Wie Hochschullehrer versuchen, KI-Schummeleien in Hausarbeiten auf die Spur zu kommen

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MAGDEBURG. Seit KI-Tools wie ChatGPT den Hochschulalltag erobert haben, stehen Studierende und Lehrende vor neuen Herausforderungen. Während die einen von effizienterer Wissensvermittlung schwärmen, warnen andere vor Plagiaten und fehlender Eigenleistung. Hochschulen suchen nach Wegen, KI sinnvoll zu integrieren – doch wo liegt die Grenze zwischen Hilfsmittel und Betrug?

Eine Spur? (Symbolfoto) Foto: Shutterstock

Seit 2022 verändert künstliche Intelligenz (KI) den Hochschulalltag grundlegend. Wo früher nächtelang an Formulierungen gefeilt wurde, reicht heute ein kurzer Befehl an generative Chatbots wie ChatGPT. Doch so einfach wie «Schreib mir eine Hausarbeit» ist es auch nicht.

«Es spart mir so viel Zeit», sagt Timur Bauch, Medieninformatik-Student an der Hochschule Harz. Er nutzt KI-Tools regelmäßig, um sich komplexe Themen einfacher erklären zu lassen. «Der große Vorteil an Sprachmodellen ist, dass sie immer neue Beispiele parat haben und leicht erklären können», so der 30-Jährige.

Isabelle Koutny, Absolventin im Multimedia-VR-Design an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, nutzt KI eher zurückhaltend. «Ich versuche, nicht unbedingt mit KI zu arbeiten, um kreativ zu werden», erklärt die 23-Jährige. In einem Projekt experimentierte sie mit der visuellen KI Stable Diffusion, um den Stil einer Animation zu verändern. Doch sie fragte sich: «Warum jetzt KI und nicht Handarbeit?»

Für Koutny bleibt es eine Moralfrage, da KI mit Bildern anderer Künstler trainiert wird. «Wenn man zu nah an etwas herankommt, kann es wie ein Plagiat wirken.» Sie nutzt KI eher für Grammatikprüfungen, weniger für Ideen. «Wie kreativ kann eine KI wirklich sein?», so die 23-Jährige.

Professor: KI-Verbot ist keine Lösung

«Als Tools wie ChatGPT aufkamen, ging ein Ruck durch die Hochschule: “Auweia, was passiert jetzt?”», erinnert sich Professor Hardy Pundt, Prorektor für Transfer und Digitalisierung an der Hochschule Harz. Man sei unsicher gewesen und habe Angst gehabt, die Kontrolle zu verlieren.

Doch Verbote seien keine Lösung, betont Pundt. «Wir hätten gar keine Mittel in der Hand, Studierende zu untersagen, KI zu nutzen.» Stattdessen setzt die Hochschule auf kritischen Umgang und Medienkompetenz: «Glaubt nicht alles, was euch diese Chatbots auswerfen. Das müssen wir lehren.»

An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) sei der Umgang mit künstlicher Intelligenz eigenen Angaben nach vielfältig. Ihr Einsatz sei «weder grundsätzlich zugelassen noch untersagt.» Vielmehr liege es im Ermessen der Lehrenden, wie künstliche Intelligenz in Hausarbeiten oder Projekten genutzt werden dürfe.

Auch in den multimedialen Studiengängen der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle spielen KI-gestützte Werkzeuge eine immer wichtigere Rolle. «Uns ist bewusst, dass die aktuellen Entwicklungen der KI-Technologien eine Vielzahl an gestalterischen Bereichen beeinflusst und “traditionelle”, bisherige Arbeitsprozesse hinterfragt.» Daher können Studierende während ihres Studiums mit KI experimentieren. So werden Transparenz und kritischer Diskurs gefördert sowie ethische Fragen zu Urheberrecht, Bias oder Energieverbrauch behandelt, wie die Kunsthochschule mitteilte.

Hilfsmittel oder Schummelhilfe?

Wie der Einsatz von KI kontrolliert wird, ist an den Hochschulen unterschiedlich geregelt. Schließlich hilft KI nicht nur bei der Texterstellung, sondern auch bei Grammatik, Übersetzung und Kreativität. Doch wo liegt die Grenze zwischen legitimer Unterstützung und unzulässigem Betrug?

Zwischen Studierenden und Lehrenden gebe es ein «Katz-und-Maus-Spiel», erzählt Medieninformatik-Student Bauch. «Natürlich liegt es im Interesse der Studierenden, sich das Leben möglichst einfach zu machen», sagt er. «Die meisten Studierenden nutzen aber KI ergänzend, nicht ersetzend», betont er. Langfristig sei der Einsatz von KI allein nicht sinnvoll, weil man nicht lerne.

Bisher sei Schummeln im großen Umfang mit KI-generierten Texten noch kein Thema, sagte Professor Pundt. Aber gelegentlich falle es auf, wenn Studierende bei Präsentationen ins Stocken geraten – fordere man sie auf, etwas zu erklären: «Dann kommen erstaunliche Lücken zum Vorschein», erzählt er. «Wenn der Verdacht besteht, dass jemand ausschließlich mit KI-Werkzeugen und nicht mit seinem eigenen Kopf arbeitet, akzeptieren wir das nicht», sagt Pundt.

Mit mündlichen Prüfungen die Kurve kriegen

Um sicherzustellen, dass die Antworten nicht bloß KI-generiert sind, zeigen sich Dozenten kreativ. Bauch, der für sein Studium selbst programmieren muss, erzählt, wie manche Dozenten Hinweise in weißem Text in ihren Aufgaben verstecken. Kopiert man dann einfach das Dokument, liefert die KI Antworten, die mit dem unsichtbaren Text übereinstimmen.

An der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg ist der Einsatz von Chatbots in Arbeiten zugelassen, es sei aber «zwingend notwendig», alle Hilfsmittel anzugeben. «Wir gehen generell davon aus, dass der Stellenwert mündlicher Prüfungen im Vergleich zu Hausarbeiten und Abschlussarbeiten steigen wird», heißt es.

Ähnlich sieht es Professor Pundt. «Das prüfen, inwieweit es eine wirkliche Eigenleistung ist oder nicht, geht nur durch die mündliche Prüfung», betont er. Dass generative KI aus dem Uni-Alltag nicht mehr wegzudenken ist, scheint jedoch Konsens zu sein. «KI ist gekommen, um zu bleiben», resümiert der Professor. von Sabina Crisan, dpa

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Rüdiger Vehrenkamp
7 Monate zuvor

Zu meiner Studentenzeit wurde Wikipedia verteufelt. Jetzt ist es die KI und dennoch müssen sich alle Beteiligten damit arrangieren. Bei längeren Hausarbeiten kann eine KI allenfalls unterstützend wirken, denn für eine zuverlässige Recherche in Primär- und Sekundärliteratur ist die künstliche Intelligenz noch nicht geeignet.

Außerdem macht die KI teils eklatante Fehler bei der Herausgabe von Informationen. Studierenden kann man hier nur den Rat geben, die KI mit bedacht zu nutzen. Es bleibt also eine Eigenleistung, selbst wenn nicht jeder Satz der Hausarbeit selbst getippt worden ist.