Schullandschaft im Wandel: Bürgerentscheid in Ostfriesland sorgt für Unsicherheit

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HANNOVER/KRUMMHÖRN. Kleineren Dorfschulen in Niedersachsen droht das Aus. Rund 80 Grundschulen verschwanden zuletzt landesweit. In Ostfriesland stimmt nun eine Gemeinde ab, wie ihre Schullandschaft künftig aussehen soll.

Die Zahl der Grundschulen ist in Niedersachsen in einem Zeitraum von zehn Jahren unterm Strich um 82 Einrichtungen zurückgegangen. Wie das Kultusministerium in Hannover auf Anfrage mitteilte, gab es zum letzten Stichtag im September 2022 insgesamt 1699 Grundschulen im Bundesland – zehn Jahre zuvor lag die Zahl bei 1781.

In den vergangenen Jahren mit vorliegenden Daten zwischen 2019 und 2022 blieb die Zahl stabil. Über die Einrichtung, Zusammenlegung oder Auflösung von Schulen entscheiden in Niedersachsen die Schulträger, also die Landkreise, Städte und Gemeinden. Genauere Daten oder Fälle liegen dem Ministerium eigenen Angaben zufolge daher nicht vor.

In der Regel würden Grundschulen von Schulträgern dann geschlossen werden, wenn die Schülerzahlen nicht mehr den Anforderungen für die Schulorganisation entsprechen, teilte das Ministerium weiter mit. Das bedeutet, Grundschulen müssen mindestens mit einem Klassenzug geführt werden. Dazu sind mindestens 24 Schülerinnen und Schüler nötig – es gibt aber auch Ausnahmen. «In der jüngsten Vergangenheit erfolgte die Schließung von Grundschulen nur in seltenen Fällen», hieß es.

Bürgerentscheid über Grundschulen in Ostfriesland

In der ostfriesischen Flächengemeinde Krummhörn (Landkreis Aurich) soll am Sonntag bei einem Bürgerentscheid über die künftige Schullandschaft entschieden werden. Abgestimmt werden wird unter anderem über den Erhalt oder die Aufgabe einzelner der insgesamt vier Grundschulen an den Standorten Greetsiel, Jennelt, Pewsum und Loquard. Diese Schulen besuchen zurzeit rund 400 Grundschülerinnen und Grundschüler. Bei den Grundschulen in Greetsiel und Loquard handelt es sich um kleine Dorfschulen, die einzügig sind.

Verschiedene Varianten wurden in der Gemeinde diskutiert. 2023 gab es einen Ratsbeschluss, nach dem zwei Grundschulstandorte geschlossen werden sollen. Nach Protest aus der Bevölkerung kam es nun zu dem Bürgerbegehren. Ein anderer Vorschlag sieht vor, nur eine Schule zu schließen und die drei übrigen Standorte zu erhalten.

Wahlberechtigt sind bei dem Entscheid 10.135 Bürgerinnen und Bürger. Das Ergebnis ist nach Angaben der Gemeinde verbindlich, wenn eine Mehrheit der abgegebenen Stimmen mit «Ja» stimmt und diese Mehrheit mindestens 20 Prozent der wahlberechtigten Einwohner beträgt. Das Ergebnis wurde für den Sonntagabend erwartet.

Anspruch auf Ganztagsbetreuung verändert Anforderungen

Laut der Gemeinde ist eine Neuausrichtung der Schullandschaft notwendig, da sich die Anforderungen an Grundschulen und auch Kindergärten massiv änderten. Teils gebe es einen Sanierungsbedarf. Es ändere sich aber auch der Platzbedarf durch längere Betreuungszeiten in der frühkindlichen Bildung und durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen ab 2026.

Der Ausbaustand der Ganztagsschulen liegt laut Kultusministerium zurzeit bei rund 70 Prozent. «Das zeigt, dass Niedersachsen auf einem guten Weg ist. Nichtsdestotrotz ist die Gewährleistung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule ab 2026 ein sehr ambitioniertes Ziel», teilte das Ministerium weiter mit. Insbesondere bauliche Maßnahmen sowie die personelle Ausstattung müssten noch stärker gefördert werden.

Wie sich die Zahl der Grundschulen in Niedersachsen insbesondere die der Dorfschulen im ländlichen Raum, perspektivisch entwickeln wird, lasse sich aus Landessicht nicht beurteilen, hieß es aus dem Ministerium, das weiterhin auf die für die Schulentwicklung zuständigen Schulträger verweist. Grundsätzlich sei festzuhalten, dass in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anstieg von Schülerzahlen gerechnet werde.

Seit 2019 verzeichnet Niedersachsen an allgemeinbildenden Schulen insgesamt und auch an Grundschulen landesweit steigende Schülerzahlen. Von 2019 bis 2022 stieg die Zahl demnach im Grundschulbereich landesweit von 282.512 auf 306.703. (Lennart Stock, dpa)

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AA-Stiftung
2 Monate zuvor

Nach einem Artikel hier bei n4t sinken die Schülerzahlen ab 2030 wieder. Die Schulträger brauchen bei ihren Schließungsplänen nur auf Zeit zu spielen.