Kommune scheucht mit Ultraschallgerät Teenager nach Schulschluss vom Schulhof

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WESEL. Mit Ultraschall-Störgeräuschen Kinder und Jugendliche abschrecken, damit sie sich außerhalb der Unterrichtszeit nicht auf einem Schulhof aufhalten – wer kommt auf eine solche Idee? Antwort: die Verwaltung der nordrhein-westfälischen Stadt Wesel. Jan Böhmermanns ZDF-Magazin Royale deckte den Fall auf (im Video ab Minute 4:00).

„The Mosquito“ ist ein in Großbritannien entwickelter Ultraschall-Störgeräuschsender, dessen Ziel es sei, mittels Schallwellen in hohen Frequenzbereichen „herumlungernde“ Teenager zu vertreiben – weiß Wikipedia. Seit gut 15 Jahren würden solche Geräte auch in Deutschland verkauft.

Zur Wirkungsweise schreibt das Online-Lexikon: „Da die Wahrnehmungsfähigkeit des menschlichen Gehörs für hohe Frequenzen mit dem Alter nachlässt, werden die Töne überwiegend von jungen Menschen unter 25 Jahren wahrgenommen. The Mosquito arbeitet mit einer Frequenz zwischen 17 kHz und 18,5 kHz. Tests haben ergeben, dass die meisten Menschen über 25 Jahren nicht mehr in der Lage sind, Frequenzen von 18 kHz und mehr zu hören.“

Töne in bestimmten Frequenzen werden in der Regel nur von jungen Menschen wahrgenommen (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

Die Kritik am Einsatz solcher Geräte ist dem Bericht zufolge massiv. Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin teilte in einem Gutachten mit, „dass eine gesundheitliche Schädigung des Hörvermögens nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann“. So seien Störungen des Gleichgewichtssinns, Schwindel und Kopfschmerzen möglich. Die vom niedersächsischen Sozialministerium in Auftrag gegebene Studie warnt zudem vor möglichen Hörschädigungen, da der maximale Schalldruckpegel des Geräts deutlich über den Angaben des Herstellers liege. Vor allem Säuglinge und Kleinkinder seien gefährdet, da begleitende Erwachsene das Störgeräusch nicht wahrnehmen.  Manche Juristinnen und Juristen sähen Anzeichen einer strafbaren Körperverletzung.

„Tatsächlich ist ein solches Gerät vor inzwischen über fünf Jahren (2018) an der Grundschule in Flüren angebracht worden“

Das allerdings focht etliche Städte (darunter das nordrhein-westfälische Wesel) nicht an, solche Teenager-Abwehranlagen zu installieren, wie nun das ZDF-Magazin Royale des Satirikers Jan Böhmermann aufdeckte – im Fall Wesel ausgerechnet an einer Grundschule.

„Tatsächlich ist ein solches Gerät vor inzwischen über fünf Jahren (2018) an der Grundschule in Flüren angebracht worden“, heißt es in einer Mitteilung des Weseler Stadtsprechers, über die die „Rheinische Post“ berichtet. Eingeschaltet worden sei es außerhalb der Öffnungszeiten des Schulhofs in den Abendstunden. „Es ist das einzige Gerät, das im Stadtgebiet an einem öffentlichen Gebäude installiert wurde.“ Es habe dazu aber keine Abstimmung gegeben.

Warum ein solches Gerät ohne interne Abstimmung installiert worden ist, ist laut Wesels Stadtsprecher „unklar und nicht nachvollziehbar“. Akteure, die die Entscheidung seinerzeit getroffen haben, seien heute nicht mehr im Dienst, heißt es weiter. Dass die Stadt Wesel ein solches Gerät verwendet habe, sei erst im Rahmen der Recherche des Magazins Royale zu Tage gekommen. Das besagte Gerät sei umgehend abmontiert und entsorgt worden.

