Noch immer: Viele Kinder müssen ohne Eingangsuntersuchung eingeschult werden

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WIESBADEN. Ist ein Kind reif für die Schule? Dies wird bei einer speziellen Untersuchung im Gesundheitsamt getestet. Allerdings gibt es erneut nicht genug Termine für alle angehenden Erstklässler, in Hessen jedenfalls nicht.

Die Vorschuluntersuchungen laufen kaum geregelt ab – noch immer nicht. Foto: Shutterstock

Vor dem ersten Schultag sollen eigentlich alle Grundschüler vom Gesundheitsamt ärztlich untersucht werden. Jedoch sorgen auch in diesem Jahr personelle Engpässe dafür, dass einige Kommunen nicht allen Eltern einen Termin anbieten konnten – wie das Beispiel Hessen zeigt. Teilweise wird dort noch in den Sommerferien untersucht.

«Durch die Corona-Pandemie konnten wir erst später und zunächst auch nur in kleinerem Umfang mit den Eingangsuntersuchungen starten», erklärte beispielsweise Maria Karathana, Leiterin der Abteilung Kinder- und Jugendmedizin im Gesundheitsamt Frankfurt. Auch wegen der Ankunft von Geflüchteten aus der Ukraine habe man dem «Auftrag nicht vollständig nachkommen» können.

Allerdings seien alle Kinder mit besonderem Hilfsbedarf und Entwicklungsauffälligkeiten untersucht und die Familien beraten worden. Dies gelte auch für angehende ABC-Schützen, die wegen schlechter Deutschkenntnisse für einen Vorlaufkurs vorgesehen sind. «Für die Kinder ohne besondere Bedarfe oder Auffälligkeiten fehlt es uns aktuell leider an Zeit und Ressourcen», erklärte Karathana.

Grundsätzlich werde im Interesse der Kinder und Jugendlichen seitens des Landes Hessen bereits seit April 2022 wieder eine 100-prozentige Durchführung der Einschulungsuntersuchungen angestrebt, erklärte das Sozialministerium in Wiesbaden. Dies sei auch ein wichtiges Anliegen der Gesundheitsämter. «Ob sich dies für den kommenden Einschulungsjahrgang in Gänze realisieren lässt, wird jedoch auch von den weiteren Entwicklungen der Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf die Gesundheitsämter abhängen», teilte das Ministerium mit.

Das Land Hessen habe für den aktuellen Einschulungsjahrgang die 100-Prozent-Quote der Schuleingangsuntersuchung wegen der Auswirkungen der Pandemie gelockert, erklärte Renate Braun, Leiterin des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes im Kreis Gießen. «Wir konnten/können im Schuljahrgang nicht alle Kinder untersuchen, die letzten Untersuchungen laufen noch jetzt und auch während der Sommerferien.» Grund seien unter anderem zusätzliche Aufgaben bei den Corona-Impfungen.

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«Ein guter Beginn der Schulkarriere kann entscheidend für den weiteren Lebensweg sein»

Eine Rolle spiele zudem der größere Zeitbedarf während der Untersuchungen wegen Hygieneauflagen, außerdem habe es in den vergangenen Monaten auch Personalengpässe in der Folge von Covid-Erkrankungen gegeben, ergänzte eine Kreissprecherin. 2022 seien dem Landkreis Gießen knapp 2.500 Kinder für die Schuleingangsuntersuchungen gemeldet worden. Das Gesundheitsamt habe rund 1.760 Termine vergeben, von denen 1434 wahrgenommen worden seien. Der Anteil der untersuchten Kinder entspricht daher rund 57 Prozent – im Vorjahr seien es etwa 34 Prozent gewesen.

Bei der Schuleingangsuntersuchung werden Größe, Gewicht, Impf- und Vorsorgestatus sowie wichtige Vorerkrankungen erfasst. Es gibt einen Sehtest, einen Hörtest sowie verschiedene Untersuchungen zur Fein- und Grobmotorik, zur Sprache und zum Verhalten. Damit soll überprüft werden, ob die Einschulungskinder dem Unterricht gewachsen sind. Bei Förderbedarf werden die Eltern entsprechend beraten.

«Die Schuleingangsuntersuchung dient so vor allem dem Wohl der Kinder, denn ein guter Beginn der Schulkarriere kann entscheidend für den weiteren Lebensweg sein», sagt Offenbachs Stadtsprecher Fabian El Cheikh. In Offenbach konnten – trotz der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen – in diesem Jahr rund 98 Prozent der Einschulungskinder untersucht werden.

In Kassel musste bei knapp 250 der insgesamt 4000 angehenden Grundschülern die Untersuchung abgesagt werden, teilte ein Sprecher der Stadt mit. Grund seien die hohen Infektionszahlen im Januar gewesen. «Diese Untersuchungen konnten leider nicht nachgeholt werden.» Zusätzlich seien rund 100 Kinder nicht beim Arzt erschienen. «In diesen Fällen stehen wir mit den zuständigen Schulen im Austausch», erläuterte der Sprecher. Aktuell würden zusätzlich rund 60 ukrainische Kinder untersucht, bei denen im September die Aufnahme in die Schule geplant sei.

Auch in Wiesbaden hat es wegen der Corona-Pandemie nicht geklappt, alle Kinder zu untersuchen, wie ein Stadtsprecher mitteilte. Rund zwei Drittel der angehenden Grundschüler hätten einen Termin gehabt, darunter alle mit einem besonderen Hilfsbedarf. Während der Sommerferien würden weiter Untersuchungen angeboten. Außerdem hätten die Schulen auch nach der Einschulung die Möglichkeit, Kinder anzumelden, bei denen Auffälligkeiten oder Klärungsbedarfe bestehen, erklärte der Sprecher. News4teachers / mit Material der dpa

Ärzteverband: Schuleingangs-Untersuchungen sind fast komplett ausgefallen

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3 Kommentare
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Alla
1 Jahr zuvor

Weder im Schuljahr im Schuljahr 2021/22 noch für das Schuljahr 2022/23 konnte unser GA Einschulungsuntersuchungen anbieten. Das wurde dann an …. richtig! an die Lehrer ausgelagert. Die Sonderschulpädagogin hat dafür ihren Unterricht einer Woche zur Verfügung gestellt. Der Rest wurde von den normalen LK am Nachmittag – als kostenlose Mehrarbeit versteht sich – durchgeführt.
Funfact: Für den Sehtest schickte uns das GA eine – taräää – Tafel mit Buchstaben! Als wir daraufhin die Befürchtung äußerten, dass wohl jedes Kind durch den Sehtest fallen würde, wurde sie durch die Händchentafel ausgetauscht.
Für besonders auffällige Kinder durften wir aber ein 2 seitiges Formblatt ausfüllen und sie am GA anmelden.

Palim
1 Jahr zuvor

Zusätzliche Hilfestellungen, seien es besondere Schulplätze, I-Helfer oder zusätzliche Stunden, sind an diese Untersuchungen gebunden.

Keine Untersuchung – keine Hilfen … einmal mehr auf Kosten der Hilfebedürftigen gespart!

Kathrin
1 Jahr zuvor

Das kann ich bestätigen. Wir wohnen im LK Fulda, angeblich ist die Amtsärztin in den Ruhestand gegangen, eine Nachfolgerin gibt es noch nicht. Nur wer meint, dass sein Kind untersucht werden solle, der solle sich melden und nach einem Termin fragen.