BERLIN. Normalerweise werden damit Restaurants, Geschäfte und Dienstleister bewertet – aber auch Ministerien erhalten Sterne bei Google. Besonders schlecht schneiden dabei manche Kultusministerien ab, wie die Beispiele Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen zeigen. Die zuständigen Ministerinnen irritiert das offenbar nicht.
Viel Frust von Eltern, Lehrern und Schülern, wenig Lob: Mit im Schnitt 1,1 von 5 Sternen erntet das baden-württembergische Kultusministerium von Theresa Schopper (Grüne) bei Google Maps eine sehr schlechte Bewertung, schlechter als die anderen Ministerien in Stuttgart und eine, die kaum schlechter ausfallen könnte. Wie sonst Restaurants, Ärzte oder Dienstleister hat das Kultusministerium in Stuttgart eine vergleichsweise hohe Zahl an Rezensionen bei Google Maps erhalten. Knapp 900 dieser Reaktionen sind beim Ministerium für Kultus, Jugend und Sport hinterlegt.
Bei dem Kartendienst können Nutzer sowohl Sterne-Bewertungen hinterlassen als auch schriftliche Rezensionen verfassen. So kritisiert etwas Jonas Neugebauer, dass die diesjährige Prüfung zum Hörverständnis in Englisch, «wirklich das Schlimmste seit Jahren» gewesen sei. Moritz Kuhn findet, das Ministerium erfülle seine Aufgaben in keiner Weise. «Um die Bildung sieht es sehr schlecht aus, es ist eine absolute Schande», schreibt Kuhn.
Ein anonymer Nutzer bemängelt den «viel zu hohen Schwierigkeitsgrad» im Mathe-Abitur. Er wisse nicht, «wie die Verantwortlichen noch nachts gut schlafen können», schreibt der Rezensent. Außerdem gibt es viele kritische Kommentare aus der Zeit der Corona-Pandemie – und scharfe Kritik an der umstrittenen Plakatkampagne des Ministeriums zur Gewinnung von Quereinsteigern.
Wer wirklich hinter den Kommentaren steht, lässt sich nicht überprüfen. Der Kartendienstleister gibt selbst an, die Bewertungen nicht zu überprüfen, man suche aber gezielt nach gefälschten Inhalten und entferne diese, heißt es auf einer Informationsseite direkt neben der Sterne-Bewertung.
«Kultusminister ist wie Bundestrainer. Da weiß immer jeder alles besser. Jeder war in der Schule und jeder hat eine Meinung dazu»
Zum Vergleich: Nur rund 190 Bewertungen gibt es derzeit bei allen anderen zehn Fachministerien des Landes – in Summe. Am besten bewertet ist das Wirtschaftsministerium mit 4 Sternen, dort liegen aber nur vier Beurteilungen vor. Das Sozialministerium rangiert bei 1,5 Sternen und 60 Rückmeldungen, das Verkehrsministerium bei 1,9 Sternen und 55 Bewertungen. Zur Beurteilung muss mindestens ein Stern vergeben werden.
Kultusministerin Theresa Schopper ist von den schlechten Bewertungen nicht überrascht. «Kultusminister ist wie Bundestrainer. Da weiß immer jeder alles besser. Jeder war in der Schule und jeder hat eine Meinung dazu», sagte die Grünen-Politikerin. Das sei auch in Ordnung. «Und dass man da auch immer zuerst sein eigenes Kind im Blick hat, ist auch logisch.»
Sie selbst könne bei ihrer Arbeit aber nicht zu viel Rücksicht auf Einzelinteressen nehmen. «Als Kultusministerin müssen Sie aber eben das große Ganze sehen, die Ressourcen und das Gesamtsystem, und möglichst alles in der Balance halten.»
Sie habe sich bei ihrem Amtsantritt im Jahr 2021 auch auf Kritik eingestellt. In der Schulpolitik gebe es immer Kritik. «Kultusminister werden nie die Hitlisten der Begeisterung anführen, weil man einfach immer Leuten auf die Füße treten muss. Das ist so, das gehört zum Job.» Genervt sei sie davon aber nicht. «Es ist immer leicht rumzumoppern. Aber ich wusste, dass das ein harter Job ist, und kein Luxusdampfer, auf dem ich da durch die Gegend cruise.»
Geht es nach den Google-Nutzerinnen und -Nutzern, gehört auch das nordrhein-westfälische Schulministerium in Düsseldorf nicht zu den Top-Adressen der Stadt. Mit ebenfalls gerade mal 1,1 von 5 möglichen Sternen schneidet das Haus von Ministerin Dorothee Feller (CDU) bei den Bewertungen denkbar schlecht ab – schlechter als jedes andere Ministerium der Landesregierung.
Mehr als 1000 User haben die Arbeit des Bildungsressorts bislang bei Google bewertet. Die anderen der elf NRW-Ministerien kommen zusammen auf vergleichsweise magere 265 Bewertungen. Am besten schneidet dabei mit 4,4 von 5 Sternen das Innenministerium ab – gefolgt vom Wirtschaftsministerium mit einer Bewertung von 3,7 Sternen.
Auf die schlechten Bewertungen angesprochen, reagiert das Schulministerium ausweichend. Konkret Stellung bezieht es nicht. «Das Ministerium für Schule und Bildung hat selbstverständlich großes Interesse, zu wissen, wie seine Arbeit wahrgenommen wird», teilte die Behörde auf Nachfrage mit. Für die eigene Arbeit seien dabei vor allem die Eindrücke aus Schulbesuchen relevant.