Im benachbarten Städtchen Kamp-Lintfort soll ebenfalls ein Ultraschall-Gerät hängen, wie Böhmermann berichtete. Eine Reaktion der Verwaltung steht hier noch aus. News4teachers

Wie kinderfeindlich ist Deutschland? Schon wieder: Nachbarn klagen gegen Kita-Bau

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26 Kommentare
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Ale
1 Jahr zuvor

Offene Schulen sind ja so wichtig! /s

Realist
1 Jahr zuvor

„Akteure, die die Entscheidung seinerzeit getroffen haben, seien heute nicht mehr im Dienst, heißt es weiter.“

Völlig egal, die Kommune ist als Schulträger für das Handeln ihrer Angestellten verantwortlich. Betroffene sollten Strafanzeige stellen („Verdacht auf fahrlässige Körperverletzung.“)

Marylin Gossett
1 Jahr zuvor

Man sollte sich in Grund und Boden schämen!

unverzagte
1 Jahr zuvor

„(…), dass eine gesundheitliche Schädigung des Hörvermögens nicht gänzlich ausgeschlossen werden kann (…)“

Hoffentlich erhält die verantwortliche Kommunalverwaltung jede Menge Anzeigen aufgrund dieser eventuell auch noch körperverletzenden Maßnahme.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  unverzagte

Wie ist das eigentlich mit gesundheitlichen Schädigungen des Hörvermögens bei Schülern UND Lehrern, durch nicht ausreichende Schalldämmung von Klassenräumen, Schulfluren und Sporthallen?

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Eine interessante Frage für jede*n Sicherheitsbeauftragte*n einer Schule.
Erinnert mich an eine Schulturnhalle, in der Kopfhörer mit Mikro für Lehrkräfte verfügbar waren…

Dil Uhlenspiegel
11 Monate zuvor
Antwortet  potschemutschka

Kein Arbeitsplatz und so, weil SuS keine Arbeitsnehmer sind?
Und LuL sind ohnehin äh … naja egal.

Last edited 11 Monate zuvor by Dil Uhlenspiegel
Alx
1 Jahr zuvor

Wie heißt der Bürgermeister von Weeeeeesel?

Das Echo wusste es schon immer.

Lakon
1 Jahr zuvor

Böhmermann ermittelt …

Fakten sind Hate
1 Jahr zuvor

Hat das Gerät denn wenigsten etwas gebracht?

ConfirmationBias
1 Jahr zuvor

Grundlose Aufregung. Dabei sind solche Geräte doch eine kosten- und personalsparende Möglichkeit, problematische Personen fernzuhalten.

Ureinwohner Nordost
1 Jahr zuvor
Antwortet  ConfirmationBias

Der Grüne von mir 😉
Das wirkt aber nur, wenn die „problematischen Personen“ jung genug sind, um den Ultraschall zu hören.

Übrigens kommt mir diese Dressurform aus der Zirkuswelt bekannt vor.
Zählende Tiere (Pferde, Hunde… , die auch rechnen konnten, auf Pfeifsignale (Ultraschall) des Dompteurs) – beeindruckend, so etwas noch gesehen zu haben
Mich hat es immer erfreut 🙂

Ureinwohner Nordost
11 Monate zuvor

Alles im grünen Bereich, liebe Rotdäumlinge,
ich weiß, dass ich als Lehrer für Naturwissenschaften das Ar…loch in der Lehrer- und Schülerschaft sein muss.

Juckt mich nicht, 10 Monate – конец.

Quarius
1 Jahr zuvor

Tipp: https://apps.apple.com/de/app/spectrumview/id472662922

Kostenlose Spectrum Analyzer für mobile Endgeräte machen solche Negativ-Szenarien visuell für jedermann sichtbar und decken nebenbei zB. auch (unbewußt störenden) Ultraschall aus Elektronikgeräten / Leuchten etc. auf, die u.a. entstehen wenn Schaltnetzeile defekt sind/werden und neben dieser akustischen Verschmutzung langfristig auch elektrisch eine potentielle Gefahr darstellen können.

BTW Ein absolutes NoGo solche Ultraschall-Geräte in einer Schule einzusetzen, auch für das grundlegende Vertrauensverhältnis.

Ich muss da mal was loswerden
1 Jahr zuvor

Ich bin mir sicher, manche Schulen haben das auch installiert, um Corona fernzuhalten!

Bömmel
1 Jahr zuvor

Natürlich geht so etwas nicht. Ganz klar vorsätzliche Körperverletzung. Aber als Physiklehrer kann ich mir nicht verkneifen, zu bemerken, dass meine SuS, wenn ich einmal mit dem Frequenzgenerator das gesamte menschliche Hörspektrum von 20 Hz bis 20 kHz durchgehe, schon deutlich vor mir ( mit bald 60 Jahren … ) nichts mehr hören. Die nehmen schon bei 16 kHz nichts mehr wahr, während ich immer noch bis 18 kHz komme. Kann ja nur an „Knopf ins Ohr und Mucke auf“ liegen. So betrachtet nicht nur illegal, sondern auch noch rausgeschmissenes Geld.

