Integrationspolitik: Faeser will Mittel für Sprachkurse zusammenstreichen

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BERLIN. Die Ampelkoalition plant, im kommenden Jahr weniger Geld für Sprach- und Integrationskurse für Zuwanderer bereitzustellen. Das wurde aus Regierungskreisen in Berlin bekannt. Das Bundesinnenministerium, das aktuell 1,1 Milliarden Euro in Integrationskurse investiert, kann hierfür dem Haushaltsentwurf 2025 zufolge nur noch 500 Millionen Euro ausgeben, also weniger als die Hälfte. Ein renommierter Verlag der Bildungsbranche, der Ernst Klett Sprachen Verlag, schlägt deshalb Alarm.

Will die Mittel für Integrationskurse um die Hälfte kürzen: Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Foto: Shutterstock / Juergen Nowak

Der Vorschlag zu dieser Kürzung kam dem Vernehmen nach aus Faesers Haus. Angesichts des Spardrucks will die Innenministerin Prioritäten bei der inneren Sicherheit setzen, sie spricht von einem „Sicherheitshaushalt“. In Berlin hofft man aber, für Integrationskosten noch Geld von der EU-Kommission zu bekommen, weil Deutschland, Polen und Tschechien besonders viele Ukraine-Flüchtlinge aufgenommen haben.

Integrationskurse bestehen zum Großteil aus Sprachkursen, es gibt aber auch einen Orientierungsteil, dazu kommen bei Bedarf Alphabetisierungskurse. Nicht immer sind solche Kurse erfolgreich, die Bundesregierung will das Konzept überarbeiten, gleichzeitig aber Kosten sparen.

Es sei unbestreitbar, dass die Stärkung der Sicherheitsbehörden und die Schaffung neuer Polizeistellen in Zeiten wachsender internationaler Unsicherheit wichtig ist – meint nun der Ernst Klett Verlag. Die geplanten Kürzungen der Mittel des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) bei den Integrationskursen seien jedoch der falsche Weg, um diese Maßnahmen zu finanzieren. „Nur wer auf das Leben und die Gesellschaft in Deutschland vorbereitet ist, kann sich aktiv beteiligen und langfristig integrieren. Dies gilt insbesondere auch für die Sprachkurse, die sich in der Regel an die Integrationskurse anschließen: die berufsbezogenen Sprachkurse auf höherem Sprachniveau“, so erklärt die Geschäftsführung des Unternehmens.

„Integrationskurse sind essenziell, um Deutsch als Zweitsprache auf einem Basisniveau zu sprechen, um Sprachbarrieren abzubauen und ein Verständnis für das Leben, die Kultur und die Werte in Deutschland zu erlangen. Sie sind der Schlüssel zur beruflichen Integration von Zugewanderten. Ohne ausreichende Sprachkenntnisse und das notwendige kulturelle Verständnis wird die Bundesrepublik die Herausforderungen des Arbeitsmarktes und des Fachkräftemangels langfristig nicht lösen können. Zudem können die Eltern von zugewanderten Schülerinnen und Schülern oft nicht als Bildungsstützen fungieren, wenn ihnen der Zugang zu Sprachkursen erschwert oder versagt wird“, so heißt es weiter.

„Der Erfolg von Integrationsmaßnahmen ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unseres Landes“

Die Entscheidung, die Mittel für Integrationskurse zu kürzen, sei ein gefährliches Signal, das den gesellschaftlichen Zusammenhalt langfristig weiter schwächen kann. Der Verlag Ernst Klett Sprachen fordert Innenministerin Faeser auf, von ihrem Vorschlag Abstand zu nehmen und alternative Finanzierungsquellen für die Stärkung der Sicherheitsbehörden zu suchen. Diese Maßnahmen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden.

Der Verlag appelliert daher an die Bundesregierung, diese Sparmaßnahme nicht umzusetzen und die Mittel für Integrationskurse aufrechtzuerhalten. Denn: „Nur so kann sichergestellt werden, dass Geflüchtete und zugewanderte Menschen in Deutschland die Chance erhalten, sich erfolgreich zu integrieren.“ News4teachers / mit Material der dpa

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Hans Malz
1 Jahr zuvor

Cleverchen! Dabei wären das doch Investitionen gewesen, die sich wahrscheinlich lohnen.

Realist
1 Jahr zuvor
Antwortet  Hans Malz

Versetzen Sie sich in die Rolle von Frau Feaser als Bundespolitikerin: Mit Sprachkursen kann sie kurzfristig nichts gewinnen, das zahlt sich erst langfristig aus, davon würden ihre Nachfolger profitieren, ggf. gehören diese dann sogar einer anderen Partei an.

Kurzfristig profitiert sie aber davon: Die freigesetzen Mittel können dann in ihre bekannten Schwerpunktprojekte fließen.

