Debatte um längere Arbeitszeiten: Paus verteidigt Recht auf Teilzeit

8

BERLIN. Menschen müssen aus Sicht von Familienministerin Paus auch weiterhin das Recht haben, in Teilzeit zu arbeiten. Sachsens CDU-Ministerpräsident Kretschmer hatte dieses Recht zuvor infrage gestellt.

„Ohne Wenn und Aber“: Bundesfamilienministerin Lisa Paus. Foto: Laurence Chaperon / BMFSFJ

ngesichts der wiederkehrenden Forderung nach längeren Arbeitszeiten hat Bundesfamilienministerin Lisa Paus das Recht auf Teilzeit mit deutlichen Worten verteidigt. «Ich unterstütze das Recht auf Teilzeit ohne Wenn und Aber», sagte die Grünen-Politikerin am Mittwoch. Teilzeit biete die Möglichkeit, «lebensphasenbezogen berufliche und familiäre Verpflichtungen zu vereinbaren», erklärte Paus weiter. Für viele Menschen, insbesondere für Frauen, könne ein Teilzeitjob die Aufnahme einer Beschäftigung erst ermöglichen, «gerade wenn sie eigene Kinder haben oder Angehörige pflegen».

Die Ministerin reagierte damit auf Äußerungen des CDU-Ministerpräsidenten von Sachsen, Michael Kretschmer, der jüngst in einem Interview mit dem «Handelsblatt» das seit 2001 gesetzlich verankerte Recht auf Teilzeit infrage gestellt hatte. Kretschmer, der in dem Interview für eine «40-Stunden-Woche für alle» warb, hatte zum Thema Teilzeit erklärt: «Es war ein Fehler, dass wir Möglichkeiten wie die Teilzeit von der Ausnahme zur rechtlich abgesicherten Regel erklärt haben. Teilzeit ist die Ausnahme, nicht die Regel.»

Dem widerspricht Paus vehement. «Wer das Recht auf Teilzeit infrage stellt, ignoriert die Bedürfnisse von Familien in Deutschland.» Um Erwerbspotenziale zu heben, brauche es keine starren Vorgaben, «sondern mehr Flexibilität in der Arbeitswelt und bessere Bedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf».

Mit Blick auf das Erwerbspotenzial von Frauen betonte Paus, dass es wichtig sei, die die Teilzeitarbeit für Mütter nicht zur «Teilzeitfalle» werde. Die Möglichkeit zur Rückkehr in Vollzeit müsse gegeben sein.

Zuvor hatte sich auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an die Seite von Menschen gestellt, die in Teilzeit arbeiten oder sich eine kürzere Arbeitswoche wie die Viertage-Woche wünschen. In einem am Montag erschienenen Interview mit dem Magazin «Stern» betonte der Kanzler, dass Tausende junge Männer und Frauen täglich verzweifelt versuchten, Familie und Arbeit miteinander in Einklang zu bringen. «Es gibt eben nicht überall gleichermaßen Ganztagsbetreuung in der Kita oder der Grundschule. Andere kümmern sich noch um ältere Angehörige oder engagieren sich ehrenamtlich», erklärte Scholz weiter. Das habe «nichts mit Faulheit zu tun». News4teachers / mit Material der dpa

Studie: Viele Teilzeit-Lehrkräfte würden Arbeitszeit aufstocken – größtes Hindernis: das Deputatsmodell

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

8 Kommentare
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
Rogers
2 Monate zuvor

eher 32 Std. Woche auf 4 Tage verteilt für Lehrkräfte.
Wer 5 Tage macht, erhällt den Bonus von 500 steuerfrei pro Monat 🙂

JoS
2 Monate zuvor

Passend dazu die Vorstellungen der Studierenden was ihr Arbeitsleben angeht:
https://www.spiegel.de/start/gehalt-zum-berufseinstieg-studierende-rechnen-mit-einem-gehalt-von-knapp-50-000-euro-a-ce8a1a0d-2eab-4e74-9d13-646939501b72

Abgesehen vom Einstiegsgehalt sieht’s bei allen Punkten für Lehrkräfte ziemlich mau aus.

