schon viel gestreikt worden. Ich glaube, alle Beteiligten wünschen sich, dass diese Runde zum Abschluss führt. Für die Arbeitgeberseite kann ich das jedenfalls ganz deutlich sagen.»

Verdi hat mit einer massiven Ausweitung von Streiks gedroht, sollte die letzte Verhandlungsrunde scheitern. In den vergangenen Wochen waren bereits zahlreiche Beschäftigte in weiten Teilen Deutschlands in den Ausstand getreten.

„Dass am Ende dieser Verhandlungsrunde eine echte Entlastung der Beschäftigten, eine spürbare Verbesserung der Arbeitsbedingungen und eine wirkliche Aufwertung des Berufsfeldes stehen muss, ist angesichts der dramatischen Missstände und stiefmütterlichen Behandlung der pädagogischen Fachkräfte in den Kitas und den Einrichtungen der Sozialen Arbeit offenkundig. Alles andere würde einer verantwortungslosen Verweigerungshaltung der Arbeitgeber gleichkommen.“

Beckmann weiter: „Die Zustände im Kitabereich sind alarmierend und sie haben sich nochmals zugespitzt. Das zeigen die Ergebnisse der jüngst vom VBE mit herausgegebenen DKLK-Studie 2022, an der fast 5.000 Kitaleitungen in ganz Deutschland teilgenommen haben. Danach haben schätzungsweise 9.000 Kitas im zurückliegenden Jahr in über der Hälfte der Zeit in aufsichtspflichtrelevanter Personalunterdeckung gearbeitet. Das sind mehr als doppelt so viele Kitas wie ein Jahr zuvor. Diese Einrichtungen konnten den Betrieb im Durchschnitt an mehr als jedem zweiten Tag nur unter Gefährdung der Sicherheit der zu betreuenden Kinder aufrechterhalten. Vier von fünf Kitaleitungen sagen Jahr für Jahr, – ein weiteres alarmierendes Ergebnis – sie fühlen sich von der Politik nicht ausreichend gewürdigt. Allein diese Fakten müssen die politisch Verantwortlichen endlich wachrütteln. Ansonsten fahren wir die frühkindliche Bildung vor die Wand.“

«Eine angemessene Aufwertung des Berufsbildes und eine spürbare Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen sind überfällig»

In Richtung der pädagogischen Fachkräfte kommentiert Beckmann: „Die Kolleginnen und Kollegen haben bereits vor der Coronapandemie und der Aufnahme von Flüchtlingskindern aus der Ukraine Enormes geleistet. Was sie nunmehr leisten, verdient nochmals mehr Respekt und allerhöchste Anerkennung. Nicht allein deshalb ist klar: Eine angemessene Aufwertung des Berufsbildes und eine spürbare Wertschätzung der Kolleginnen und Kollegen sind überfällig. Eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ist außerdem zwingend notwendig, will man die in den Einrichtungen arbeitenden pädagogischen Fachkräfte halten, junge Menschen für das Berufsbild gewinnen und gleichfalls die Qualität verbessern“, so Beckmann.

Die ursprünglich für den 16. und 17. Mai 2022 in Potsdam geplanten Verhandlungen wurden um einen Tag verlängert. Sie enden nun am 18. Mai 2022 in Berlin. News4teachers / mit Material der dpa

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Riesenzwerg
1 Jahr zuvor

Und das bei Fachkräftemangel!

Genau der richtige Weg, um zu verhindern, dass es Menschen gibt, die diesen Beruf ergreifen.

Also – schon mal digitale Babysitter bestellen (wir wissen ja aus Erfahrung, wie lange das dauert) und fertig.

So schlimm es klingt: Ich kann mir vorstellen, dass eine digitale KiTa der absolute Renner aus Sicht der Eltern ist.

Menschen weg, Stromfresser her.

Wenn das unsere Zukunft ist ….. ist sie das hoffentlich auf auch für KuMis.

Antonietta
1 Jahr zuvor

An den Rahmenbedingungen und somit an den Arbeitsbedingungen hat sich nichts geändert. Mehr Verfügungszeit = 0. Weniger Kinder auf eine Fachkraft = 0. Kleinere Gruppen = 0. Entlastung sieht anders aus. Den Erziehern und somit auch den Kindern wurde damit nicht wirklich geholfen. Die Arbeitsbelastung bleibt weiterhin enorm hoch und macht diesen Beruf nicht attraktiver.

Palim
1 Jahr zuvor
Antwortet  Antonietta

Und wenn Kolleg:in A ihre 2 freien Tagen nimmt, tragen die anderen die Vertretung zusätzlich.

Birgit D.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Antonietta

Ich kann, Antonietta nur zustimmen. Ich sehe das genauso, wo ist da die Entlastung. Entlastungstage auf den Schultern der anderen Mitarbeiter, die eh schon gestresst genug sind.
Keine höhere Eingruppierung, wenn die höchste Stufe erreicht, keine weitere Aufwertung mehr möglich. Für Berufsanfänger vielleicht zum jetzigen Zeitpunkt noch ok.
130€ versteuert, was bleibt denn davon übrig. Was ist das für eine Aufwertung der Arbeit.
Außenstehende werden vielleicht nach so einer Presse sagen, toll ist doch was bei raus gekommen. Wer aber hinter die Kulissen blickt und in dem Beruf arbeitet, weiß wovon ich hier schreibe.

Tete
1 Jahr zuvor
Antwortet  Antonietta

Ganz meiner Meinung. An den Rahmenbedingungen und der daraus, evtl. resultierenden, Attraktivität unseres Berufs muss weiter festgehalten werden….notfalls mit weiteren Streiks

Anna
1 Jahr zuvor

Jedesmal wenn eine Erzieher/in nicht da ist , belastet das die anderen Kollegen und beeinträchtigt die pädagogische Arbeit. Die Folgen sind, dass die Kollegen öfter krank werden und die Kinder keine Kontinuität erleben. Meistens fehlen gleich mehrere Erzieher/innen.
Ich würde gern ohne schlechtes Gewissen Urlaub machen können. Das hieße, dass der Personalschlüssel höher gesetzt werden müsste. Nur so können die fehlenden Personalkosten kompensiert werden, ohne das arbeitende Personal und die Kinder zu belasten.