Schulen müssen schneller auf Rechtsextremismus reagieren – AfD beklagt „krassen Druck“

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POTSDAM. Rund ein Dreivierteljahr nach Bekanntwerden eines Brandbriefs zweier Lehrer wegen Rechtsextremismus will ein neues Gesetz in Brandenburg für schnellere Reaktionen der Schulen sorgen. Der Landtag diskutiert kontrovers.

Der Brandbrief von Lehrkräften aus Burg sorgte bundesweit für Schlagzeilen. Foto: Shutterstock

Die Brandenburger Schulen müssen schneller als bisher auf Rechtsextremismus reagieren – auch als Konsequenz aus Vorfällen an einer Schule im Spreewald. Der Landtag beschloss am Donnerstag mit Mehrheit ein neues Schulgesetz. Danach müssen die Schulen Vorfälle zur Verherrlichung des Nationalsozialismus sowie antisemitische oder rassistische Vorfälle unverzüglich dem Schulamt melden. Dies war bisher nicht zwingend vorgeschrieben. Mit dem Gesetz soll außerdem die Digitalisierung an Schulen vorangetrieben werden. Die AfD stimmte dagegen, die Linke enthielt sich.

Im April hatten eine Lehrerin und ein Lehrer einer Schule in Burg im Spreewald in einem offenen Brandbrief geschildert, sie seien täglich mit Rechtsextremismus, Sexismus und Homophobie konfrontiert. Nach Anfeindungen aus der rechten Szene verließen sie die Schule. Aber auch andere Schulen haben ähnliche Vorfälle gemeldet.

Bildungsminister Steffen Freiberg (SPD) warb für die Änderung. «Künftig werden Schulleitungen und Lehrkräfte noch effektiver auf extremistisches, antisemitisches oder rassistisches Verhalten reagieren können», sagte Freiberg. Die Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen lägen im Ermessen der Schule.

Die AfD-Fraktion warf der rot-schwarz-grünen Koalition vor, Kritiker mundtot machen zu wollen. «Mit dem, was sie tun, unterdrücken sie unliebsame Meinungen, sie zerren die Schulen in parteipolitische Auseinandersetzungen hinein, die dort nicht hingehören», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Dennis Hohloch. Außerdem sorge der Paragraf für «krassen Druck» auf Lehrer und Schüler.

Grünen-Fraktionschefin Petra Budke verteidigte die Regelung. «Es ist richtig, dass wir hinsehen und dass wir rechtzeitig handeln, wenn an Schulen etwas schief läuft», sagte sie. Die Linksfraktion warf der AfD vor, sie habe Angst vor der schnelleren Meldung von Rechtsextremismus, weil dies ihr gefährlich werden könne. «Es geht um den Schutz unserer Demokratie an unseren Schulen», sagte die Abgeordnete Kathrin Dannenberg.

Der digitale Unterricht zuhause wird mit ins Gesetz aufgenommen als eine mögliche Ergänzung zum Präsenzunterricht. In der Corona-Pandemie waren Schulen zeitweise zum Schutz vor Ansteckung geschlossen. Das hatte teils zu scharfer Kritik geführt. Schulen sind mit dem neuen Gesetz außerdem dazu verpflichtet, Schutzkonzepte vor Gewalt zur Vermeidung von Kindeswohlgefährdungen zu erarbeiten. Mehr zusätzliche Kräfte sollen den Lehrkräften Verwaltungsaufgaben abnehmen. News4teachers / mit Material der dpa

„Wir haben es mit einer aggressiveren Elternschaft zu tun“: Wie der neue Schulleiter in Burg gegen Rechtsextremismus ankämpft

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3 Kommentare
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Rainer Zufall
6 Monate zuvor

Eine wertvolle Diskussion. Als Nächstes: dürfen Kannibalen keine Mitmenschen essen, obwohl sie lecker aussehen?
Nicht vorschnell urteilen, das stärkt die Kannibalen oder whatever! 😛

Aber im Ernst: gibt es noch andere Straftaten, die nicht gemeldet werden sollen, weil sie angeblich „unliebsamen“ (verfassungswidrigen) Motiven entspringen?

Was mich wahrhaftig nervt, ist die Enthaltung der Linken. Ist hoffentlich ein WIRKLICH guter Grund

Unfassbar
6 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Das Schulamt wird viel zu tun bekommen, weil der Zuspruch für die afd sicherlich in Pausen besprochen wird, der nicht rechts Antisemitismus immer mal wieder durchkommt usw.. So oder so führt das zur Selbstzensur der Lehrer.

Indra Rupp
6 Monate zuvor
Antwortet  Rainer Zufall

Den versuche ich auch zu ergründen. Was meinen Sie?
Müssen extreme Positionen sich gegenseitig schützen? DDR-Erinnerungen? Oder pazifistisches Wange hinhalten und warten, dass die von selber lieb werden?