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Statistik zum Unterrichtsausfall: Nur drei von vier Stunden gemäß Stundenplan erteilt

DÜSSELDORF. Lange hat es keine offiziellen Zahlen mehr gegeben, wie viele Unterrichtsstunden in Nordrhein-Westfalen komplett ausfallen. Die erste Erhebung nach der Pandemie dürfte die Erfahrungen vieler Eltern bestätigen.

Voll ist anders. Foto: Shutterstock

Zum ersten Mal nach der Corona-Pandemie hat das nordrhein-westfälische Schulministerium am Montag wieder aktuelle Zahlen zum Unterrichtsausfall veröffentlicht. Über alle Schulformen hinweg ist demnach im ersten Schulhalbjahr 2023/24 rund jede 20. Unterrichtsstunde (4,7 Prozent) ersatzlos ausgefallen. Allerdings sei auch mehr Unterricht angesetzt worden als vor fünf Jahren, betonte Schulministerin Dorothee Feller (CDU).

Zur Einführung einer flächendeckenden Erhebung des Unterrichtsausfalls waren für das erste Halbjahr 2018/19 demgegenüber 3,3 Prozent kompletter Unterrichtsausfall ermittelt worden. Direkt anschließend war die Statistik ausgesetzt worden, weil es während der Corona-Pandemie über weite Strecken keinen regulären Unterricht mehr gab und die Schulen nicht mit Bürokratie belastet werden sollten. Die SPD-Opposition und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannten den Ausfall erschreckend hoch.

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Der Arbeitsauftrag bleibe, mehr Personal zu gewinnen, unterstrich Ministerin Feller in einer Mitteilung. Richtig sei aber auch, dass die öffentlichen Schulen in den Klassen 1 bis 10 im ersten Halbjahr pro Klasse und Woche durchschnittlich 1,8 Prozent mehr Unterricht angesetzt hätten als vor fünf Jahren. Trotz der höheren Ausfallrate verbleibe damit unter dem Strich immer noch ein Mehr an Unterricht.

«Gemäß Stundenplan» wurden den Angaben zufolge rund 78 Prozent des vorgesehenen Unterrichts erteilt (2018/19: 83 Prozent). Neben dem ersatzlos ausgefallenen Unterricht gab es auch Vertretungsunterricht in unveränderten Lerngruppen (8,1 Prozent) oder veränderter Zusammensetzung (1,6 Prozent), eigenverantwortliches Arbeiten (1,5 Prozent), Distanzunterricht (0,5 Prozent) sowie «Unterricht in besonderer Form» – etwa Exkursionen, Projekttage, Praktika, Schul- oder Sportfeste (5,3 Prozent). Die Rückmeldequote habe über alle Schulformen hinweg 100 Prozent betragen. Detaillierte Gründe für den Unterrichtsausfall sollen zusammen mit dem Gesamtbericht für das Schuljahr 2023/24 im vierten Quartal nachgeliefert werden.

Die GEW forderte angesichts der Gesamtzahl der nicht regulär erteilten Stunden eine Strategie der Landesregierung gegen Unterrichtsausfall. Die vielfältigen Ursachen belegten, dass eine Stellenkalkulation mit 100 Prozent nicht ausreiche, mahnte GEW-Landeschefin Ayla Çelik. «Wir fordern mindestens 110 Prozent.»

Insgesamt konnten ihr zufolge nur drei von vier Unterrichtsstunden gemäß Stundenplan erteilt werden. Bei beispielsweise 32 Unterrichtsstunden pro Woche bedeute diese Zahl, dass knapp acht Stunden im Schnitt pro Woche ausfallen. Çelik: «Das ist zu viel!
Berücksichtigt man zudem, dass Ausfälle wegen Krankheiten, Exkursionen und/oder Klassenfahrten hinzukommen, so ist es immens wichtig, dass die Schulen genügend Lehrkräfte haben.»

Ein Teil der höheren Ausfallrate ist aus Sicht des Schulministeriums auf zwei Sondereffekte zurückzuführen: Zum einen habe es im ersten Schulhalbjahr 2023/24 einen zusätzlichen pädagogischen Tag für digitales Lehren und Lernen gegeben. Zum anderen habe es im Herbst 2023 infolge außerordentlich häufiger akuter Atemwegserkrankungen einen erhöhten Krankenstand bei den Lehrkräften gegeben.

Die schulpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Dilek Engin, sprach dagegen von einer geschönten Statistik. «So musste im vergangenen Jahr beispielsweise eine Schule in Gelsenkirchen 200 von 1600 Stunden aus ihrer Stundentafel restlos streichen, weil sie nicht mehr über das entsprechende Lehrpersonal verfügt», argumentierte sie. Die Statistik bilde solche Fälle nicht angemessen ab. Besonders Schüler in sozialen Brennpunkten hätten Nachteile durch Unterrichtsausfall.

Feller versicherte, die Landesregierung scheue nicht davor zurück, den Unterrichtsausfall weiterhin systematisch und transparent zu erfassen und die Probleme klar zu benennen. Es werde alles getan, um zusätzliche Lehrer zu gewinnen, etwa mit der Qualifizierung von «Ein-Fach-Lehrkräften» und Seiteneinsteigern.

Darüber hinaus setze das Schulministerium weiter auf die Unterstützung sogenannter Alltagshelfer, die Lehrer von einfachen, nicht pädagogischen Tätigkeiten entlasten sollen. Inzwischen seien fast 1400 an Grund- und Förderschulen in NRW tätig. Da die Rückmeldungen sehr positiv seien, solle das Modell auf die Klassen 5 und 6 der weiterführenden Schulen ausgeweitet werden. Die bisherigen Maßnahmen für eine verbesserte Unterrichtsversorgung hätten bereits dazu geführt, dass zwischen Dezember 2022 und Dezember 2023 rund 3900 Stellen zusätzlich besetzt worden seien. News4teachers / mit Material der dpa

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