«Jahr für Jahr müssen wir uns von unseren Politikern anhören, dass die Bildung der Kinder gefördert werden muss. Nichts ist passiert, alles nur Gerede»
Man stehe im Austausch mit allen am Schulleben Beteiligten und informiere die Öffentlichkeit auf verschiedenen Kanälen. Und weiter: «Die Herausforderungen im Schulbereich sind groß. Eine bessere Unterrichtsversorgung und die Stärkung der Basiskompetenzen in der Grundschule zählen dabei zu den größten Herausforderungen.»
Viele der Unzufriedenen hinterlassen bei Google nicht nur eine Rezension in Form von Sternchen, sondern machen ihrem Ärger zusätzlich in einem Kommentar Luft: «Superleistung bei den Abiturklausuren 2023. Ein paar Dateien zum geschützten Download nicht bereitstellen zu können, passiert nur deutschen Behörden», schreibt ein User der Plattform.
Ein anderer findet anscheinend den Leistungsdruck in den Schulen zu hoch und fordert das Ministerium auf, den Lernstoff zu reduzieren. «Die Schüler wissen gar nicht mehr wohin mit sich selbst und den ganzen Aufgaben», schreibt er. Ein weiterer Rezensent empört sich über die vermeintliche Untätigkeit in der Bildungspolitik: «Jahr für Jahr müssen wir uns von unseren Politikern anhören, dass die Bildung der Kinder gefördert werden muss. Nichts ist passiert, alles nur Gerede», so sein Fazit.
Ob die Kommentatoren echt sind, bleibt unklar. Viele schreiben anonym. Google selbst gibt an, die Rezensionen nicht zu überprüfen. Es werde aber gezielt nach gefälschten Inhalten gesucht, um diese zu entfernen, heißt es. News4teachers / mit Material der dpa
Es ist schon so, die Kritiker melden sich immer am meisten und am lautesten zu Wort. Wenn meine Warenbestellung pünktlich, zuverlassig an kam und mir gefällt, trete ich meist nicht in Erscheinung, aber wenn irgendetwas nicht klappte und ich mich ärgerte, dann brauche und suche ich ein Ventil. Das muss man bei allen Bewertungen immer mitbedenken.
“Kultusminister ist wie Bundestrainer. Da weiß immer jeder alles besser. Jeder war in der Schule und jeder hat eine Meinung dazu. “
Mit dem Kommentar hat sich Frau Schopper selbst ins Abseits geschossen, besser kann man seine mangelnde Kritikfähigkeit und Gleichgültigkeit gegenüber Schülern, Lehrern und Eltern nicht ausdrücken!
In der Schulpolitik gebe es immer Kritik. «Kultusminister werden nie die Hitlisten der Begeisterung anführen, weil man einfach immer Leuten auf die Füße treten muss.”
Sehr interessant, wie die Kultusministerin ihren Job sieht: Anderen auf die Füße treten und Kritik an sich abprallen lassen.
Als Lehrerin wünsche ich mir eine Dienstvorgesetzte, die nicht ihren Job darin sieht, anderen auf die Füße zu treten, sondern Schule für alle Beteiligten zu einem attraktiven Bildungsort zu machen!!!
Frau “Giftzähne gegen Lehrer” Schopper? Diese Frau? Ein Stern als Bewertung? Wie überraschend.
Kretschmann hat seine Ministerin Schopper gut ausgewählt: Sehr-gut im Abprallenlassen, sehr-gut im Schönreden, sehr-gut im Aussitzen. Also 5 von 5 Sternen!
Die Kultusministerien Ba-Eü und NRW haben jeweils 1,1 Sterne auf Google.
So weit, so wenig überraschend.
Aber Sachsen hat 3,9 Sterne
Stellt sich raus: Das waren überwiegend Touristen, die das schöne Schloss am Elbufer bewertet haben und nicht wussten, was drin ist.
In bundesweiten Vergleichen liegt Sachsen ja tatsächlich meist vorn. Allein, die Schüler werden trotzdem nicht mit relevanten Inhalten aufs Leben im 21. Jahrhundert vorbereitet. Im internationalen Vergleich mit modernen Bildungssystemen wäre Sachsen genauso unterlegen wie jedes andere deutsche Bundesland.
Frau Schopper zehrt doch selbst nur davon, dass sie mal in der Schule war, ansonsten lässt sich aus ihrer Vita nichts ableiten, warum sie Kultusministerin sein darf. Und die Entscheidungen, die sie trifft, fußen auf ihren Kindheitstraumatas, zum Beispiel ihre schlechten Erfahrungen im Sportunterricht…dann passt das ja alles wieder, lauter Blinde.
Ich finde es grundsätzlich richtig, dass es die Kultusministerien nicht interessiert, wie sie bewertet werden und ich fänd es bei Schulen ebenso gut, wenn es so wäre.
Die Aufgabe von Schulen und Schulministerien ist nicht, alle zufrieden zu stellen und zu hofieren, sondern eine hoheitliche Aufgabe. Schlimm genug, dass die Politiker bereits immer so handeln, dass nur ja den Eltern nicht auf den Schlips getreten wird.
Beste Kommentar!
Gerade die Selbstkritik des Kultus vermisse ich in Sachsen am meisten.
Und das regt Lehrerinnen und Lehrer auf.
Auf der Webseite des Kultus wird so manch kritische Stimme gerne mal zensiert. Selbst ausprobiert.
Übrigens: Fragen Sie mal Lehrerinnen und Lehrer, was sie von ihrem Arbeitgeber halten.
Ein Stern zuviel?