NEUSS. Die Ordnungsmaßnahme einer Gesamtschule im Kreis Neuss, einen Zehntklässler mit sofortiger Wirkung von der Schule zu entlassen, weil dieser mit weiteren Jugendlichen einen Obdachlosen angegriffen und auf den am Boden liegenden Mann eingetreten und -geschlagen hat, ist rechtmäßig. Das hat die 18. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf entschieden – und den gegen die Schulentlassung gerichteten Eilantrag des Schülers abgelehnt.

„Die Voraussetzungen der Entlassung von der Schule liegen vor, da der Schüler durch schweres Fehlverhalten die Rechte des Obdachlosen ernstlich verletzt und hierdurch zugleich die Erfüllung der Aufgaben der Schule ernstlich gefährdet hat“, so führt die Kammer zur Begründung aus. „Es ist unstreitig, dass der Schüler mit massiver, nahezu hemmungsloser Aggression mindestens achtmal auf den am Boden liegenden Obdachlosen – teils mit Anlauf – eingetreten und – teils mit voller Wucht – mit der Faust gegen dessen Körper und Kopf geschlagen hat, obgleich von dem Mann zu diesem Zeitpunkt erkennbar keinerlei Gefahr ausging und dieser sich – im Gegenteil – die Hände schützend vor seinen Kopf hielt.“
Zugleich habe der Schüler durch dieses Verhalten seine Pflicht verletzt, an der Erfüllung der Aufgaben der Schule mitzuarbeiten. „Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule hat keine festen räumlichen Grenzen“, so urteilten die Richter. „Vielmehr kommt es darauf an, ob das Fehlverhalten – wie hier – störend in den Schulbetrieb hineinwirkt. Dadurch, dass der Schüler während der Schulzeit – in der Mittagspause zwischen zwei Unterrichtseinheiten – in unmittelbarer Nähe des Schulgeländes den Obdachlosen gemeinsam mit weiteren Jugendlichen angegriffen hat, waren in den darauffolgenden Tagen der Schulfrieden und der Unterricht der Schule massiv beeinträchtigt.“
„Der Antragsteller hat seine Impulse in Ausnahme- oder Stresssituationen nicht jederzeit unter Kontrolle”
Vor diesem Hintergrund handele es sich nicht um ein bloßes „außerschulisches Fehlverhalten“ des Schülers – der Konflikt sei in die Schule hineingetragen worden, da dieses ohne jeden Zweifel erheblich in das Unterrichtsgeschehen der nachfolgenden Tage hineingewirkt hat. „Die Entlassung von der Schule ist angesichts des objektiven Schweregrades der Pflichtverletzung und der zeitnah bevorstehenden Zentralen Prüfungen zur Erlangung des Mittleren Schulabschlusses nach Ansicht der Kammer auch ohne vorherige Androhung der Entlassung von der Schule verhältnismäßig“, so urteilt das Gericht. „Die Entlassung des Schülers von der Schule stellt angesichts der besonderen Schwere der Pflichtverletzung das einzig sichere Mittel dar, um weiteres Fehlverhalten des Schülers auszuschließen und den Schulfrieden der Schule wiederherzustellen.“
Bei der Abwägung sei insoweit zu berücksichtigen gewesen, dass der Schüler bereits im August 2023 einem Mitschüler einen Faustschlag in das Gesicht versetzt hatte, „der Antragsteller seine Impulse in Ausnahme- oder Stresssituationen mithin nicht jederzeit unter Kontrolle hat, sondern zu gewalttätigen Reaktionen neigt, und dass zudem die seinerzeit ergriffene Ordnungsmaßnahme offenbar auch nicht die gewünschte nachhaltige positive Verhaltensänderung bei dem Schüler bewirkt hat“.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Schüler mit Blick auf die am 27. Mai beginnenden Zentralen Prüfungen am Ende der Klasse 10 nur noch kurze Zeit den Unterricht besucht. „Angesichts dessen erweisen sich andere, im Verhältnis zur Entlassung von der Schule mildere Ordnungsmaßnahmen – etwa die Überweisung in eine Parallelklasse oder die Androhung der Entlassung von der Schule – ersichtlich als zur Zweckerreichung nicht gleichermaßen geeignet.“ Denn sowohl die Androhung der Entlassung als auch die Überweisung in eine Parallelklasse können aus Sicht der Kammer bei lebensnaher Betrachtung im Hinblick auf die nur noch verbleibenden wenigen Unterrichtstage erkennbar keinen nennenswerten erzieherischen Einfluss auf den Schüler entfalten.
Gegen den Beschluss kann Beschwerde erhoben werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet. News4teachers
Oberverwaltungsgericht: Schulverweis nach Notwehr war rechtswidrig
Danke für die klare Ansage.
Nicht verwunderlich, dass sich die üblichen Beschwerdeführer*innen gegen “pädagogisches Blabla” hier nicht melden – als würde es ihnen nicht wirklich darum gehen 😀
Ein Neustart tut hier allen gut! Hoffentlich wird der Geschädigte angemessen entschädigt.
Na ja, vielleicht ist die Schreibstube automatisiert – hatte was geschrieben (Kurzform: Nice), völlig unkontrovers, ging nicht durch.
/ohwell
Eigentlich ein Witz, gegen die Entlassung zu klagen.
Mit anderen Worten: Dieselbe Tat, nur sechs Monate früher, gäbe mit der Androhung der Entlassung das wirkungslose Dududu. Der junge Mann muss schon reichlich Arbeit gemacht haben.
was ist eigentlich mit den Mittätern? Was ist strafrechtlich los? Darf er die Prüfung ablegen?
Ob ausgerechnet eine Entlassung bewirkt, dass der Schüler seine aggressiven Impulse zu kontrollieren lernt, erscheint fragwürdig.
Effektiver wären wohl auferlegte Arbeitseinheiten z. B. im Obdachlosenasyl oder Ähnliches.
Ist meines Wissens ja nur die Reaktion seitens der Schule.
Ordnungsmaßnahmen sind im Schulgesetz abschließend beschrieben. Sie reichen vom Verweis als mildeste Form bis zur Entlassung von der Schule.
Andere Maßnahmen dürfen nicht verordnet werden, was Arbeitsstunden miteinschließt. Diese Maßnahmen werden von anderen verhängt, denn ganz sicher ist Anzeige gestellt worden.
Das ist ja nur das schulische – bei so viel Aufmerksamkeit + Vorgeschichte könnte eventuell sogar das Jugendgericht mal ein sinnvolles Urteil aussprechen.
Wieso sitzt er nicht im Knast?
Mutwillige Körperverletzung mit wahrscheinlich einkalkulierter Todesfolge…. Oder wie immer das heißen mag oder könnte.
DAS finde ich lax…
Welchen Haftgrund für Untersuchungshaft sehen Sie denn erfüllt?
Jedes derartige Fehlverhalten muss geahndet werden,
damit eine über eine induzierte kritische Eigenreflexion
eine Verhaltensänderung bewirkt werden kann.
Die Zeitspanne bis zum Schulende war zu kurz,
um über innerschulische Druckmittel eine Änderung
zu bewirken, der Schulfrieden war durch den
offen aggressiven Auftritt erheblich gestört.