Umfrage: Kinderbetreuung bringt Eltern im Job oft Nachteile, Arbeitgeber machen Druck

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FRANKFURT/MAIN. Eltern kleiner Kinder wissen: Das nächste Magen-Darm-Virus ist meist nicht weit. Dann heißt es Kinderbetreuung statt Arbeit. Obendrein gibt’s häufig Tadel am Arbeitsplatz, so eine Umfrage.

Das Verständnis für Familien hält sich in Betrieben oft in Grenzen (Symbolfoto). Foto: Shutterstock

In ihrer Selbstbeschreibung betonen Arbeitgeber gerne, dass sie flexible Arbeitszeiten bieten und die Work-Life-Balance ihrer Beschäftigten unterstützen möchten. Eltern kleiner Kinder nehmen das häufig ganz anders wahr. Das legt eine Umfrage nahe, die das Marktforschungsinstitut Censuswide im Auftrag der HR-Plattform Remote durchgeführt hat.

Ungeplant mit Kind zu Hause: Schulgefühle und Tadel am Arbeitsplatz

So haben sich rund drei Viertel (76 Prozent) der rund 1.500 befragten Eltern mit Vorschulkindern schon einmal schuldig gefühlt, wenn sie Auszeiten für die Kinderbetreuung beim Arbeitgeber beantragt haben. Ein Großteil (69 Prozent) der Eltern hat am Arbeitsplatz auch schon negatives Feedback erfahren, wenn sie sich für die Kinderbetreuung freinehmen mussten – entweder, weil das Kind krank ist oder die Kita ungeplant schließt.

Die negativen Erfahrungen hören an der Stelle nicht auf. Auch in Sachen Karrieremöglichkeiten erleben Eltern oft Nachteile. 79 Prozent der Befragten fühlen sich der Umfrage zufolge bei Beförderungen am Arbeitsplatz übergangen, weil sie berufstätige Eltern sind.

Kind und Karriere: Vor allem Eltern müssen sich anpassen

Auch wenn viele Arbeitgeber Flexibilität promoten: Häufig müssen sich vor allem Eltern anpassen, zeigt die Umfrage. Drei Viertel (76 Prozent) geben etwa an, bereits ein geringeres Gehalt oder reduzierte Arbeitszeiten in Kauf genommen zu haben, weil es keine zugänglichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten während der Arbeitszeit gab. Jeder Fünfte (21 Prozent) hat beim Antrag auf flexiblere Arbeitszeiten schon mal eine Absage vom Arbeitgeber erhalten. Weitere 12 Prozent haben sich gar nicht getraut, danach zu fragen.

Nicht verwunderlich also, dass die Mehrheit der Eltern – wegen Schwierigkeiten, die Kinderbetreuung während der Arbeitszeit zu organisieren – schon mal den eigenen Partner dazu ermutigt hat, den Job zu kündigen (70 Prozent) oder die Arbeitszeit zu reduzieren (71 Prozent). News4teachers / mit Material der dpa

