DÜSSELDORF. Die edu:regio, die am 10. und 11. Februar erstmals in Düsseldorf stattfindet, widmet sich einer Vielzahl von fachlichen und praktischen Themen für Lehrkräfte. Blicke über den Tellerrand hinaus gehören allerdings auch zum Programm. Die Perspektive von Filmschaffenden steuert Marion Döring bei, die als Vorstandsmitglied der Wim Wenders Stiftung und ehemalige Geschäftsführerin der European Film Academy zu den profiliertesten Köpfen der Branche zählt. Im Vorfeld sprachen wir mit ihr darüber, warum Filmbildung für Kinder und Jugendliche gerade heute so wichtig ist.
News4teachers: Die Wim Wenders Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Werk des Regisseurs zu erhalten und zu verbreiten und junge Filmemacher*innen zu fördern. Zusätzlich will sie Schülerinnen und Schülern ein besseres Verständnis für Film nahebringen. Worum genau geht es dabei?
Marion Döring: Im Bereich Filmbildung haben wir mit der von der Art Mentor Stiftung Luzern, der Bundeszentrale für politische Bildung und der Paul und Mia Herzog Stiftung Düsseldorf unterstützten „Europäischen Schule des Sehens“ das erste eigene große Projekt entwickelt. Damit wollen wir einerseits das Thema Film vermitteln und darüber hinaus Jugendlichen im Oberstufenalter auch eine Auseinandersetzung mit der Frage „Was machen eigentlich die Bilder mit mir?“ ermöglichen. Heute werden ja mehr bewegte Bilder konsumiert als Bücher. Allerdings beherrschen wir zwar das Alphabet des Lesens, nicht aber das Alphabet des Sehens. „Wie erkenne ich, was gut ist und was schlecht?“, „Wie erkenne ich, wann ich manipuliert werde?“ Das sind ganz wichtige Fragen, bei denen man die jungen Generationen heute an die Hand nehmen muss, um sie zu begleiten in dieser digitalen Welt, in der sie ja sehr intensiv unterwegs sind. Das passiert tatsächlich in unserer Gesellschaft viel zu wenig.
News4teachers: Die Sehgewohnheiten haben sich geändert und natürlich auch die Menge an Bildern und Reizen, die wir täglich aufnehmen. Wenn man sich das Phänomen YouTube Shorts oder TikTok anschaut, dann scheint die Aufmerksamkeitsspanne völlig minimiert zu sein…
Lehrkräfte, aufgepasst! Informative Vorträge aus der Praxis, Gespräche mit Tiefgang, ein individuelles Fortbildungsprogramm und eine fachliche Ausstellung mit einem Schwerpunkt auf digitale Bildungsmedien – eigens für Sie (und alle anderen, die für Schule Verantwortung tragen): Das ist die edu:regio, ein pädagogisches Großevent, das am 10. und 11. Februar in Düsseldorf Deutschland-Premiere feiert.
3.000 Besucherinnen und Besucher werden erwartet – und prominente Gäste (wie Marion Döring). Achtung: Zehn Gratis-Tickets werden jetzt verlost!
Zur Verlosungsaktion geht es hier. Das komplette Programm und Tickets gibt es hier: www.edu-regio.de/duesseldorf-2023.
Döring: Junge Menschen sind heute eher darauf eingestellt, kurze Formate zu konsumieren. Auch Serien sind darauf ausgerichtet, diesem Bedürfnis nachzukommen. Die Aufmerksamkeit über einen ganzen Film zu halten, der normalerweise mindestens anderthalb Stunden dauert, das ist für viele heute schwierig. Wir führen das Projekt gerade zum ersten Mal durch mit insgesamt sechs teilnehmenden Schulen: dem Wim-Wenders-Gymnasium in Düsseldorf und der Carlo-Schmid-Oberschule, der Evangelischen Schule Berlin Zentrum (ESBZ), dem Heinz-Berggruen-Gymnasium, dem Herman-Hesse-Gymnasium und dem John-Lennon-Gymnasium in Berlin. Und wir stellen fest, dass die Schüler*innen sehr unterschiedliche Sehgewohnheiten haben. Manche sind richtig erfahrene Filmgucker*innen, denen man anmerkt, dass sie sich damit befasst haben oder auch schon an Workshops in den Schulen teilgenommen haben. Und dann gibt es andere, die konsumieren halt nur. Das Schöne ist aber: Wenn sich diese Schüler*innen auf das Projekt einlassen, dann verstehen sie sehr schnell, dass sie sich auf eine spannende Entdeckungsreise begeben. Man muss ihnen die Sprache der Bilder aber ein wenig aufschließen.
