Jurymitglied: „Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus“ – warum eine Förderschule für ihren Unterricht den Deutschen Schulpreis erhält

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BERLIN. Was macht gute Schulen aus? Seit 2006 versucht der Deutsche Schulpreis das zu beantworten und zeichnet die besten Schulkonzepte aus. Den Hauptpreis 2024 bekommt eine Förderschule ohne feste Stundenpläne, dafür mit individuellen Lernzielen, Gleitzeit – und einem Kreativraum.

Da war die Freude groß: Schüler*innen und Lehrkräfte der Siebengebirgsschule Bonn bei der Preisverleihung in Berlin. Foto: Max Lautenschlaeger / Robert-Bosch-Stiftung

Der Schulpreis 2024 und damit 100.000 Euro gehen in diesem Jahr nach Nordrhein-Westfalen. Den Hauptpreis gewinnt eine Förderschule in Bonn, die laut Jury den klassischen Unterricht weitgehend abgeschafft hat. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) würdigte die Preisträger bei der Verleihung in Berlin.

An der Siebengebirgsschule – der Hauptpreisträgerin – lernen gut 250 Kinder und Jugendliche selbstständig, wie die Robert Bosch Stiftung mitteilt, die den Preis zusammen mit der Heidehof Stiftung vergibt. Dafür stehen den Schülerinnen und Schülern demnach Lernateliers, Kreativwerkstätten oder eine Study Hall zur Verfügung.

Die Lehrkräfte begleiteten die Lernenden individuell. «Die Siebengebirgsschule nimmt Kinder auf, mit denen Regelschulen überfordert sind, und ermöglicht ihnen, ins Lernen zurückzufinden, ihre Talente zu entdecken und hervorragende Leistungen zu erbringen», lobte der Sprecher der Jury des Deutschen Schulpreises, Thorsten Bohl.

An der ausgezeichneten Schule gibt es keine festen Stundenpläne – stattdessen Gleitzeit und Kernarbeitszeiten. Die Lernenden hätten individuelle Arbeitspläne und Lernziele, heißt es in der Mitteilung. «Ich hielt es für unvorstellbar, dass sich das in der Bewerbung beschriebene Konzept eines eigenverantwortlichen Lernens ohne klassischen Stundenplan und feste Raumstruktur so in die Praxis umsetzen lässt. Vor Ort kamen wir aus dem Staunen nicht mehr raus», erklärte Jury-Mitglied und Schulrätin Carola Gnadt.

“Ich habe mich noch nie in meinem Leben so gefreut, zur Arbeit zu gehen!”

Die Praxis vor Ort beschreibt sie so: «Morgens loggen sich die Schüler:innen im Lernatelier bei ihrer Lernbegleiter:in über die Schulsoftware EduPage ein. Im digitalen LernNavi finden sie ihren persönlichen Wochenarbeitsplan mit allen Materialien, die durch passgerechte Diagnostik zu ihren Bedürfnissen passen. So lernt etwa ein Matheüberflieger aus dem Autismus-Spektrum auf seinem Leistungsniveau. Je nach Graduierungsstufe entscheiden sie wo, was und wann sie lernen und Pause machen. Wer morgens mit Sorgen oder Aggressionen ankommt, kann im Kreativraum starten.» Dort gebe es einen 3D-Drucker und Materialien aus den Bereichen Modeling oder Robotik. «Diese kreative Auszeit entlastet die Schüler:innen emotional.»

Woran lässt sich die preiswürdige Unterrichtsqualität an der Siebengebirgsschule ausmachen? «Das zeigte sich etwa im täglichen Lernsetting Block A, der die Hauptfächer umfasst. In Impuls- und Dialogphasen erlebten wir kognitive Aktivierung, die durch die hohe Eigenverantwortung noch verstärkt wird. Ein Schüler sagte: ‚Ich kann machen, worauf ich zuerst Lust habe. Montag bis Mittwoch mache ich meine Aufgaben, am Donnerstag will ich kochen.‘ Digitale Lerntagebücher, Einzelcoachings und Entwicklungsgespräche geben zusätzlich Struktur.“

