Söder kündigt mehr Deutschunterricht in der Grundschule an (was wegfällt? Offen)

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BAD STAFFELSTEIN. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat auf der Winterklausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz Konsequenzen aus der Pisa-Studie angekündigt. So soll an Bayerns Grundschulen künftig mehr Deutsch unterrichtet werden: eine Stunde zusätzlich pro Woche in jeder Klassenstufe. Zudem bekräftigte Söder, dass die verpflichtenden Sprachtests vor der Einschulung wie geplant zum Beginn des nächsten Schuljahres 2024/25 eingeführt werden sollen. Lehrerverbände begrüßten die Ankündigungen.

„Das soll keine Stunde mehr sein“: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Foto: photocosmos1 / Shutterstock

Für die zusätzliche Deutschstunde soll anderes wegfallen – was, das ließ Söder offen. Er schlug aber vor, man müsse überlegen, ob es wirklich Englisch-Stunden in der dritten und vierten Klasse brauche – und wie viel Digitalisierung in den ersten Schuljahren wirklich nötig sei. «Das soll keine Stunde mehr sein, sondern dafür muss eben was anderes weniger werden», sagte Söder.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) begrüßte die Ankündigung grundsätzlich. BLLV-Präsidentin Simone Fleischmann mahnte aber klare Leitlinien zur Umsetzung an. «Wie so oft erzeugen solche stichpunktartigen Ankündigungen meist nur Fragezeichen und Unsicherheit», sagte sie. «Jetzt ist eine professionelle, wissenschaftlich fundierte und nachhaltige Umsetzung gefragt.»

«Ja, Deutsch sprechen zu können ist eine Kernkompetenz. Und prima, wenn nun auf diese Kernkompetenz fokussiert wird», sagte Fleischmann. «Aber wie genau eigentlich soll dies nun geschehen? Was genau soll denn dann wegfallen zugunsten des Deutsch-Unterrichts? Auf was können wir keinesfalls verzichten? Und wer entscheidet denn darüber?» Die Feststellung, dass Deutsch sprechen zu können das Allerwichtigste sei, sei «selbstverständlich wunderbar». Die genaue Umsetzung aber sei eben nicht mehr ganz so leicht. «Der BLLV ist dafür, eine profunde Diskussion zu führen, wie dieses gut gemeinte Ziel konkret an den Schulen vor Ort umgesetzt werden kann. Es braucht einen verlässlichen rechtlichen Rahmen. Es braucht klare Vorgaben.»

Zudem müssten Lehrerinnen und Lehrer vor Ort flexibel agieren können. «Diese müssen dann in diesem festgelegten Rahmen flexibel, je nach vorhandenen Gegebenheiten vor Ort, entscheiden können, wie der Fokus auf diese Deutsch-Kompetenzen gesetzt werden kann», forderte sie. Der BLLV sei gespannt, wie das Kultusministerium nun reagieren werde und welche Flexibilität die Lehrkräfte jetzt bekämen. «Oder entscheidet der Ministerpräsident nun auch noch persönlich, was an den Schulen gestrichen werden muss?», fragte Fleischmann.

Michael Schwägerl, Vorsitzender des Bayerischen Philologenverbands, sieht die Staatsregierung mit mehr Deutschunterricht in den Grundschulen und einer besseren Sprachförderung in den Kitas auf dem richtigen Weg: «Die Stärkung der Sprachkompetenz ist ohne Zweifel der richtige Weg. Die Beherrschung der deutschen Sprache ist schließlich die Grundlage für eine erfolgreiche Schullaufbahn, für das spätere Berufsleben und insbesondere für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in einer Demokratie. Die zunehmende Zahl von Kindern und Jugendlichen mit nicht-deutschem familiären Sprachhintergrund bedarf eines konzertierten Konzeptes. Massive Sprachförderung in den Kitas muss mit einem auf Basiskompetenzen fokussierten Grundschulunterricht Hand in Hand gehen.»

