Private Hochschulen kämpfen um Studierende – in Zeiten des demografischen Wandels

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FRIEDRICHSHAFEN. Für das Studium bezahlen, um in kleineren Gruppen zu studieren. Private Unis machen den staatlichen Hochschulen Konkurrenz. Angesichts des demografischen Wandels setzen viele von ihnen auf weitere Internationalisierung. Ein Beispiel aus Baden-Württemberg.

Für viele Studenten in Baden-Württemberg beginnt so langsam die Vorlesungszeit. Das Wintersemester an vielen Privat-Unis hat schon begonnen. An der Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen am Bodensee etwa sind seit September rund 750 Studentinnen und Studenten eingeschrieben. Die Zahl sei in den vergangenen Jahren gesunken, heißt es in der Einrichtung, die in diesem Jahr ihr 20-jähriges Bestehen feiert. Der demografische Wandel mache sich überall bemerkbar.

Ein Student schaut in die Kamera, hinter ihmverschwommen eien Lerngruppe in einer Bibliothek
Trotz der Möglichkeit, gebührenfrei zu studieren, entscheiden sich auch in Deutschland viele junge Menschen für ein Studium an einer privaten Hochschule. Die Goldgräberstimmung scheint allerdings verflogen. Foto: Shutterstock

Dieses Problem würden alle Unis langsam zu spüren bekommen, sagte der Präsident der Zeppelin Universität, Professor Klaus Mühlhahn. «Das merken auch schon die staatlichen Universitäten.» Vielleicht weniger in den Ballungszentren wie München, Köln und Berlin. «Aber es findet fast überall statt.»

Die meisten Studierenden würden über Empfehlungen den Weg zur ZU finden, an der auch schon die Tochter von TV-Moderator Günther Jauch studiert habe. Absolventen seien quasi die «Marken-Botschafter» der Hochschule. «Wenn sie hier eine gute Zeit hatten und viel gelernt haben, ist das die beste Werbung für uns.» Fast 70 Prozent der jungen Männer und Frauen würden über Empfehlungen kommen.

«Wir müssen aber auch Marketing machen», erklärte Mühlhahn. Das sei aber bei vielen staatlichen Hochschulen genauso. Über das Internet, Schulbesuche oder Messen werde für die ZU geworben. Um die 5000 Euro zahle man pro Semester.

Das Klischee vom schnöseligen Privat-Uni-Studenten habe ihn im Vorfeld etwas abgeschreckt, sagte Amar Günther aus Leipzig, der aktuell der studentische Vizepräsident der ZU ist. Das Programm der Uni habe ihn aber überzeugt.

Davor habe er viel rumprobiert, eine Kochausbildung angefangen, Informatik und Afrikanistik an der Uni Leipzig studiert. Aber erst an der ZU fühle er sich angekommen. «Das Miteinander ist hier sehr besonders», sagte der 22-Jährige. Soziologie, Politik und Wirtschaft studiere er gerade. Mit einem Stipendium und Ersparnissen finanziere er sein Bachelor-Studium.

Konkurrieren würde man weniger mit privaten, sondern eher mit staatlichen Unis, sagte Mühlhahn. Weil die regional weit verbreitet seien. Das besondere an den Privaten: «Für uns sind kleine Gruppen wichtig. Professoren und Studierende sollen sich kennen», betonte der ZU-Präsident. «Deshalb kommen die jungen Menschen zu uns.» Im Wettbewerb werde auch genau das betont.

In Baden-Württemberg gibt es laut dem Wissenschaftsministerium aktuell 23 nichtstaatliche Hochschulen und drei universitätsgleiche. Die erste Privat-Uni war demnach die Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg, die 1979 gegründet wurde. 1995 bekam sie das Promotionsrecht.

Die anerkannten Hochschulen seien eine begrüßenswerte Ergänzung, hieß es vom Ministerium. Mehr als 32 000 Studierende waren den Angaben nach im vergangenen Wintersemester an privaten Hochschulen in Baden-Württemberg eingeschrieben. Die Bandbreite der Angebote sei groß.

Ob ein privater Anbieter zu kämpfen habe, hänge stark von den Studiengängen und Modellen ab, sagte eine Sprecherin vom Verband der Privaten Hochschulen in Berlin. Fernstudien seien aktuell sehr gefragt, weil sie sehr viel Flexibilität ermöglichten. Man könne nebenher arbeiten oder Familienangehörige pflegen. Auch die Rekrutierung außerhalb Deutschlands sei wichtig.

«Wir schauen wie viele Privat-Unis auch darauf, wie wir unsere Programme zeitgemäßer gestalten können», sagte ZU-Präsident Mühlhahn. Ein wichtiger Punkt sei die Internationalisierung. «In Deutschland ist der demografische Wandel da, weltweit sieht es aber natürlich ganz anders aus.»

Im vergangenen Jahr sei ein rein englischsprachiges Master-Programm gestartet worden. «Der Studiengang „International Relations and Global Politics“ gehört jetzt schon zu unseren bestlaufenden Programmen.» Mehr Englisch sei sicher ein Weg für die Zukunft. (Aleksandra Bakmaz, dpa)

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