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TaMu
1 Jahr zuvor

Das ist doch vollkommen verständlich. In meiner neunjährigen Erfahrung als Tagesmutter habe ich mich immer wieder über die Quadratur des Kreises gewundert, zu dem das Vorhandensein eines Kindes U3 bei Familien und Arbeitgebern geführt hat. Da die Kinder unter drei Jahren bis zu 10 Infekten pro Jahr haben und das allgemein bekannt ist, hätte ich den Wunsch, dass die Politik darauf vernünftig reagieren würde, anstatt alle Beteiligten in diese vollkommen unbefriedigende Situation zu schicken und so zu tun, als wären durch Kinderbetreuungen Eltern in der Lage, ab dem ersten Geburtstag wieder normal arbeiten zu gehen.
Fakt ist, dass das Kind mit seinem Infekt zum Problem wird. In der Familie tritt Stress auf und zwar nicht, weil der Winzling sich deutlich unwohl fühlt, sondern weil ein Elternteil mit ihm zu Hause bleiben muss. Durch die feinen Antennen, die Kinder nunmal haben, kriegt das Kind mit Bauchschmerzen, Fieber und juckendem Ausschlag auch noch diesen Stress mit und realisiert durch die Häufung der Infekte, dass das jedesmal passiert, wenn es krank wird. Das erste Gefühl neben dem Unwohlsein ist also Verunsicherung statt Geborgenheit. Denn diese kommt erst, wenn die Betreuung geklärt ist. Diese sah in meiner Erfahrung häufig so aus: eines der beiden Elternteile bleibt im Homeoffice und betreut das Kind. Nach einer Woche sah zumindest ein Elternteil, manchmal beide, aus wie nach einem Gewaltmarsch durch die Wüste. Die Arbeit war nur in den wenigen Schlafphasen des Kindes und am Abend möglich gewesen, wenn das andere Elternteil übernehmen konnte. So gegen drei Uhr morgens war dann das Wichtigste erledigt und es konnten drei Stunden Schlaf stattfinden, unterbrochen durch den unruhigen Schlaf des Kindes.
In vielen Fällen hatte das Kind die Eltern angesteckt, die sich damit zusätzlich durch diese Tage quälten. Da bereits zu viele Fehlzeiten stattgefunden hatten, versuchten beide oder das alleinerziehende Elternteil, die Arbeit trotz allem irgendwie zu bewältigen. Diejenigen, die kein Homeoffice nutzen konnten, hatten zwar während der Erkrankung weniger Stress mit der Erledigung von Arbeit, aber wesentlich mehr durch den Ausfall am Arbeitsplatz und der sicht- und hörbaren Mehrbelastung des Teams. Natürlich bangten sie um ihre Arbeitsplätze.
So bringen dann viele Eltern ihr noch nicht auskuriertes Kind oder ihr bereits kränkelndes Kind in die Betreuung.
Der Spruch „ich kann es mir nicht leisten, wegen jedem Schnupfen auf der Arbeit auszufallen“ ist geradezu symptomatisch für diese Schräglage geworden. Natürlich führt diese Haltung zu niemals endenden Krankheitswellen in den Betreuungen mit entsprechendem Personalmangel und zur Einschleppung jedes Infekts in alle Familien.
Ich habe so viele Eltern daran verzweifeln und häufig auch resignieren gesehen.
Mir unbegreiflich sind die rechtlichen und politischen Veränderungen, die stattgefunden haben.
Ich habe meine Kinder in den 90igern bekommen. Damals konnten wir ohne jedes Augenbrauen- Hochziehen drei Jahre beim Kind bleiben. Arbeitgeber konnten planen und haben für diesen Zeitraum befristet die Stelle besetzt. Häufig wurden die befristeten Mitarbeiterinnen nach dieser Zeit in die Firmen übernommen. Das war zu Zeiten des Berufseinstiegs in den überfüllten Baby- Boomer- Jahren eine gute Möglichkeit, ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis zu finden.
Als Eltern profitierten wir von finanziell sehr gute Unterstützung durch Länder und Arbeitgeber. Verheiratete waren untereinander bei Trennung und Scheidung unterhaltsverpflichtet, was ich heute noch richtig fände und auf in Haushaltsgemeinschaft lebende Elternpaare ausweiten würde, ebenso wie die Steuerklasse 3 für alle, die für Kinder sorgen.
Heute wird so getan, als hätten durch den Rechtsanspruch auf „Frühkindliche Förderung“ ab dem ersten Lebensjahr alle ausgesorgt und beide Eltern könnten ihren Lebensunterhalt sowie ihre Rentenansprüche ganz einfach selbst verdienen.
Mich wundert der fehlende Aufschrei von Eltern und Sozialverbänden, als diese eltern- und kinderfeindlichen Versorgungsansprüche eingeführt wurden.
Darunter leiden nun wirklich alle. Für Arbeitgeber und Teams wäre es einfacher, klar zu wissen, dass für eine mehrjährige Elternpause eine Vertretung oder Umstrukturierung notwendig wird, als täglich zu bangen, ob Eltern zum dritten Mal in Folge wegen MagenDarm zu Hause bleiben müssen und das jeweils kurz vor Arbeitsbeginn zu erfahren. Kinder würden von der uneingeschränkten Fürsorge zu Hause profitieren. Und Eltern wären nicht im Dauerspagat.
Selbstverständlich konnten damals wie heute Eltern trotz Kinder auch bald nach der Geburt wieder arbeiten gehen. Sie kümmerten sich um die Betreuung ihrer U3 Kinder und mussten ebenso wie heute Ausfallzeiten am Arbeitsplatz kommunizieren. Das war bei uns logischerweise ab dem Kindergarten auch ein Problem. Trotzdem waren die Kinder dann älter und reifer für Betreuung und nicht mehr ganz so anfällig.
Aber dieser U3 Kind- Dauerausfall ist ein großes Problem für Teams. Die Eltern haben wegen ihrer absolut mangelnden sozialen Absicherung kaum eine andere Wahl, als mit ihrem Ausfall zur Belastung zu werden.
Kinder haben schon während Corona gemerkt, dass sie den Eltern beruflich im Weg sind. Jetzt merken es fast alle Kinder kurz nach ihrem ersten Geburtstag, wenn sie in Betreuungseinrichtungen funktionieren sollen und müssen, ob sie in ihrem Bindungsverhalten bereits so weit sind oder nicht.
Das ist in meinen Augen gegen das Kindswohl und gegen die Gesundheit der Familien, weil die Eltern sich erschöpfen oder weil zumindest einer von beiden bei Trennung häufig in die Armut rutscht.
Ich wünschte mir eine wählbare Partei, die dieses Problem aufgreifen und etwas Umsetzbares anbieten würde, was nicht gleich gehässig als „Herdprämie“ unten durch wäre.

