Bricht die Ampel ihr Versprechen? Digitalpakt 2.0 in Gefahr: GEW fordert klare Zusagen von der Bundesregierung

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FRANKFURT/MAIN. GEW-Chefin Maike Finnern fordert vor der Haushaltsberatung vom Bundeskabinett deutlich mehr Investitionen in die Bildung – und endlich eine Zusage zur Fortführung des Digitalpakt 2.0. Die war tatsächlich im Koalitionsvertrag versprochen worden.

Die Spitzen der Ampel im Bundestag. Foto: Shutterstock / Juergen Nowak

„Der Kompromiss über einen Bundeshaushalt ist für die Bildung insgesamt enttäuschend“, sagte Maike Finnern, Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Vorfeld der heutigen Beratungen im Bundeskabinett über den Bundeshaushalt 2025, der Finanzplanung bis 2028 und der sogenannten Wachstumsinitiative.

Finnern kritisierte besonders, dass der Digitalpakt 2.0 offenbar weiterhin auf der Kippe steht. „Im Bundeshaushalt ist keine Rede mehr von der Fortführung und Sicherung des Digitalpakts 2.0, das ist schlichtweg unverantwortlich.“

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) schiebe die Verantwortung einfach der Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) zu. „Die Aussichten, dass sich Bund und Länder hier auf einen tragbaren Kompromiss einigen, sind damit in weite Ferne gerückt“, sagte die GEW-Chefin. Dabei brauchten Schulen gerade jetzt beim Ausbau der digitalen Infrastruktur und den dafür notwendigen personellen Ressourcen dringend Planungssicherheit, um nicht ins digitale Hintertreffen zu geraten. „Die Digitalisierung ist integraler Teil des Bildungsweges. Sie muss dauerhaft finanziert und strukturell gefördert werden. Niemand möchte zurück ins Zeitalter von Kreide und Tafel“, sagte Finnern.

Ein Scheitern des Digitalpakts 2.0 würde bedeuten, so Finnern, dass Schüler*innen nicht die notwendigen digitalen Kompetenzen erwerben, um sich in einer zunehmend digitalisierten Welt zurechtzufinden. „So werden Bildungsungleichheiten weiter verstärkt und benachteiligte Schüler*innen zusätzlich schlechter gestellt.“

“Wenn es die Bundesregierung ernst meint mit ihren guten Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, ist es an der Zeit, dass sie endlich klare finanzielle Zusagen für ein mutiges Investitionsprogramm in die Bildung macht”

Dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Lindner stattdessen längst gemachte Zusagen verkündeten, kritisierte Finnern scharf. „Die Fortführung des KiTa-Qualitätsgesetzes und des Startchancenprogramms erneut als Erfolg zu präsentieren, ist nicht mehr als eine Mogelpackung, wenn sie gleichzeitig die Kindergrundsicherung begraben. Wenn es die Bundesregierung ernst meint mit ihren guten Versprechen aus dem Koalitionsvertrag, ist es an der Zeit, dass sie endlich klare finanzielle Zusagen für ein mutiges Investitionsprogramm in die Bildung macht. Lippenbekenntnisse reichen nicht“, sagte die GEW-Vorsitzende.

Sie forderte die Bundesregierung auf, bis 2025 mindestens die Zusagen einzuhalten und den Digitalpakt 2.0 umzusetzen, außerdem für Verbesserungen in den Kitas mit einem Qualitätsentwicklungsgesetz zu sorgen, das Startchancenprogramm weiter zu verbessern sowie eine echte Kindergrundsicherung einzuführen.

Hintergrund: Seit Monaten streiten Bund und Länder um die Ausgestaltung einer Neuauflage des Digitalpakts. Aus einem vertraulichen Entwurf, den Bettina Stark-Watzinger an die KMK geschickt hatte und der uns vorliegt (News4teachers berichtete) geht hervor, dass der Bund seinen Finanzierungsanteil am neuen Digitalpakt von bislang 90 auf 50 Prozent senkt. Zudem will der Bund die Förderung ab 2030 komplett einstellen. Welche Summe das Projekt insgesamt umfassen soll, bleibt zudem offen. „Dafür investieren Bund und Länder über die Laufzeit dieser Vereinbarung insgesamt bis zu X Mrd. Euro zu gleichen Teilen“, so heißt es wörtlich in dem Papier.