Besonders innovativ laut Gnadt: «Die konsequente Stärkenorientierung gepaart mit der pädagogischen Grundhaltung: Jede:r Einzelne ist wertvoll und wichtig. Das gilt auch für Lehrkräfte. Eine Seiteneinsteigerin, die zuvor in der Wirtschaft arbeitete und nun Mathe lehrt, sagte: ‚Ich habe mich noch nie in meinem Leben so gefreut, zur Arbeit zu gehen!‘»

Der Bundeskanzler betonte bei der Preisverleihung die Bedeutung von Schulen in der Gesellschaft. «Schon einfach dadurch, dass alle zusammenkommen in der Schule, ist das der Ort, an dem das klappen muss mit dem Miteinander», sagte Scholz bei der Veranstaltung in Berlin. Man müsse auch über Probleme sprechen, aber im internationalen Vergleich sei es eine Leistung, was die deutschen Schulen zustande brächten. Auf die Frage, ob er Hausaufgaben mit Künstlicher Intelligenz gemacht hätte, wäre es damals möglich gewesen, antwortete Scholz schmunzelnd: «Vielleicht». Er sei in der Schulzeit aber sehr ehrgeizig gewesen und hätte es daher nur selten gemacht.

“Sie haben ihre Konzepte für guten Unterricht entlang der Stärken der Schülerinnen und Schüler kontinuierlich weiterentwickelt und umgesetzt”

Die fünf weiteren ausgezeichneten Schulen sind die Friedenauer Gemeinschaftsschule
und die Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule in Berlin sowie das Joseph-DuMont-Berufskolleg in Köln, das St.-Pius-Gymnasium in Coesfeld und das Thomas-Morus-Gymnasium in Oelde (alle drei NRW). Sie erhalten je 30.000 Euro.

Aplaus vom Bundeskanzler (Bildmitte) für die Preisträgerschulen. Foto: Max Lautenschlaeger / Robert-Bosch-Stiftung

NRW-Schulministerin Dorothee Feller freute sich über den Preisregen für ihr Bundesland. «Nordrhein-Westfalens Schulen sind Gewinnerschulen: Vier der sechs ausgezeichneten Schulen kommen aus unserem Bundesland – ein herausragendes Ergebnis, das stellvertretend steht für die Arbeit unserer Schulleitungen, Lehrkräfte und am Schulleben Beteiligten, die sich täglich mit Herz und Sachverstand für ihre Schülerinnen und Schüler einsetzen», erklärte sie. Die Kollegien der Preisträgerschulen hätten «Orte geschaffen, die persönliches Wohlbefinden, soziales Miteinander und Freude am Lernen verbinden. Sie haben ihre Konzepte für guten Unterricht entlang der Stärken der Schülerinnen und Schüler kontinuierlich weiterentwickelt und umgesetzt. Über die Grenzen von Nordrhein-Westfalen hinweg erhalten die Schulen völlig verdient Anerkennung für ihre exzellente Unterrichtsqualität.»

Dass eine Förderschule den Hauptpreis gewinnt, sei ein besonderes Signal. Feller: «Es unterstreicht, wie wertvoll es ist, zwischen Schulen des Gemeinsamen Lernens und Förderschulen je nach individuellem Bedürfnis wählen zu können.» News4teachers / mit Material der dpa

Die übrigen Preisträgerschulen stellen wir hier vor:

Freies Lernen, Coaching, intensive Beziehungsarbeit: Was preiswürdige Schulen ausmacht

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Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor

„Dass eine Förderschule den Hauptpreis gewinnt, sei ein besonderes Signal. Feller: «Es unterstreicht, wie wertvoll es ist, zwischen Schulen des Gemeinsamen Lernens und Förderschulen je nach individuellem Bedürfnis wählen zu können.“

Danke!

Herzlichen Glückwunsch an die Siebengebirgsschule! Da können sich andere Schulen sicher eine Menge abschauen.

Ulrika
11 Monate zuvor

Richtig, doch werden sicher gleich die wieder aus ihren Löchern kriechen, die maulen und klagen.

