Wie Kinder weniger Zeit vor Bildschirmen hängen (mit gutem Beispiel voran)

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SAN FRANCISCO. Viele Eltern sehen es kritisch, wenn ihr Nachwuchs häufig Videospiele spielt und am Handy hängt. Was aber tun? Ein System aus Bestrafungen und Belohnungen hilft schon mal nicht.

Viele Kinder verbringen viel Zeit vor Bildschirmen – und das hat Folgen. Foto: Shutterstock

Eltern kann es schon mit einigen Regeln gelingen, dass ihre Kinder daheim weniger Zeit vor Bildschirmen verbringen. Das berichtet ein US-Forschungsteam im Fachblatt «Pediatric Research». Für die Studie wurden mehr als Zehntausend Kinder im Alter von 12 und 13 Jahren sowie deren Eltern in den USA befragt, wie häufig und wobei sie solche Medien nutzen.

Ergebnis: In Familien, in denen die Mitglieder bei den Mahlzeiten auf Bildschirme schauten, nutzten die Kinder im Schnitt mehr Handys, Tablets, Fernseher und Computer. Einen großen Einfluss auf die Bildschirmzeit hatte auch, ob es den Kindern erlaubt war, vor dem Einschlafen ein Gerät im Bett zu nutzen. In beiden Fällen zeigten die Heranwachsenden auch häufiger problematisches Nutzungsverhalten in sozialen Medien, in Videospielen und am Handy. Bildschirme am Esstisch und im Bett zu verbieten, habe also einen Einfluss. In beiden Fällen nutzten die Kinder Bildschirme jeweils um mehr als eine Stunde weniger.

Was nicht wirkt

Der Hauptautor der Studie, Jason Nagata von der University of California, weist auf einen weiteren wichtigen Punkt hin: Eltern sollten ihre eigene Bildschirmnutzung vor den Kindern einschränken. «Versuchen Sie auch mit gutem Beispiel voranzugehen.» Denn die Daten zeigten: Wenn Eltern vor ihren Kindern häufig Geräte nutzten, verbrächten auch die Kinder mehr Zeit vor den Bildschirmen. Die Kinder ahmten wahrscheinlich ihre Eltern nach.

Zwei bekannte elterliche Maßnahmen funktionierten hingegen laut der Studie nicht: Verbote und Belohnungen. Als Beispiel nannte das Team die Regelung, wer sich gut verhält, bekommt dafür Medienzeit, wer sich schlecht verhält, erhält keine Medienzeit. Wenn Eltern diese Maßnahmen anwandten, nutzten ihre Kinder in der Studie sogar insgesamt über eine längere Zeit Bildschirme.

Zeit am Bildschirm mindert Schlaf

Die Autoren und Autorinnen der Studie betonen, dass eine zu häufige Bildschirmnutzung zu körperlichen und psychischen Problemen, Übergewicht und Schlafschwierigkeiten führen könne. «Die Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen verdrängt die Schlafzeit, die für die Gesundheit und Entwicklung junger Heranwachsender unerlässlich ist», erklärt Nagata. Er rät, Handys, Laptops und andere Geräte zum Beispiel außerhalb des Kinderzimmers aufzubewahren und sie auszuschalten.

Spezifisch mit der Nutzung von sozialen Medien hat sich außerdem ein internationales Forschungsteam rund um den Christian Montag von der Universität Ulm befasst. Es rät: Eltern sollten schon vor dem ersten Gebrauch der Apps mit ihren Kindern Regeln festlegen, wie Youtube, Tiktok, Snapchat, Instagram und andere Medien genutzt werden können. Überhaupt empfehlen die Forschenden, einen eigenen Account in diesen sozialen Medien erst ab 13 Jahren zu erlauben. Diese Ratschläge wurden in einem Konsenspapier in der Fachzeitschrift «Addictive Behaviors» publiziert.

Nach Meinung der Forschenden aus den Sozialwissenschaften, der Psychologie und der Psychiatrie sollten Kinder unter 13 Jahren keinen Zugang zu diesen Medien haben, weil ein dabei wichtiger Gehirnteil sich noch entwickle. Auch gebe es einen Zusammenhang zwischen früher Nutzung und Suchtverhalten. Es sei aber sinnvoll, wenn Kinder zusammen mit ihren Eltern vor dem 13. Lebensjahr die Welt der sozialen Medien erkundeten. Dann sei die Familie besser darauf vorbereitet.

