Unfair! Deutscher Lehrerverband rügt Hochwertung von Abi-Prüfung in Mecklenburg-Vorpommern

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Der Deutsche Lehrerverband und Wirtschaftsvertreter kritisieren, dass Mecklenburg-Vorpommern das schriftliche Mathematik-Abitur wegen vieler schlechter Ergebnisse einen Notenpunkt hochwertet. Dadurch werde die bundesweite Vergleichbarkeit der Noten verzerrt, sagte der neue Präsident des Lehrerverbands, Stefan Düll, der «Bild»-Zeitung.

Die Abiturienten in Mecklenburg-Vorpommern bekommen einen Punkt geschenkt. Illustration: Shutterstock

Abweichungen in den Noten-Schnitten gebe es immer wieder, so Düll. «Man darf nicht darauf verfallen, künftig alles mit Corona entschuldigen zu wollen.» Düll leitet seit 2014 das Justus-von-Liebig-Gymnasium in Neusäß nahe Augsburg – und hat unlängst das Amt an der Spitze des Deutschen Lehrerverbands von Heinz-Peter Meidinger übernommen.

Der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Bauindustrie (ZDB), Felix Pakleppa, warf der Politik ein falsches Spiel vor. «In der Schule kann man sich verrechnen, auf der Baustelle nicht. Da muss die Wand gerade stehen», sagte er dem Blatt. Die Firmen in seiner Branche müssten «bei Lehrlingen immer öfter in Mathe und Deutsch nachschulen», erklärte Pakleppa. «Ein Fliesenleger beispielsweise muss den Boden berechnen können. Das muss in jedem Fall stimmen und darf nicht falsch sein.» Der Präsident des Bundesverbands Güterverkehr und Logistik (BGL), Dirk Engelhardt, kritisierte die nachträgliche Notenanpassung ebenfalls.

Landesbildungsministerin Simone Oldenburg (Linke) hatte am Montag zur Begründung für die Noten-Hochwertung angegeben, die Bearbeitungszeit der Aufgaben sei von Experten im Nachhinein als zu kurz eingeschätzt worden. Außerdem sei dieser Abiturjahrgang in der 10. Klasse wegen der Corona-Beschränkungen von Dezember bis Mai im Distanzunterricht gewesen. Das wirke sich nach Aussage der Experten gerade in Mathematik negativ aus.

Den zusätzlichen Notenpunkt erhalten alle, die eine Mathe-Prüfung geschrieben haben, Grundkurs- ebenso wie Leistungskursschüler. Im Grundkurs gibt es laut Ministerium die Wahl zwischen schriftlicher und mündlicher Abi-Prüfung.

Im Mathe-Grundkurs lag der Durchschnitt des schriftlichen Abis bei 4,0 beziehungsweise 4,2 Punkten und damit deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Um die Prüfung zu bestehen, sind fünf Punkte nötig. Im Jahr 2021 war das Mathe-Abi in Mecklenburg-Vorpommern wegen schlechter Ergebnisse sogar um zwei Notenpunkte angehoben worden. News4teachers / mit Material der dpa

Abitur: Bundesland stuft Mathe-Prüfungen einen Punkt hoch, weil die Ergebnisse sonst zu schlecht wären

 

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Ureinwohner Nordost
9 Monate zuvor

Welche „Vergleichbarkeit“?

In der „Ländervergleichbarkeitsbürokratie“ ist gar nichts vergleichbar.

Es ist gut, in ein zentralistisch, regional differenziertes, den vielen Dutzend Nationen angepasstes Land überzusiedeln.
Mein Weg. 😉

Küstenfuchs
9 Monate zuvor

In Mathe werden zumindest erhebliche Teile aus einem Aufgabenpool des IQB in Berlin entnommen. Daher haben M-V ebenso wie alle anderen Bundesländer in großen Teilen identische Abiturprüfungen in Mathe. Da ist es dann schon fraglich, warum man in M-V einen Punkt mehr bekommt als im Rest der Republik für die gleiche Leistung.

Bauklötzchen
9 Monate zuvor

Wie kann denn ein Vertreter der Bauindustrie bei diesem Thema mitreden. Wäre mir neu, dass ein Maurer Abitur braucht.

Carolin
9 Monate zuvor
Antwortet  Bauklötzchen

Braucht man Abitur, um bei diesem Thema mitreden zu können?
Was Felix Pakleppa, der Vertreter der Deutschen Bauindustrie (ZDB) sagt, finde ich goldrichtig. Ihm geht es offensichtlich um die immer größeren Lerndefizite an fast allen allgemeinbildenden Schulen, die inzwischen auch das Handwerk erreicht haben und wegen ihrer Folgen in Wirtschaft und Beruf nicht länger beschönigt oder verschleiert werden dürfen.

Es ist ja nicht so, dass nur beim Abitur Kosmetik und Schönfärberei betrieben wird, sondern auch bei anderen Schulabschlüssen.
Ich finde sogar gut und erfrischend, wenn jemand mit unverstelltem Blick wie Herr Pakleppa den Finger in die Wunde unseres Bildungswesens legt. Er trifft eher den Nagel auf den Kopf als so mancher Schul- oder Erziehungsideologe, der als „Experte“ das Sagen hat, aber nicht mehr den Wald vor Bäumen sieht.

Georg
9 Monate zuvor

Wie war denn der Unterricht im Vorfeld? Ich lasse meine Abiturkurse im Vorfeld mehrere Wochen lang nur alte Abituraufgaben lösen. Der Stoff (in NRW) ist so ausgedünnt, dass ich im Normalfall spätestens Ende Januar oder Mitte Februar komplett fertig bin.

potschemutschka
9 Monate zuvor

„Bundesweite Vergleichbarkeit der Abi-Noten“? Die sind ja nicht einmal innerhalb eines Bundeslandes und nicht einmal innerhalb Berlins vergleichbar. (eventuell die von den schriftlichen Prüfungen gerade noch so). Als meine Kinder noch auf einem Berliner Gymnasium waren, wechselten mehrere ihrer Mitschüler nach der 10. Klasse auf ein „leichteres“ Gymnasium. Die hatten dann auch bessere Abi-Noten, aber dafür dann oft Probleme beim Studium.