Und wenn’s schiefgeht? Dann kann sie alle Schuld von sich weisen, denn “Bildung ist schließlich Ländersache.” Herr S. aus P. wird sicherlich assistieren, hätten die f… S… eindlich einmal in der Gegenwart ankommen und sich trotz ihrer “exorbitant hohen Bezahlung” etwas anstrengen müssen.

Hans Malz
1 Jahr zuvor
Antwortet  Realist

Tja, das ist leider REALISTisch…

Geht's noch?????!!!!!
1 Jahr zuvor

Was? Die “Ich glaube das wir über diese nicht gelungene Form der sozialen Integration viel mehr reden müssen” – Nancy, (Originalton nach Bad Oyenhausen), will jetzt Mittel für Sprachkurse streichen?
Damit sie, wenn es zu spät ist, wieder mehr über die nicht gelungene soziale Integration reden kann?
Ich kapier’s nicht. Kann mir das mal einer schlüssig erklären?

wombatlover
1 Jahr zuvor

Ich grüble immer noch über den Satz “Kinder, die geboren werden, sind anders als andere Kinder” aus einer Prüfung von vor ein paar Jahren. Wenn ich damit fertig bin, versuche ich trotzdem gar nicht erst, die Gedankengänge von Frau Faeser nachzuvollziehen.

A.J. Wiedenhammer
1 Jahr zuvor

Eigentlich gibt es genau zwei Möglichkeiten: Entweder man passt die Mittel an die Anzahl der zu Integrierenden an oder umgekehrt.

Obengenannte Variante geht gar nicht. Es sei denn, Frau Faeser hängt tatsächlich der Überzeugung an, dass babylonisches Sprach- und Wertegewirr per se und in jedem Fall unbestreitbar eine Bereicherung für jede Gesellschaft darstellt. Zuzutrauen wäre es ihr.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor

Wenn der Chris von den Liberalen aber doch schon seiner Freundin St-W Geld für das Startchancen-Programm versprochen hat, dann bleibt hier nichts mehr übrig. Ist doch eigentlich ganz einfach.

RainerZufall
1 Jahr zuvor

Es fehlen mir die Worte.
Was geht da vor sich? Halten alle Beteiligten das für eine gute Idee?

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor

Bei 3,5 Mio. Arbeitslosen und massenweise Unterbeschäftigten dürften auch gute Deutschkenntnisse sehr viele nicht in Arbeit bringen.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

? Wir haben aber immer noch Fachkräftemangel. Von daher wären solche Kurse von Nutzen, nicht wahr?

Gelbe Tulpe
1 Jahr zuvor
Antwortet  DerechteNorden

Bei den niedrigen Löhnen ist ein Fachkräftemangel kaum glaubhaft.

DerechteNorden
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

? Komisch, sind die Arbeitslosen denn Lehrkräfte, Erzieher*innen, Handwerker*innen, …?

A.J. Wiedenhammer
1 Jahr zuvor
Antwortet  Gelbe Tulpe

Äh…, und was schließen wir jetzt daraus? Dass das rein sprachlich bedingte Verständigungsvermögen (bzw. das Fehlen desselben) von Menschen untereinander in seinen Auswirkungen überschätzt wird?

Abgesehen davon spielt sich das Zusammenleben von Menschen tatsächlich auch noch auch anderen Ebenen als nur der beschäftigungspolitischen ab.

Lisa
1 Jahr zuvor

Also die gleichen Politiker, die vorgeschlagen haben, die Steuern für Einwanderer zu senken und damit auf Einnahmen zu verzichten, wollen nun diesen Einwanderern Sprach- und Integrationskurse kürzen weil zu wenig Geld in der Stastskasse ist? Habe ich das richtig verstanden?
Spricht sehr dafür, dass es kein Einnahmeproblem, sondern ein gravierendes Ausgabeproblem gibt.

Unfassbar
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

Die Steuereinnahmen in Deutschland sind so hoch wie nie. Nur steigen die Ausgaben noch viel schneller.

Spirale
1 Jahr zuvor
Antwortet  Lisa

Du verlangst hier etwas: Die Einwanderer, die hier keine Steuern zahlen solten, sind ExPats. Die brauchen die Mittel nicht, die machen das über den Arbeitgeber.

Bei den Mitteln aus der Politik geht es um jene Gruppen, die z.B. geflüchtet sind.

Anika von Bose
1 Jahr zuvor

Sprache ist die Grundlage für die Integration und gesellschaftliche Teilhabe, sowie von Bildung. Wer da spart treibt die Kosten für die Sicherheit in die Höhe, denn Armut, mangelnde Bildung und erlebte Gewalt sind die Grundlagen für die Entwicklung extremistischer Einstellungen und der Anstieg sozialer Transfers. So schafft man Probleme, die man eigentlich bekämpfen will…