GBS-Mensch
11 Monate zuvor
Antwortet  Ulrika

Ja, weil nicht sein kann, was nicht sein darf.

Metalman
11 Monate zuvor

Ich finde dieses Beispiel zeigt eindrücklich, dass es durchaus Gründe für gute Förderschulen gibt.

Karl Heinz
11 Monate zuvor

Glückwunsch!!

Bleiben aber Fragen wie:
Wieso hat man dort Lernateliers, Kreativwerkstätten oder eine Study Hall und anderswo nicht mal ansatzweise etwas dergleichen?
Muss ja Gründe haben…

Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Bestimmt hat das Gründe….sie können ja mal auf die Homepage dieser Schule schauen….dort entdecken sie Kooperationspartner, wissenschaftliche Begleitungen, Konzepte….das fällt aber nicht vom Himmel.
Solche Schulen haben Visionen, machen sich Gedanken, wie man Visionen verwirklichen kann, suchen sich Kooperationspartner, schreiben Konzepte, lassen sich wissenschaftlich begleiten und und und….diesen Schulen finden dann allmählich auch Unterstützung beim Schulträger, was die Ausstattung angeht. Alles jahrelange Prozesse….
An diesen Schulen arbeiten in der Regel eine Vielzahl von Kollegen, die extrem engagiert sind, die etwas erreichen wollen…..und die wirklich Freude an ihrer Arbeit haben (meistens zumindest), die mitgehen, auch wenn es anstrengend ist….

Karl Heinz
11 Monate zuvor

Danke

Einer
11 Monate zuvor

Es steckt wahnsinnig viel Arbeit in einer solchen Schule und das geht nur mit Personal, dass vollkommen mitzieht. Und ein Grund ist mit Sicherheit der anderen Personalschlüssel als “normale” Schulen ihn haben! Dieser kleine Unterschied sollte nicht vergessen werden.

Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor
Antwortet  Einer

Ich denke nicht, dass der Personalschlüssel das Erfolgsgeheimnis ist….der wird mit Sicherheit im Rahmen anderer Förderschulen liegen…

Realist
11 Monate zuvor
Antwortet  Einer

Ja, klingt irgendwie wieder wie:

“Wenn du nicht für eine Sache (aus-)brennst, bist du ein schlechter Lehrer!”

Rainer Zufall
11 Monate zuvor
Antwortet  Einer

Vor allem mit Blick auf das “absehbare Ende” des Lehrkräftemangels, der von der KMK versprochen wird.
Wir werden dann sehen, ob “kein Mangel” sich mit dem tatsächlichen Bedarf der Schulen decken wird.

Habe ein schlechtes Gefühl…

GBS-Mensch
11 Monate zuvor
Antwortet  Karl Heinz

Eine große Vielzahl von Schulen verfügt über eine große Vielzahl von Räumen, von denen man den einen oder anderen sicher zur “study hall” umwidmen kann.l, wenn man denn will.

Nicht wenige (alte) Schulgebäude haben in den siebziger oder achtziger Jahre Anbauten oder Nebengebäude mit Fachräumen erhalten, so kreativwerkstattmäßig.

Ça me fatigue
11 Monate zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Es gibt Schulen, die müssen zusätzliche Container aufstellen, damit alle Platz haben! Da gibt es keine Räume für etwas anderes.

JoE
11 Monate zuvor

Gratulation an die Preisträger. Und einen Gruß an diejenigen, die hier immer wieder die Fortexistenz von Förderschulen (die sie verächtlich “Sonderschulen” nennen) ablehnen.

vhh
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Weil nicht sein kann was nicht sein darf?
Aus diesem Kommentar spricht nicht unbedingt Textverständnis: Denkt mal nach, ob das nicht zeigt, dass gute Förderschulen durchaus ihre Existenzberechtigung haben könnte – die Logik ihrer in einer Minute ‘rausgehauenen’ Antwort darauf entzieht sich meinem beschränkten Verständnis.

Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Indem man einer Förderschule den deutschen Schulpreis zuerkennt, macht auch gleichzeitig einen Aussage über das Förderschulssystem, nämlich, dass es seine Daseinsberechtigung hat. Deutlicher als Frau Feller kann man es nicht ausdrücken….
Auf mich macht diese Schule im übrigen den Eindruck, dass dort Schüler mit Einschränkungen über alle Maßen gut gefördert werden können und sie im späteren Berufsleben womöglich sehr erfolgreich teilhaben können.

Lisa
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Wäre nicht am wichtigsten, wie @FraeuleinRottenmeier schrieb: Das “dort Schüler mit Einschränkungen über alle Maßen gut gefördert werden können und sie im späteren Berufsleben womöglich sehr erfolgreich teilhaben können”?
Mir kommt die Inklusionsdebatte und “das Recht auf Teilhabe ” immer ein wenig so vor, als wolle man etwas “aus Prinzip ” so durchdrücken. Gerade die Inklusion in eine saftige, problematische GS- Klasse ist für einen sensiblen behinderten jungen Menschen vielleicht nicht immer das Beste.

Ulrika
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Selbst zu entscheiden, das klingt ja gut und schön. Aber auch ‘Betroffene’ müssen sich wie alle anderen nach der Decke strecken und die Teilhabe auch daran ausrichten, ob und wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Meine schulische und weitere Ausbildung war schließlich auch nicht nur vom eigenen Wollen und Wünschen geleitet- am Ende des Tages musste ein Beruf daraus werden, mit dem man sich finanzieren kann.

Indra Rupp
11 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

Aber zwei Gemeinschaftsschulen mit ganz viel Inklusion und Integration sind doch auch unter den ersten Plätzen. Und Nu?

JoE
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

“Wie ist es in Zeiten des Lehrkräftemangels zu rechtfertigen, bei einer echten Wahlfreiheit notwendige Doppelstrukturen – die dann auf beiden Seiten nicht ausgelastet sind – zu unterhalten?”

Ganz dünnes Eis, denn aus Sicht des zielgerichteten Einsatzes von qualifizierten Förderschullehrkräften wäre ein reines Förderschulwesen ohne halbgare Inklusion deutlich überlegen, weil jede Förderschullehrkraft sich um mehr Schüler in der gleichen Zeit kümmern kann. Oder ist Inklusion für Sie schon, das Förderschüler einfach irgendwie von Regelschullehrkräften nebenbei mitbetreut werden?

Lera
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

“Dass es anderes gehen kann und gar keiner Wundermittel bedarf, belegen die Preisträgerschulen beim Deutschen Schulpreis, die durchgängig inklusiv arbeiten.”

Leider schließen Sie immer wieder unzulässig von der Existenz einzelner Leuchttürme auf die Möglichkeit, dies auch in der Fläche zu realisieren.

EINZELNE Schulen können genug Lehrer haben, um ganz tolle Dinge zu vollbringen.

ALLE Schulen nicht, denn es gibt so viele Lehrer schlicht nicht. Heute nicht und mindestens die nächsten 7 Jahre nicht (Ausbildungsdauer). Und dass plötzlich sehr viel mehr junge Menschen ins Lehramt streben, ist mindestens fraglich.

Ich habe das schon häufiger geschrieben. Leider haben Sie nie darauf geantwortet.

Unfassbar
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Was ist mit dem umgekehrten Fall, dass die Förderschule nicht mehr existiert, es also eine “Zwangsinklusion” an eine Regelschule gibt, die allerdings in den allermeisten Fällen mit Stuhl dazu, wenige Förderstunden pro Woche mit einer Förderschullehrkraft mit nicht zwingend dem Förderschwerpunkt des Kindes und ggf. einer Inklusionsbegleitung einhergeht?

Indra Rupp
11 Monate zuvor

Es könnte auch eine Aussage sein, dass die “lives” von beeinträchtigten Menschen “matter” sind. Je nachdem, was man da reinlesen möchte. Man könnte auch Haupt-und Realschulen für schlechter als Gemeinschaftsschulen und Gymnasien halten, weil diese nicht unter den ersten nominierten. Und man könnte NRW für das geeignetste Land halten, wenn man sein Kind einschulen lassen möchte…. Öhm…

Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Ich klassifiziere nicht….