In diesem Papier weisen die Autorinnen und Autoren auch noch einmal auf Studien hin, die den Einfluss von Eltern zeigten: Wenn Eltern selbst zu viel in sozialen Medien unterwegs seien, ebneten sie den Weg dafür, dass die Kinder ihnen nacheiferten und sich ähnliches Verhalten aneigneten. News4teachers / mit Material der dpa

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15 Kommentare
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Individualist
1 Monat zuvor
Antwortet  Pit2020

Das ist doch wie mit jeder Sucht (Tabak, Alkohol, Drogen): Irgendwelche Leute verdienen daran, kümmern sich aber nicht um das Suchtproblem. Oft versuchen die sogar, die Sucht noch anzuheizen (das wurde bei Zigarettenherstellern bekannt). Bei den Smartphones kommt hinzu: Ohne Smartphone ist man heute offenbar kein vollwertiger Mensch mehr. Immer mehr Dinge des täglichen Lebens gehen nur noch mit und nicht ohne. Goethes Zauberlehrling lässt grüßen.

Tom
1 Monat zuvor

Pro-Tipp: eine Mutter erzählte mir wie sie die PS4, ihrer damals 10-jährigen Tochter, in einem emotionalen Moment einfach aus dem Fenster warf.

Lisa
1 Monat zuvor
Antwortet  Tom

Fehlende Impulskontrolle?

Canishine
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

TicToc-Challenge?

Tom
1 Monat zuvor
Antwortet  Lisa

Naja, erst wollte sie sie verprügeln, hat es aber bleiben lassen. Die Konsole war schon lange ein Problem. Sicherlich eine impulsive Entscheidung, aber sie hat es nicht bereut, die nervigen Konflikte ums Suchtmittel hatte ein Ende.

unverzagte
1 Monat zuvor
Antwortet  Tom

Pfff, ernstgemeinter Tipp zur Drogenabhängigkeit?
Werde zukünftig nur noch mit Schutzschirm das Haus verlassen…

Monika, BY
1 Monat zuvor

Die Eltern von 7 – 19 Uhr raus aus dem Haus – sie müssen arbeite und alle Lebeskosten, auch schulische decken können. DIe Kinder sind meist sich selbst überlassen. Wenige werden von 14 Uhr bis 19 Uhr für die Schule pauken – ohne die Aufsicht.

Wir reden von Kindern nicht von Jugendlichen 25 +.

Aber who cares. Wichtig – man verdient und gibt aus.

Caro
1 Monat zuvor
Antwortet  Monika, BY

25+ sind definitiv Erwachsene!
Wenn Sie in einer solchen begrifflichen Welt leben, wundert mich allerdings nichts mehr!

nurmalso
1 Monat zuvor
Antwortet  Caro

Ein Komma hätte hier dem Leseverständnis sicherlich geholfen.

„Wir reden von Kindern, nicht von Jugendlichen 25+.“

Fräulein Rottenmeier
1 Monat zuvor
Antwortet  nurmalso

Trotzdem sind 25 jährige keine Jugendliche mehr….Komma hin oder her….

uwe
1 Monat zuvor
Antwortet  Monika, BY

Ja schon übel von den ganzen prekärem Pack: Die wollen doch glatt die Miete bezahlen UND was essen UND heizen. Gut das man sich als priviligierter Mittelschichtswürger darüber echauffieren kann.

Annamaria
1 Monat zuvor
Antwortet  uwe

Zustimmung, uwe.

30% Homeoffice (plus Wahlfreiheit für alle Eltern, wann und wo sie während der Ferien arbeiten) und 12% mehr Einkommen für alle (so fordert es Realistin an anderer Stelle) – dann sollte es auch mit der Kinderbetreuung besser funktionieren.

Hauptsache, Lehrer machen sich die Taschen voll und fordern und fordern und fordern. Wann genau haben Lehrer den Blick für die Welt verloren? War das schon vorm Referendariat oder doch erst mit der Verbeamtung?

GriasDi
1 Monat zuvor

„Wie Kinder weniger Zeit vor Bildschirmen hängen“

Weniger Tablets im Unterricht. Bringen eh nix.

David
1 Monat zuvor
Antwortet  GriasDi

Hab ich mir auch gedacht: Kinder können nicht vor Bildschirmen hängen, zu denen sie keinen Zugang haben. Und die wenigsten Teenager können sich ihr iPhone selbst kaufen.