BERLIN. Die Pisa-Studie hat einmal mehr gehörig für Wirbel in Deutschland gesorgt. Was lässt sich daraus ableiten? Der bildungspolitische Streit darüber wird die nächsten Monate prägen. Umso wichtiger erscheint es zu wissen, was wirklich erhoben wurde und welche Schlussfolgerungen sich direkt daraus ziehen lassen. Wir dokumentieren die wichtigsten Ergebnisse – Teil zwei.
Sozioökonomisches Leistungsgefälle
- In Deutschland zählten 31 % der Schüler*innen (der größte Anteil) zum obersten internationalen Quintil der sozioökonomischen Skala, d. h., sie gehörten zu den privilegiertesten Schüler*innen, die 2022 an den PISA-Tests teilnahmen. Ihre durchschnittliche Punktzahl in Mathematik betrug 534 Punkte. Dies ist einer der höchsten Werte für Schüler*innen mit ähnlichem sozioökonomischem Hintergrund.
- In Deutschland lagen die Mathematikleistungen der sozioökonomisch begünstigten Schüler*innen (der obersten 25 % bezogen auf den sozioökonomischen Status) um 111 Punkte über denen der benachteiligten Schüler*innen (der untersten 25 %). Damit war der Abstand zwischen diesen beiden Gruppen größer als im OECD-Durchschnitt (93 Punkte).
- Etwa 10 % der sozioökonomisch benachteiligten Schüler*innen in Deutschland platzierten sich im obersten Quartil der Leistungsverteilung. Diese Schüler*innen können als im schulischen Bereich resilient betrachtet werden, weil sie trotz ihrer sozioökonomischen Benachteiligung Spitzenleistungen im Vergleich zu den anderen Schüler*innen ihres Landes erzielt haben.
Geschlechtsspezifische Leistungsunterschiede
- In Deutschland erzielten die Jungen in Mathematik 11 Punkte mehr als die Mädchen, während die Mädchen im Bereich Lesekompetenz um 19 Punkte besser abschnitten. Insgesamt erbrachten die Jungen in 40 Ländern und Volkswirtschaften, die Mädchen in 17 bessere Leistungen im Bereich Mathematik. In Lesekompetenz hatten die Mädchen im Durchschnitt in allen außer zwei Ländern bzw. Volkswirtschaften, die an PISA 2022 teilnahmen (79 von 81), einen Leistungsvorsprung.
- In Deutschland war der Anteil der leistungsschwachen Jungen (28 %) und Mädchen (31 %) in Mathematik ähnlich hoch; in Lesekompetenz ist der Anteil der Jungen aber höher (22 % der Mädchen und 29 % der Jungen erfüllten die Anforderungen von Stufe 2 in diesem Kompetenzbereich nicht). Was die besonders leistungsstarken Schüler*innen betrifft, so ist der Anteil in Mathematik unter den Jungen (10 %) höher als unter den Mädchen (7 %); im Bereich Lesekompetenz ist der Anteil jedoch unter den Mädchen höher (9 % der Mädchen und 7 % der Jungen erreichten Stufe 5 oder 6 in diesem Kompetenzbereich).
- Zwischen 2012 und 2022 schwächten sich die Mathematikleistungen unter den Jungen und Mädchen in Deutschland gleichermaßen ab.
Migrationshintergrund und Schülerleistungen
- Von Schüler*innen mit Migrationshintergrund wird gesprochen, wenn kein Elternteil in dem Land bzw. der Volkswirtschaft geboren ist, in dem/der die Schüler*innen an den PISA-Tests teilgenommen haben. Bei den Schüler*innen mit Migrationshintergrund kann zwischen erster und zweiter Generation unterschieden werden. Als „erste Generation“ gelten Schüler*innen, die ebenso wie ihre Eltern außerhalb des Erhebungslandes geboren sind. Als „zweite Generation“ gelten Schüler*innen, die im Erhebungsland geboren sind, deren Eltern jedoch außerhalb des Erhebungslandes geboren sind.
- Der Anteil der Schüler*innen mit Migrationshintergrund betrug in Deutschland im Jahr 2022 26 % (im Vergleich zu 13 % im Jahr 2012). Bei 9 % der 15-jährigen Schüler*innen handelte es sich 2022 um Schüler*innen mit Migrationshintergrund der ersten Generation, d. h., sie wurden in einem anderen Land bzw. einer anderen Volkswirtschaft geboren, und ihre Familien sind erst in den letzten Jahren nach Deutschland gezogen. Von diesen Schüler*innen der ersten Generation sind 19 % eingereist, als sie nicht älter als 5 Jahre waren; 20 % sind erst nach Vollendung des 12. Lebensjahres nach Deutschland gekommen und haben somit die Grundschulzeit in einemanderen Bildungssystem abgeschlossen.
- Schüler*innen mit Migrationshintergrund weisen in Deutschland in der Regel ein ungünstigeres sozioökonomisches Profil auf als Schüler*innen ohne Migrationshintergrund. 25 % aller Schüler*innen gelten als sozioökonomisch benachteiligt, unter Schüler*innen mit Migrationshintergrund liegt der entsprechende Anteil indessen bei 42 %. Etwa 63 % der zugewanderten Schüler*innen (und 5 % aller übrigen Schüler*innen) gaben an, dass sie zu Hause meist eine andere Sprache sprechen als die, in der sie die PISA-Tests absolviert hatten.
- In Mathematik haben Schüler*innen ohne Migrationshintergrund im Durchschnitt einen Leistungsvorsprung von 59 Punkten gegenüber Schüler*innen mit Migrationshintergrund, was einer signifikanten Differenz entspricht. Wird dem sozioökonomischen Profil der Schüler*innen Rechnung getragen, ist ein signifikanter Leistungsvorsprung der Schüler*innen ohne Migrationshintergrund von 32 Punkten festzustellen.
- Im Bereich Lesekompetenz beträgt der durchschnittliche Leistungsvorsprung der Schüler*innen ohne Migrationshintergrund gegenüber den Schüler*innen mit Migrationshintergrund 67 Punkte – eine signifikante Differenz. Nach Berücksichtigung des sozioökonomischen Profils der Schüler*innen ist ein signifikanter Leistungsvorsprung der Schüler*innen ohne Migrationshintergrund von 40 Punkten zu beobachten. News4teachers
Quelle: www.oecd.org/publication/pisa-2022-results/country-notes/germany-1a2cf137/
Hier geht es zu Teil drei der Pisa-Fakten.
Hier geht es zu Teil eins der Pisa-Fakten:
Pisa-Fakten: Fast 40 Prozent der Schüler hören ihren Mathe-Lehrkräften nicht zu
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