Inselbegabung
11 Monate zuvor

Naja, es klingt toll, aber gerade bin ich wahnsinnig frustriert. Bei uns kommen andauernd Kinder in der 4.,5.,6. Klasse an mit grottenschlechten Rechtschreibkenntnissen und etliche davon mit LRS. Andauernd welche, die keine Schreibschrift schreiben können und ich frage mich, was machen denn da die Kollegen in der 1.-3. Klasse. Immer nur, was Spaß macht?! Und nie einfach üben, trainieren, auch wenn’s nicht so spaßig ist? So kommt es mir vor.

Wie sind denn die Leistungen an dieser Gewinner-Schule? Bei den Basisfähigkeiten? Man erfährt dazu ja nichts.

GBS-Mensch
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

“Bei uns kommen andauernd Kinder in der 4.,5.,6. Klasse an mit grottenschlechten Rechtschreibkenntnissen und etliche davon mit LRS. ”

Dann kommen wohl andauernd Kinder mit gewissen Problemlagen und LRS bei den ersten Klassen an. Wäre das eine plausible Antwort auf Ihre Frage?

Inselbegabung
11 Monate zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Nein. Ich sehe nur, Unterricht soll immer nur Spaß machen und das Unangenehme sollen die Eltern zuhause erledigen. Tun sie nur eben nicht.

Ulrika
11 Monate zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Bei mir in Klasse 5 sind 2 Kinder, die sich ihre Turnschuhe nicht selbst zubinden können. Noch-bereinigt- 1232 Tage!

Lisa
11 Monate zuvor
Antwortet  Ulrika

Klettverschluss. Fertig.

Ulrika
11 Monate zuvor
Antwortet  Lisa

Eben- in der Kita wurde den Eltern gesagt, die Kinder hätten derlei Schuhe zu tragen- sei zu mühsam und zeitintensiv, das Binden zu üben oder abzuwarten. Kinder und Jugendliche sind mittlerweile motorisch defizitär- vom Daddeln und Posten abgesehen. Sie können keine Schleifen und Knoten binden, keinen Stift halten, keine Schere richtig benutzen. Achtklässler schneiden und kleben wie früher Kindergartenkinder. Windelhosen gibt’s noch für Grundschulkinder zu kaufen. Aber egal- braucht es alles nicht. Fertig. Und die Eltern kann man ja nicht behelligen, nicht wahr!?
Noch zu viele Tage!

Lisa
11 Monate zuvor
Antwortet  Ulrika

So meinte ich das nicht. Wenn ich aber Eltern bin und sehe, dass mein Kind keine Schuhe binden kann, verlasse ich mich nicht darauf, dass es dann der Lehrer schon macht. Es gibt Klettverschlussschuhe und dann wird Zuhause geübt, bis auch andere Schuhe funktionieren. Nicht jedes Problem muss die Schule lösen.
Die Frage an mich als Mutter wäre: Kann der Lehrer das, was ich für mein Kind erwarte, für 29 weitere tun?

Ulrika
11 Monate zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Nein, 1323 :-((

Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Ich empfehle Ihnen eine Hospitation an einer Grundschule, möglichst in einer ersten Klasse….die fehlenden Vorläuferfähigkeiten machen einen Unterricht, wie man es sich so gemeinhin so vorstellt, so gut wie gar nicht mehr möglich….das ist kein Spaß, das frustriert im höchsten Maße die GS-KuK….auch Sie und ihre Kollegen der weiterführenden Schule müssen sich nun anpassen, wir können nicht mehr liefern wie gewohnt….ist so….

Inselbegabung
11 Monate zuvor

Ich bin an einer Grundschule. Ich erlebe, wie viele Kollegen nur spaßigen Unterricht machen wollen. Alles andere ist langweilig und doof.

