Betreuung oder Förderung? Kommunen und Land streiten um gebundenen Ganztag

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Der Städtetag in NRW fordert ein Recht auf Einrichtung eines für alle Kinder verpflichtenden Ganztages an Grundschulen. «Schulträger müssen das Recht bekommen, den gebundenen Ganztag an Grundschulen einzuführen», sagte Helmut Dedy, Geschäftsführer des Städtetages NRW, der «Rheinischen Post». Die Schulministerin reagiert verhalten.

Im Kern geht es beim Streit um den Ganztag um die Frage der Finanzierung. Foto: Shutterstock

Bislang ist dies Dedys Angaben zufolge in einem Erlass geregelt und die Städte auf Einzelfallentscheidungen des Landes angewiesen. Sie müssten dieses Recht aber auch einfordern können, forderte Dedy. Die Landesregierung müsse diese Möglichkeit im Schulgesetz verankern.

Aus Sicht des Städterats sind verpflichtende Ganztagsgrundschulen gerade in Stadtvierteln mit «besonders großen Herausforderungen» sinnvoll, «um Kindern mehr Zeit und intensivere Betreuung in der Schule zu bieten». Der Städterat bekomme außerdem zahlreiche Rückmeldungen von Eltern, die eine Ganztagsschule wollten, weil sie berufstätig seien.

NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) reagierte gegenüber der Zeitung skeptisch auf die Forderung. «Wir haben erstmal eine andere große Hausaufgabe vor uns. Ab August 2026 wird der Rechtsanspruch auf einen Platz im Ganztag eingeführt, den müssen und werden wir mit der Offenen Ganztagsschule umsetzen», sagte Feller. Das habe Priorität.

«Ich bezweifle auch, dass sich wirklich so viele Eltern einen gebundenen Ganztag wünschen», fügte Feller hinzu. Bei Offenen Ganztagsschulen (OGS) können Eltern wählen, ob sie ihre Kinder am Zusatzangebot am Nachmittag teilnehmen lassen. Dabei handelt es sich aber in der Regel lediglich um ein Betreuungsangebot. Bei gebundenen Ganztagsschulen ist die Teilnahme hingegen verpflichtend – bei schulischer Förderung auch am Nachmittag.

Knackpunkt ist die Finanzierung: Für ein Betreuungsangebot am Nachmittag dürfen Elternbeiträge eingesammelt werden. Dafür sind dann auch die Kommunen zuständig. Schulgeld hingegen wäre nicht zulässig – das Land müsste allein für das zusätzliche Personal sorgen.

Im NRW-Haushaltsentwurf für 2024 ist eine Aufstockung um 38.000 OGS-Plätze auf 430.500 vorgesehen. Die Ausgaben zur Finanzierung des benötigten Personals wurden nach Angaben des Schulministeriums von 454 Millionen Euro im Jahr 2017 auf 715 Millionen Euro im Jahr 2023 erhöht. 2024 sollen die Mittel um 65 Millionen Euro auf dann rund 780 Millionen steigen. Ab 2026 greift in den Grundschulen schrittweise ein bundesweiter Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung.

Die Kultusministerkonferenz hatte zuletzt einstimmig (also auch mit Fellers Votum) einen Kriterienkatalog für einen guten Ganztag aufgestellt, der sich praktisch im Offenen Ganztag nicht erfüllen lässt. «Lernen über den ganzen Tag in einer pädagogisch durchdachten Lernkultur ermöglicht individuelles Lernen. Konzepte der stärkeren Verzahnung von Unterricht und außerunterrichtlichen Angeboten und der damit korrespondierenden erweiterten pädagogischen Möglichkeiten tragen zum erfolgreichen Lernen der Kinder bei», so heißt es darin. News4teachers / mit Material der dpa

Kultusminister stellen Kriterienkatalog für eine gute Ganztagsschule auf – ohne zu erwähnen, wer diesen umsetzen soll (sie selbst?)

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4 Kommentare
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Realist
3 Monate zuvor

Die Kommunen haben kein Geld und kein zusätzliches Personal.

Die Länder haben kein Geld und kein zusätzliches Personal.

Aber man hat es doch dem Wähler versprochen… und dem ist der Unterschied zwischen „Betreuung“ und „Förderung / Unterricht“ mehrheitlich egal. Hauptsache es kostet nichts.

Also: Wem fällt eine kosteneutrale Lösung (für Kommunen, Ländern und Eltern) ein, die auch kein neues Personal braucht?

Tipp: Es müsste jemand, der „schon da“ ist, die Betreuung / den Unterricht an einem Ort machen, an dem die Schüler auch „schon da“ sind… wer könnte das nur sein… gut, dass es dabei (noch) keine Arbeitszeiterfassung gibt, die könnte bei der Lösung dieses Problems nur stören…

Egvina
3 Monate zuvor

Gebundener Ganztag für die ganz Kleinen. Super Idee! Was bin ich froh, dass meine Kinder aus dem Alter raus sind.

Cuibono
3 Monate zuvor

Gebundener Ganztag käme nur in Frage, wenn das Angebot vor Ort auch richtig gut ist.
Das Problem mit den gebundenen GTS: sie sind maximal unflexibel (Kind 15 Minuten eher abholen, damit es zum Musik- oder Sportverein gehen kann (Was in der GTS nicht angeboten wurde), ging gar nicht. Und das, obwohl kein Unterricht sondern nur Betreuung stattfand (die Kinder konnten irgendetwas spielen).

Nö, so wird das nix.

Ina Weidner
3 Monate zuvor

Die Ganztagsschulen in freier Trägerschaft
machen es uns vor.
Man könnte deren Konzept mal anschauen
und Einiges übernehmen.
Wir denken zu kompliziert.
Prinzip Tandem.Lehrer und Erzieher arbeiten gemeinsam.
Grundlage ist der Schuljahresarbeitsplan der gemeinsam erstellt wird.
Die Prioritäten ist nicht das Geld.Sondern Unsere Kinder und nicht zuvergessen unsre Eltern.