Lisa
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Es ging nie um die Kinder. Es ging erst darum, dass es Arbeitslosigkeit gab, also war es sehr gut, wenn jemand bei den Kindern Zuhause blieb. Jetzt ist Fachkräftemangel und alle Hände der Werktätigen werden gebraucht, ergo wird Fremdbetreuung propagiert. Das derjenige, der Zuhause bleibt, direkt in die Altersarmut rutscht, könnte man über das Rentensystem lösen, doch auch das ist gewollt als sanfter Anstubser. Und nein, kranke Kinder sind nicht ” erwachsen”, sie brauchen Pflege. Seit Corona nehmen sie alles mit was es gibt. Jetzt ist schon fast Sommer, und dennoch haben alle Erkrankungen wie früher nur in der Grippesaison.

Mara
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Ich stimme in allen Punkten voll zu.

Fräulein Rottenmeier
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Sie haben ja so recht! Vielen Dank für Ihre Ausführungen.

Ich sehe das gerade bei meinen jüngeren Kolleginnen, die kleine Kinder (alle U3) zu Hause haben und wie die auf dem Zahnfleisch gehen. Die Kinder sind auch jeweils in der Kita, die auch noch unvorhergesehen mal wegst Personalmangel an einigen Tagen nur Notbetreuung anbietet. Dann noch die ständigen Erkrankungen der Kinder und deren permanentes schlechtes Gewissen, morgens mitzuteilen, dass sie leider nicht zum Dienst erscheinen können. Das ist alles so ungut.
Die Kolleginnen, die bereits viel ältere Kinder haben, sind allesamt einige Jahre zuhause geblieben und das war selbstverständlich. Auch einige Hausmänner sind dabei, so dass die Frauen ganz in Ruhe arbeiten gehen konnten und können….
Da hat sich in den letzten Jahren so viel gewandelt und bei den jüngeren Kolleginnen reicht das Geld einfach nicht, dass sie zuhause bleiben könnten….

Magdalena
1 Jahr zuvor

Und dabei ist Lehramt ein Beruf, der sich dank der langen Ferien und der ungestörten Zeiteinteilung und langen “Alleinearbeitsphasen” Familie und Kinder noch relativ gut handhaben lassen.
Das ist ein so wichtiger Punkt, der bei der Gestaltung von Gesellschaft und Bildung nicht außer Acht gelassen wird.
Schule agiert noch immer wie in den 60ern und alle wundern sich, warum das alles hinten und vorne nicht funktioniert.
Anstatt sich miteinander zu solidarisieren machen Lehrer gegen Eltern Stimmung und vice versa.
Es ist einfach alles nur ätzend!

TaMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Magdalena

Wie sollen sich die Kolleginnen und Kollegen von Fräulein Rottenmeier denn mit wem solidarisieren, wenn ihre U3 Kinder krank werden? Da sind Lehrkräfte genauso betroffen wie alle anderen Eltern auch. Da nützt es auch gar nichts, wenn in vier Wochen Ferien sind.
Ich sehe auch nicht, wo Fräulein Rottenmeier Stimmung gegen Eltern gemacht haben soll.

Katinka
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

“Ich habe meine Kinder in den 90igern bekommen. Damals konnten wir ohne jedes Augenbrauen- Hochziehen drei Jahre beim Kind bleiben.” Wer ist “wir” – die Mütter wahrscheinlich, richtig? Das hat meine Mutter nicht mal in den 80ern gemacht. Nicht jedes Kind hat immer so viele Infekte und nicht bei jeder Triefnase muss man gleich das Bett hüten. Ich habe meine Kinder-Kranktage nie annähernd ausgenutzt (vielleicht 3 Tage von 20 pro Jahr bei 2 Kindern), weil sie z.B. auch mal am Wochenende krank waren oder der Vater seinen Teil der Verantwortung für das Kind übernommen hat und auch mal zu Hause geblieben ist. Dann halbiert sich das ganze schonmal und ist nur halb so wild. Oft konnten wir auch “schieben” (geht natürlich nicht in allen Berufen, das ist mir klar), und er ist dann mittags bis spät abends ins Büro, während ich als Lehrerin am Vormittag in der Schule war. Und sobald ich mich angesteckt hatte, hab ich mich natürlich selbst krank gemeldet – es kam durchaus mal vor, dass ich mich einen Tag “Kind-krank” gemeldet habe und am nächsten, als ich dann über der Kloschüssel hing, mich selbst.

Die umgekehrte Variante ist, dass die Kita meines 2. Kindes buchstäblich bei jedem “Pups” angerufen hat; einmal war der Po etwas wund (nicht dramatisch; Kind war gut drauf), einmal hatte er “keine Lust zum Spielen.” Da habe ich einmal klipp und klar gesagt, wegen so etwas breche ich meine Arbeit nicht ab. Danach haben sie auch nur angerufen, wenn er wirklich krank war.

Gerade heute, wo das Arbeiten mobiler und flexibler geworden ist (Stichwort Home Office), ist es für Eltern eigentlich besser zu managen, finde ich. Ich sage nicht, dass es alles total einfach ist, aber in aller Regel ist es eine überschaubare Zeit und in den warmen Monaten häufig auch viel weniger als im Winter.

Was wäre für Sie ansonsten denn “etwas Umsetzbares” für diese Thematik?

TaMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Katinka

Was ich mir als Umsetzung wünschen würde, habe ich in meinem Text geschrieben. Das ist im Grunde genommen eine Rückkehr zu den gesetzlichen Regelungen aus den 90iger Jahren, allerdings nicht mehr mit dem Gewicht auf Verheirateten, sondern auf Lebensgemeinschaften mit Kindern. Die Absicherung für die Person, die hauptsächlich mit den Kindern zu Hause blieb, war einfach besser. So konnten eher beide Modelle gewählt werden, früh wieder arbeiten gehen oder bis zu drei Jahre beim Kind bleiben.

TaMu
1 Jahr zuvor
Antwortet  Katinka

Man weiß vorher nicht, wie viele Infekte Kinder haben werden und wie oft aus den verschiedensten Gründen die Betreuung ausfällt. Heutzutage ist es tatsächlich so, dass die Betreuungssicherheit auch in vielen Einrichtungen nicht gewährleistet ist, von Krankheiten des Kindes ganz abgesehen.
Das führt zu dem im Artikel beschriebenen Stress für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sowie für die Teams, die das jeweils auffangen müssen.
Dazu kommt, wie im hier heute erschienenen Artikel thematisiert, der massive Personalmangel in den Einrichtungen.
Ich glaube nicht, dass es Familien gut tut, wenn ihre Einjährigen in Einrichtungen gehen, die ihre Grundbedürfnisse nicht erfüllen können.
Unter „Wir“ verstehe ich beide Elternteile, allerdings habe tatsächlich ich die Kinder zur Welt gebracht. Es gab einige wenige Väter in meinem Umfeld, die bei den Kindern geblieben sind, während die Mütter erwerbstätig waren.