News4teachers: Wie genau nehmen Sie denn die Schüler*innen an die Hand?
Döring: Die Schüler*innen schauen während der Projektlaufzeit von etwa einem Jahr drei Filmpaare. Die wählen die Schulen aus einer Liste von zwanzig Filmen, die Wim Wenders vorgeschlagen hat, selbst aus – Filme, die ihm viel bedeuten, die mit seinem Weg als Filmemacher zu tun haben, und die er gerne den Jugendlichen nahebringen will. Es sind Filme von ihm dabei, sowie europäische Filme, die in der Filmgeschichte eine große Rolle gespielt haben, aber auch aktuelle Filme. Er hat zu jedem Film ein kleines Video aufgenommen, in dem er den Schülern erklärt, warum er diesen Film wichtig findet, was das Besondere an diesem Film ist, wie er erzählt wird. Die ersten beiden Filme, die im Rahmen des Projekts gezeigt wurden, sind „Cinema Paradiso“ von Giuseppe Tornatore aus dem Jahr 1988, ein sehr emotionaler Film über die Liebe zum Kino. Der andere ist der Film „Die Gebrüder Skladanowsky“, den Wim Wenders 1996 gemeinsam mit Filmstudenten der HFF München gedreht hat, und der von den Anfängen des Kinos erzählt. Die Brüder Max und Emil Skladanowsky aus Berlin waren in Deutschland die Entdecker des bewegten Bildes und haben es als erste umgesetzt. In Frankreich waren es die Brüder Lumière, die am Ende international bekannter waren. Aber die Brüder Skladanowsky waren echte Pioniere und Wegbereiter, und Wim Wenders wollte, dass die Schüler*innen verstehen, wie das angefangen hat, was sie heute auf ihrem kleinen Display am Mobiltelefon oder auf dem Computer-Monitor sehen. Diese Filme werden im Rahmen der „Europäischen Schule des Sehens“ übrigens alle im Kino geschaut. Die große Leinwand und das Gemeinschaftserlebnis des Schauens sind nämlich auch wichtig.
News4teachers: Und wie reagieren die Schüler*innen darauf?
Döring: Die Reaktion ist sehr unterschiedlich. Es gibt Filme, mit denen sie sich schwerer tun, und es gibt Filme, die ihrer eigenen Lebenswelt viel stärker entsprechen. Zum Beispiel hatten wir gerade einen Film von François Truffaut dabei, „Wolfsjunge“, der 1970 entstanden ist und eine für heutige Schüler*nnen eher ungewohnte Erzählweise hat. Darauf müssen sie sich einlassen, um in die Geschichte einzutauchen. Der andere Film ist „Systemsprenger“ von Nora Fingscheidt, der erst vor ein paar Jahren ins Kino kam. Er erzählt über ein Mädchen, das in der Schule und auch sonst im Leben extreme Reaktionen zeigt und eigentlich gar nicht zu integrieren ist. Diese beiden Filme haben wir zusammen gezeigt. Da waren die Schüler*innen schon ganz schön aufgewühlt von dem, was sie gesehen haben. Und dann ist es eben gut, wenn man ihnen erklärt, wie diese Bilder gemacht sind, was diese Bilder erzählen, dass man also nicht nur konsumiert, sondern versteht.
News4teachers: Bekommen die Schüler*innen auch die Gelegenheit, eigene Filme zu drehen?