Mariam
2 Monate zuvor
Antwortet  JoS

Ich verstehe die Botschaft dieses Posts nicht. Wäre es nicht fatal, wenn nicht alle eine Idealvorstellung ihres Berufslebens hätten? Wäre es nicht überraschend, wenn diese „viel Arbeit, wenig Freizeit, zu wenig Geld“ lauten würde?
Machen wir uns nichts vor: die paradiesischen Arbeitsbedingungen gibt es nirgends. Und machen wir weiter nichts vor: wir können es uns schlicht und ergreifend nicht leisten, alle für viel Geld nichts zu tun.
Das gilt auch für den öffentlichen Dienst und Behörden. Also auch für Lehrkräfte.

JoS
2 Monate zuvor
Antwortet  Mariam

Wer spricht denn von Nichtstun? Also abgesehen von Ihnen. Es geht um Sachen wie 1-2 Tage Home-Office, Dienstwagen, sinnvolle und bezahlte Fortbildungen sowie Wertschätzung am Arbeitsplatz, die sich auch in Kleinigkeiten wie Kaffee und Snacks ausdrücken kann.

Lisa
2 Monate zuvor

Die flexible Arbeitszeit, Gleitzeit etc waren ein Fortschritt der Arbeitswelt. Es ist bezeichnend, dass das zurück genommen werden soll. Ich habe den Verdacht, dass man in Teilzeit auch nicht sonderlich „kriegstüchtig“ ist. Und dass Herr Kretschmer eben aus seiner Altherrenperspektive schreibt. Denn selbst wenn es „nur“ Faulheit sein sollte, bleibt es jedem Menschen selbst überlassen, wie er sein Leben strukturiert.
Bei Lehrkräften kommt hinzu: Viele schützen sich mit Teilzeit vor Burnout. Sie arbeiten viel länger als es ihr Deputat verrät. Wem hilft es, wenn sie ganz ausfallen?

Frag die Mäuse
2 Monate zuvor

Wir müssen ein flexibles System schaffen, welches auf einer 4-Tage Woche basiert und 1-2 Homeschoolingtage beinhaltet bzw. davon ggf. 1 reiner Selbstlerntag.
Die Arbeitsbedingungen müssen angepasst werden . Andernfalls durch höheres Gehalt aufs Land gelockt oder für Mehrabreit Bonus.

Ragnar Danneskjoeld
2 Monate zuvor

Was bei der ganzen Debatte um Teilzeit regelmäßig unterschlagen wird, ist die Arbeitszeitverdichtung. Es macht eben einen Unterschied, ob die Kassiererin bei ALDI mittlerweile zwei Kunden parallel abfertigen muss. Oder nur noch einer statt zwei Pfleger Nachtschicht einlegen. Oder eine Reinigungskraft fünf statt vier Zimmer die Stunde saubermachen muss. Oder unsereiner dreißig statt 25 Schüler im Klassenzimmer hat, von denen nunmehr doppelt so viele verhaltenskreativ und/oder Nichtmuttersprachler sind – bekloppte Arbeitsgruppen, Konferenzen, sinnlose Elterngespräche, etc. noch nicht mal eingerechnet.

Ein Vollzeitdeputat wie vor 18 Jahren, als ich in diesen Job eingestiegen bin mit wenigen Konferenzen, noch tatsächlich gymnasialreifen Schülern und gerade mal eine Handvoll Elterngesprächen pro Jahr, nicht im Monat? Jederzeit wieder, heute hingegen illusorisch.

Ich_bin_neu_hier
2 Monate zuvor

«40-Stunden-Woche für alle» – nun ja, außer für diejenigen, die das aus welchen Gründen auch immer nicht leisten können und sich dann vollständig aus dem Erwerbsleben zurückziehen.
Mit anderen Worten: völlig untauglicher Plan, falls man dem Fachkräftemangel beikommen möchte.