Uwe
1 Jahr zuvor
Antwortet  TaMu

Das führt zu dem im Artikel beschriebenen Stress für Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen sowie für die Teams, die das jeweils auffangen müssen.”

Und daraus folgt eine Forderung die hier interessanterweise keiner stellt: Teams die eine höhere Anzahl an Eltern und/oder älteren Arbeitnehmer*innen haben müssen halt eine ausreichende Vetretungsreserve für Krankheitsfälle und Kinderbetreuungsausfälle haben.

A.M.
1 Jahr zuvor

“Nicht verwunderlich also, dass die Mehrheit der Eltern – wegen Schwierigkeiten, die Kinderbetreuung während der Arbeitszeit zu organisieren – schon mal den eigenen Partner dazu ermutigt hat, den Job zu kündigen (70 Prozent) oder die Arbeitszeit zu reduzieren (71 Prozent). News4teachers / mit Material der dpa”

Wenn man schon so konkrete Angaben machen kann: Was weiß man darüber, wie viele Mütter und/oder Väter ihren Partner dazu gebracht haben, den Beruf (vorerst) aufzugeben oder nur die Erwerbsarbeit zu reduzieren? Und was ist mit Eltern, von denen gern jemand länger daheim beim Kind bleiben würde, wenn man es sich nur leisten könnte?

Mittlerweile wird es Eltern wirklich schwer gemacht, die Betreuung und die lange gepriesene frühkindliche Bildung als “Das Beste” für ihr Kind anzusehen. Ängste und Sorgen um ihr Kind belasten manche Eltern angesichts des Personal- und Fachkräftemangels in Kitas vielleicht sogar mehr als Querelen mit dem Arbeitgeber und den Kollegen.

Eine Meldung mit Material der dpa, die leider nur Interessen der Erwachsenen und nicht die der Kinder erkennen lässt.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Das könnte ich so pauschal niemals vertreten.

Loben möchte ich auch dieses Mal wieder den langen und ausführlichen ersten Beitrag der TaMu! – Wie mager wirkt dagegen die Kritik an den Selbstbeschreibungen der Arbeitgeber! Unsere Politiker haben doch die Wähler viel dreister belogen als die Strippenzieher aus der Wirtschaft. “Kinderlärm ist Zukunftsmusik” war immer wieder zu lesen oder zu hören, wenn zu viele Kinder auf zu wenig Platz untergebacht wurden. Berufstätige erfahren sehr schnell, dass ihre familiären Interessen und die des Arbeitgebers nicht deckungsgleich sind und die Vertragserfüllung den Arbeitgebern zum Teil aus triftigen Gründen wichtig ist.

Von wenigen Ausnahmen abgesehen, bieten Firmen leider keine besseren Kitas als Städte, Kommunen und die großen Kirchen. Arbeitgeber lassen sich für die Schaffung von (mangelhaften!) “Mini-Kitas” loben! Hinter diesem nett klingenden Begriff steckt die Möglichkeit, Betreuungsplätze für Kinder zu schaffen, für die längst nicht alle Vorschriften gelten, die in Kitas zum Erhalt einer Betriebserlaubnis nötig sind.
“Qualitätsmanagement” und “Zertifizierungen” sind spätestens in Zeiten des Fachkräftemangels in Kitas kein Zeichen für kindgerechte Kinderbetreuung. Angesichts dieser “Errungenschaften” einer ausufernden Bürokratie stellt sich mir darum die Frage “Wessen Interessen wurden bei dem forcierten Betreuungsplatzausbau am meisten berücksichtigt?”

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Oh je! Ist es wirklich schon zu kämpferisch, wenn ich nur klarstellen wollte, dass ich keine Höflichkeitslügen und keinen Smalltalk gemeint habe, sondern bewusste und geplante Aktionen.