Die Entgegnung der Länder in diesem Pingpong um Deutschlands Zukunft: Der Digitalpakt 2.0 dürfe nicht hinter dem auslaufenden Pakt zurückfallen, heißt es in dem Positionspapier der Kultusministerinnen und Kultusminister. Sie fordern darin für das fünfjährige Förderprogramm Bundesmittel von mindestens 1,3 Milliarden Euro pro Jahr. In den Verhandlungen darüber, wer welchen Anteil der Kosten übernimmt, müssten weitere Ausgaben der Länder für digitale Bildung berücksichtigt werden. Der Eigenanteil der Länder solle wie im ersten Digitalpakt auf zehn Prozent begrenzt werden.

Der Digitalpakt zum Ausbau der Schulen war 2019 für fünf Jahre aufgelegt worden mit zunächst fünf Milliarden Euro vom Bund. Er diente etwa dem Aufbau von schuleigenem WLAN oder der Anschaffung von interaktiven Tafeln. Im Zuge der Corona-Pandemie wurde das Programm auf 6,5 Milliarden aufgestockt, um Tablets, Laptops und Administratoren zu finanzieren.

In ihrem Koalitionsvertrag hatte die Ampel angekündigt, mit den Ländern ein Anschlussprogramm, einen Digitalpakt 2.0, mit einer Laufzeit bis 2030 auf den Weg zu bringen. Von den Einschränkungen, auf die Stark-Watzinger pocht, ist darin keine Rede. News4teachers / mit Material der dpa

Streit um Digitalpakt: Stark-Watzingers Staatssekretär wird ausfällig („Märchenstunde“)

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Unfassbar
1 Jahr zuvor

Wenn man sieht, wie viel beim Bürgergeld und der Rente gespart werden muss, kann man sich den Digitalpakt sparen.

Lisa
1 Jahr zuvor
Antwortet  Unfassbar

Es wird im neuen Haushaltsplan überall gespart, außer beim Militär.

Hans Malz
1 Jahr zuvor

Alles genau so erwartet. Deshalb haben wir ja auch die Tafeln in den Klassenräumen nicht abgebaut. Wir nutzen die Technik jetzt ein paar Jahre und gehen dann wieder zu den Steintafeln zurück. Wasser auf die Mühlen der Digitalisierungsgegner. Das “schwarze Peter” Spiel zwischen Land, Bund und Kommunen ist einfach unwürdig.

Hysterican
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Wie Chrissi L. das so gerne beschreit:

“Der Markt regelt das!”

Dem ist quasi nichts hinzuzufügen.

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Bei uns lief das anders. Der Schulleiter wollte einen Presseartikel, dass wir “digitalsiiert” sind. Dazu mussten alle analogen Tafeln raus. Sein persönliches Denkmal. Schade drum, waren eigentlich noch gut brauchbar.

Hans Malz
1 Jahr zuvor

Da die Schulleitung auf meine Arbeitskraft angewiesen ist und ich der IT Verantwortlich bin, gab es die Diskussion nicht. Entweder wir machen es, wie ich das als sinnvoll finde oder es muss jemand anderes machen. Naja, Fachkräftemangel. War aber auch kein Problem, da die Schulleitung sehr IT affin ist und die Probleme auch vorausgesehen hat.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Sie meinen Tafeln, so richtig mit Kreide? Gibt es sowas wirklich noch?
Wir nutzen normale Whiteboards mit “Beamer” in Verbindung mit Apple TV. Tatsächlich ist das im Gesamtpaket sogar günstiger als die uralten Kreidetafeln und deutlich robuster als alle “Smartboards”, die mir bisher untergekommen sind.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Zwischen die Tafelholme sind Touchscreens montiert. Die alten Tafeln sind noch voll nutzbar. Die großen Fernseher werden mit Streaming Sticks und über HDMI Kabel (Sic!) verbunden. Es ist auch ein Rechner integriert. Aber bei Stromausfall gibts Kreide für alle.

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Wenn ich das so lese, bekomme ich Tränen in den Augen.

Android 8 für die digitalen Tafeln. Nicht updatefähig. Kann man sich ausmalen, wie das endet.

Ein optimaler Beschaffungsprozess läuft anders ab und bindet diejenigen mit ein, die von der Entscheidung direkt betroffen sind.