Döring: Ja. Sie bereiten die Filme zunächst gemeinsam mit Filmpädagogen nach und erstellen dann auch eigene kleine filmische oder fotografische Arbeiten oder auch Geschriebenes zu dem, was sie gesehen haben, um auch ihre Sicht auf die Welt auf ihre eigene Art darzustellen. Selbst Bilder zu kreieren, das ist gerade für diese Generation extrem spannend. Das ist das Medium, mit dem sie arbeiten. Heute kann jeder mit dem Handy Bilder aufnehmen. Aber das sind nicht automatisch gute, interessante Bilder. Das heißt, man muss auch ein bisschen was von dem Handwerk verstehen – vor allem, wenn man eine Botschaft vermitteln und Menschen erreichen will. Und das lernen sie im Projekt auch.
News4teachers: Wie wird es nach der ersten Projektrunde weitergehen? Können sich weitere Schulen bei Ihnen bewerben?
Döring: Wir hoffen natürlich, dass sich das Projekt langfristig etabliert und öffentlich oder aus privater Hand weiter gefördert wird, damit noch mehr Schulen teilnehmen können. Wir haben bereits jetzt für die nächste Runde 2024 Anfragen bekommen. Vielleicht werden sogar Schulen aus anderen Ländern dabei sein. Denn wenn man von einer „Europäischen Schule des Sehens“ spricht, ist es ja eigentlich auch ein europäisches Projekt.
Außerdem ist der Blick über den Tellerrand gerade in diesen Zeiten sehr wichtig. Wir haben heute mit viel Bewegung zu tun. Es kommen Menschen in unser Land, sie kommen aus Kriegszonen, aus anderen Kulturen, Religionen. Wir leben alle hier zusammen, und da ist Film, denke ich, das beste Medium überhaupt, zu vermitteln, wie das Leben woanders ist und auch, was diese Menschen an Erfahrungen mitbringen, wenn sie zu uns kommen. Wenn man reist, dann fliegt man irgendwo hin, man schaut sich die Städte an, man begegnet Menschen mehr oder weniger oberflächlich. Aber diesen intimen Einblick in ein Leben zu gewinnen und uns hinter die Kulissen schauen zu lassen, das ist eine besondere Qualität des Films.
News4teachers: Geht es bei der „Europäischen Schule des Sehens“ auch um ein Gegengewicht zur Hollywoodperspektive?
Döring: Ja, natürlich geht es auch darum, das Interesse für europäische Filme zu wecken. Die Schüler*innen gehen heute hauptsächlich in Hollywood-Filme. Wir leben aber in einem kulturell sehr vielschichtigen, vielfältigen, bunten und reichen Europa. Deshalb sollten wir auch die Filme aus anderen europäischen Ländern sehen. Das ist im Kino tatsächlich manchmal schwierig, obwohl es natürlich genügend europäische Filme gibt.
News4teachers: Böse Zungen behaupten, es gäbe beispielsweise kaum gute deutsche Filme. Ein Vorurteil?
Döring (lacht): Absolut! Vorurteile haben ja immer damit zu tun, dass man nicht genug weiß. Die Frage ist auch: Was ist ein guter Film? Das ist schwer zu sagen. Dafür gibt es genauso wie für die Architektur, Musik oder bildende Kunst keine festen Regeln. Am Ende muss man selber entscheiden, ob ein Film für einen gut ist, oder was man davon mitnimmt. Ich denke, jeder Film, der einen im Nachhinein beschäftigt, ist schon mal ein guter Film.
News4teachers: Das kann dann auch ein Marvel-Film sein?
