Kinderrechte ins Grundgesetz: Bildungsminister erinnert Ampel an ihr Versprechen

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ERFURT. Etliche Verbände und Politiker wollen Kinderrechte im Grundgesetz verankern. Doch bisher ist unklar, ob es dazu kommt. Thüringens Bildungsminister Holter verweist auf den Koalitionsvertrag der Ampel.

Kinder haben Rechte – auch schon die Kleinsten. Kinderrechte sind allerdings nicht ausdrücklich Bestandteil des Grundgesetzes. Foto: Shutterstock

Vor dem internationalen Kindertag hat Thüringens Bildungsminister Helmut Holter die Ampel in Berlin ermahnt, Kinderrechte ins Grundgesetz zu schreiben. «Die Berliner Ampel muss endlich ihren Koalitionsvertrag einlösen, denn viel Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl bleibt nicht mehr», sagte der Linke-Politiker in Erfurt. «Kinderrechte gehören ins Grundgesetz.»

Die Forderung nach der Aufnahme der Kinderrechte im Grundgesetz gibt es seit Langem von vielen Seiten. Auch die Ampel-Regierung hat sich dies in ihrem Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt. „Kinder haben eigene Rechte, die wir im Grundgesetz verankern werden“, heißt es in der Präambel. Verhandlungen über einen Vorstoß der Vorgängerregierung aus CDU/CSU und SPD waren 2021 gescheitert. Für eine Änderung des Grundgesetzes ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat erforderlich.

Am 1. Juni ist internationaler Kindertag, der in der DDR gefeiert wurde und heute noch von vielen Familien in den ostdeutschen Bundesländern begangen wird. Zudem hatte Thüringen vor ein paar Jahren den 20. September, den Weltkindertag, zum gesetzlichen Feiertag gemacht, an dem die Menschen im Freistaat seither frei haben. Holter sagte, es sei gut, dass in Thüringen zwei Kindertage begangen würden, «um damit stetig auf die Situation und die Rechte der Kinder aufmerksam zu machen». Das Wohl der Kinder müsse im Vordergrund stehen. «Aus diesem grundgesetzlichen Auftrag leitet sich die staatliche Verpflichtung ab, Kinderarmut und ungleiche Bildungschancen wirksam zu bekämpfen.»

Momentan sind die Rechte von Kindern im Grundgesetz nicht ausdrücklich aufgeführt. Nur im Artikel 6 des Grundgesetzes sind Kinder erwähnt («Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft»).

Die Sachverständigenkommission, die alljährlich den Kinder- und Jugendbericht erstellt, sprach sich 2020 dafür aus, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen, um das besondere Schutzbedürfnis herauszustellen – und ihre Interessen zu wahren. «Kinder und Jugendliche haben politische Rechte. Diese sollten garantiert werden, indem Kinderrechte umfassend umgesetzt und grundgesetzlich verankert werden», so hieß es. Auch der Kinderrechteausschuss der Vereinten Nationen empfahl nach seiner bislang letzten Sitzung zur Situation der Kinderrechte in Deutschland im September 2022, die Bemühungen zu verstärken, Kinderrechte explizit ins Grundgesetz aufzunehmen.

Kinderrechte sind in der Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen niedergeschrieben. Der Bundestag hat diese Konvention 1992 ratifiziert. Dadurch hat sich Deutschland verpflichtet, die Rechte von Kindern zu achten, zu schützen und zu fördern. Der Staat muss bei seinen Gesetzen und Entscheidungen, die Kinder betreffen, immer das Kindeswohl berücksichtigen.

Was sagen Gegner der Verankerung? Da das Grundgesetz nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder gilt, gibt es in der Debatte laut Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg auch die Ansicht, dass Kinderrechte überhaupt nicht separat aufgelistet werden müssten – Kinder seien ja bereits gesetzlich geschützt. Zumal Gesetze allein nicht ausreichen, um Kinder zu schützen und ihnen alle Möglichkeiten zu bieten, sich zu entfalten und mitzubestimmen. Vielmehr befürchten Gegner der Änderung, dass sich der Staat auf die Kinderrechte im Grundgesetz berufen könnte, um sich in die Familien einzumischen. News4teachers