Offen bleibe allerdings, welche qualifizierten Personen in Zeiten von Lehrermangel das Mehr an Unterricht übernehmen sollen. «Wir erinnern deshalb an den kosten- und personalneutralen Vorschlag des Bayerischen Philologenverbandes, die zwei Englischstunden in der dritten und vierten Klasse für zusätzlichen Deutschunterricht einzusetzen.» News4teachers / mit Material der dpa

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Leseverständnisfan
3 Monate zuvor

Toll finde ich immer diese Königsattitüde vom Markus. Er verkündet, bestimmt, gibt vor, ordnet an, und die (auch Minister- und Ministerinnen-) Lakaien dürfen ausführen. Herrlich! Lassen wir ihn doch Bundeskanzler werden und beobachten, wie er diesbezüglich in Berlin zurechtgestutzt wird!

dickebank
3 Monate zuvor

Königsattitüde ist gut – hoffentlich sind die bayrischen Seen nicht zugefroren.

Unfassbar
3 Monate zuvor

Die Umsetzbarkeit ist ganz einfach: Die Kinder mit ausreichenden Deutschkenntnissen kriegen Englisch oder bei Bedarf Matheförderung, die ohne halt Deutsch. Das müsste klassenübergreifend ohne weiteres Personal funktionieren.

lehrer002
3 Monate zuvor

Den Englischunterricht zu streichen, ist der falsche Weg. In Bayern wird bereits jetzt vergleichsweise wenig Englisch erteilt. Der Unterricht beginnt erst ab Klasse 3 und umfasst trotzdem nur 2 Wochenstunden – das größte deutsche Bundesland NRW sieht 3 Wochenstunden ab Klasse 3 vor.
Religion wird in Bayern hingegen im Übermaß erteilt (in Klasse 3 und 4 dreistündig). Hier ist sicherlich mindestens eine entbehrlich!

ed840
3 Monate zuvor
Antwortet  lehrer002

Trotzdem schnitt das größte deutsche Bundesland bei IQB 2022 im Fach Englisch unter dem Bundesdurchschnitt ab und auch bis zu 30 Punkte schlechter ab als Bayern auf Rang 1. Es kommt vermutlich nicht allein auf die Anzahl der Unterrichtsstunden in der Grundschule an.

Yvi
3 Monate zuvor

Soll er den Religionsunterricht aussortieren! Braucht kein Mensch. Am besten mal das ganze Schulsystem hinterfragen.
Aber nichts zu tun ist vermutlich der bequemere Weg

Tiefling
3 Monate zuvor
Antwortet  Yvi

Religionsunterricht aussortieren halte ich in diesen Zeiten von religiös geprägten Populismus äußerst fragwürdig.
Umstrukturieren sollte man Religionsunterricht – evtl. zu Allgemeiner Religionskunde. Aber nicht aussortieren!

Teacher mit Herz
3 Monate zuvor

Verbindliche Sprachtests vor der Einschulung sind sicher keine schlechte Idee – aber was passiert denn, wenn ein Kind diesen nicht besteht? Ich habe seit Jahren regelmäßig auch Erstklässler, die kein Wort Deutsch sprechen, wenn sie zur Schule kommen. Dazu nich eine Reihe, die die Sprache nur in sehr geringenm Maße beherrscht. Rückstellung kann keine Lösung sein, denn wenn diese Kinder noch ein weiteres Jahr in ihren (meist bildungsfernen) Familien betreut werden, lernen sie nichts dazu. Kindergartenplätze gibt’s für diese Kinder aber auch nicht. Und machen wir uns nichts vor, Förderung in der Kita ist eh illusorisch,da auch dort das Personal an allen Ecken und Enden fehlt.

Lehramtsaussteiger
3 Monate zuvor

Da bei Söder das meiste eh nur Dampfplauderei ist, muss man sich nicht allzuviel Sorgen machen.

Teacher Andi
3 Monate zuvor

Das typische Generalbashing gegen Söder? Wenn es an den Grundschulen Sprachprobleme mit deutsch gibt, was ist dann so verwerflich, dafür eine Lösung zu finden? Und ehrlich gesagt, ich habe gestern ein Interview mit Frau Lang erfolgt, da kann man eher von Dampfplauderei sprechen. Das war zum Fremdschämen.