Döring: Natürlich, es kann auch ein Avatar-Film sein oder ein Action-Film, na klar. Also, es heißt nicht, dass ein guter Film immer ein furchtbar ernster Film oder ein Autorenfilm sein muss – gar nicht. Es kann auch ein großer Box-Office-Hit sein. Jeder Film kann gut sein, wenn er gut erzählt ist. Die Geschichte sollte aber vielschichtig sein. Es gibt viele Filme, die eindimensional sind, in denen einer den anderen jagt, und am Ende gewinnt der Gute. Das sind für mich keine guten Filme. Aber ein Film, der unterschiedliche Perspektiven beinhaltet, wo ich zum Beispiel nicht nur die Geschichte aus der Sicht eines einzigen Menschen sehe, und der mir unterschiedliche Erlebnisse und Erfahrungen näherbringt, hat das, was einen guten Film ausmacht. Das kann auch eine Komödie sein.
News4teachers: Apropos Komödien: Was halten Sie denn von Darstellungen von Schule im deutschen Film wie in „Fack ju Göhte“ oder „Frau Müller muss weg“?
Döring: Das sind unterhaltende Filme, die ihre Berechtigung haben, und ich finde, man darf auch mal über Schule lachen. Es gibt aber auch andere Darstellungen von Schule, zum Beispiel, wo das Thema Mobbing eine wichtige Rolle spielt, oder wo verschiedene Kulturen und Mentalitäten aufeinandertreffen.
News4teachers: Sie haben bereits erwähnt, dass Film im Leben der meisten Jugendlichen viel präsenter ist als Literatur. Und dennoch kommt er in der Schule häufig eher als Mittel zur Motivation oder Belohnung vor Ferienbeginn zum Einsatz. Haben Sie eine Erklärung dafür, dass diese für unsere Kultur doch so wichtige Kunstform nur selten fester Unterrichtsbestandteil ist?
Döring: Ich habe die Erklärung nicht wirklich. Es gibt leider oft die Idee, dass Film lediglich Unterhaltung und keine Bildung ist. Aber das stimmt einfach nicht. Wenn man in die Filmgeschichte schaut, ist Film auch Bildung, und er bringt uns andere Menschen, Sichtweisen und Erfahrungen näher. Ein guter Film vermittelt in kurzer Zeit wahnsinnig viel. Deshalb ist es schade, dass das Bildungssystem das noch nicht ausreichend anerkannt hat. Film ist, so sagt man, die siebte Kunst. Das heißt, die Kunst, in der sich alle anderen Künste vereinigen. Und deswegen ist Film auch ein gutes Medium, um sich mit den anderen Künsten zu beschäftigen. Im Lehramtsstudium ist Film immer noch Nebensache. Aber, wenn der Film den entsprechenden Stellenwert in der Schule hätte, wäre es doch denkbar, dass man auch einen Filmwissenschaftler oder eine Filmwissenschaftlerin als Lehrer*in an einer Schule beschäftigt. Dafür muss man natürlich den Raum schaffen. Das ist eine Aufgabe, die die Bildungspolitik übernehmen muss. Aber zuerst einmal muss sie erkennen, wie wichtig Film eigentlich ist für die Bildung. Sonja Mankowsky, Agentur für Bildungsjournalismus, führte das Interview.
News4teachers ist Medienpartner der edu:regio und wird umfassend über die Veranstaltung berichten. Marion Döring wird am 10. Februar um 14 Uhr live auf der edu:regio zu erleben sein. Mehr über die „Europäische Schule des Sehens“ und die Wim Wenders Stiftung: https://wimwendersstiftung.de/
Mehr Filmbildung? Gerne! Aber wann?
Medienliteralität ist genau mein Thema.
In einer mediatisierten Welt, in der wir quasi ununterbrochen auch mit filmischen Inhalten konfrontiert werden, sollten wir ein natürliches Interesse haben, dass auch unsere Kinder und Jugendlichen eine hinreichende Medienkompetenz – wie sie Dieter Baacke bereits in den 1990ern skizzierte (Medienkritik, -kunde, -nutzung und -gestaltung) – entwicklen.
