Bundesland will Vorreiter werden: Schulen sollen freier unterrichten dürfen

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Schleswig-Holsteins Schulen sollen per Experimentierklausel mehr Freiräume zur innovativen Gestaltung von Unterricht und Abläufen bekommen. Dazu beschloss der Landtag am Mittwoch einen Antrag mit den Stimmen der schwarz-grünen Mehrheit. Zu den Zielen gehört mehr fächerübergreifendes Arbeiten. Die Landesregierung soll ein Konzept entwickeln.

Sucht innovative Konzepte: KMK-Präsidentin Karin Prien. Foto: Bildungsministerium Schleswig-Holstein

Bildungsministerin Karin Prien (CDU) sieht das Land in einer bundesweiten Vorreiterrolle. Viele Schulen nutzten bestehende Freiräume bereits engagiert und kreativ, andere aber nicht. Bei innovativen Konzepten gehe es unter anderen um Unterrichtsgestaltung und um Arbeitszeitmodelle.

Die SPD sieht das anders. «Was wollen Sie denn eigentlich?», fragte Bildungsexperte Martin Habersaat. Schwarz-Grün offenbare Ideenarmut und «heiße Luft». Vieles Angesprochene sei längst möglich. Es sei richtig gewesen, die Debatte auf den Politischen Aschermittwoch zu verlegen, spöttelte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Der Inhalt des Antrags halte nicht, was die Verpackung verspreche.

«Interdisziplinäres Wissen wird immer wichtiger», sagte der Grüne Malte Krüger. Er plädierte für mehr offene Lernformen sowie fächer- und jahrgangsübergreifenden Unterricht. Jette Waldinger-Thiering vom SSW sah lobenswerte Ziele, aber vor allem die Botschaft an die Schulen, Probleme intern zu bewältigen. Die Schulen seien an der Belastungsgrenze, Raum für Experimente nicht da. Schulen hätten riesige Lust, neue Wege zu gehen und dafür sei jetzt der richtige Zeitpunkt, konterte Prien. Schulentwicklung von unten nach oben sei der richtige Weg.

«Schulen sollen zu Laboren werden, in denen an der Schule von morgen geforscht wird», sagte Martin Balasus (CDU). «Muss man immer im Klassenraum lernen, darf eine Stunde nur 45 Minuten dauern, sollte die Schule auch mal um 9 Uhr beginnen?» News4teachers / mit Material der dpa

Lernzeiten flexibilisieren, Unterricht individualisieren – mehr Freiheit für Schüler und Lehrer: Bundesland plant Schule der Zukunft

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Georg
2 Jahre zuvor

Neue Wege gehen, um dann am Ende der Mittel- und Oberstufe eine zentral gestellte Abschlussprüfung schreiben zu lassen. Wo ist der Widerspruch?

Abgesehen davon fehlt mir in dem Artikel auch der Ansatz harter Leistungsorientierung mit studierbefähigendem Abschluss. Start um 9 Uhr und fächerübergreifende Projekte widersprechen dem aus meiner Sicht. Seit wann in Schulen von Schülern geforscht wird, müsste uns Frau Prien auch mal erklären.

DerechteNorden
2 Jahre zuvor

Bin irritiert, das ist doch schon längst möglich in S-H.
Schulen haben ganz unterschiedliche Stundentaktungen. Es gibt den “Freiday” und viele andere Dinge wie Vorhabenwochen (diese bereits seit Jahrzehnten!!!). Es gibt Schulen, die offen jahrgangsübergreifend nicht im Klassenverband arbeiten.
Dafür braucht man die Experimentierklausel also gar nicht.

Gut ist, dass man im Rahmen der Experimentierklausel eine weitere Arbeitskraft für administrative Zwecke einstellen kann, die Lehrkräfte entlasten soll.

Insgesamt halte ich das Ganze mal wieder für einen PR-Gag.

Riesenzwerg
2 Jahre zuvor
Antwortet  DerechteNorden

Was ist denn der “Freiday”?

DerechteNorden
2 Jahre zuvor
Antwortet  Riesenzwerg

https://frei-day.org/
Die Max-Planck-Schule in Kiel praktiziert das Konzept bereits.

DerechteNorden
2 Jahre zuvor
Antwortet  DerechteNorden

Für die Skeptiker*innen: Das ist ein Gymnasium.

Achin
2 Jahre zuvor

Schlagworte wie “freier unterrichten” sind Teil des Problems und nicht Teil der Lösung. Zuallermeist steckt dahinter ein Taschenspielertrick, der jüngere oder besonders idealistische Kolleginnen und Kollegen ansprechen soll, um Konzeptlosigkeit zu verbergen. Ich bin mir sicher, dass im internen Kreis der höheren Kultusverwaltung auch mal darüber gelacht wird.

Riesenzwerg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Achin

Ob dieses “freier unterrichten” schon den Unis und Mentorys mitgeteilt wurde? 😉

Oder dauert das noch ein paar Jahre?

Mondmatt
2 Jahre zuvor

Klingt zu Anfang prima.

Ist aber eine böse Falle ala KuMi.

An den Schulen klappt es hinten und vorne nicht. Wir im KuMi wissen auch nicht wie man das machen soll. Aussichtslos ohne Lehrer und Ausstattung.

So dann geben wir mal eine Zielvorgabe heraus. Die Inhalte der jeweiligen Abschlüsse und gesellschaftliche “bedeutsame” Nebeninhalte müssen vermittelt werden sowie Verwahrung der Schüler von X bis Y Uhr ohne dass es größere Verletzungen gibt.

Wie ihr das schafft?
Dazu geben wir euch völlig freie Hand. 🙂
Viel Spaß noch!

