Zehnjährige auf dem Schulweg entführt und missbraucht – Angeklagter gesteht

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LANDAU. Es ist ein Albtraum für Familie und Polizei: Ein Kind wird auf dem Schulweg entführt und missbraucht. Der Fall Edenkoben sorgte überregional für Aufsehen. Nun begann der Prozess – mit einer Erklärung.

Das Gericht hat zu entscheiden. Foto: Shutterstock

Rund sechs Monate nach der Entführung und dem sexuellen Missbrauch eines zehnjährigen Mädchens in Edenkoben (Pfalz) hat der Angeklagte die Tat zu Prozessbeginn eingeräumt. Der 62-Jährige sei bei diesen Vorwürfen vollumfänglich geständig und bedauere die Tat, erklärte dessen Verteidigerin am Freitag im Landgericht Landau in einer kurzen Stellungnahme. «Es wird nichts bestritten.» Auf die Frage der Richterin an den Angeklagten, ob dies seine Erklärung sei, bestätigte der Mann: «Ja. Ja.» Die Tat am 11. September 2023 hatte überregional für großes Aufsehen gesorgt.

In Handschellen war der mehrfach auch wegen Sexualstraftaten verurteilte Angeklagte in den Sitzungssaal 309 geführt worden. In einen grauen Parka gehüllt und mit rötlichem Pullover, verdeckte der untersetzte Mann sein Gesicht mit einer Papiermappe vor Fotografen. Den Kopf meist auf den rechten Arm gestützt, folgte der 62-Jährige mit Glatze und dünnem Oberlippenbart später den Ausführungen des Gerichts äußerlich weitgehend ungerührt.

Dem Angeklagten wird vorgeworfen, das Kind auf dem Schulweg in sein Auto gezerrt und in einem leer stehenden Gebäude missbraucht zu haben. Nach einer Verfolgungsfahrt wurde der Mann festgenommen und das Kind befreit. Die Staatsanwaltschaft strebt für den Mann aus Neustadt/Weinstraße die Sicherungsverwahrung im Anschluss an eine Haftstrafe an.

Das Mädchen habe sich gewehrt und um Hilfe gerufen, hieß es beim Verlesen der Anklage. Der «körperlich erheblich überlegene» Mann habe das Kind «mit großer Kraft ins Auto» gezerrt und das Kind verletzt. In einer ehemaligen Papierfabrik sei es zur Tat gekommen. Einigen Zuschauern kamen die Tränen. Beim Verlesen der Anklage mussten Publikum und Presse zeitweise den Saal verlassen. Es gehe um «schutzwürdige Interessen», hieß es.

Der Anklage zufolge hatte der Beschuldigte mit seinem Fluchtwagen ein anderes Fahrzeug gerammt, war auf einen Streifenwagen zugerast und zum Teil mit mehr als 100 Stundenkilometern unterwegs. Dazu äußerte sich der Mann nicht. Er schilderte ein von Haftstrafen geprägtes Leben. Er sei als eins von 13 Kindern aufgewachsen und «irgendwann kriminell» geworden. Heute sei er schwer krank und stehe vor einer Chemotherapie.

Das Interesse an dem Prozess ist groß. Es gelten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen im Justizpalast. Zwölf Verhandlungstage sind angesetzt. Das Urteil könnte im April fallen.

Die Tat hatte auch eine Diskussion über das zwangsweise Anlegen einer elektronischen Fußfessel ausgelöst. Der Mann war Mitte Juli 2023 aus der Haft entlassen worden und wurde engmaschig von der Polizei überwacht. Unter anderem wurde ihm untersagt, Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufzunehmen und sich in der Nähe von Spielplätzen, Schulen, Schwimmbädern und Kindergärten aufzuhalten. Ferner durfte er weder ein internetfähiges Handy noch einen Laptop besitzen, um keine Foto- oder Videoaufnahmen herzustellen.

Gegen diese Weisung hatte der Mann nach Angaben der Ermittler verstoßen. Auch Therapieangebote nahm er demnach nicht an. Zuvor hatte sich der Beschuldigte den Angaben zufolge ebenfalls geweigert, eine elektronische Fußfessel zu tragen. Die Behörden verwiesen damals darauf, dass eine Fußfessel nicht unter Zwang angelegt werden könne.

Wenige Tage vor der Tat beantragte die Staatsanwaltschaft einen Haftbefehl, weil der Mann gegen diese Auflagen verstoßen hatte. Die Akten mit dem Haftbefehl seien wegen der Erkrankung einer Mitarbeiterin erst nach der Tat beim Amtsgericht angekommen, hatte der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) mitgeteilt.

Nach dem Fall hatte Landesinnenminister Michael Ebling angekündigt, Rheinland-Pfalz wolle in der Novellierung des Polizei- und Ordnungsgesetzes den Rechtsrahmen für das Tragen einer elektronischen Fußfessel verschärfen – auch bei Sexualstraftätern. Der SPD-Politiker rechnet damit, dass die Novelle noch 2024 verabschiedet werden kann. Von Wolfgang Jung

Nach Entführungsfall: Schulen sollen Konzepte zur Anwesenheitskontrolle vorlegen

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2 Kommentare
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Lisa
1 Monat zuvor

„Zuvor hatte sich der Beschuldigte den Angaben zufolge ebenfalls geweigert, eine elektronische Fußfessel zu tragen. Die Behörden verwiesen damals darauf, dass eine Fußfessel nicht unter Zwang angelegt werden könne.“
Und dann ist die Reaktion: “ Gut, dann lassen wir das,“, nicht: “ Das oder Gefängnis!“?
Ich kann manchmal nicht glauben, wie schlecht Leben und Unversehrtheit gegenüber Eigentum in unserem Recht geschützt sind.

447
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Willkommen im sozialpädagogisierten „““Rechtssystem“““.

Wie bestellt, so geliefert.

Die Beamten handeln ja nicht so, weil sie das wollen. Sondern weil die Gesetze so sind. Die sind von entsprechenden Politikern gemacht.

Die wiederum sind von den Bürgern gewählt.