Kita-Umfrage: Personalmangel verhindert (von der Politik geforderte) Sprachbildung

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BERLIN/DÜSSELDORF. Nach den enttäuschenden Ergebnissen der Pisa-Studie zeigten sich die politisch Verantwortlichen in einem Punkt überraschend einig: die Sprachförderung in der Kita müsse gestärkt werden. Eine Umfrage unter Kitaleitungen weist allerdings aktuell darauf hin, dass die frühkindlichen Bildungseinrichtungen mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen haben: Immer wieder können sie aufgrund des Personalmangels nicht einmal den Bestimmungen zur Aufsichtspflicht nachkommen.

Es wird enger: Laut dem Großteil der Kitaleitungen hat sich die Personalsituation innerhalb eines Jahres weiter verschlechtert. Symbolfoto: Shutterstock

Um eine gezielte Sprachförderung in der Kita gewährleisten zu können, müssen sich die Rahmenbedingungen im frühkindlichen Bildungsbereich in Deutschland deutlich verbessern. Darauf verweist eine nicht-repräsentative deutschlandweite Befragung von mehr als 3.000 Kitaleitungen, die der Verband für Bildung und Erziehung (VBE) beim Deutschen Kitaleitungskongress an diesem Dienstag in Düsseldorf vorgestellt hat. Demnach gab rund die Hälfte der Befragten (46,2 Prozent) an, «ausschließlich alltagsintegrierte Sprachbildung» als Form der sprachlichen Bildung in der Einrichtung anzubieten. Der Erhebung zufolge wünschen sich die Kitaleitungen auf diesem Feld vor allem mehr Sprachfachkräfte, mehr Fortbildungsangebote und praxistaugliche Methoden und Material.

Zwischen Oktober 2023 und Januar 2024 haben sich die Leitungskräfte an der freiwilligen Umfrage beteiligt. Die meisten Antworten (etwa 75 Prozent) kamen dabei aus Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg – den drei Bundesländern, deren VBE-Landesverbände die Untersuchung mitorganisiert haben.

Zeit- und Personalmangel die größten Probleme

Als größte Herausforderungen für die sprachliche Bildung in den Einrichtungen nannte fast die Hälfte (48,7 Prozent) der befragten Leitungskräfte Zeitmangel gefolgt von Personalmangel (31,7 Prozent) sowie die Zusammenarbeit mit den Eltern (20,3 Prozent). Der stellvertretende VBE-Vorsitzende, Tomi Neckov, betont den Bildungsauftrag der Kitas: «Wo kaum die Betreuung gewährleistet werden kann, bleibt die individuelle Förderung sprachlicher Kompetenz eine Wunschvorstellung.» Das könne sich eine Gesellschaft aber nicht leisten.

Neckov bezieht sich mit seiner Kritik auf die weiteren Ergebnisse der Befragung, wonach ein Großteil der Teilnehmenden über einen verschärften Personalmangel klagt. Mehr als 84 Prozent gaben an, dass sich die Personalsituation innerhalb eines Jahres weiter verschlechtert habe. Nahezu drei von vier Befragten (72 Prozent) berichteten, dass der Träger heute Personal einstellt, welches vor Jahren wegen unzureichender Qualifikation nicht eingestellt worden wäre. 54 Prozent schilderten sogar, dass sie in den zurückliegenden zwölf Monaten mehr als ein Fünftel der Zeit mit weniger Personal gearbeitet hätten, als in den Vorgaben vorgeschrieben, also mit weniger Personal, als es die Vorgaben, etwa zur Aufsichtsplicht, verlangen.

Das Verhältnis von Fachkräften zur Zahl der zu betreuenden Kinder ist den meisten Befragten zufolge noch immer weit von den wissenschaftlichen Empfehlungen entfernt. Die hohe Arbeitsbelastung der pädagogischen Fachkräfte führt aus Sicht der meisten befragten Kitaleitungen (95,7 Prozent) wiederum zu höheren Fehlzeiten und Krankschreibungen. Mehr als die Hälfte der Kitaleitungen (62,7 Prozent) berichtete zudem, dass sie über 60 Prozent ihrer gesamten Arbeitszeit allein für Leitungstätigkeiten benötigten – aber nur knapp 40 Prozent von ihnen steht dieser Umfang nach eigenen Aussagen vertraglich auch zur Verfügung.

In den Jahren der Elementarbildung werde das Fundament für den weiteren Bildungserfolg gelegt, so der stellvertretende VBE-Vorsitzende Neckov. Die politisch Verantwortlichen fordert er auf, die Kitas so auszustatten, dass sie diesem Auftrag gerecht werden könnten. Dazu gehöre neben der Personalgewinnung auch eine bessere Bezahlung. Laut Befragung stuft etwas mehr als die Hälfte der Kita-Leitungen ihr Gehalt bislang als eher unangemessen ein. News4teachers / mit Material der dpa

Informationen zur Umfrage
3.055 Kitaleitungen haben an einer Umfrage des Veranstalters Fleet Education in Zusammenarbeit mit dem Verband für Bildung und Erziehung und dessen Landesverbänden Baden-Württemberg, Bayern und Nordrhein-Westfalen teilgenommen. Die meisten Befragten kommen aus Baden-Württemberg (40,8 Prozent), Bayern (28,6 Prozent) und Nordrhein-Westfalen (17 Prozent). Die Verteilungen des Alters, des Geschlechts, der Qualifikation, der Trägerschaft und der Einrichtungsgröße sind laut Organisatoren vergleichbar zur Altersverteilung in der Grundgesamtheit der Kita-Einrichtungen (vergleiche Autorengruppe Fachkräftebarometer 2023, Statistiken der Kinder- und Jugendhilfe 2022).

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Minna
1 Monat zuvor

Nun, immerhin geht die Geburtenrate seit zwei Jahren steil nach unten – auch in Schweden. Die aktuelle Studie will dies auf 1. Impfung (erst noch warten) und 2. Krieg schieben, während der Beginn der Pandemie die Leute offenbar unbeeindruckt ließ? Wir haben eine Pandemie von Folgeschäden gerade auch unter jungen Menschen.
Es wird ohne Eindämmung von SARS-CoV-2 wohl so weitergehen. Gesundheitlich angeschlagene Familien verzichten auf weitere Kinder, junge Frauen mit Long Covid haben andere Sorgen und die Fertilität leidet ja auch noch. Die Säuglingssterblichkeit und Defekte haben auch zugenommen, aber Hauptsache Leute können jetzt brunchen.

Arno
1 Monat zuvor

Woher wissen wohl die „politisch Verantwortlichen“, dass Defizite bei 15-Jährigen im PISA-Test irgendwas Konkretes damit zu tun haben, dass die 10-12 Jahre vorher in der Kita waren (oder auch nicht) und was die Kita möglicherweise versäumt hat? Ich würde eher vermuten, man sucht Sündenböcke und demonstriert Aktivismus. Eigentlich sollten 9 Schuljahre ausreichen, um Kita-Defizite nicht mehr signifikant hervortreten zu lassen, oder? Ebenso wird man die Ursachen sprachlicher Schwächen von Studenten wohl nicht in erster Linie im Grundschulbereich suchen.
Ein Problem wird man nicht lösen können: Muttersprache bleibt Muttersprache. DaZ ist eben nicht dasselbe wie Deutsch als Muttersprache. Mir ist aber auch klar, dass unter glücklichen Umständen Kinder auch zwei Muttersprachen haben können (etwa eine Mutter- und eine Vatersprache). Nur wird das gerade in bildungsfernen Familien nicht so gut klappen.