In puncto Medienliteraität bspw., speziell in Bezug auf fiktionale Filminhalte, müssen sie verstehen, dass Filme kalkulierte Produkte eines kreativen Prozesses sind. In einem fiktionalen Film kann alles und nichts symbolisch, d.h. Bedeutungsträger sein, intratextuelle und inter- und extratextuelle (horizontale u./o. vertikale) Referenzenialität (i.S.v. Stuart Hall, John Fiske etc.) zeitigen (wollen): Jedes einzelne vermeintl. zufällige Detail bspw. im Schauspiel der Akteure (Monologe; Dialoge; Mimik; Gestik; Aktionen etc.), im Set (Ort; Requisiten und deren Arrangements etc.), jedes filmtechnische Detail (z.B. Kameraperspektiven, -bewegungen u. -effekte; Beleuchtung; Schnitte; Untertitel etc.), die Auswahl der Musik etc. ist im Zweifelsfall intendiert, ist generell das Produkt intendierender Akteure – der Schauspieler, des Screenwriters, des Komponisten, des Regisseurs, des Produzenten, ja selbst der Bühnenausstatter und z.T. auch all der anderen direkt am Endprodukt beteiligten Personen. Alleine deswegen bereits ist mehr Konstruktivismus geboten und verbietet sich das Postulat einer korrekten, wahrhaftigen Interpretation von fiktionalen Filmtexten. Alles was wahrgenommen wird, wird nach der Art des Wahrnehmenden wahrgenommen.
Wir wollen ja mündige Bürger. Zur Mündigkeit gehören auch substantiierte Filmtextinterpretationen, deren Reflexion etc. Dies ist aber nur möglich, wenn wir unsere Kinder und Jugendlichen auch entsprechend bilden.
Und auch wenn mir der Aspekt der ästhetischen Fimbildung im Interview gen Ende zu dominant und zu subjektiv-gustatorisch war: Filme sind ja letztlich auch (per se) Kunst und Kunst ist genuine Kulturexpression. Und wir wollen ja, dass wir an Kultur teilhaben können.
Mithin: Ein (erhebliches) Mehr an Filmliteralität auch und insb. seitens der Erwachsenen hätte uns mglw. die unsäglichen Diablolisierungen filmischer Kunstwerke seit den 1980ern, ihre Indizierungen und Beschlagnahmen, weil vermeintl. Jugendschützer und Richter selbst nicht über hinreichende Medienliteralität (geschweige denn Ahnung von Medienwirkungs- und -nutzungsprozessen) verfügten, erspart. Gleiches gilt für Computerspiele spätestens seit dem sog. AMoklauf von Erfurt im Jahre 2002.
Dieses Mehr an Medienliteralität für Filme, Computerspiele und Co. würde evtl. auch helfen, diesem unsäglichen Trend zu Triggerwarnungen u.ä. zu beenden, die bspw. aus dem Film eine Art Vorbehaltsfilm machen wollen. Auch wenn nicht generell bereits Aversionen ggü. einer Bewahrpädagogik hätte, ganz allg. und insb. auch ggü. Erwachsenen (wo sie erst recht paternalistisch ist), hielte ich eine Pädagogik(!) mündigen Bürgern ggü. mindestens für unwürdig (Umkehrschluss: Wer dies abgesehen von de facto Traumatisierten benötigt, der büßt m.E. Mündigkeit ein).
Aaah… spannendes Thema.
Aber wo soll ich das unterbringen? Eigentlich wäre das was für meinen Sozialwissenschaftenunterricht, kommt dort aber leider nicht vor, tangiert inhaltlich gerade gerade mal meinen Englischunterricht. Das Gros ist an Deutsch ausgelagert und dann ein bisschen an Pädagogik vergeben. Eine Schande. Könnte ich meinen unterricht diesbzgl. freier gestalten, wären die Kulturtechniken des Filme- und Computerspielerezipierens integraler Bestandteil meines Lehrplans.