Manchmal mag man sich bei Auftritten von Politikern fragen, wer wen unterstützt – oder benutzt…
Zwei Beispiele, die nicht so belanglos sind, wie man meinen könnte:
https://www.welt.de/regionales/koeln/article117145203/Kita-Ansturm-Schickt-die-Kinder-doch-aufs-Schiff.html
Sofern ich nicht falsch informiert bin, konnte das Projekt “Fluss statt Land” nicht zum Erfolg geführt werden. Obwohl Hannelore Kraft es in einer Talkshow begeistert hat… Also kein Fall einer erfolgreichen Einflussnahme. Nur Lob. Es mag an der Höhe der Versicherungsprämien gelegen haben, dass die gefahrenträchtige Kombination “Viele Kinder und Wasser” heute kein Thema mehr ist. Es gab schließlich in den letzten Jahren auch ohne Kitas auf dem Fluss schon zu viele Ertrinkungsunfälle während eines Kita-Ausflugs.(Und noch mehr Unfälle, die glimpflich ausgingen oder die verhindert werden konnten.)

Doch gegen Stürze aus Hochhauskitas können Absperrungen geschaffen werden. (Was bei Zootieren zu schaffen ist, geht notfalls auch für Kinder in Hochhauskitas.)
So eine Idee muss nur richtig präsentiert und darf von der Presse nicht bekrittelt werden. Wenn die charmante Ursula von der Leyen als Bundesfamilienministerin eine geplattete Dachterrasse in luftiger Höhe, umgeben von Gittern und Fangnetzen, vor laufender Kamera als “herrliches Außengelände” bezeichnet, dann ist das mehr als ein gewöhnliches Lob für eine neu gegründete Kita. Es war ein Signal für Architekten und Unternehmen, dass ein richtiger Garten viel zu viel teures Bauland beansprucht. Für eine Betriebserlaubnis können Abstriche gemacht werden. Ein mit vielen Nachteilen verbundenes Außengelände auf einem Dach kann also ein Vorbild für Kitaneugründungen sein. Insbesondere, wenn das Vorzeigeobjekt und die Quelle der demonstrariv gezeigten Freude die Berliner Kita des Springer Konzerns ist. Bitte glauben Sie mir: So richtig toll sah diese Kita nicht aus. Dass dafür die Bundesfamilienministerin zum Feierstündchen anreist (und noch auf nem Bobbycar über die Platten fährt), das hätte wirklich nicht sein müssen. Es steht jedem frei, darüber zu entscheiden, was er glaubt. Von der Leyen guckte so treuherzig… Und da haben sich die anwesenden Journalisten vielleicht nicht mal mehr die Frage gestellt ob Frau von der Leyen wirklich und wahrhaftig begeistert war, von einer Dachterrasse als Gartenersatz?

Hätten Politiker mehrheitlich wirklich großen Wert auf die Meinungen von den immer wieder verbal wertgeschätzten Fachkräfte gelegt, hätten man uns an vielen Punkten die Möglichkeit einräumen können, begründet Anträge auf Verkleinerung der Gruppe und/oder Verbesserung des Personalschlüssels zu stellen. Aus pädagogischen Gründen (zum Beispiel wenn keine geeignete Kraft eingestellt werden kann) und zum Wohl von Kindern und Betreuuungskräften! – Aber nein! Anträge auf Senkung der Standards durften aufgrund wirtschaftlicher Interessen gestellt werden. Für dringend notwendige Verbesserungen zugunsten der Kinder jedoch zu sorgen, war nur unter von anderen erdachten Bedingungen möglich. Kitas können sich beispielsweise um den “Deutschen Kitapreis” bewerben. Einen ordentliche Sonderauszahlung für unpräsentable Kitas mit zu wenig Platz, maroden Gebäuden, keinem Außengelände und chronischem Personalmangel wegen der miesen Bedingungen gibt es aber nicht.

Wegen außerplanmäßiger Kitaschließungen wird von der Presse jetzt ausgiebig über die Belastungen der Eltern berichtet, was auch wichtig ist. Doch warum haben immer noch so viele Erzieherinnen den Eindruck, dass weder die Belastungen der Kinder noch ihre eigenen ernst genommen werden?

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Redaktion

Ich habe mich schon zurückgehalten und weiß, dass ich nichts erfunden habe. Übrigens habe ich schwerpunktmäßig Ursula von der Leyen kritisiert. Von einem Konzern und abhängigen Konzernunternehmen erwarte ich nicht, dass sie für den Schutz und die Grundbedürfnisse von Kindern eintreten. Aber als Ministerin hat von der Leyen einen Eid abgelegt.