Weltkindertag: GEW fordert, Kinderrechte im Grundgesetz festzuschreiben

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TaMu
1 Jahr zuvor

Würde man Kinder wirklich mitbestimmen lassen und ginge es wirklich um ihre Rechte, würden sich 90 Prozent der U3 Kinder für eine Betreuung und Frühkindliche Förderung an maximal vier Tagen pro Woche mit jeweils drei bis fünf Stunden entscheiden. Sie würden, wenn es wirklich um sie ginge, nach nächtlichen Zahnungsschmerzen, bei Bauchweh oder nach Alpträumen zu Hause bleiben und gekuschelt werden wollen. Sie würden sich gegebenenfalls gegen die von den Eltern ausgewählte Betreuungseinrichtung entscheiden, aus 1000 verschiedenen Gründen. Sie würden auch nicht in der heftigsten Fremdelphase mit der Eingewöhnung beginnen, sondern gerne erst vier Monate später. Sie würden in der Kita, wenn ihre Bedürfnisse wirklich im Vordergrund stünden, nach Bedarf und ruhig schlafen. Sie würden dann auch das Recht in Anspruch nehmen, gegebenenfalls noch in der Garderobe der Kita wieder umzudrehen und nach Hause zurück zu kehren, weil ihnen der Trubel zu viel wäre oder es im Bauch so unschön zieht.
Kinderrechte?
In meinen Augen eine Lügenpackung, die, wenn sie wirklich von den Kindern eingelöst würde, jede Menge Eltern vom Arbeitsplatz fern halten würde.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Genau so sehe ich es auch. Es würde reichen, einfach nur die Grundbedürfnisse von Kindern ernst zu nehmen. Dann müsste ihretwegen am Grundgesetzt nichts geändert werden. So mangelhaft, dass man bald jede erdenkliche Gruppierung aus der Gesamtbevölkerung besonders schützen müsse, ist es doch gar nicht, sofern wenn man nur die Menschenrechte aller ernst nimmt.

Also beispielsweise keine Betriebserlaubnisse für Kitas ohne eigenes Außengelände oder mit so kleinen “Gruppenräumen”, dass das Jugendamt einschreiten und Kinder aus der Kita abholen lassen müsste…

Auf Kitas bezogen finde ich einen Ehrenkodex der Berufsgruppe der Erzieherinnen wichtig. Und die Eltern könnten gern noch nachlegen! Was hat es in der Vergangenheit effektiv gebracht, wenn Erzieherinnen Briefe an Politiker geschrieben oder mit ihnen gesprochen haben???

RainerZufall
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Gute Beispiel!
Wie ärgerlich wäre es, den jungen Menschen eine politische Stimme zu geben, die sich für funktionierende Kitas/ Schulen, Klimarettung, Dönerpreise (Inflation), Mieten/ Hauserwerb, Renten, Freizeit und Sicherheit interssieren?

Allerdings frage ich mich, was dies am Ende mit den Kinderrechten zu tun hat, die sich zuallererst dem maroden Bildungssystem, unzureichenden Klimaschutzmaßnahmen und Freizeitangeboten (mehr Bewegung, weniger Tiktok/ Extremismus) widmen würden…

Wandervogel
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Wenn ich mir meine 5.-Klässler anschaue, die würde zu 90% die Schulpflicht aufheben und die meisten von ihnen nur noch “Netflix und chillen”. 🙂 🙂 🙂

Lisa
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Kinderbetreuung bei vollem Lohnausgleich? Das wäre einmal ein Fortschritt, ja. Doch gerade utopisch.

Laura
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Wie wahr, TaMu!!! Was Sie schreiben, kann ich gar nicht gegug unterstreichen.
Das sind alles “Rechte”, die von Teilen der Politik gewollt sind. Mit dem “Kindswohl” haben sie rein gar nichts zu tun. Im Gegenteil!!
Wer es tatsächlich gut meint mit Kindern, muss bei solchen “Kinderrechten” auf die Barrikaden steigen. Erst recht, wenn sie ins Grundgesetz geschrieben werden sollen.

“Schützt die Kinder vor übergriffigen Regierungen!” müsste es heißen. Unter der beliebten Fahne von Güte und Barmherzigkeit wollen sie ihre politischen Ziele ins Grundgesetz schreiben. Und sind sie erst einmal dort gelandet, können künftige Regierungen sie kaum mehr rückgängig machen und sind gezwungen, sich auch nach ihnen zu richten.

RainerZufall
1 Jahr zuvor

Eben. Kinder sind genau gleich!
Lieber die Knirpse wie kleine Erwachsene behandeln!

Wahlrecht etc. sind natürlich ausgeschlossen – Kinder sind etwas anderes 😉

Wandervogel
1 Jahr zuvor

Ich mag nicht, wenn alle möglichen Leute allen möglichen Forderungen mehr Gewicht verleihen wollen, indem sie ins Grundgesetz geschrieben oder zum Menschenrecht erklärt (oder beides) werden sollen. Das wäre Symbolpolitik, weil – wenn quasi alles ein Menschenrecht ist oder im Grundgesetz steht – das die wirklich wichtigen, grundlegenden Dinge entwertet, mindestens aber “unkenntlich” macht.

Wie wenn man in einem Text (in dem man das Wichtige hervorheben soll) alles unterstreicht. Dann hätte man es auch lassen können.