Antisemitismus: Ermittler gehen von gezieltem Angriff auf jüdischen Studenten aus

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BERLIN. Der Fall sorgt für Schlagzeilen. Ein propalästinensischer Student soll einen jüdischen Kommilitonen krankenhausreif geprügelt haben. Die Staatsanwaltschaft geht von Antisemitismus aus.

Die Freie Universität Berlin prüft rechtliche Schritte gegen den Angreifer. Foto: Shutterstock / myrmux

Die Berliner Staatsanwaltschaft geht nach dem Angriff auf einen jüdischen Studenten der Freien Universität Berlin (FU) von einer gezielten Tat aus. Die Ermittler stufen den Fall nach derzeitigem Stand als antisemitisch ein und gehen zugleich von einem Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt aus, wie ein Behördensprecher sagte. Aus Sicht der Staatsanwaltschaft wurde der 30-jährige Lahav Shapira als Stellvertreter einer bestimmten Personengruppe wegen ihrer zugeschriebenen politischen Haltung, Einstellung oder Engagements angegriffen. Der Vorfall werde daher der Hasskriminalität zugeordnet.

Shapira war am Wochenende mit Knochenbrüchen im Gesicht ins Krankenhaus gekommen. Ein 23 Jahre alter propalästinensischer Kommilitone soll ihn im Ausgehviertel in Berlin-Mitte krankenhausreif geschlagen haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach Angaben des Sprechers wegen gefährlicher Körperverletzung gegen den FU-Studenten mit deutscher Staatsangehörigkeit. Der Attacke soll eine kurze verbale Interaktion vorausgegangen sein, so dass die körperliche Auseinandersetzung für den Geschädigten tatsächlich unvermittelt gewesen sein soll, so der Sprecher. Die Polizei hatte anfangs von einem eskalierten Streit zwischen den beiden Studenten gesprochen.

Der Fall schlägt hohe Wellen. Von mehreren Seiten war eine Exmatrikulation des betreffenden Studenten gefordert worden. Laut FU ist dies in Berlin aus rechtlichen Gründen in solchen Fällen aber nicht möglich. Regierungschef Kai Wegner (CDU) hatte dazu am Mittwoch erklärt, die Hochschulen brauchten Instrumente, damit sie konsequent und schnell handeln könnten. «Wenn dazu eine Änderung des Hochschulgesetzes erforderlich sein sollte, werden wir in der Koalition darüber sprechen.»

Am Donnerstag trafen vor der FU-Mensa zwei Gruppen unterschiedlicher Lager aufeinander (News4teachers berichtete). Unter dem Titel «Solidarität mit Palästina» demonstrierten etwa 85 Menschen nach Polizeiangaben. Es habe etwa 25 Gegendemonstranten gegeben. Diese wollten nach eigenen Angaben ein Zeichen gegen Antisemitismus setzen, teils hatten sie Israelflaggen dabei. Zunächst waren der Polizei «keine nennenswerten Zwischenfälle» bekannt. Im Verlauf beobachtete eine dpa-Reporterin eine zunehmend aufgeheizte Stimmung. News4teachers / mit Material der dpa

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3 Kommentare
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Lisa
2 Monate zuvor

Weiterhin gute Besserung für Herren Shapira. Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen:: Hoffentlich muss er, wenn er wieder seine Uni betritt, nicht damit rechnen, auch noch auf den antisemitischen Täter zu treffen.

Ratlose
2 Monate zuvor

Die Grundpfeiler unserer demokratischen Gemeinschaft wie Menschlichkeit, Respekt und Toleranz wurden hier ganz offensichtlich nicht geachtet. Ein jüdischer Student wird von einem propalästinenschen Mitstudenten krankenhausreif geschlagen, nur weil er ein Jude ist.

„…..Die Ermittler stufen den Fall nach derzeitigem Stand als antisemitisch ein …“ und „…Der Vorfall werde daher der Hasskriminalität zugeordnet…“
Aber für weitergreifende Maßnahmen wie eine Exmatrikulation benötigten die Hochschulen erst noch Instrumente, um zukünftig konsequent und schnell handeln zu können? Es reicht nur für ein 3-monatiges Hausverbot? Danach darf der geschädigte Student wieder auf seinen hasserfüllten Täter in seiner Uni treffen?
Entschuldigung, aber da habe ich unsere Politiker wohl bisher immer falsch verstanden, die doch täglich herunterbeten, dass JEDER antisemitische Angriff sehr hart und mit aller Konsequenz bestraft werden soll. Mit welchen doppelten Maßstäben wird hier gemessen? Ich wünsche mir, dass in so einem Fall genauso konsequent gehandelt werden kann, wie es unter anderem in dem folgenden Fall in Köln möglich war:

Die Stadt Köln hat der Engelskirchener CDU-Politikerin Simone Baum fristlos gekündigt. Sie hatte an dem Treffen von Rechtsextremen und AfD-Mitgliedern in Potsdam teilgenommen. Simone Baum war bei der Stadt im Beschwerdemanagement im Umweltamt beschäftigt. Der Personalrat der Stadt hat ihrer Kündigung zugestimmt.

Aber vielleicht bringt ja jemand bald Licht in mein Unverständnis.

TaMu
2 Monate zuvor
Antwortet  Ratlose

Ich hoffe, dass es im Strafverfahren in diesem Fall zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung kommt.
Im Fall einer nicht deutschen Staatsbürgerschaft hoffe ich auf eine Ausweisung.
Ich würde erst dann an den angekündigten, harten Konsequenzen zweifeln, wenn das nicht geschehen sollte.
Leider habe ich genau daran leichte Zweifel.