1. Downvote = 1. Person, die gg. mündige Bürger ist?! Hmmm ..
Ihre Beschreibung ist eine Art Handlungsanweisung – ein Kochbuch für Medienunterricht. In der Realität, also in der echten Welt, werden seit Jahrzehnten die gleichen Filme analysiert. Kritisches Hinterfragen und Medienkompetenz stehen dabei auf der Prioritätenliste nicht eben weit oben. “Lola rennt”, “Die Vögel” oder “Spiel mir das Lied vom Tod” dürften immer noch gängigste UE-Renner sein. Für heutige Schüler eher langweilig, ohne Realitätsbezug und unter dem Banner der technischen Analyse wie Einstellung, Filmmusik oder technischer Realisation.
Ich frage mich zudem, welche Relevanz reine Filme in der heutigen Zeit überhaupt noch haben. Jugend konsumiert immer weniger davon, interagiert stattdessen über Social Media bzw. lässt sich über Podcasts, Influenzer, Youtuber bzw. Tiktoker beschwallern. Hier Hintergründe aufzudecken, wäre in der Tat interessant. Selbst die meisten Lehrer wissen nicht, dass Hunderte der erfolgreichsten meist jugendlichen Machern vom ÖRR, von NGOs oder direkt von der Politik bezahlt oder medial unterstützt werden. Denn alle Hintergrund-Player wissen: Meinungen werden mittlerweile im Internet gemacht. Und die meisten jungen Menschen konsumieren dort recht unreflektiert, weil sie eine fast familiäre Bindung zu ihren YouTubienen aufbauen. Eifrigste Konsumentengruppe sind dabei übrigens heranwachsende Mädchen.
Bildung und Grundlagen zum Verständnis von Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft wären sinnvoll. Leider haben wir im letzten Jahrzehnt großflächig Wissen gegen Haltung eingetauscht. Das wird sich kaum noch umdrehen lassen, denn schon kommt auch eine neue Generation von ebenfalls vorgeprägten Lehrern an die Schulen, die mit humanistischer Bildung und streng objektiven, wissenschaftlichen Arbeitsweisen teils nur noch randläufig etwas anfangen können.
“Leider haben wir im letzten Jahrzehnt großflächig Wissen gegen Haltung eingetauscht.”
Genauso ist es, lieber Ron! Wir leben in einer Medienlandschaft, die sich im Laufe der Jahre immer mehr von einer Wissensvermittlerin zu einer Missionarin in bestimmter Haltung (Gesinnung) entwickelt hat.
Früher habe ich mir immer gern den “Tatort” am Sonntagabend angeschaut. Nachdem ich mich als Zuschauerin aber wiederholt durch die Art und Weise der dargestellten Handlung zu einer erwünschten Haltung in bestimmten politischen und gesellschaftlichen Fragen gedrängt fühlte, war für mich Schluss mit dem “Tatort”.
Ich brauche nicht auch noch in Unterhaltungssendungen penetrante Erziehung zu erwünschter Meinung und Haltung.
Na, das Problem dürfte Ihr ” leider haben WIR ” sein. Wer ist WIR ??
Sie, das Maß aller Dinge
1) andere haben ein Problem mit Ihrem Haltungstausch……..
2) v.a. bei Jüngeren ( Referendaren ) fällt auf, dass ihre Haltung teils eher oldschool ist, aber häufig sciencefiction gefordert wird.
Ok gerne. Bitte hier eintragen, was wir dafür weglassen:
Rechtschreibung können wir doch weglassen. Kann eh’ keine_r mehr. Und wofür gibt es schließlich die Autokorrektur?
Dafür können wir dann die multimediale Bildungskompetenz stärken.
Oder wir vergreifen uns am Mathe-Lehrplan und dampfen den ein. Den Aufschrei höre ich schon jetzt anschwellen. Wobei: https://www.der-postillon.com/2012/08/mathemuffel-erleichtert-wert-von-x-ein.html.
Oder, jemandem fällt auf, dass der Samstagsunterricht nur ausgesetzt ist und führt den wieder ein (NRW).
Oder die Stundendeputate werden erhöht, damit wir endlich mal was zu tun bekommen.
Aber bloß sich nicht um die echten Probleme sozialer Ungleichheit kümmern, das würde ja, Gottseibeiuns, GELD kosten. Geld für Bildung? Wir leben doch nicht mehr in den 1970er Jahren!