So jetzt seht mal zu wie ihr faulen Lehrer das wuppt. Und Gnade euch Gott das wird nix.

Dil Uhlenspiegel
2 Jahre zuvor
Antwortet  Mondmatt

Die Verantwortung der LuL “stärken”, hieß das neulich schon :o)

Riesenzwerg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Mondmatt

Genau wie immer also.

Es ist zum Heulen.

Wenn du nicht mehr weiter weißt,
gründe einen Arbeitskreis….

Johannes
2 Jahre zuvor
Antwortet  Mondmatt

Und am Ende gibt`s ja immer noch die Keule des Dienstrechts…

Ron
2 Jahre zuvor

Dann hängt Bildungserfolg bald davon ab, welche bunten Gedanken sich einzelne Schulleitungen gerade so machen. Ich kannte schon welche, die Tische verbannen wollten oder auf Dauerwochenpläne standen. Wird sicher super.

Leseratte
2 Jahre zuvor
Antwortet  Ron

Und das kommt dann am Ende dabei raus:

„Trotz Einser-Abitur nicht studierfähig: Selbst Hochschulen beklagen sich über die Wissenslücken der Abiturienten in NRW. Deren Noten werden immer besser.[…]
Seit Jahren schon warnt der Deutsche Philologenverband zudem davor, dass das Leistungsniveau an den Gymnasien sinkt. Der Verband vertritt knapp 90.000 Lehrer in Deutschland und fordert höhere Vergleichbarkeit und Bildungsgerechtigkeit beim Abitur sowie eine strengere Bewertung. […]
Fest steht aber, dass die verbesserten Abiturnoten nichts darüber aussagen, über wie viel Wissen die Schüler verfügen. Denn laut dem Präsidenten der Hochschulrektorenkonferenz (HRK), Peter-André Alt, gebe es gravierende Mängel, was die Studierfähigkeit zahlreicher Abiturienten angeht.“

https://www.ruhr24.de/nrw/abitur-abi-noten-nrw-schueler-corona-wissensluecken-bestnote-schule-abschluss-2022-nrw-1-92097463.html

Riesenzwerg
2 Jahre zuvor
Antwortet  Ron

Auf alle Fälle – “Arten”Vielfalt… 😉

Riesenzwerg
2 Jahre zuvor

“Bei innovativen Konzepten gehe es unter anderen um Unterrichtsgestaltung und um Arbeitszeitmodelle.”

Der Punkt “Arbeitszeitmodelle” macht mir Sorgen ..

Es wird so sein wie immer – mach in deiner vielen, hust, röchel, Freizeit die Schule so attraktiv, dass wieder mehr auf Lehramt studieren oder wir von Quereinsteigerys überrannt werden.

Die Grundidee ist gut und kostenneutral.

Ich habe schon zig Reformen hinter mir…. Gesundheits- und FreizeitkostenUNneutral.

Ragnar Danneskjoeld
2 Jahre zuvor

So schlimm kann es im hohen Norden dann ja nicht um den Unterrichtsausfall bestellt sein, wenn man sich um Modelle bemüht, die unterm Strich eher betreuungsintensiver sein dürften. #läuft

DerechteNorden
2 Jahre zuvor

Nun ja, bestimmte Modelle kann man nutzen, um eben diesen Personalmangel abzufangen. Wenn Lehrkräfte nur noch Lernbetreuer*innen sind und die Kids mehr oder weniger alleine vor sich her wurschteln, braucht man doch weniger Personal. So die Denke insgeheim.
Ob das wirklich so ist, sei mal dahin gestellt. Kenne da eine Schule in S-H, an der so etwas praktiziert wurde. Das ist komplett gegen die Wand gefahren trotz Schulpreis, so dass man seit einiger Zeit alles wieder zurückfährt.

Kanzler27
2 Jahre zuvor

Es sollen ja laut Prien nur läppische 200 Stellen unbesetzt sein. Sie hätten ja frühzeitig die richtigen Maßnahmen getroffen. Wenn ich mir unser Vertretungspersonal allein an unserer Schule angucke, dürften es eher 2000 sein.

Aber ist doch cool, alle Verantwortung an die Schulen zu schieben. Sollen die doch Konzepte schmieden, mit weniger Leuten auszukommen.

Silja
2 Jahre zuvor

An unserer Schule im echten Norden gibt es bereits irrsinnig viele Freiräume für unsere Unterrichtsgestaltung. Ich kann beinahe täglich die Freiräume zwischen Klasse 8a und 8b (wahlweise 5a und 6c, zwischen 7b und 9c …) nutzen um zuerst die eine Gruppe zu ruhigem Arbeiten zu ermuntern und dann wieder hinüberzulaufen (Freiräume!) um den anderen mit sanfter Ermahnung die Notwendigkeit der eigenverantwortlichen Bearbeitung ihrer Vertretungsaufgaben klarzumachen, bevor ich erneut den Freiraum (ugs.: Flur) zwischen den Gruppen betrete und in der ersten Klasse – hupps, war das ein Handy? – wieder für Recht und Ordnung sorge, woraufhin nebenan, gegenüber oder manchmal gerne auch drei Räume weiter das zarte Krachen eines Stuhles zu vernehmen ist, sodass ich auf ein Weiteres zügig die Freiheit des Schulflures durchquere und der Umarrangierung des Mobiliars ebendort hilfreich zur Seite stehe. Manchmal ertappe ich mich dabei, mich selbst in der Ironie meiner Freiräume zu verlieren.

mama51
2 Jahre zuvor
Antwortet  Silja

Jaja,
der “indische Unterricht” (=dieseits und jenseits des Ganges”) schafft mitunter erstaunliche “Freiräume”. Übrigens für alle Beteiligten…