Lisa
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Ich finde es schlimm, wenn ein einziges Kind 30 Prozent meiner Zeit beansprucht und sich die anderen 24 70 Prozent teilen müssen. Das ist so frustrierend, denn jedes dieser Kinder verdient genau so viel. Und ja, wenn ich dann weiß, dass dieses eine Kind eine Förderschule besucht mit einer Gruppenstärke von 6 Kindern und blüht dort auf, dann freue ich mich und denke erst einmal nicht daran, wie bitterböse und ableistisch ich bin, dem Kind nicht die Inklusion in einer gewöhnlichen Klasse zu gönnen.
Unterricht macht mir Spaß, wenn ich den Kindern etwas beibringen kann, was sie vorher noch nicht wissen und was sie dann sicher können. Das ist nicht langweilig, weil jeder Mensch und auch Kinder sind Menschen, lieber etwas Produktives arbeitet als nur rumzutüddeln.
Viele Schüler mögen auch “langweilige” Sachen, weil sie genau wissen, was sie tun sollen und sich dann Lob abholen. Wir nannten in der Lehrerausbildung “nur Spaß und Action” in der Klasse ” blinder Aktionismus”
Das macht nämlich auf Dauer unzufrieden und unglücklich.

Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Kenne ich an meiner Schule nicht….aber in der Tat, mit Freude lernt man einfach besser….

Rainer Zufall
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Haben Sie Ihre Kolleg*innen und/ oder die Schulleitung darauf angesprochen?

GBS-Mensch
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Kleiner Nachtrag. In meiner ersten Klasse ist ein Autist eingeschult worden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er auch noch in der fünften, achten, zehnten Klasse Autist sein wird.

Inselbegabung
11 Monate zuvor
Antwortet  GBS-Mensch

Hat nichts mit dem Thema zu tun. Nennt man anekdotische Evidenz. Ich sprach nicht von Autisten. Sie reden das Problem schön.

GBS-Mensch
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Na, wie gut, dass dann Ihre anekdotische Evidenz überlegen ist. Und warum hat das nichts mit dem Thema zu tun?

Nina
11 Monate zuvor
Antwortet  Inselbegabung

Gerne mal eine Grundschule besuchen. Das ist dann selbsterklärend.

Indra Rupp
11 Monate zuvor

Interessante Doppelmoral hier! Dieses Forum ist nämlich zu 90 % gegen Reformpädagogik, aber scheinbar nicht, wenn man damit Förderschulen Salonfähig machen und entsprechende Schüler abdrücken kann. Das Konzept dieser Schule hat zudem garnichts mit Förderschule oder nicht Förderschule zu tun. Es ist ein Konzept, das auch andere Schule anwenden können und kein Beleg, dass Förderschulen dafür nötig seien, was hier suggeriert wird. Gibt auch Berichte über Zukunftschulen ect, wo solche Konzepte auftauchen. Man nehme sich Popcorn und Vergleiche die Kommentare… 🙂

vhh
11 Monate zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Das ist eine eigenwillige Interpretation, ‘dagegen’ ist viel zu eindimensional formuliert. Reformpädagogik, das sind oft gute Ideen, für ein angenehmeres Zusammenleben und -arbeiten aller Beteiligter. Reformpädagogik an den gleichen Schulen, in den gleichen Räumen, die wir haben, mit eher schlechter als besser werdender Personalversorgung, dann noch scheinheilige Fragen: ‘aber da geht das doch, warum schafft ihr das nicht?’, das ist eher Mobbing von oben als ein Reformansatz. Warum wohl sind es immer nur Berichte über einzelne Schulen, wo solche Konzepte auftauchen? Warum hat noch kein Bundesland flächendeckend diese teilweise schon lange erprobten Konzepte übernommen? Nein, wir sind nicht alle zu bequem, so etwas ‘wenigstens ein bisschen’ einzuführen. Lehrkräfte werden mit den täglichen Problemen zugeschüttet, jenseits der personellen und auch individuellen Möglichkeiten. Vielleicht kann man wirklich mit den vorhandenen Ressourcen in einem anderen System ganz anders unterrichten. Was man damit sicherlich nicht kann ist, das marode bestehende System am Laufen zu halten und gleichzeitig parallel mit voller Energie und Innovationskraft an einer grundlegenden Reform zu arbeiten. Ich sehe keine Planung für eine große Schulreform, eine Reform die allen Lehrkräften sinnvoll erscheint und logisch einleuchtet. Ich sehe noch nicht einmal, dass irgendwer Lehrer nach deren Ideen und Meinungen fragt oder, genauer, diese beachtet. Die haben nämlich die dumme Angewohnheit, Schule teilweise noch als Ort des Lernens für starke, schwache, durchschnittliche, kurz alle Schüler zu sehen und das ist eine ganz unangenehme Randbedingung für viele Reformideen.