Adamo
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bömmel

Ich stelle mir dich als einen richtig coolen Physiklehrer vor, nur aufgrund deines Kommentars!
Musste ich mal loswerden, meine Physiklehrer kam frisch aus dem Referendariat und wurde beleidigt und mit Kreide beworfen!
Achja, Lernstoff vermitteln konnte der auch nicht!

Physik ist verdammt wichtig!

Alx
11 Monate zuvor
Antwortet  Adamo

Ist bestimmt auch super motivierend, wenn man eine derart asoziale Truppe unterrichten soll.

Ureinwohner Nordost
1 Jahr zuvor
Antwortet  Bömmel

Sie in der Physik, ich mache das in Biologie, menschliches Gehör.
Welchen Generator verwenden Sie? PC oder klassisch?

Bömmel
1 Jahr zuvor

Seit unser Frequenzgenerator ( dreißig Jahre alt … ) nur noch brummt, nehme ich mein IPad.

Ureinwohner Nordost
11 Monate zuvor
Antwortet  Bömmel

Danke, ich benutzte immer noch ein Gerät von NationaInstrumens.
Klasse-Generator. 😉

Adamo
1 Jahr zuvor

Das alles ist Deutschland

Rüdiger Vehrenkamp
1 Jahr zuvor

Gerade die Schule bzw. das Schulgelände sollte Begegnungsstätte sein, ein Ort, wo sich Schülerinnen und Schüler gerne aufhalten und das am besten auch außerhalb der Schulzeit. Schulen sollten – ähnlich wie Universitäten – feste Öffnungszeiten haben und Schülern die Möglichkeit bieten, sich in geschützter Atmosphäre zu treffen oder draußen zu spielen. Aber nein, stattdessen gibt sich Schule oft als blasse Bildungsanstalt, deren Hauptprotagonisten man nach Schulschluss zeigt, wie unerwünscht sie sind.

Dass Deutschland insgesamt gesehen wenig kinderfreundlich ist, ist leider keine neue Erkenntnis.

PS: Ehe mich Lehrkräfte steinigen – bei etwaigen Öffnungen von Schulen als Treffpunkt und Begegnungsstätte, können gerne ehrenamtliche Helfer und/oder Sozialpädagogen die Betreuung übernehmen. Dahinter steckt auch nur ein an sich utopischer Traum von mir.

Ureinwohner Nordost
11 Monate zuvor

Sehr geehrter Herr Vehrenkamp,

den Beleg, dass die BRD besonders „kinderfeindlich“ ist…

… möchte ich mit harten Fakten gern belegt bekommen.

Schicken Sie mir belegbare Statistiken zu?
Ich habe als Lehrer leider nicht die Zeit dazu, Ihre Behauptung zu validieren.

Sie wissen ja:
– Schüler-,
– Eltern-,
– Schüler- Eltern- Gespräche + Sozialamt…,
– tri tra trulla 🙂

Aber Sie sind ja ein kooperativer Elter,
Sie schaffen das.

Bernie
1 Jahr zuvor

Bin ich der Einzige, der das nicht so skandalös sieht?
Wenn es im Nachmittags/Abendbereich Vandalismus, etc. gab darf eine Schule durchaus Schutzmaßnahmen ergreifen.
Das hat nichts mit „offenen Schulen“, etc. zu tun.
Wem einmal ein Mosaikprojekt mutwillig zerstört wurde, der hat sicher mehr Verständnis für solche Maßnahmen.
Meines Wissens wirkt das Ganze nicht hunderte Meter weit. Also kann sich jeder entscheiden, diesen Bereich zu meiden. Wie gesagt, wir sprechen von Abendstunden, weit außerhalb des Unterrichts.

Ureinwohner Nordost
11 Monate zuvor
Antwortet  Bernie

Jenau, wat ham Schüler des Nachtens auf dem Schulgelände verloren?

Kaugummi im Papierkorb?
Den Betrugszettel zur letzten Leistungskontrolle?

Da gibt es ja so manches… ,
kleine Drogenpäckchen?

Gut, dass ich die Gören nicht „erziehen“ darf.
Oh Gott, Disziplin und Ordnung!
Der Graus vieler Erziehungsbeauftragter, der
Eltern.