Wie sollen ErzieherInnen an Qualitätsjournalismus glauben, wenn so ein maßlos übertriebenes Lob der Kita Wolkenzwerge Journalisten nicht mal den leisesten Widerspruch entlockt? Weder zu Hochhauskitas noch zu den Plänen, eine Kita auf einem im Wasser liegenden Schiff unterzubringen!
Ungeachtet aller Helikopterwitze gibt es leider immer einige Eltern oder andere Abholberechtigte, die während der Bring- und Abholzeit längst nicht so auf Kinder aufpassen, wie es sein sollte. Deshalb sollte auch das nahe Umfeld der Kita zumindest gegen Ertrinkungsunfälle gut gesichert sein. Einfach weil Menschen immer mal Fehler machen, halte ich eine Kita auf einem im Wasser liegenden Schiff für wirklich leichtsinnig und unverantwortlich. – Es ist ja auch nicht dazu gekommen. Und es gibt immer noch Städte und Kommunen, die keine zwei- oder dreigeschossigen Kitas genehmigt haben. Die Feuerwehr ist manchmal sehr dagegen.

Die Fernsehsendung mit Frau Kraft gab es. Ein Video von Ursula von der Leyen und Matthias Döpfner stand wirklich lange im Netz. Dass da KI am Werk war glaube ich nicht. Matthias Richling wars auch nicht. Was kann ich dafür, dass manches im Verlauf der Jahre deaktiviert wurde? Früher habe ich ein Video mit Ursula von der Leyens Lob der Kita Wolkenzwerge und ihrer Bobbycarfahrt in einen Erzieherforum eingestellt. Aber auch das wurde deaktiviert und so kann ich nicht mal auf die Kommentare von BerufskollegInnen verweisen, die die Bilder gesehen haben und darüberhinaus auch noch anderes beanstandet haben.

Fazit angesichts der Misere, die Eltern, ErzieherInnen und Kinder, die wirklich nichts dafür können möglicherweise erleben müssen: Die Not der Eltern darf kein Anlass sein, in der Kinderbetreuung unverantwortliche Zustände zu dulden oder gar anzuordnen. – Das ist den Kitafachkräften mittlerweile sehr bewusst. Darum haben Politik und Eltern nun ein Problem. Die ErzieherInnen werden nicht mehr alles mittragen, was von ihnen gewünscht wird. Und das macht mir mehr Hoffnung für die Zukunft als der soundsovielte Kitagipfel.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Antwortet  A.M.

Zu “Quaölitätsmanagment” und “Zertifizierung” passt sehr gut der weiter unten von mir verlinkte Artikel von rbb24. Interessant sind auch die Leserkommentare dazu.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  potschemutschka

Danke für den Link. “Pädquis” ist für mich ein Reizwort. Schade um das Geld, welches in regelmäßigen Abständen auch noch für Rezertifizierungen ausgegeben wird, finde ich. Was ich schön fände: Wenn Einrichtungen scharenweise ihre Zertifizierungen zurückgeben würden. Schaden würde so eine Protestnote vermutlich keinem Kind.

Sagerino
1 Jahr zuvor

Das müssten mal Lehrer und Erzieher hören, die diesbzgl. ja den Hintern gepudert bekommen dank Personalrat.

Ale
1 Jahr zuvor
Antwortet  Sagerino

Ernsthaft oder Sarkasmus? Wir sind beide Lehrer, haben 3 Kinder, 2 mal KiTa und einem Grundschule. Meine Frau schafft hälftig, ich voll mit einem ordentlich gefüllten Überstundenkonto. Laut Verordnung haben wir Anrecht auf einen familienfreundlichen Stundenplan, meine bessere Hälfte könnte jeden Tag von 2. bis inkl. 6. Stunde. Aber ohne Omas/Opas wären wir aufgeschmissen, denn dieser familienfreundliche Stundenplan gibt es nicht. So leid es mir tut. Und das geht vielen Familien so.