Philine
11 Monate zuvor

Wenn die Absolventen dieser Schule später den Beweis erbringen, dass sie besser gebildete, psychisch stabilere, dabei sozial eingestellte sowie produktivere Menschen geworden sind, bin ich von der Überlegenheit des Ansatzes restlos überzeugt. Aber erst dann.

Indra Rupp
11 Monate zuvor
Antwortet  Philine

Das ist ja im Grunde alles gar nicht bewertbar!
Hier hat eine Jury agiert, die die individuelle Konzentration auf das einzelne Kind als gutes Zeichen und positiv bewertet hat, dem Zeitgeist entsprechend. Eine andere, rechtskonservativere Jury hätte vielleicht die am homogensten organisierte Schule mit ausschließlich Frontalunterricht nominiert.
Wie soll man nun objektiv beurteilen, wer hier der Bessere ist?
Man könnte Leistungsergebnisse vergleichen, aber selbst sehr ähnliche Kinder, können ganz unterschiedliche Dinge im Gepäck haben, so daß man auch hier nicht einfach auf die Schule schließen kann. Genauso wenig kann man einfach beurteilen, wer hinterher der glücklicher Mensch ist. Ist jemand ein glücklicher, zufriedener Mensch, weil er ein Leben lang verheiratet bleibt und 50 Jahre lang zur gleichen Arbeitsstelle geht und für die Gesellschaft somit am besten funktioniert? Oder ist derjenige glücklicher, der ständig den geraden, einfachen Weg verlässt, Dinge abbricht und Neues anfängt?
Selbst die Zufriedenheit eines Kollegium sagt wenig über Schule und Konzept aus. Letztendlich hängt alles am Menschen selber. Fünf Jahre später : Gleiche Schule, gleiches Konzept – aber – vielleicht neue Schulleitung, die doof ist, andere Eltern, darunter ein paar richtig fordernde , die Psychoterror machen und ein paar Kinder, die den Unterricht sprengen, schon ist die glückliche Stimmung im Kollegium verflogen…

AlterHase
11 Monate zuvor
Antwortet  Redaktion

Und das “freie, individuelle Lernen” wirkt sich immer positiv aus? wo genau steht das?

Fräulein Rottenmeier
11 Monate zuvor
Antwortet  Indra Rupp

Schauen Sie sich einfach QA Kriterien an und dann sehen sie sofort, dass sich die Qualität von Schule und Unterricht gut messen lässt….

Rainer Zufall
11 Monate zuvor

Als ich das erste Mal in einem Praktikum an einer (anderen) Sonderschule war, dachte ich: “So muss Schule sein!”

Freut mich, dass die Jury dies ebenso sieht, auch wenn die KM jegliche Streuwirkung zu unterbinden wissen…

Horst Költze
11 Monate zuvor

PERSPEKTIVWECHSEL
zur weitreichenden BEDEUTUNG der Auszeichnung der Siebengebirgsschule Bonn:
Die Siebengebirgsschule Bonn ist Leuchtturm
–       NICHT NUR
für alle Förderschulen,
–       SONDERN
für alle Allgemeinbildenden Schulen
–       UND AUCH
für die Kultusministerkonferenz als Impuls zum Systemwechsel vom Zwangslern-System
zur Bildung in Freiheit.