MEHR Filmbildung in die Schulen,
Und mehrDemokratiekunde,
Und mehr Umweltbewußtsein,
Und mehr Gendersensibilität,
Und mehr Wirtschaftsverständnis,
und mehr Lernen an außerschulischen Lernorten,
Und einfach mehr von allem.
Ihr ahnt, worauf ich hinauswill: dafür gibt es dann aber im Ausgleich
WENIGER Zeit,
weniger sinnvolle Bürokratie,
weniger Ressourcen,
weniger kleine Klassen,
weniger Nachwuchs und dafür aber als Trostpflaster:
weniger Geld.
(sehr mit nach, wenn die Listen aus eurer Sicht nicht vollständig sind.)
Wieder etwas, was die Schule auch machen soll.
Ich finde, es werden eh zu viele Filme in der Schule geguckt. Die Smartphones verführen ja geradezu dazu. Wie oft sehe ich Schüler völlig unreflektiert einen Film zu einem Unterrichtsthema gucken und der Lehrer sitzt mit im Raum und guckt. Manchmal sieht man ihn bzw. sie sogar nebenbei am Smartphone…. (Seit Corona sind bei uns immer die Türen offen.)
Filme in der Schule? Gerne? Aber bitte kein „Kevin allein zu Hause,1,2,3..“ für die 7. Oder 8. Klasse.
Außerdem, über Filmen, genau wie über Büchern sollte man viel reden und diskutieren und dafür reichen zwei Schulstunden nicht. In jedem guten Buch und Film gehet es um viel mehr, als nur um den Plot.
Es ist traurig, wie heute eine Lektüre bearbeitet wird. Das Buch wurde sogar nicht einmal zu Ende gebracht, schon wird ein Test geschrieben. Und dann schnell weiter mit dem Stoff. Das Programm muss durchgeführt werden, die Noten gesammelt werden, ganz egal, ob die mehr als Hälfte der Klasse überhaupt versteht, um was es sich handelt. Und so entsteht das Lernen nur für die Noten.. schnell lernen, Prüfung schreiben, schnell wieder vergessen, um das Neue für den neuen Test im Kopf behalten zu können.
Das bringt gar nichts. Nur dann, wenn man zu Hause mit dem Kind noch mal alles bearbeitet und zu Ende bringt.
„Döring: Junge Menschen sind heute eher darauf eingestellt, kurze Formate zu konsumieren.“
Ja, liebe Frau Döring, genau ist es, und das fängt schon alleine mit dem heutigen Schulprogramm an.
Den Kindern ist nicht einmal die Zeit gelassen, um sich über ein Thema Gedanken zu machen, das Ganze zu verinnerlichen,…immer nur schnell weiter, immer schnell neu.
Bei manchen Fächern, kann man schon sagen, ja, es ist in gewissem Maße möglich, aber nicht bei allen, besonderes nicht bei der Literatur oder z.B. Kunst brauchen viel Zeit.
Alleine Fach Kunst ist heute absurd geworden. Die Kinder schaffen ein gutes Bild (ein gutes!) nicht in zwei Schulstunden zu produzieren. Und schon wird das Thema abrupt unterbrochen und es kommt schon das Neue. So steht in dem Programm nämlich. Die Kunst mit dem Stoppuhr.
Was sprächen denn dagegen, dass Eltern mit ihren Kindern am Nachmittag Filme besuchen, die Sie für pädagogisch wertvoll erachten???
Erstklässler die mir erzählen, dass sie mit ihren Eltern einen einen Film gesehen haben und seitdem jede Nacht von Blut träumen.
1. Stufe des Lernen ist Konsumieren
2. Stufe ist Verstehen
3. Stufe ist Reproduzieren, selber machen Prüfung machen
4. Stufe ist anderen erklären können
5. Stufe wäre im Kontext kritisch umsetzen.
Meist bleibt dss Lernen auf der 3. Stufe stehen. Da sind Filme oft Zeitverschwendung!