unverzagte
1 Jahr zuvor
Antwortet  Ale

Billigste Provokation gehören nicht ernst genommen. Oder Sagerino demonstriert komplette Ahnungslosigkeit zu diesem Thema.

potschemutschka
1 Jahr zuvor
Mike M.
1 Jahr zuvor

Ich kann es nicht mehr hören.
Es vergeht kein Tag, an dem nicht in den Medien das Klagelied für die arbeitenden Eltern angestimmt wird.
Ich möchte gerne mal darauf hinweisen, dass es in diesem Land auch pflegende Angehörige gibt, die in einer katastrophalen Pflegelage Eltern oder Erwachsene Kinder pflegen und dene 4 Tage(!!!) Im Jahr zustehen, um zu Hause zu bleiben.
Und wohlgemerkt darf der Ehepartner nicht 4 Tage nehmen.
Und die zu erschöpft sind, über ihre Belastung zu klagen.
Ich würde mir sehr wünschen, dass es auch mal um diese Berufsgruppe geht.

A.M.
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mike M.

Genau deswegen finde ich es so empörend, dass der Rechtsanspruch auf ganztägige Betreuung der Grundschüler ungeachtet des Fachkräftemangels auch noch durchgesetzt wurde! – Während weiterhin seit Jahrzehnten bestehende Missstände in der Alten- und Krankenpflege geduldet wurden! Es war jedem klar, dass in der Kinderbetreuung an allen Ecken und Enden Erzieher fehlen werden. Der Fachkräftemangel in Kinderheimen und Heimen für körperlich und geisteig beeinträchtigte Menschen ist kein wichtiges Thema für die Medien. Die Schwächsten und ihre Angehörigen haben eben in vielen Bereichen keine Lobby.

Das Verfahren gegen Dr. Michael Winterhoff lässt immer noch auf sich warten. Weil in so vielen Fällen ermittelt werden musste, gibt es eine bemerkenswert hohe Zahl an Kindesmisshandlungen im Bonner Raum: https://www.radiobonn.de/artikel/kriminalitaet-bonn-winterhoff-faelle-beruecksichtigt-1949039.html Wir können uns vielleicht denken, dass mehr Heimerzieher etwas gegen die medikamentöse Ruhigstellung von Kindern durch Medikamente unternommen hätten, wenn nicht die Rahmenbedingungen ihrer Arbeit so belastend gewesen wären.

Wenn denn Krippenkinder wenigstens wirklich gut betreut werden könnten und man sicher sein könnte, dass die 35-45-Stunden-Betreuung mit unverhofften Schließzeiten und ständig wechselnden Betreuern den Jüngsten wirklich nicht schaden würde, dann könnte man ja toleranter sein. – Aber wenn der Staat nicht mal in der Lage ist, dass Betreuungszeiten durch vertraute Bezugserzieherinnen verlässlich eingehalten werden können, bleibt nur zu hoffen, dass mehr Fachkräfte sich verweigern. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende.

Was ist nur in unserer Gesellschaft los, dass die Diäten der Abgeordneten steigen, obwohl miese Zustände in der Alten- und Krankenpflege immer noch nicht der Vergangenheit angehören? Manchmal kommt es mir vor, als sei der Gewöhnungseffekt an unzureichende Pflege alter und kranker Menschen für Politiker ein triftiger Grund gewesen, davon auszugehen, dass man in der Kinderbetreuung auch die gleichen Missstände zulassen kann: Personalmangel, Einstellung und Weiterbeschäftigung auch ungeeigneter Kräfte, Anwerben von Fachkräften aus dem Ausland, damit der Personanschlüssel eingehalten werden kann.

Und bitte immer schön dokumentieren, was man alles geschafft hat. Dann kann die Einrichtung zertifiziert werden und der Einzelne kann nach der Dokumentiererei nicht mehr so leicht sagen, dass er es eben nur auf dem Papier geschafft hat.

Bezeichnenderweise geht es jedoch manchmal um die Berufsgruppe der Pflegenden. Während der Einschränkungen durch Corona konnten sie priorisiert ihre Kinder betreuen lassen. Und damit professionell Pflegende im Schichtdienst arbeiten können, sollen ihre Kinder in Kitas mit erheblich erweiterten Öffnungszeiten betreut werden…