GriasDi
3 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Das ist nicht Generalbashing, sondern Erfahrung. Was hat der Herr Söder nicht schon alles gefordert. Was hat er umgesetzt? Fast nichts.
Bayern barrierefrei bis 2020. Moore schützen. Usw.

ed840
3 Monate zuvor
Antwortet  GriasDi
Teacher Andi
3 Monate zuvor
Antwortet  GriasDi

Ich finde schon, dass er in Bayern viel durchgesetzt hat. Er ist nun mal nicht in der Regierungsverantwortung, aber wenn ich ihn so mit den Regierungsmitgliedern, selbst Herrn Scholz, vergleiche und was die fabrizieren, da ist mir ein Herr Söder tausendmal lieber, auch wenn ich nicht mit allem so einverstanden bin.

EmpiD
3 Monate zuvor
Antwortet  Teacher Andi

Probleme mit Deutsch werden durch mehr unzureichenden Deutschunterricht auch nicht gelöst.

EmpiD
3 Monate zuvor

Deutschunterricht ist KEIN Fremdsprachenunterricht. Es würde genau gar nichts bringen, mehr von etwas zu verordnen, was schon seit 20 Jahren kontinuierlich schlechter funktioniert.

Dass Pisa so schlecht ist, liegt zu großen Teilen an der Bildungsungerechtigkeit in Deutschland, die Hand in Hand mit 26% Migrationsanteil der SuS einhergeht. Die Schlechten werden nur schlechter.
Jetzt Deutschstunden zu erhöhen ist wieder Clientel-/Symbolpolitik und die Kinder leiden drunter.
Es braucht Förderung und gezielte Investitionen. Auf jeden Fall aber mehr Fokus auf die Bildungsgerechtigkeit.

mama51
3 Monate zuvor
Antwortet  EmpiD

Auf jeden Fall aber mehr Fokus auf die Bildungsgerechtigkeit.

Bildungsgerechtigkeit …?
Die gäbe es erst dann, wenn alle Eltern annähernd gleich hohe / niedrige/ mittlere Einkommen hätten und alle zuhause annähernd gleich „gut Deutsch“ sprechen könnten…sowie ein fast einheitliches „Bildungsniveau“ vorherschte…

Und wieso sollten die Kinder unter mehr Deutschunterricht leiden?
Entweder sie leiden eh unter jedwedem Unterricht oder eben nicht. In beiden Fällen „stört“ eine Stunde mehr Deutsch die Befindlichkeiten sicher nicht!

EmpiD
3 Monate zuvor
Antwortet  mama51

Diese Annahme wage ich anzuzweifeln. Offensichtlich funktioniert der Deutschunterricht seit über 20 Jahren nicht all zu gut. Wie kann es also helfen, wenn man von etwas Schlechtem einfach mehr verordnet?
Bildungsgerechtigkeit kommt nicht dadurch zustande, dass alle gleich viel verdienen oder gleich gut Deutsch sprechen, das ist Unsinn. Bildungsgerechtigkeit ist, wenn alle die gleichen Chancen bekommen, unabhängig von Gehalt und sozialem Stand. Das deutsche Schulsystem bzw. das System überhaupt sorgt aber dafür, dass dies nicht gelingt.

Diese zusätzliche Stunden Deutsch kosten Geld und Aufwand, der keinen Effekt haben wird.
Du fragst, wieso die Kinder darunter leiden? Weil einmal mehr gezeigt wird, dass Symbolpolitik ohne Grundlage zum Stimmenfang wichtiger ist, als die wirklichen Belange der Kinder

GriasDi
3 Monate zuvor

Zitat:
„Jetzt ist eine professionelle, wissenschaftlich fundierte und nachhaltige Umsetzung gefragt.“

Was ist das für ein Quatsch Frau Fleischmann? Die Lehrkräfte wissen sicher sehr gut mit der zusätzlichen Stunde umzugehen. Die sind ja nicht doof und wissen, welche Defizite ihre SchülerInnen haben. Da muss nicht jahrelan an einem weltfremden Konzept gearbeitete werden.

R.W.
3 Monate zuvor

Immer weniger Schüler sprechen zuhause Deutsch und können in anderen Fächern gefördert werden. Im normalen Unterricht lässt sich das nicht ausgleichen ohne dass Lerntempo oder Niveau sinken. Durch zusätzlichen Unterricht lässt es sich (aufgrund des Lehrermangels) nicht auffangen. Aber das ist auch überhaupt nicht nötig. Eltern, die ihre Kinder fördern, tun das schließlich auch ohne eine Lehrerausbildung.