Lisa
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

Bis zur nächsten Energiekrise. Dann wird man feststellen, dass Kreide und Tafeln keinen Strom brauchen.

Tigrib
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Wenn ich sehe, wie wir hauptsächlich die Smartboards an unserer Schule nutzen, hätte es die gute alte Kreidetafel auch getan. Ist auch in der Bedienung einfacher (die Stiftfarbe wechseln ist digital fummelig, von der Bedienung des Lineals ganz zu schweigen, man kann Tafelseiten umklappen und verdeckt schreiben usw.)

Der Zauberlehrling
1 Jahr zuvor

Leute, schont eure digitalen Endgeräte – die müssen vielleicht noch lange halten!!

War aber nicht anders zu erwarten. Bildung steht hinten an. Bürgergeld raushauen ohne Ende, aber für die Kinder des arbeitenden Teils der Bevölkerung nichts übrighaben. So zieht man sich Parteien am rechten Rand des Spektrums heran.

Selbst die Deutsche Bahn schafft es jetzt, in größeren Schritten zu laufen und ganze Streckenabschnitte auf einmal zu sanieren. Also, ob sie es schaffen, ist noch nicht raus. Aber die Weichen dazu sind gestellt 🙂

Ach ja, noch was. Es wäre gut, wenn sich jemand um die Wartung der Geräte kümmerte. So, wie sich der Hausmeiter um die WCs kümmert und die Sekretärin den Laden am Laufen hält. Einfach akzeptieren und so umsetzen.

Wie hat es letzthin ein Schüler auf meine Frage hin, ob jemand Lehrer werden möchte, förmuliert: “Ja, aber analog.”

Lisa
1 Jahr zuvor

“War aber nicht anders zu erwarten. Bildung steht hinten an. Bürgergeld raushauen ohne Ende, aber für die Kinder des arbeitenden Teils der Bevölkerung nichts übrighaben”
Schön, wie nun die Schichten gegeneinander ausgespielt werden. Fakt ist doch, dass der Staat allgemein nicht sehr viel für Kinder und Jugendliche tun möchte und das unabhängig von ihrer Einkommenssituation. Die Reichen haben nur den Vorteil, dass sie sich ihre Leistungen einkaufen können.

Mr X
1 Jahr zuvor

Was heißt niemand möchte zurück zu Tafeln und Kreide?

Bei uns wurde keine einzige Tafel durch ein Smartboard ersetzt.
Wir müssen also gar nicht zurück 🙂

Ich nehme gerne Smartboards, aber nur wenn überall die selber Software installiert ist und wenn die IMMER funktionieren. Es muss immer jemand da sein, der sich um die kümmert und nicht erst nach ein paar Wochen.

Ansonsten bin ich mit Kreidetafel und Beamer zufrieden.

JoE
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mr X

Kreide und Beamer ist keine gute Kombination, der Staub ist nicht so toll für elektronische Geräte. Aber Whiteboard und Beamer geht natürlich super und ist nebenbei auch günstiger.

Mr X
1 Jahr zuvor
Antwortet  JoE

War bisher kein Problem.

Beim Whiteboards sind die Stifte ein großes Problem.
Was da jede Woche an Müll anfällt ist wirklich krass.

Canishine
1 Jahr zuvor

Niemand möchte zurück ins Zeitalter von Kreide und Tafel“
Auch bei uns funktionieren Kreidetafeln und Beamer/Apple TVs zusammen und ergänzen sich gut. Es gibt genug Anwendungsmöglichkeiten für beide Medien, sogar parallel.

DienstnachVorschrift
1 Jahr zuvor
Antwortet  Canishine

Genau wie bei mir an der Schule. Da ist die Wartung auch überschaubar und ich kann eigentlich alles machen, was ich machen möchte. Einen TV benötige ich nicht und ein Whiteboard/Active Board erst recht nicht.
Für mich hat aber der Beamer definitiv einen hohen Mehrwert.

Mr X
1 Jahr zuvor

Apple TV ist kein Fernseher sondern ein streaming Gerät.
Z B zum kabellosen Koppeln eines Ipads.

Unfassbar
1 Jahr zuvor
Antwortet  Mr X

Das wird der Nutzer gemeint haben. Ist an meiner Schule auch so und gefällt mir sehr gut. Den Sinn von Smartboards habe ich noch nie verstanden.